Anfang dieses Jahres erschien mit Die Kunst des Mordens – Geheimakte FBI das erste ernst zu nehmende Adventure-Projekt des polnischen Anbieters City Interactive. Während der Titel grafisch durchaus zu überzeugen wusste, war er im spielerischen Bereich und in Bezug auf Story und Charaktere eher im Mittelfeld einzuordnen. Mit Testament of Sin: Das Vermächtnis soll schon Ende dieses Jahres ein neues Point-and-Click-Abenteuer in den Handel gelangen, das wir uns schon einmal etwas genauer ansehen konnten.
Indiana Jones ohne Hut und Peitsche
Ein berühmter Archäologie-Professor der Universität von Paris ist verschwunden. Niemand weiß, wohin es Oliver Leroux verschlagen hat, selbst die Polizei vermag nichts über dessen Verbleib in Erfahrung zu bringen. Seine Nichte Sylvie beschließt deshalb selbst nachzuforschen und erfährt, dass ihr Onkel einem düsteren Geheimnis auf der Spur war, das vor mehr als 400 Jahren seinen Ausgang nahm und in Verbindung mit dem Malteser-Orden steht. Obwohl sie ahnt, sich auf der Suche in Gefahr zu begeben, macht sie sich daran, das uralte Geheimnis zu lüften und ihren Onkel aus den Fängen der okkulten Mächte zu befreien…
Neue Engine, neues Glück
Anders als Die Kunst des Mordens kommt bei Testament of Sin nicht die Wintermute- sondern die Virtools-Engine zum Einsatz, mit der zum Beispiel Syberia umgesetzt wurde. Diese haben die Entwickler von City Interactive erweitert und an ihre Bedürfnisse angepasst. Besonders im Bereich der Licht- und Schatteneffekte mussten manche Elemente ergänzt werden. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Der spielbare Abschnitt auf Malta ist mit viel Liebe zum Detail anhand von Fotos Originalschauplätzen nachempfunden und umgesetzt. Wäschestücke wiegen sich sanft im Wind, aus Schornsteinen steigt Rauch empor, ein Springbrunnen plätschert unaufhörlich vor sich hin. Auch die Animationen der Spielfiguren und deren Schattenwurf machen schon einen guten Eindruck. Neben den natürlich wirkenden Laufbewegungen kommen auch Gestik und Mimik gerade während der Dialoge nicht zu kurz und vermitteln ein lebendiges Bild, trotzdem die Anzahl unbeteilgter Personen gering ausfällt. Die Authentizität und Lebendigkeit verspricht man auch für die Schauplätze in Istanbul und Rom, die wir noch nicht in Augenschein nehmen konnten. Unterstützung von Breitbildformaten wird es aller Voraussicht nach nicht geben, Bildschirmauflösungen oberhalb von 1280x1024 Pixeln soll man aber wählen können. Die gezeigten Zwischensequenzen hinken qualitativ noch etwas hinterher, dürften aber auch noch nicht final sein. Im Sound-Bereich gab es noch nicht genug Material, um sich näher dazu äußern zu können.
Etwas mehr Anspruch bitte
Am spielerischen Konzept von Die Kunst des Mordens hat City Interacitve für Testament of Sin weitestgehend festgehalten. Neu hinzugekommen sind Multiple-Choice-Dialoge, die man auch häufiger für echte Dialogrätsel nutzt, also Dialogzeilen in einer bestimmten Reihenfolge wählen muss, um etwa eine wichtige Information zu erhalten. Ansonsten sollen neben Inventar- auch einige Logikrätsel den Weg ins Spiel finden. Die gezeigten Spielaufgaben waren abwechslungsreich und größtenteils logisch aufgebaut. Diese scheinen ein Tick anspruchsvoller als noch in Die Kunst des Mordens. Ähnlich wie im letzten Adventure des Entwicklers sind die meisten Hotspots relevant zum Weiterkommen. City Interactive plant aber mehr anklickbare Objekte einzubauen, die Testament of Sin sowohl spielerisch komplexer und vielfältiger machen sollen. Außerdem soll so die Spielwelt etwas greifbarer und atmosphärischer werden. Einzelne aufnehmbare bzw. anklickbare Objekte waren nur schwer auszumachen, etwa ein kleines Passfoto in einem großformatigen Bildderrahmen, die eingebaute Hotspotanzeige sorgt in solchen Fällen jedoch für Abhilfe. Weitere Spielhilfen sind bislang nicht geplant, gemessen am ersten Spielabschnitt sind frustrierend anspruchsvolle Rätsel allerdings auch nicht zu erwarten. Mit der Logik nimmt man es bei City Interactive allerdings nicht immer so genau: Um in einem Büro an ein wichtiges Dokument zu gelangen, das hinter einem Holzpanel verborgen ist, ist es notwendig dieses aufzubrechen. Anstatt hierfür aber einen Gegenstand zu benutzen, der ruhig kaputt gehen dürfte, muss man die Holzplatte mithilfe seines Fahrzeugschlüssels aufbrechen. Da man diesen aber kurz darauf dringend braucht, um mit seinem Motorroller wegfahren zu können, bleibt einem nichts anderes übrig, als den Schlüssel reparieren zu lassen. Es bleibt abzuwarten, ob im späteren Spielverlauf ähnlich seltsame Aktionen durchgeführt werden müssen.
Keep the Faith
Manch einer staunte nicht schlecht, als bereits wenige Tage nach der offiziellen Ankündigung der ursprüngliche Titel Testament of Faith in Testament of Sin geändert wurde. Auf der Games Convention wurde zudem bekannt, dass man den Lebenslauf der Protagonistin noch etwas angepasst hat. Inwieweit solche Vorgänge Rückschlüsse auf die Qualität eines Spiels zulassen, das noch in diesem Jahr erscheinen soll, während parallel an einem Nachfolger zu Die Kunst des Mordens gearbeitet wird, lässt sich schlecht bewerten. Für eine durchstrukturierte Arbeitsweise des Entwicklers sprechen sie allerdings nicht unbedingt. Testament of Sin macht aber dennoch alles andere als einen schlechten Eindruck. Immerhin sieht es mit der neuen Engine schon jetzt ziemlich gut aus, hat etwa durch die Aufnahme von Multiple-Choice-Dialogen und Dialogrätseln spielerisch zugelegt und besitzt weiterhin eine gute Ausgangslage für eine spannende Story. Außerdem ist bis zum geplanten Release im letzten Quartal dieses Jahres noch etwas Zeit. Wir sind gespannt.
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