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Vorschau

von  Benjamin "Grappa11" Braun
18.11.2009
15 Days
Bereits ab dem 20. November soll mit 15 Days das neueste Spiel der Bremer Spieleschmiede House of Tales die Regale der Händler säumen. Die Abenteuer aus der Feder von Martin Ganteföhr waren schon immer besonders durch ihre erzählerischen Stärken aufgefallen. Wir haben in das neue Adventure um die Londoner Kunsträuber und Weltverbesserer reingeschnuppert und unsere Eindrücke für Euch zusammengefasst.
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Alles hat Konsequenzen

Cathryn, Mike und Bernard sind drei ehemalige Kunststudenten, die es sich am Themse-Ufer der englischen Hauptstadt in einer zur WG ausgebauten ehemaligen Fabrikhalle gemütlich gemacht haben. Ihren Lebensunterhalt verdienen sich die drei nicht etwa mit ehrlicher Arbeit, sondern indem sie wertvolle Kunstgegenstände im Auftrag reicher Kunstsammler entwenden und gegen eigens für die Raubzüge angefertigte Fälschungen ersetzen. Sie selbst halten sich für Weltverbesserer und wähnen sich in der Rolle moderner Robin-Hoods, die von den Reichen nehmen und den Bedürftigen der Welt in Form großzügiger Spenden etwas zurückgeben.
Anfang Juli 2009: Cathryns 30. Geburtstag steht bevor und ihre Mitbewohner haben sich ein ganz besonderes Geschenk zu diesem Anlass ausgesucht. Die beiden entwenden in einer spektakulären Aktion einige Ziffernblätter von Big Ben. Zur selben Zeit kommt der britische Außenminister Henston unter ungeklärten Umständen zu Tode, weshalb die Behörden auch in dieser Richtung Ermittlungen nach den beiden einleiten. Auch der etwas heruntergekommen Washingtoner Polizist Jack Stern wird eingebunden, um zu klären, ob die innere Sicherheit der USA gefährdet sein könnte.

Anti-Depressiv

Wenn man an House of Tales denkt, dann denkt man vor allem an eine durchdachte Story, ausgefeilte Charaktere und gut geschriebene Dialoge, aber auch an wechselhaftes, bisweilen anspruchsloses Gameplay und eine insgesamt eher zweckmäßige Optik. Auf diese Stichwortsammlung bezogen könnte man bereits vorwegnehmen, dass 15 Days vor allem Gewohntes bietet, doch das wäre zu einfach.
15 Days ist anders. 15 Days wirkt heller, fröhlicher, ja beinahe anti-depressiv, wenn man mit Cathryn, Mike und Bernard durch die ersten Spielszenen in London stapft. Doch der Eindruck täuscht, denn die strahlende, auf Idealen gefußte Fassade der Schickimicki-WG bröckelt, als die drei den Ernst des Lebens und die weitreichenden Konsequenzen ihres Handelns begreifen.
Unter dem Dach der Haupthandlung sind es eher alltägliche Fragen des Lebens, die das Spiel behandelt. Freundschaft, Loyalität, Mitmenschlichkeit, Prinzipientreue, Verlust, all das sind Themen, die im Kleinen und im Großen eine Rolle spielen. Wer mit der Behandlung tiefschürfender moralischer Fragen oder einem Ausflug in die Abgründe der menschlichen Psyche, wie man sie in The Moment of Silence oder Overclocked findet, weniger anfangen kann, der könnte in 15 Days etwas leichter verdaulichen und damit zugänglicheren Stoff vorfinden.

Es ist ein Ganteföhr

Die Geschichte zeigt eine gute erzählerische Struktur mit seinen zwei ineinandergreifenden Handlungssträngen, bei der sich das in seinen Grundfesten erschütterte idealistische Freundestrio und der zynische Ermittler, dessen Sprüche nicht selten an "Dr. House" erinnern, immer weiter aufeinander zubewegen, während man regelmäßig zwischen den Rollen wechselt.
Das Spiel verfügt stets über ein hohes Erzähltempo, das auch durch den niedrigen Schwierigkeitsgrad begünstigt wird. Zu Beginn würde man gerne häufiger Halt machen und mehr über die Charaktere erfahren, findet sich aber schnell damit ab, dass man sich hier auf einer sehr linear aufgebauten Storyline bewegt, der man nur höchst selten entkommen kann und die sich häufig aufs Wesentliche beschränkt.

15 Tage London ohne Regen

Optisch macht das Spiel keine so gute Figur. Die Hintergründe sind aufwändig gerendert und weisen häufig einen fast fotorealistischen Charakter auf. Einige gekonnt umgesetzte Hintergrundanimationen, wie wehende Gardinen, ein rotierender Deckenventilator oder großflächig animierte Wasserflächen hinterlassen ebenfalls einen guten Eindruck.
Teils sehr grobe Schwächen leistet sich das Spiel aber bei den Charakteren. Diese heben sich zum einen etwas zu deutlich von den wesentlich hübscheren Hintergründen ab und sind zudem eher mittelmäßig animiert. Es gibt Spielabschnitte bei denen man merkt, dass dort mehr Arbeit in die Charakteranimationen fließen konnte, die insgesamt schwache Umsetzung also eher auf ein Zeitproblem zurückzuführen sein könnte. Da unsere voll spielbare Preview-Version laut dtp schon etwas betagter ist, könnte sich zur Verkaufsversion in diesem Bereich also noch etwas getan haben.
Sehr schade ist, dass man sich gerade im Bereich der Gesichtsanmiationen nicht nennenswert weiterentwickelt hat. Das gewohnt dialoglastige Spiel hätte besonders hier von Verbesserungen profitiert. Große Auswirkungen auf die Atmosphäre konnten wir aber nicht feststellen. Das liegt auch an der einmal mehr gelungenen Sprachausgabe, für die man einige exzellente Sprecher verpflichtet hat. Hin und wieder sind einzelne Dialogzeilen nicht ganz glücklich getimed, aber auch daran könnte nochmal gefeilt worden sein.

Gameplay nur Mittel zum Zweck

15 Days konzentriert sich eindeutig auf die erzählerische Seite, weshalb man im Gameplay-Bereich meist auf einfachste Aufgaben baut. Gerade am Anfang setzt man mit simplen Aktionen oder dem Führen von Dialogen die Handlung fort und fühlt sich eher wie in einem interaktiven Film. Hin und wieder muss man eine Suchmaschine im spielinternen Internet nutzen, um nach Informationen zu suchen.
Für Rätselfreunde bietet das Spiel eher seltener etwas, im Gegensatz zu Overclocked hat man aber ein paar anspruchsvollere, schön in die Story integrierte Rätsel eingebaut. Das "Nachbauen" einer Frequenz am London Eye oder die Wegfindung in den Katakomben in Paris sollten spielerisch anspruchsvollere Spieler durchaus versöhnen können, solche Einlagen gibt es aber nur sehr wenige. Wer möchte kann sich bei den meisten dieser Aufgaben aber auch vom Spiel unter die Arme greifen lassen und ähnlich wie in Black Mirror 2 nach einer kurzen Wartezeit eine Rätselhilfe aktivieren, woraufhin die oft minispielartigen Aufgaben zunächst vereinfacht werden. Bleibt der Erfolg noch länger aus kann man sie bei Bedarf aber auch komplett überspringen.

Ausblick

15 Days beschäftigt sich weniger zentral mit der menschlichen Psyche, sondern konzentriert sich stärker auf das Erzählen einer spannenden Geschichte. Dennoch merkt man dem Spiel deutlich an, aus wessen Feder sie stammt, denn auch in der Kunsträubergeschichte sind die Charaktere alles andere als eindimensional und ihre Biographie und ihre Beziehungen untereinander lassen sich nicht in zwei kurzen Sätzen zusammenfassen.
So positiv der erzählerische Aspekt auf den ersten Blick wirkt, hat man dennoch den Eindruck, dem Spiel die nur etwa einjährige Entwicklungszeit anmerken zu können, was sich besonders bei den Charakteranimationen bemerkbar macht, aber auch beim manchmal vielleicht etwas zu stark entschlackten Inhalt auffällt. 15 Days wird ein echtes "House of Tales", nur ganz anders als das letzte.

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Sieht gut aus