Der polnische Publisher City Interactive hat mit den Adventure-Reihen Die Kunst des Mordens und Das Vermächtnis gleich zwei Marken an der Hand, die man seit 2007 bzw. 2008 zu etablieren versucht. Die Hauptdarstellerin aus Die Kunst des Mordens, FBI-Ermittlerin Nicole Bonnet, hat bereits zwei mysteriöse Krimiabenteuer hinter sich und soll im Februar in ihrem nunmehr dritten Fall die Karten des Schicksals entschlüsseln.
Die Karten des Schicksals
New York City in den frühen Morgenstunden: Zwei Angestellte der Stadtreinigung entleeren die Mülleimer in einem Hinterhof der Metropole, nichts ahnend, dass in einem der Container eine gefesselte und geknebelte Frau eingepfercht ist. Die Kopfhörer des jamaikanischen Müllmanns und die Motorengeräusche des schweren Geräts machen jeden Versuch der Frau zunichte, auf sich aufmerksam zu machen. Eine seltsame Spielkarte fällt zu Boden, die der Mann mit den Rastalocken sorgsam in den Container entsorgt. Doch auch dies kann das grausame Schicksal der jungen Frau scheinbar nicht verhindern, deren klägliche Hilferufe in der Müllpresse verstummen... Szenenwechsel: Wir befinden uns in Nicoles Wohnung. Sie hat gerade Urlaub und genießt das Nichtstun. Ein Bote überreicht ihr ein merkürdig befülltes Paket. Darin findet sich eine Glühbirne und ein rostiger Bolzen, der offenbar von einer alten Bahnschwelle stammt. Die Ungewissheit lässt die Ermittlerin nicht los, also beschließt sie, das Geheimnis hinter dem unbekannten Absender zu lösen und begibt sich trotz der Warnung ihrer Kollegin nach New York.
Stimmungsvoll wie eh und je
Eines muss man den Polen lassen, obwohl die optische Qualität mit ihrer 1024x768er-Auflösung nicht unbedingt auf der Höhe der Zeit ist und auch die Animationen und Zwischensequenzen eher schwach im Vergleich mit der Konkurrenz abschneiden, so kann man doch mit einem sehr guten Artdesign punkten, das sehr authentische und atmosphärische Schauplätze zeigt. Der erste Schauplatz in New York mit seinem verfallenen alten Kino, einer urigen Kneipe und dem verlassenen und verdreckten Straßenzug macht einiges her. Schwächen gibt es weiterhin bei den Charakter- und Umgebungsanimationen, die manchmal etwas hölzern wirken bzw. kaum vorhanden sind. Das tat der Stimmung im gespielten Abschnitt aber keinen Abbruch. Auch die zahlreichen Cutscenes wissen trotz ihres recht pixeligen Antlitzes zu überzeugen und verstehen es gut, immer wieder für Spannung zu sorgen, was auch an der stimmigen Sounduntermalung liegt. Sollte die deutsche Sprachausgabe jedenfalls das Niveau der musikalischen Kulisse halten können, dann darf man sich auf ein angenehm spannendes Spielgefühl einstellen.
Neuer Fall, altes Rezept
Wenn man sich den inhaltlichen Qualitäten widmet, bleibt die Vergleichbarkeit mit den Vorgängern erhalten, deren Niveau man in etwa halten kann. Spielerisch bietet nämlich auch die Kunst des Mordens 3 überwiegend solide Abenteuerkost, die kaum Freiheiten erlaubt und hin und wieder etwas durchkonstruiert wirkt. Dabei geht es nicht unbedingt um Batterien, die man einfach so vor dem abbruchreifen Kino findet, oder um einen in der Fußstütze einer Bartheke versteckten Schlüssel, den man mithilfe einer Gabel-Kaugummi-Konstruktion rausfischt, sondern viel mehr um Situationen wie das Eindringen in einen Raum, was seltsam umständlich wirkt. Wir dürfen hier nicht etwa die Türe aufbrechen, deren Schloss nicht mehr intakt ist, stattdessen stecken wir einen Schraubenzieher, der natürlich auch einfach so auf der Straße rumliegt, ins Schloss und benutzen diesen dann als Tritthilfe, um eine höher gelegene Klappe erreichen zu können. Das defekte Schloss lässt sich später übrigens mit einem Schlüssel, den wir drinnen finden, ganz normal aufschließen. Vor Probleme stellt einen das nie, da man am bewährten Interface der Vorgänger samt Hotspotanzeige festgehalten hat und der Interaktionsspielraum mit der Umgebung seine Grenzen hat. Das Wichtigste aber ist, es macht Spaß, sich durch die vielen kleinen Inventar- und Kombinationsrätsel zu klicken, was nicht zuletzt an der gelungenen, atmosphärischen, recht düster gehaltenen Optik und der sehr guten Musikkulisse liegt. Daran können auch die etwas aufgesetzt wirkenden Rätsel nichts ändern.
Wartezeitverkürzer
Auf Augenhöhe mit den großen Adventures bewegt sich das Spiel technisch und spielerisch weiterhin nicht und pendelt sich auf einem vergleichbaren Niveau mit den Vorgängern ein. Schade ist, dass das auch für Story und Dialoge gilt. Die Gespräche wirken wie die gesamte erste Spielszene etwas aufgesetzt, ein Pflicht-Dialog in einer Kneipe stößt nicht nur aufgrund seiner Länge an die Schmerzgrenze. Außerdem trifft man wieder mal recht häufig auf Standardkommentare, die sich aber nicht nur oft wiederholen, sondern nicht selten nicht so ganz zur Situation passen. Den Eindruck, dass hier ein Übersetzungsprogramm am Werk war, hat man zwar nicht, überzeugend sind die deutschen Dialoge, deren Vertonung in der Vorschau-Version noch nicht vorliegt, aber nicht. Auch bei der Story zeigt sich so manche Schwäche, die man ähnlich auch in den sonstigen Adventures von City Interactive schon gesehen hat. Ganz so plump wie in Testament of Sin wird man zwar nicht in die Geschichte geworfen, dennoch ist der Einstieg etwas holprig. Die Kunst des Mordens 3 fängt sich aber relativ relativ schnell und spielt seine Stärken, die regelmäßig für spannende Momente sorgen, geschickt aus. Die Wirkung der ansprechend gestalteten Spielszenen und der zahlreichen Zwischensequenzen, aber auch die der gelungenen Musikuntermalung, macht sich deutlich bemerkbar. Sollte das Spiel diesbezüglich den Trend fortsetzen, erwartet uns kein Ausfall wie beim ersten Teil von Das Vermächtnis. Tatsächlich stehen die Chancen dann gar nicht mal schlecht, dass man sich im Vergleich zu Nicole Bonnets erstem Fall zumindest dezent steigern kann.
Ausblick
Die Kunst des Mordens 3 scheint genau das zu werden, was man nach den beiden Vorgängern erwarten kann: ein solides, spannend erzähltes Adventure, das selbst nicht mehr sein will als das. Für Verbesserungen müsste man vor allem bei Story und Dialogen ansetzen, auch im spielerischen Bereich wäre noch Luft nach oben. Wenn man nicht überkritisch nach Kleinigkeiten sucht und das Spiel an den Genregrößen misst bleibt der Eindruck eines absolut spielenswerten Lückenfüllers. Künstlerisch muss man aber einmal mehr den Hut vor den Polen ziehen, die innerhalb von knapp 2 Jahren vier größtenteils optisch ansprechende und sehr atmosphärische Spiele produziert haben, die auch musikalisch immer besser werden. Es bleibt zu hoffen, dass man für eine gute deutsche Synchronisation sorgt und zuvor vielleicht nochmal jemanden einen Blick auf die deutschen Dialoge werfen lässt. Wem die ersten beiden Abenteuer von Die Kunst des Mordens gefallen haben, darf sich jedenfalls auf den kommenden Februar freuen. Dann nämlich soll Nicole Bonnet die Karten des Schicksals aufdecken.
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