Vorschau

von  Baldur Brückner
04.07.2005
In 80 Tagen um die Welt
Drei Spiele hat Frogwares bis jetzt auf dem deutschen Markt platziert: Das Geheimnis der Mumie (2002), Der verborgene Kontinent (2003) und Sherlock Holmes und das Geheimnis des silbernen Ohrrings (2004). Alle drei waren traditionelle Adventures. Mit ihrem vierten Werk gehen Frogwares nun ziemlich neue Wege und überschreiten gründlich die Grenzen zu anderen Genres. Ob das Ergebnis überzeugt, wird sich zeigen. Auf der Games Convention konnten wir die aktuelle Betaversion begutachten und eines lässt sich bereits jetzt sagen: Interessant wird das Spiel auf jeden Fall.

Kairo, die Frisur sitzt

London 1899: Erfinder Matthew Lavisheart wettet sein ganzes Geld darauf, dass sein Neffe Oliver es schafft, in 80 Tagen um die Welt zu reisen und dabei vier Dokumente in vier verschiedenen Städten zusammenzuklauben – Kairo, Yokohama, Bombay und San Francisco. Der Spieler übernimmt dabei die Rolle von Oliver. Wir konnten ihn durch eine frühe Version von Kairo steuern.
Christopher Kellner und Carsten Fichtelmann <br>sind voll überzeugt von ihrem Produkt.

Mutiger Mix

An die beiden Vorgänger erinnern nur noch die detaillierten, altmodischen Bedienelemente. Oliver wird mit einer Verfolgerkamera durch 3D-Kulissen gesteuert. Die sehr große Stadt, in der wir uns befanden, konnten wir dabei frei durchstreifen. Erinnerungen an GTA werden wach, allerdings ist die Grafik nicht quietschbunt, sondern eher retrochic blass. Zum schnelleren Vorankommen lassen sich ungewöhnliche Fahrzeuge benutzen, in Kairo z.B. eine Art Kreuzung aus Motor- und Rhönrad, woanders Elefanten oder fliegende Teppiche. Es gibt klassische Rätsel zu lösen – Items müssen gefunden und an der richtigen Stelle angewendet werden, klassische Dialoge und so weiter. Auf der Games Convention mussten wir zum Beispiel verschiedenfarbige Gewürze richtig anordnen, um zu einer besonderen Schlange zu kommen. Darüber hinaus gibt es aber auch Schleich- und Klettereinlagen, die an Tomb Raider und Konsorten erinnern. Kämpfe gibt es keine, sterben kann man nicht.
Kleine Standardaufgaben lockern das Geschehen auf, z.B. muss Oliver schlafen und essen. Da die örtlichen Händler ihr Essen nicht kostenlos zur Verfügung stellen, muss sich Oliver durch diverse kleine Nebenquests Geld verdienen. Isst man zu lange nichts, wird man ohnmächtig und verliert wiederum Zeit. Über dem ganzen schwebt ein Zeitlimit – vertrödelt man zu viel davon an einer Stelle, ist das Spiel nicht mehr lösbar, und man wird an eine vorherige Stelle zurückgesetzt. Glücklicherweise wird man aber sowohl Zeitlimit als auch Energiebalken abschalten können, auch während des Spiels.
Ein traditionelles Adventure ist In 80 Tagen um die Welt ganz klar nicht. Eher ein wilder Mix aus Adventure, Rollenspiel und freiem Umherstreifen a la GTA. Das birgt sicherlich zahlreiche Risiken. Einige davon zeigt die Preview-Version bereits auf: Die Stadt ist noch ziemlich leer und die Rätseldichte gering. Der Zwang zu essen könnte stören und so weiter.

Gespanntes Warten

Wenn diese Probleme gelöst werden, lässt sich in diesem Titel jedoch ein gewaltiges Potenzial erkennen. Das Cruisen durch Kairo macht Spaß, die Geschichte wird nie aus den Augen verloren, und ein paar Actioneinlagen bieten Abwechslung, wenn sie sich in die Handlung einfügen und keinen Frust aufkommen lassen. Hier und da lassen die Designer auch großartigen Humor erkennen, z.B. trifft man regelmäßig auf Mitglieder der weltweit agierenden Liga zur Verbreitung des Kilts oder bekommt die Aufgabe, ein Bollywood-Star zu werden.
Sollte es Frogwares tatsächlich schaffen, die sich aus dem Spielkonzept ergebenden Probleme im Sinne des Spielers zu lösen, könnte dieses Spiel richtungsweisend werden. Richtungsweisend für das Aufbrechen starrer Genreregeln, für den Aufbruch des Adventures zu neuen Ufern. Die meisten bisherigen Versuche in dieser Hinsicht sind an der Kasse und bei den Kritikern gescheitert, und man kann auch hier berechtigterweise skeptisch sein, aber wir drücken Frogwares beide Daumen. Richtig fest. Man sollte In 80 Tagen um die Welt auf jeden Fall im Auge behalten.



Sieht gut aus