Vorschau

von  Gianni
09.02.2009
The Book of Unwritten Tales
Schon in unserer ersten Vorschau vom August 2008 resümieren wir voller positiver Erwartungen „The Book of Unwritten Tales ist vielleicht das Spiel mit der überzeugendsten Präsentation auf der Messe und unser GC-Überraschungshit." Heute sind wir der Wahrheit ein Stück näher. Publisher HMH Interactive lud ins hessische Frankfurt und präsentierte uns einen umfangreichen Vorgeschmack dessen, was uns – sofern nichts Gravierendes dazwischenkommt – am 26. März 2009 erwartet. Unsere Eindrücke, die wir in den eigenen vier Wänden anhand einer weit fortgeschrittenen Preview-Version vertiefen konnten, möchten wir euch nicht vorenthalten.

Der Herr der Ringe

Wilbur Wetterquarz ist ein friedlicher Zeitgenosse, klein, rundlich und ein wenig verträumt. Wilbur ist Gnom und in den verschneiten Höhen des Weißkammgebirges beheimatet. Dort geht es normalerweise heiß her, wenn die technikbegabten Gnome ihrer Erfinderlust frönen und nach getaner Arbeit überschüssige Gehirnzellen mit frischem Gerstengebräu in gepflegter Runde vernichten. Momentan ist es eher ruhig, denn Wilbur, dessen tattriger Opa und der Kellermeister sind die einzigen verbliebenen in der abgelegenen Gnomenbastion. Alle anderen Gnome kämpfen auf Seiten der Allianz gegen die Schatten. Es herrscht Krieg…
Unser kleiner Held mag, mal abgesehen von seiner Größe, dem typischen Gnomenklischee nicht so wirklich entsprechen. Er hat keinen blassen Schimmer von Technik und möchte viel lieber draußen in der weiten Welt Abenteuer erleben und die Magie erlernen. Zumindest sind das Wilburs Träume, wie wir erfahren, als wir im ersten der beiden Kapitel unserer Preview-Version einsteigen. Im fertigen Spiel wird es derer insgesamt fünf geben.
Unsere erste Aufgabe bekommen wir vom Kellermeister, für den Wilbur mehr oder weniger spannende Arbeiten verrichtet. Diesmal soll eine Ratte beseitigt werden. Nachdem wir das erste Rätsel zum Warmwerden in typischer Point-and-Click-Manier lösen konnten und uns des Ungeziefers entledigt haben, ist Feierabend. Wilbur darf nach Hause. Sein Abenteuer beginnt.
Ein entführter Gremlin kann Wilbur unbemerkt einen mysteriösen, goldenen Ring zustecken. Der greise grüne Wicht hat keine Zeit für große Erklärungen, nur so viel: Der Ring ist mächtig genug, um über den Ausgang des Krieges zu entscheiden, er müsse unverzüglich zum Erzmagier nach Seefels, einer Menschenstadt, gebracht werden.

Die Gefährten

Wann hätte eigentlich irgendjemand einem kleinen Wesen wie einem Gnom einen wichtigen Ring gegeben? Egal, für Wilbur ist der dramatische Auftritt des Gremlins Grund genug endlich einmal raus zu kommen, etwas von der Welt zu sehen und vielleicht sogar ein Abenteuer zu erleben. Aber er braucht Hilfe, alleine schafft er es jedenfalls nicht bis in die Menschenstadt. Zum Glück hat sein verrückt genialer Großvater die passende Erfindung parat, um Wilbur schnell nach Seefels zu transportieren. In einem Grafik-Adventure geht das natürlich nie von jetzt auf gleich. So muss auch Wilbur erst einige Adventure-typische Aufgaben erledigen, um Opas Gerät in Schwung zu bringen.
Das Gameplay von The Book of Unwritten Tales entpuppt sich als traditionell. Unliebsame Gameplay-Überraschungen blieben uns in der Preview-Version erspart, ebenso verschonte man uns vor aufgesetzten Minispielen oder Schieberätseln. Ganz klassisch suchten wir in den aufwändig designten, mit zahlreichen Details vollgestopften Szenarien nach Items, die sich unser Held in die unendlich tiefen Hosentaschen stecken kann. Untersuchen, kombinieren, Dialoge führen, funktioniert alles wunderbar aus einem Guss, nicht zuletzt wegen der eingängigen Steuerung. Hier setzt man auf den bewährten kontextsensitiven Mauszeiger, der sich in seiner Form der jeweiligen Situation anpasst und somit signalisiert welche Aktion möglich ist. Logiklöcher fielen uns genauso wenig auf wie künstlich gestreckte Laufwege – es gibt später sogar eine bequeme Karte à la Monkey Island 3.
Üblicherweise werden in Comic-Adventures keine Ansprüche in Sachen Realismus gestellt, trotzdem müssen die Rätsel innerhalb des Spiels logisch sein. Auch das ist in King Arts ambitioniertem Adventure bislang gegeben. Egal ob wir den Tod überzeugen müssen uns umzubringen, damit wir als Geist an einen bestimmten Gegenstand kommen, uns mit einer Ratte verbünden oder einer verwirrten Mumie per Dialogrätsel wichtige Informationen entlocken: The Book of Unwritten Tales lebt vom Einfallsreichtum, witzigen Ideen und sympathischen Charakteren. Schon in den ersten beiden Kapiteln durften wir außerordentlich oft schmunzeln und wir sind uns ziemlich sicher, dass die späteren Kapitel das Niveau halten.
Immerhin dürfte dann nochmal eine gehörige Portion Abwechslung ins Spiel kommen, denn mit Freibeuter-Macho Nate Bonnet, Elfenprinzessin Ivo und dem purpurnem Vieh warten noch drei weitere Charaktere darauf, von eurem Mauszeiger durch die Fantasy-Welt dirigiert zu werden. Teilweise ist sogar echtes Teamwork erforderlich, ähnlich wie bei Nina und Max in "Geheimakte Tunguska". So arbeiten zum Beispiel Wilbur und Ivo Hand in Hand, als wir im zweiten Kapitel den in einem Käfig gefangenen Nate befreien müssen, um den Spielverlauf voranzutreiben. Um an des Rätsels Lösung zu kommen, tauschten wir untereinander Items aus und lenkten anschließend mit Elfin Ivo Nates rustikale Bewachung ab, um mit Wilbur ungestört eine Falle aufzubauen. Für den späteren Spielverlauf versprechen die Entwickler sogar Rätsel, welche die Zusammenarbeit von mehr als zwei Charakteren verlangt. In anderen Situationen wird es dem Spieler wiederum selbst überlassen sein, mit welchem Charakter er ein Rätsel angeht. Inwiefern es hier zu alternativen Lösungswegen kommt, wird das fertige Spiel zeigen. Leider hatten wir selbst noch keine Gelegenheit Nate und seinen ständigen Begleiter, das plüschige Vieh, herumzukommandieren. Ausgestattet mit unbändigem Heißhunger auf Items und zu allerlei ungesund aussehenden Verrenkungen fähig, können wir uns die eine oder andere originelle Szene mit der wandelnden Itembox vorstellen. Die Helden begegnen sich

Klotzen, nicht klecken

Wie bereits in den letzten Wochen bekannt wurde, protzt The Book of Unwritten Tales mit einem äußerst prominentem Sprecher-Cast. In den ersten beiden Kapiteln konnten unsere Ohren schon einen Teil davon bewundern, unter anderem Oliver Rohrbeck (Ben Stiller) als Wilbur oder Wolfgang Völz (Käpt'n Blaubär) als der Kerkermeister. Weitere Charaktere hatten die deutschen Stimmen von Adam Sandler, Spongebob und Pamela Anderson. Auch Udo Schenk alias Ray Liotta und Gary Oldman begeistert den Zuhörer in einer bravourös eingesprochenen Nebenrolle als Sensenmann Tod.
Man merkt deutlich, dass all diese bekannten Hollywood-Stimmen ihr Handwerk verstehen und jeder Spielfigur eine ganz individuelle Aura verleihen. Davon überzeugen konnten wir uns durch die zahlreichen, nicht zu kurzen Dialoge und den nicht minder ausführlichen Kommentaren zu Items und Hotspots, die man sich in Anbetracht der Güte der Sprechleistung gerne in voller Länge anhört. Wer sich alle Dialoge ohne Überspringen zu Gemüte führt, wird mit satten 20 Stunden gesprochenem Wort verwöhnt.
Auch die akustische Untermalung scheint etwas Besonderes zu werden. So möchte man so ziemlich jeden Raum mit individuellen Melodien versehen. Die bislang vorhandenen sind schon sehr schön anzuhören und laden zum munteren Mitsummen ein. Von fröhlich über mysteriös und geheimnisvoll bis hin zu leicht melancholischen Stücken, wie das Seefels-Theme, ist alles vertreten. Dabei passen sich die Musikstücke perfekt in das jeweilige Szenario ein. Auf der offiziellen Homepage zum Spiel findet ihr schon ein paar Hörproben.
Es verwundert nicht, dass King Art auch in optischer Hinsicht die Zügel straff hält. Eigentlich sprechen ja schon die Screenshots eine Sprache für sich, unser Preview-Material bestätigt diesen positiven Eindruck. Wilbur und Co. bewegen sich dank ausreichender Animationen geschmeidig und glaubwürdig durch die bunte Fantasy-Landschaft. Zum Einsatz kam das sogenannte Keyframe-Verfahren, eine händische Methode die auch bei Zeichentrickfilmen angewandt wird. Es muss also nicht immer Motion Capturing sein und bis zum Release bleibt ja noch etwas Zeit für Feinschliff, der an manchen Stellen noch nötig ist. Durch zahlreiche in Echtzeit-3D animierte Objekte sollen auch die von Natur aus starren Render-Hintergründe aufgepeppt und zum Leben erweckt werden. Hiervon war noch nicht so viel zu sehen, für die finale Version versprechen die Entwickler jedoch noch Hand anzulegen. Nichtsdestotrotz sieht The Book of Unwritten Tales schon jetzt besser aus als die meisten erhältlichen Adventures. Besitzer großer Widescreen-Monitore dürfen sich außerdem über Auflösungen mit bis zu 1920x1200 Pixeln freuen.

Der Weg ist das Ziel

Wir wissen nicht wie gut die Story letztendlich wird. Fantasy-Welt im Krieg, Gnom, Elfe, Freibeuter, Schattenwesen als Bösewichter, Zauberer und Orks, hört sich zugegeben alles nach vertrauten Bausteinen jedes x-beliebigen Fantasy-Märchens an. Doch wahrscheinlich muss das fertige Produkt gar keine bahnbrechende Story aufweisen. The Book of Unwritten Tales versteht sich als Persiflage auf das gesamte Fantasy-Genre und einigen weiteren bekannten Adventures – alle sollen ihr Fett abbekommen. Eingeweihte amüsieren sich jedenfalls königlich, wenn beispielsweise Wilbur den Tod fragt, warum er denn nicht in Großbuchstaben spreche oder an anderer Stelle zwei Spielfiguren nerdige Unterhaltungen über das Online-Rollenspiel "WoB" führen, bei denen sich wohl auch der eine oder andere Fan des echten Spiels wiederfinden dürfte.
Wir fanden in den ersten beiden Kapiteln noch etliche solcher Anspielungen auf bekannte Bücher, Filme und Spiele des Genres. Das klappt wahrscheinlich deshalb so gut, weil die zuständigen Jungs und Mädels von Entwickler King Art selbst große Fantasy-Fans sind, wie uns Ole Böttcher von Publisher HMH Interactive während der Präsentation aufklärte. Aber wer weiß, vielleicht bekommen wir am Ende neben der großen Portion Humor doch noch die volle Packung Story.
Was die Erzählweise angeht setzt man auf bewährte Stilmittel. So lenkten wir in der Preview-Version zunächst die Geschicke Wilburs, erfuhren in eingestreuten Cutscenes von unseren Widersachern, spielten im Anschluss einen kurzen, zeitgleich zu Wilburs Handlung angesetzten Abschnitt mit Elfenprinzessin Ivo, um kurz darauf wiederum in die Haut Wilburs zu schlüpfen. So lernt ihr die einzelnen Charaktere auf angenehm dynamische Weise kennen, ohne dass diese zunächst von der Existenz des jeweils Anderen wissen, bis diese sich bedingt durch den Storyverlauf auch im Spiel begegnen. Wegen der Andersartigkeit der einzelnen Spielfiguren, erwarten wir einen nochmaligen Schub an Spielwitz und humoriger Szenen. Es ist zum Beispiel ein ganz schöner Unterschied, ob man mit dem vorwitzigen Nate bekiffte Ochsen beleidigt oder mit der eher ernsten Ivo archäologische Detektivarbeit im Stile eines Indiana Jones betreibt.Beim Erzmagier von Seefels

Was kann da noch schiefgehen?

Bekanntlich soll man sich niemals zu früh freuen, im Falle von Book of Unwritten Tales kann aber ein wenig (oder ruhig auch mehr) Vorfreude nicht verkehrt sein. Das Gameplay präsentierte sich eingängig und trotzdem abwechslungsreich, die Dialoge überzeugten durch professionelle Synchronsprecher, Witz und Umfang, über 60 verschiedene Locations und 40 Charaktere soll es im fertigen Spiel geben, darüber hinaus 150 Rätsel und mehr als 250 Items. Einzig und allein der Schwierigkeitsgrad könnte für den einen oder anderen fortgeschrittenen Abenteurer zu einfach ausfallen. Für den Spieler gibt es zwar einiges zu tun, mit wirklichen Kopfnüssen wurden wir allerdings noch nicht konfrontiert. Nichtsdestotrotz benötigten wir für unseren magisch unterhaltsamen Streifzug durch die wunderschönen Fantasy-Landschaften knappe sieben Stunden. Ein guter Wert, wenn man bedenkt, dass noch drei weitere Kapitel mit ähnlichem Umfang folgen sollen.


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Sieht gut aus