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Vorschau

von  Jan "DasJan" Schneider
05.04.2008
Goin' Downtown
Produktiv sind sie, das muss man ihnen lassen. The Games Company veröffentlicht in Kürze das dritte Adventure des hauseigenen Entwicklers Silver Style in nur 15 Monaten. Nach Simon the Sorcerer 4 und Everlight, die sich thematisch doch recht ähnlich waren, versucht man es nun mit etwas völlig anderem. Ein Science-Fiction-Szenario, eine ernste Geschichte für Erwachsene, gezeichnete Hintergründe – da will jemand beweisen, dass er nicht nur Fantasy mit Holzhammerhumor kann.
Wir haben TGC in Berlin einen Besuch abgestattet, um uns die erste lauffähige Previewversion des Titels anzuschauen, der am 15. Mai erscheinen soll.
Goin' Downtown und ein Schälchen Plätzchen.

Don't worry, be happy

Die Story beginnt nicht gerade fröhlich. Ein Unbekannter sitzt in einem elektrischen Stuhl und sinniert offenbar kurz vor seiner Hinrichtung über die Vergangenheit.
Nächste Szene: Jake, das Alter Ego des Spielers, sitzt auf dem Bett seines Appartments im drölfzehnten Stock eines New-Yorker Wolkenkratzers und betrauert den Tod seiner Frau. Plötzlich erschüttert eine Explosion die Straßenschlucht vor dem Gebäude. Jake läuft zum Ort des Geschehens und findet eine bewusstlose Frau auf dem Bürgersteig. Er nimmt die Schönheit, die sich später als Rose vorstellt, mit in seine Wohnung und legt sie zwecks Erholung auf sein Bett.
Dann nickt er kurz ein, was sich als Fehler herausstellt. Als Jake aufwacht, ist Rose aus seinem Bett verschwunden und das Fenster steht auf. Die Maid hat sich offenbar in den Freitod gestürzt, was die Stimmung des ohnehin recht angefressenen Cops nicht gerade hebt. Auf der Straße steht schon eine Kollegin und untersucht den Fall. Da in der fernen Zukunft - Goin' Downtown spielt im Jahr 2072 - jedoch die Einsatzbereitschaft der Ordnungshüter vom sozialen Status des Opfers abhängt, wird der Fall offiziell zunächst nicht weiter verfolgt.
Das ändert sich jedoch bald. Jake entdeckt Zusammenhänge mit einer Reihe anderer Prostituiertenmorde, die gerade das Milieu unsicher machen, und kommt auf die Schliche finsterer Machenschaften.
Benjamin Bezold hat uns nicht nur das Spiel<br>präsentiert, sondern auch den Spieleentwicklerpreis <br>für Simon the Sorcerer 4.

Schluss mit lustig

Die Gesamtstimmung von Goin' Downtown wird wesentlich ernster sein als in den humorigen Fantasyspäßen, die TGC und Silver Style zuletzt auf den Markt gebracht haben. Zwar hat Jake auch mal einen sarkastischen Spruch auf den Lippen, insgesamt ist die Geschichte aber an Erwachsene gerichtet. Wie glaubwürdig die Entwickler ihre neue Ernsthaftigkeit transportieren, können wir noch nicht beurteilen.
Stilistisch zieht es das Spiel ein wenig Richtung klinisch reinem Cyberpunk. Einige Motive erinnern an ein etwas helleres Blade Runner oder eine saubere Variante von Moment of Silence mit einem Schuss dystopischem Gesellschaftsgefüge à la Culpa Innata. Visuell findet Goin' Downtown aber durchaus einen eigenen Stil.
Ein Rettungshelfer, Jake und eine Telefonsäule (v.l.n.r.)

Infokasten

Kämpfe

Auch einige Mann-gegen-Mann-Kämpfe tauchen in Goin' Downtown auf. Diese werden aber nicht mit flinken Fingern gewonnen, sondern ganz in Adventure-Tradition durch geschickt geführte Dialoge, in denen man gezielt die Schwächen des Gegenüber angreift. Erfolge und Misserfolge werden dann in witzigen Animationen dargestellt.


Schicht für Schicht

Der Schwierigkeitsgrad ist, so hat uns Geschäftsführer Carsten Strehse verraten, etwas höher angesetzt als bei Everlight. Trotzdem soll niemand verzweifeln, Rätselhilfe und Hotspot-Anzeige übernimmt man vom Fantasy-Abenteuer. Dafür werden die Aufgaben etwas realistischer. Im Fantasybereich ist schließlich Vieles möglich, das in der Zukunft liegende Echtwelt-Szenario verlangt da nach wirklichkeitsnäherem Spieldesign. Die ersten Kapitel, die wir anspielen konnten, bewegen sich noch auf einem recht niedrigen Schwierigkeitsgrad.
Wichtigstes Feature ist wie schon bei Everlight der Wechsel zwischen verschiedenen „Ebenen“. Zum einen kommt wieder der bereits bekannte Tag-Nacht-Wechsel zum Einsatz. Jederzeit kann der Spieler per Knopfdruck zwischen Tag und Nacht umschalten. Dementsprechend existieren alle Hintergründe wieder in mehreren Versionen: eine mit Sonnenlicht und belebten Straßen, eine mit dem Nachleben.

Infokasten

Der Simulator

Die zwei Bilder zeigen dieselbe Szene in der Gegenwart und im Simulator. Die parallelen Streifen an der Decke sind nicht statisch, sondern schwirren an den Wänden des Raumes entlang, um den Eindruck einer Simulation zu erzeugen - ein gelungener Effekt.


Eine weitere Besonderheit ist der „Simulator“. Jake lernt im Spiel einen Wissenschaftler kennen, der gerade eine Maschine entwickelt hat, mit der er in die Vergangenheit schauen kann. Das Gerät zeichnet die gesamte Stadt mit allen 3D-Informationen auf und erlaubt es, sich in diese aufgezeichnete Realität zu begeben. Der Simulator ist im Grunde futuristisches Überwachungsequipment, ein bisschen wie im Film Deja Vu. Als Konsequenz gibt es jeden Hintergrund in einer dritten, simulierten Version.
Über den Simulator erhält Jake die Möglichkeit, die Ereignisse der letzten Tage genauer zu untersuchen. Entdeckt werden darf er dabei aber nicht: Wird er von einer virtuellen Figur bemerkt, fliegt er aus der Simulation und muss erneut einsteigen.
Die 3D-Abteilung feilt an den letzten Figuren und Animationen.

2D kommt wieder

Grafisch setzt Goin' Downtown auf eine Kombination aus gezeichneten Hintergründen und 3D-Elementen. Bezüglich der 3D-Technologie zeigt sich Carsten Strehse sehr selbstbewusst: „Wir glauben, dass wir die zurzeit fortschrittlichste Adventure-Engine auf dem Markt haben.“ Die gezeigte Vorabversion kränkelte allerdings noch ein wenig bei den in Echtzeit berechneten Elementen. Der Comicshader kann in der gezeigten Version noch nicht völlig überzeugen und wegen fehlender Kantenglättung flimmerten die Ränder noch deutlich. Laut TGC werden diese Punkte für die finale Version aber noch nachgebessert. Genaues können wir sagen, wenn uns die Verkaufsversion vorliegt.
Die Hintergründe sind handgezeichnet und wirken schon deutlich runder, zurzeit werden die letzten Closeup-Hintergründe fertiggestellt. Positiv fällt auf, dass flackernde Lichter, Raucheffekte und andere Animationen die Hintergründe beleben. Die Einbettung von 3D-Elementen in die gezeichneten Bilder scheint auch gut gelungen zu sein. Im Gegensatz zu Everlight sind die Bilder jetzt auf Breitbildmonitore zugeschnitten.
Die gezeichneten 2D-Hintergründe sind fest in weiblicher Hand.<br>Rechts: Zak-2-Chefgrafikerin Wiebke 'aeyol' Scholz.Die bekannte Straßenschlucht als Skizze,<br>grobes 3D-Modell und fertiger Screen.

Alles neu macht der Mai

Die Vorwürfe, dass The Games Company immer nur dasselbe Setting bedient, dürften mit Goin' Downtown nun verstummen. Die ernsthafte Geschichte bietet eine interessante Ausgangslage. Die Umsetzung wirkt bereits sauber, auch wenn von der „technologisch fortschrittlichsten Adventure-Engine“ noch nicht viel zu sehen war. Trotzdem: Visuell verfolgen die Entwickler einen eigenen, konsequenten Stil, der schicke 2D-Hintergründe und 3D-Elemente mit Celshading-Filter gut kombiniert. Nachdem die Entwickler von Simon zu Melvin schon eine Steigerung erreichen konnten, dürfte der neue Titel mindestens für Science-Fiction-Freunde sehr interessant werden.

Homepage zum Spiel
Sieht gut aus