Der erste gamescom-Termin am Mittwoch fand bei einem Dinosaurier der deutschen Adventure-Szene statt: Daedalic zeigte uns das klassische Point-and-Click-Adventure Children of Silentown von den Machern von Little Briar Rose. Darin übernehmen wir die Rolle der kleinen Lucy, einem jungen Mädchen, das in einer Stadt aufwächst, die von einem Wald mit gefährlichen Monstern umgeben ist. Der anfangs noch farbenfrohe Comic-Look soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass Children of Silentown visuell und thematisch auch düstere Ecken erkundet.
Das Spiel ist durch seine einfache 1-Klick-Oberfläche und das übersichtlich bleibende Inventar auch für Anfänger und Genuss-Gelegenheitsspieler geeignet. Ein besonderes Element sind die bis zu vier sammelbaren Lieder, die für bestimmte Ziele eingesetzt (“gesungen”) werden können und mit einem Minispiel verbunden sind. So kann durch eine Gesangseinlage etwa die Vergangenheit eines Gesprächspartners erkundet werden.
Ein gewisser Wiederspielwert soll dadurch erzeugt werden, dass am Ende das zentrale Geheimnis zwar aufgelöst wird, damit aber viele Vorkommnisse und Szenen in einem neuen Licht erscheinen. Neue Rätsel werden aber nicht auftauchen. Children of Silentown wird wahrscheinlich Ende des Jahres für alle aktuellen Konsolen und auf Steam erscheinen.
Verloren in einem seelenlosen, hauptsächlich von Robotern verwalteten Logistikzentrum, versucht der Protagonist in The Last Worker als Spion die gewissenlose Firma hinter der riesigen Einrichtung auszubremsen. Nach einem exzellent animierten, wortlosen Intro, in dem die verbleibenden menschlichen Arbeiter nach und nach gefeuert (das heißt, beseitigt) werden oder aus dem Komplex entkommen, startet ein First-Person-3D-Action-Adventure, das Rätsel mit Geschicklichkeits-Elementen verbindet.
Dabei soll eine tiefgehende Geschichte erzählt werden, für Fans von klassischen Adventures ist dies aber eher weniger. Denn während unterschiedliche Aufgaben im riesigen Fabrikkomplex erledigt werden müssen, gilt es auch, Wachrobotern auszuweichen und immer neue technische Hilfsmittel zu nutzen. Das Gameplay erinnert in Teilen an das Katzen-Abenteuer Stray.
Das etwa sechsstündige Spiel gipfelt nach sieben Kapiteln in drei unterschiedlichen Enden. Es ist mit hochkarätigen englischen Sprechern wie Jason Isaacs (The OA, Event Horizon), Zelda Williams (Never), und David Hewlett (Cube) besetzt, die hervorragende Arbeit leisten. Erscheinen soll The Last Worker für PC, die aktuellen Konsolen, PC-VR-Systeme sowie PS VR 2. Das genaue Datum gibt Publisher Wired Productions noch bekannt.
Astragon zeigt auf der gamescom die Konsolen-Version von Syberia: The World Before, das im Frühjahr nur für PC erschienen war. Das letzte Werk des leider nun verstorbenen Benoît Sokal schließt direkt an den dritten Teil der Reihe an. The World Before stammt noch vollständig aus der Feder des legendären Comic- und Spieleautoren und wurde vom Entwicklerteam in Absprache mit dessen Familie fertiggestellt. Die Geschichte des Third-Person-3D-Adventures folgt zwei Hauptsträngen: Während Kate, die ihre Geschichte in einer Salzmine starten muss, auf der Suche nach ihrer Identität ist, wirkt das Leben der ebenfalls spielbaren Dana Rose, die in 1930er Jahren in einer österreichisch anmutenden Stadt lebt, deutlich entspannter. Auch Syberia-Neulinge sollten mit Teil 4 einsteigen können, auch wenn die Hintergrundgeschichte dann Lücken hat.
Der für die Reihe typische, retro-osteuropäisch-cyberpunkige Stil hat dabei noch einmal einen ordentlichen Entwicklungsschritt erfahren. Sehr detailliert und mit schönen Fokuseffekten versehen, wirkt die Welt lebendig und glaubwürdig. Der Soundtrack von Inon Zur steuert die übliche leicht melancholische Komponente bei. Besitzer einer PlayStation 5 oder Xbox Series X sollten Syberia 4 im Herbst endlich auch genießen können. Dabei ist zum Zwanzigjährigen sogar eine deutsche Box-Version geplant.
Es ist ein großer Name, den sich das spanische Entwicklerstudio Pendulo mit Alfred Hitchcock: Vertigo vorgenommen hat. Spielerinnen und Spieler erwartet aber nicht etwa eine treue Adaption des bekannten Films, sondern vielmehr ein Thriller, der von Stimmung, Machart und Aufbau der Vorlage geprägt wurde, dabei aber eine separate Geschichte aus der Feder der Entwickler erzählt.
Im Spielverlauf müssen zahlreiche wichtige Entscheidungen getroffen werden, die den Verlauf der Geschichte verändern, letztendlich aber in ein einziges Ende führen. Freunde der Spiele von Quantic Dream (Heavy Rain, Detroit: Become Human) werden vieles wiederentdecken, denn spielerisch lehnt sich Vertigo sehr eng an diese Titel an. Visuell und in Sachen Motion Capturing ist der Pendulo-Titel aber nicht mit dem Fotorealismus der Franzosen zu vergleichen. Als narratives Erlebnis legt Vertigo somit den Fokus auf ein cineastisches Erlebnis mit Adventure-Elementen, auf Dialoge und auf einfache Quicktime-Events, deren Nichtbestehen aber zumindest im von uns gespielten Part kein vorzeitiges Spielende zur Folge hat.
Inhaltlich dreht sich der Titel um den Protagonisten Ed Miller, einen Schriftsteller, aber auch um andere Personen wie seine Therapeutin Julia und die 23-jährige Faye, die eines Abends verletzt in Eds Wohnung auftaucht und dort übernachtet. Als besondere Mechanik ist es möglich, sich in das Gedächtnis von Personen einzuklinken und Wahrheiten aus der Vergangenheit zu entdecken. Das etwa 9 bis 12 Stunden lange Spiel wird mit vollständiger deutscher Sprachausgabe erscheinen. Erscheinen soll es Ende September/Anfang Oktober für PC und Konsolen.
Grundislav Games, auch bekannt als Francisco González, ist mit seinem hochauflösenden Pixel-Adventure Rosewater endlich fast fertig: Darin übernehmen wir die Rolle von Reporterin Harley Ledger, die in dem etwas verfallenem Western-Städtchen Rosewater für die örtliche Klatschpresse anfängt. Gleich an ihrem ersten Arbeitstag fliegt bei der Zeitung unter mysteriösen Umständen ein Mann aus dem ersten Stock. Von da an lernt man die durchaus umfangreiche Location mit all seinen dunklen Geheimnissen näher kennen.
Das Spiel im Stil von Comic-Adventures aus der Mitte der 90er wirkt ein wenig wie eine Mischung aus Shadow of the Comet und Freddy Pharkas. Aufwändig rotoskopierte Animationen beleben die Szenen, während witzige Dialoge und jede Menge Hotspots bedeuten, dass die Locations enorm viel zu entdecken anbieten. Auch inhaltlich ist der Quasi-Nachfolger von Lamplight City umfangreich: Viele Entscheidungen ändern den Spielverlauf und auch mehrere Enden sind bereits versprochen.
Musikalisch unterlegen südstaatliche Gitarrenriffs und entspannte Westernmusik die Szenerie. Gespielt wird mit einem Coin-Menü in ganz klassischer Manier. Linksklick führt eine Aktion aus, rechts öffnet das Inventar und ein Tagebuch hält wichtige Ereignisse fest. Die englische Sprachausgabe mit professionellen Sprechern wird gerade ins Spiel eingebaut, war aber auf der gamescom selbst noch nicht zu hören. Erscheinen soll Rosewater bei Application Systems Heidelberg (auch mit deutschen Untertiteln) Anfang 2023. Eine Box-Version ist nicht geplant.
Der schwarz-weiß Titel im Tim-Burton-Stil ist schon seit dem erfolgreichen Kickstarter kein Unbekannter mehr in der Adventure-Szene. Dank Förderung vom Bund ist das Spiel weit gediehen und präsentiert sich bereits mit bester deutscher Sprachausgabe, vielen liebevollen Animationen, witzigen Dialogen und klassischem Adventure-Gameplay. Das Mausrad öffnet das Inventar, mit Links- und Rechtsklick kann man sich Objekte anschauen und mit ihnen interagieren.
Man spielt die titelgebende Prim, die Tochter des Todes, die von ihrem Vater tierisch angenervt ist und viele Faxen im Kopf hat. Ihr zur Seite steht die Spinne Spinnenauge, die sie eines Tages vor ihrem Fenster findet und einfängt. Spinnenauge ist ebenfalls spielbar und bringt entsprechend besondere Fähigkeiten mit, kann allerdings dafür auch nicht sprechen. Musikalisch wird ein gelungener, orchestraler Soundtrack beigesteuert. Weitere Details verrät euch Chefentwickler Jonas Fisch von Common Color in unserem gamescom-Interview.
Das Spiel von Entwickler Electrocosmos ist wie die Antithese zu Rosewater: Wo das klassische Western-Adventure von Application Systems Heidelberg mit hoher Auflösung glänzt, reduziert The Plague Doctor of Wippra nochmal weiter runter und könnte gut und gern als C64-Adventure bezeichnet werden.
Als Pestarzt behandelt man kranke Patienten in der mitteldeutschen Stadt Wippra. Dabei liegt das Spielthema gefühlt voll im Zeitgeist: Eine Pandemie rüttelt die komplette Gesellschaft auf und stellt den Spieler auch vor einige moralische Fragen. Gespielt wird im One-Click-Style, jedes Element muss also nur mit der linken Maustaste angeklickt werden. Häufig werden Dinge erst anklickbar, wenn sie im Spiel benötigt werden. So ergibt sich ein lineares und nicht allzu schweres Spielerlebnis, das vor allem auf die Geschichte setzt.
Entwickelt wird das Spiel, das ursprünglich aus einem Game Jam entstand, in Unity. Erscheinen soll es noch im dritten Quartal dieses Jahres. Bereits in der gamescom-Demo waren viele Sprachen integriert, darunter natürlich auch Deutsch. Sprachausgabe soll es aber nicht geben, genauso wenig wie eine Box. Alle Spiele von Application Systems Heidelberg erscheinen aber DRM-frei bei GOG.com.
In diesem explorativen Echtzeit-3D-Adventure geht der junge Jasper auf die Suche nach seiner Schwester, die im verbotenen Wald verloren gegangen ist. Dabei findet er auch das Geheimnis einer mysteriösen Stadt heraus, die tief im Wald versteckt ist.
Das recht farbenfrohe und damit nicht allzu gruselige Adventure kommt in linearer Erzählmanier daher: Man wandert über einen Pfad mehr oder minder geradewegs in den Wald hinein und erfährt über verlorene Items die Geschichte. Mit Hilfe von einer Sternschnuppe und zahlreichen Kerzen und später auch Laternen erleuchtet man den finsteren Wald und vertreibt damit wortwörtlich die Kälte aus dem Areal.
Erscheinen soll das Ganze als Episoden-Adventure. Der erste Teil glänzt bereits mit einer fabelhaften britischen Märchenoma-Stimme, welche die Geschichte erzählt. Untermalt wird das Spiel zudem mit wunderschön gezeichneten 2D-Artworks und -Portraits im Ghibli-Stil.
Das junge Team möchte das vom Land NRW geförderte Vorhaben Ende 2023 veröffentlichen. Als Primärplattform entwickelt man für die Nintendo Switch. Später soll diese Version dann auf PC, Steam Deck und iOS portiert werden. Versprochen wird zudem eine geringe Einstiegshürde. Freunde von linearen Spielen, welche die Erzählung und das „Erwandern“ von Story in den Mittelpunkt stellen, können den Titel, der später immer mehr in eine Art Meta-Ebene eintaucht, durchaus im Auge behalten.
Was bringt Menschen dazu, in einen Kult oder eine Sekte einzutreten? Dieser Frage geht der Titel Belonging des jungen Entwicklerteams Farbspiel Interactive nach. Als Diebin oder Dieb erkunden Spielerinnen und Spieler ein riesiges, verlassenes Anwesen eines Kultes, um wertvolle Beute zu machen. Doch nebenbei wird über geisterhafte Darstellungen vergangener Ereignisse die Geschichte des Ortes näher erzählt.
Die grafische Darstellung wirkt gewöhnungsbedürftig, passt aber zum ungewöhnlichen Setting des Spiels. Neben der Mechanik, Beute machen zu müssen und Geld zu verdienen, gilt es gleichzeitig herauszufinden, wie einzelne Personen dazu verleitet wurden, dem Kult beizutreten. Hierzu können Spielende in der Zeitachse zurückfahren und in der Vergangenheit auftauchende Gegenstände nehmen und an anderer Stelle wieder verwenden. Der Titel befindet sich in einer Phase kurz vor dem Produktionsstart, entsprechende Finanzierung soll noch gesichert werden.
Ebenfalls im Indie Arena Booth war A Space for the Unbound anspielbar. Dabei handelt es sich um eine Visual Novel im handgezeichneten Grafikstil über eine Autorin und ihren Co-Autoren. Bisher ist lediglich eine dialoglastige Demo verfügbar. Die Musik ist dabei angenehm im Hintergrund untergebracht. Der Hauptcharakter kann nach links und rechts gesteuert werden, an Türen kann einfach geklickt werden und es geht im nächsten Raum weiter. Erscheinen soll der Titel noch 2022 beim indonesischen Publisher Toge Productions.
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