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Vorschau

von  
07.08.2007
Sinking Island
Sinking Island ist das zweite Spiel von White Birds und macht vieles anders als das Debütspiel der Firma, Paradise, sowie Syberia, das zuvor unter der Regie von Benoît Sokal bei Microïds entstanden ist. Mit exotischen Tieren und Fantasy-Atmosphäre ist es vorbei: Sinking Island ist ein ausgewachsener Krimi. Während meines Besuchs in den Büros der Entwickler hatte ich die Gelegenheit, den Titel anzuspielen. Zur Seite stand mir dabei Michel Bams, Mitgründer und Marketing Director von White Birds. Von dem, was ich sah, war ich positiv überrascht.

Als Jack Norm, ein ehemaliger Polizist mittleren Alters, der jetzt als Privatdetektiv arbeitet, wird man zur Tropeninsel Sagorah geschickt, um den Tod ihres Besitzers Walter Jones zu untersuchen. Der exzentrische Milliardär hatte sich dazu entschieden, die Insel zu einem Urlaubsparadies zu machen, indem er ein riesiges Hotel in seinem geliebten Art-Deco-Stil errichtet. Zwar konnte er noch die Fertigstellung des Hotels miterleben, nicht aber seine Eröffnung. Bevor es dazu kam, wurde er am Fuß einer Klippe tot aufgefunden.

Man fragt sich, warum Jones Sagorah für den passenden Ort für sein Vorhaben hielt, denn das Wetter dort ist schrecklich. Ein bräunlicher Sturm fegt über die Insel, als Norm sich per Helikopter nähert, bis schließlich der gewaltige Turm des Hotels durch die Wolken dringt. Die 2,5D-Ingame-Grafiken behalten den gleichen bedrohlichen Ton bei und sind umfangreich animiert, inklusive der ständig im Wind schwingenden Palmen. Das Innere des Turms ist ähnlich dunkel - zwar kunstvoll dekoriert, aber genau so bedrückend wie der Rest der Insel - und definiert die düstere Stimmung des Spiels. Als wäre dies nicht deprimierend genug, lernt man früh, dass die Insel schon bald ein vergessenes Paradies sein wird, ein wiederkehrendes Motiv in Sokals Spielen, da sie unter dem Gewicht des absurden Turms nachgibt und langsam im Meer versinkt.

Sinking Island ist hauptsächlich ein Detektiv-Spiel, das den Schwerpunkt darauf legt, Hinweise zu sammeln, Räume zu durchsuchen, Verdächtige zu befragen und aus den Ergebnissen Schlüsse zu ziehen. Zu Beginn des Spiels wird man von Jones' Anwalt zum Fundort der Leiche gebracht. Der behauptet, gesehen zu haben, wie jemand das Opfer von der Klippe gestoßen hat. Kratzspuren auf Jones' Gesicht scheinen zu belegen, dass es einen Kampf gegeben hat, und man kann Fotos für spätere Ermittlungen schießen. Alle Hinweise, die man sammelt (Gegenstände, Fotos, Aussagen, Dokumente...) werden im PPA (Personal Police Assistant) verzeichnet, wo man sie jederzeit einsehen kann. Der PPA speichert automatisch aktualisierte Informationen über die zehn Verdächtigen und enthält ein Interface für das Vergleichen von Finger- und Fußabdrücken.

Im PPA müssen außerdem die zwölf “Mandate” erfüllt werden, die den Fortschritt im Spiel bestimmen. Für Nummer 1 muss man beispielsweise die Frage beantworten, ob Walter Jones' Tod ein Unfall war. Die Antwort muss man mit den richtigen Indizien untermauern, die man zuvor im Spiel gefunden hat. In diesem Fall verlangt das Spiel zwei Indizien, eine Aussage und ein Foto. Wählt man die richtigen aus, ist das Mandat erfüllt und das nächste erscheint. Während das erste Mandat noch sehr einfach erscheint, steigt die Schwierigkeit mit der Zahl der benötigten Hinweise. Spätere Fragen erfordern bis zu zwölf Informationen, sodass man besser sein Hirn nicht ausschaltet, wenn man den Fall lösen möchte - für den White Birds verspricht, dass er laybrinthisch ist und sowohl überraschende Wendungen als auch rote Heringe hervorbringt.

Obwohl der PPA ein wichtiges Element ist, hat das Spiel mehr zu bieten. Auch eine Portion “gewöhnlicher” Adventurerätsel ist dabei. So muss zum Beispiel herausgefunden werden, wie man ein Fingerabdruck-Kit herstellt. “Wir wollten nicht, dass das Spiel nur im PPA stattfindet,” kommentiert Michel Bams. “Deswegen haben wir beispielsweise keine Karte eingebaut, die den Spieler von A nach B teleportiert. Wir wollen den Spieler immer wieder zurück zur 'echten Welt', zu den Locations bringen.”

Sinking Island kennt zwei Spielmodi: “Adventure” und den deutlich schwereren Modus “Gegen die Zeit”. Letzterer fügt dem Spiel einen Zeitdruck hinzu. Die Uhr läuft in simulierter Echtzeit und Ereignisse passieren unabhängig davon, ob man gerade anwesend ist oder nicht. So sind Charaktere zeitweise nicht an ihrem Ort und Hinweise, die nicht schnell genug gefunden werden, versinken mit der Insel im Meer. Außerdem ruft regelmäßig der Chef an, der sich nach dem Fortschritt erkundigt und den Spieler von dem Fall abzieht, wenn es nichts Neues zu berichten gibt. Wenn das passiert, springt das Spiel automatisch an einen früheren Zeitpunkt, von dem aus noch die Chance besteht, den Fall zu lösen.

“Wir wollen, dass der Modus, in dem man gegen die Zeit spielt, eine Herausforderung ist,” sagt Bams, “denn wir wissen, dass einige Adventurespieler das verlangen. Wir drehen noch an einigen Schrauben, aber ich denke nicht, dass irgendjemand diesen Modus schaffen wird, ohne ein paar Mal verloren zu haben. Trotzdem wollen wir nicht, dass sich das Gameplay nach so was wie Oh No! More Lemmings anfühlt, wo man eine exakte Folge von Aktionen in schneller Abfolge ausführen muss. Das Spiel ist sehr logisch, und man kann in diesem Modus gewinnen, wenn man stringent seinen Weg geht. Und bevor du von dem Fall abgezogen wirst, wird dein Chef versuchen, dir einen Schubser in die richtige Richtung zu geben. Nach dem ersten Mandat ist der logische Schritt, mit der Person zu reden, die, laut Anwalt, das Opfer in den Tod gestoßen haben soll. Entscheidet man sich stattdessen zum Sightseeing, kann es passieren, dass dir die Zeit ausgeht.” Im Adventure-Modus hält die Zeit einfach an, wenn man das Limit erreicht hat, sodass man ganz ohne Stress mit Figuren reden und nach Hinweisen suchen kann.

Ich habe noch nicht genug von Sinking Island gespielt, um mir eine abschließende Meinung zu bilden. Trotzdem bin ich seit dem Besuch bei White Birds sehr erpicht darauf, das fertige Spiel zu spielen. Als Fan von Whodunnits finde ich den Mix aus traditionellem Schnüffeln und einem wissenschaftlicheren Ansatz, der durch den PPA eingebracht wird, genau wie das Lösen der Mandate sehr vielversprechend. Ich hoffe, diese Spielelemente bleiben langfristig so intelligent und spaßig wie sie auf den ersten Blick wirken. Dank starker Atmosphäre und (hoffentlich) einem ebenso guten Plot könnte das Spiel ein echter Gewinner werden.

Micro Application plant die Veröffentlichung von Sinking Island in französischsprachigen Ländern im September und im restlichen Europa Anfang 2008, während MC2 das Spiel in den USA veröffentlichen will. (Anmerkung von Adventure-Treff.de: Die deutsche Version soll Ende September erscheinen.) Für die englische Version gibt es noch keinen konkreten Zeitplan. Das Spiel wurde aber bereits vollständig übersetzt, weshalb die Hoffnung besteht, dass die Verzögerung nicht zu lang sein wird. Eine Nintendo-DS-Umsetzung ist ebenfalls in Arbeit - diese lässt aber deutlich länger auf sich warten und sollte nicht vor dem 4. Quartal 2008 erwartet werden.

White Birds Productions
Sieht gut aus