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Interviews

Konstantin Graudus
Gesprächspartner: Benedikt 'BENDET' Delker
Sprache:
Vom: 26.01.2012
Frage: Konstantin, du sprichst den Erzähler in Der Fall John Yesterday. Ist so ein Part für einen gestandenen Schauspieler denn überhaupt eine Herausforderung?



Antwort: Auf jeden Fall! Die Erzählerfigur im Spiel ist kein gemütlicher Märchenonkel oder ein interaktives Audiobuch, sondern eben eine Erzähler-FIGUR. Man kann sie nicht sehen, aber sie hat eine eigene Persönlichkeit. Sie ist die Stimme im Kopf der Spielfigur, die sozusagen wie Engelchen und Teufelchen auf der Schulter sitzt und dem Spieler zu- oder besser einflüstert. Man könnte meinen, der Erzähler ist die meiste Zeit eher ein Teufelchen. (lächelt verschmitzt)



Frage: Dieser Erzähler, wie würdest Du seinen Charakter beschreiben? Was war für Dich das Besondere?



Antwort: Er wäre auf jeden Fall ein guter Pokerspieler! (lacht) Man bekommt das Gefühl, dass er zwar die klassische, allwissende auktoriale Erzählinstanz ist, aber dass auch er eine Agenda hat. Quasi ein allwissender Gott, aber keiner von den netten Rauschebart-Göttern, sondern eher ein durchtriebener Loki, der sich immer dann in seinem Element befindet, wenn die Weichen auf Chaos und Gewalt gestellt werden. Gerade vor den Kapitel-Höhepunkten des Spiels lief es sogar mir kalt den Rücken herunter.

Um auf den zweiten Teil Deiner Frage einzugehen: Das Besondere an dem Erzähler ist sicherlich, dass man als Zuschauer, oder eben Spieler, eher durch die Augen dieses Erzählers schaut, anstatt durch die Augen des Protagonisten. Man erfährt alles nur über ihn, wie durch eine Membran, die nur bestimmte Dinge durchlässt und andere zurückhält. Ich denke, dass man als Zuschauer so in die Situation versetzt wird, den Protagonisten nach und nach selbst ergründen zu müssen: mit dem was er oder sie tut und sagt, wie sich die Person gegenüber anderen verhält und welche Wendungen die Handlung später noch preisgeben wird. Das schafft natürlich auch eine Distanz zu den handelnden Figuren, die ganz andere Perspektiven ermöglicht als es die Ich-Perspektive kann.



Frage: Du hast fast die Hälfte der gesamten Sprache zum Spiel beigesteuert. Wie geht man an eine solche Arbeit heran?



Antwort: Man hat mir gesagt, dass das Spiel ungefähr vier bis fünf Stunden Sprache enthält, das heißt, dass ich in etwa zwei Stunden davon beigesteuert habe. Ein sehr gesprächiger Spielfilm enthält zusammengerechnet etwa 30 Minuten Sprache. Demzufolge haben wir in den vielen Aufnahmesessions allein mit mir das Äquivalent von vier Spielfilmen eingesprochen – alles mit einer Rolle! Das ist natürlich eine gewisse Herausforderung vor so einem großen Berg Text zu stehen. Wir haben uns aber jeder Szene einzeln genähert und so Stück für Stück den ""Textberg"" erklommen.



Frage: Vier Spielfilme – das klingt nach einer ganzen Menge Handlung. Wie behält man da den Überblick?



Antwort: Man steht zwar allein in der Sprecherkabine vor dem Mikro und muss eine neue Figur zum Leben erwecken, aber glücklicherweise sind im Raum nebenan Regisseur und Tonmeister, die einem dabei helfen, stets die richtige Stimmung für die entsprechende Spielsituation zu finden. Gerade mit einer vielschichtigen, über die ganze Welt verteilte und zu verschiedenen Zeiten spielenden Handlung wie bei Yesterday ist das wichtig. Während unserer Aufnahmen war immer jemand vor Ort, der jeden Winkel des Spiels wie seine Westentasche kannte, so dass das Endergebnis hoffentlich nicht nur vielseitig sein wird, sondern auch aus einem Guss.