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Interviews

Martin Ganteföhr
Gesprächspartner: Jack Allin
Sprache:
Vom: 29.06.2009
Adventure Gamers: „Sagtest du nicht, dein nächstes Spiel wäre voll von Sonnenschein, Gänseblümchen und anderen fröhlichen Dingen?“

Martin Ganteföhr: „Oh ja und dazu stehe ich nach wie vor. Das Wetter in 15 Days ist eher gut und auch wenn ich mir nicht sicher bin, ob irgendwelche Gänseblümchen im Spiel vorkommen, weiß ich, dass wir einen animierten Schmetterling in einer Szene haben. Kein Witz! Und nachdem sich Overclocked auf eher trostlose Art mit dem Leben auseinandergesetzt hat, wollte ich dieses Mal an etwas arbeiten, das etwas positiver daherkommt und über nicht ganz so selbstmordgefährdete Charaktere verfügt. Das bedeutet gleichzeitig aber nicht, dass ich meine fundamentalen Ansichten im Bezug auf Story und Konfliktsituationen geändert habe. Ein Schmetterling in einem House-of-Tales-Spiel wird wahrscheinlich immer eher ein trauriger Schmetterling sein, aus zerrütteten Verhältnissen stammen, zu Nektar-Suchtverhalten neigen und von einer tragischen Aura umgeben sein.“

[e3=http://www.adventuregamers.com/article/id,1028/p,2]Jack Allin[/e3]A.G.: „Okay, es wird also niemand den Fehler begehen, einen House-of-Tales-Titel mit einer Walt-Disney-Produktion zu verwechseln. Zum Glück für uns hast du dich bereits als sehr versiert erwiesen, wenn es darum geht, tiefgehende und erwachsene Storys zu schreiben. Es hört sich so an, als hättest du eine weitere von ihnen in petto, erzähl uns also bitte etwas über 15 Days.“

M.G.: „Das Spiel handelt von drei jungen (oder eigentlich nicht mehr ganz so jungen) Aktivisten, die sich wie moderne Robin Hoods verhalten. Während sie eine ziemlich professionelle und entschlossene Gruppe sind, verfügen sie gleichzeitig über die spezielle Art von Naivität und Spaß-Orientierung, die typisch für jüngere Idealisten ist. Im Spiel werden wir damit konfrontiert, wie sie Museumsdiebstähle planen und begehen. Aber dann geschehen plötzlich merkwürdige Dinge und die Gruppe wird langsam von dem Gefühl geplagt, dass sie von jemandem für dessen Zwecke ausgenutzt wird. Eine zunächst scheinbar bezuglose Polizeiermittlung stellt Verbindungen zwischen den Aktivitäten der Gruppe und ernsthaften, politischen Verbrechen her. An einem Punkt gerät die Situation dann außer Kontrolle und die Ereignisse werden auf den Kopf gestellt. Während die Polizei den Dieben dicht im Nacken sitzt, werden sie plötzlich mit der Bedrohung durch weitaus furchteinflößendere Menschen konfrontiert.“

A.G.: „Kannst du uns etwas mehr über die politische Note des Spiels verraten? Es hört sich nach einem sehr interessanten Element an, aber ich bin mir nicht sicher, was für eine Rolle es genau spielen wird.“

M.G.: „Es ist nicht ganz leicht, die Frage zu beantworten, ohne zu viel zu spoilern. Die politische Note ist während des Spiels als eine Art Meta-Plot vorhanden, der Themen wie Imperialismus, Globalisierung und Aktivismus behandelt. Diese jungen drei Menschen sind - auf ihre eigene Art und Weise – Idealisten - quasi Spaß-Guerrilas in Zeiten der Globalisierung. Aber wenn du Dinge tust, die gleichzeitig illegal und politisch motiviert sind, besteht immer die Gefahr, dass diese Aktionen in etwas Gefährlichem und Unerwartetem münden. Außerdem wird es in einer globalisierten Welt immer schwieriger, zwischen Ursache und Wirkung zu unterscheiden und der Frage, was gut und was böse ist. Es ist schwierig, auf der richtigen Seite zu stehen. Es mag einfach sein, mit einer klaren Agenda zu beginnen, aber es ist nicht minder einfach, an dem Punkt anzukommen, an dem du beginnst, die Dinge, die du als Grundsätze für richtig gehalten hast, in Frage zu stellen. Genau diese Erfahrung werden auch die Charaktere im Spiel durchleben.“

A.G.: „Anscheinend werden wir Spieler selbst Kunstdiebstähle begehen dürfen. Sicherlich etwas, das den latenten Langfinger in jedem von uns ansprechen wird (oder vielleicht spreche ich auch nur für mich selbst). Was für Werkzeuge werden wir verwenden dürfen, die uns bei unseren kriminellen Aktivitäten unterstützen?“

M.G.: „Oh, es gibt auf jeden Fall einige coole Sachen. Fingerabdruck-Scanner überlisten, an Laser-Schutzsystemen vorbeikommen, Computer hacken, Kameras manipulieren, mit Schweißbrennern und Kompassen arbeiten. Außerdem haben wir ein ziemlich cooles Internet-Feature eingebaut, mit dessen Hilfe das Trio an Hintergrundinformationen kommt und Karten und Gebäude genauer studieren kann. Es gibt keine Splinter-Cell-artigen Gadget-Extravaganzen, aber ich denke, die Dinge, die wir integriert haben, geben dem Spiel eine gewisse moderne Note.“

A.G.: „Um dich nicht bloßzustellen werde ich dich jetzt nicht fragen, wie genau deine Recherchen abgelaufen sind. Trotzdem: Die Geschichte des Spiels wird anhand von zwei parallelen Handlungssträngen erzählt (nur zwei - diesen Punkt habt ihr seit Overclocked wohl etwas zurückgeschraubt). Eine der beiden beschäftigt sich mit den drei Dieben, während die andere sich mit Jack Stern auseinandersetzt. Wird das Spiel gleichmäßig zwischen diesen beiden Pfaden wechseln oder wird der Schwerpunkt speziell auf einer der beiden Strängen liegen?“

M.G.: „Nun, die Hauptgeschichte ist die von Cathryn, Mike und Bernard - so dass sie definitiv deutlich mehr Zeit on-screen bekommen. Aber die beiden Pfade gehen an einem Punkt ineinander über. Ich denke, dass der Wechsel zwischen den beiden Pfaden ein gutes Spannungselement darstellt und es ist auch eine interessante Möglichkeit, sich dieselben Ereignisse aus verschiedenen Perspektiven, mit unterschiedlicher Informationslage, anzusehen.“

A.G.: „Sind alle der drei jungen Charaktere spielbar oder werden wir ausschließlich in die Haut von Cathryn schlüpfen?“

M.G.: „Auch wenn Cathryn der zentrale Charakter der Spiels ist - sie ist immerhin die Anführerin der Gruppe -, werden auch Mike und Bernard ihren eigenen Spielanteil erhalten. Mike ist zum Beispiel der Computer-Experte, er erledigt also all die Sachen, die mit Computern oder technologischen Dingen in Verbindung stehen.“

A.G.: „Das frühe Pressematerial erwähnt ein actionreiches Spieltempo. Bedeutet dies, dass 15 Days über Elemente wie physische Gefahren, Aktionen unter Zeitdruck und Dinge der Art verfügt?“

M.G.: „Nein, nein, nein. Oder… warte! Ich gebe zu, dass im Laufe des Spiels zwei zeitkritische Situationen vorkommen. Aber sie sind zeitlich so großzügig angelegt, dass wir denken, die meisten Spieler werden sie ohne Probleme meistern. Gleichzeitig ist das Gefühl unter Druck zu agieren vorhanden und trägt seinen Beitrag zur Spannung bei. Aber natürlich kannst du zu keinem Zeitpunkt sterben oder das Spiel „verlieren“.“

A.G.: „Du hast dieses Thema schon angeschnitten, aber inwieweit setzt sich das Spiel mit dem moralischen Aspekt auseinander, eine Gruppe von Dieben zu spielen? Offensichtlich gibt es eine gewisse Robin-Hood-Rechtfertigung, wenn du von den Reichen stiehlst, um es den Armen zu geben. Gleichzeitig gibt es keine Verbrechen ohne Opfer und 15 Days setzt von den Spielern voraus, Verbrechen zu begehen (mal abgesehen von der generellen Kleptomanie, die in den meisten Adventures zum Vorschein kommt).“

M.G.: „Das ist eines der wichtigsten Motive im Spiel. Es hat mich nie sonderlich interessiert, „gewöhnliche“ Kriminelle zu porträtieren. Gier ist eine sehr mächtige Emotion, aber als einzige Motivation eines Charakters finde ich sie eher langweilig, speziell wenn der Charakter über keinerlei Selbstreflektion verfügt. Für mich ist es immer wesentlich interessanter, fundamentale Konflikte und Widersprüche innerhalb der Charaktere zu haben. Das Gesetz im Namen der Gerechtigkeit brechen, Falsches zu tun um das Richtige zu tun, so zu werden, wie die Menschen, die du kritisierst – das sind die Formen von Widersprüchlichkeit, die für innere Konflikte und am Ende auch für das dramatische Element sorgen.“

A.G.: „Was genau hat es mit dem Titel 15 Days auf sich?“

M.G.: „Das zu verraten wäre ein riesiger Spoiler. Lass es mich daher etwas schwammig formulieren: Genau wie in The Moment of Silence und Overclocked ist der Titel von zentraler Bedeutung für das Spiel. Es gibt ein sehr wichtiges, zeitliches Element, das im Laufe des Spiels offenbart wird und auf dieses bezieht sich der Titel 15 Days.“

A.G.: „Hört sich nach einer weiteren packenden Geschichte von House of Tales an. Beim nächsten Mal wird es dann aber doch ein Spiel über Hundewelpen und Fruchtjoghurt, richtig?“

M.G.: „Ich verspreche, dass es Welpen geben wird. Traurige Welpen allerdings. Verzweifelte und einsame Welpen mit Tendenzen zu Fruchtjoghurt-Suchtverhalten.“

A.G.: „So soll es sein! Danke Martin.“

M.G.: „Dank dir, Jack!“



Ingmar Böke)