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26.06.2010
Puzzle Agent
Es ist nicht lange her, als Telltale Games, ohnehin bereits die treibende Kraft im Bereich der Episoden-Adventures, verkündete, mit dem sogenannten Pilot-Programm neue Wege einzuschlagen. So sollen den Spielern anhand in sich abgeschlossener Pilot-Folgen neue Konzepte mit experimentelleren Zutaten vorgestellt werden, die dann gegebenenfalls, je nach Reaktion des Publikums, zu neuen Serien ausgebaut werden. Zum ersten Mal wird dieses neue Modell in Puzzle Agent angewandt, welches auf der Arbeit des ehemaligen Telltale-Angestellten Graham Annable beruht. Auf der diesjährigen E3 war es nun so weit und ich konnte mir von Design Director Dave Grossman und Marketing Director Joel Dreskin den Auftakt der PC-Version vorführen lassen.

Nelson Tethers ist der einzige Angestellte einer FBI-Dienststelle, die sich mit so genannten Rätsel-Recherchen auseinandersetzt. Zumeist verbringt Tethers die Zeit damit, Rätsel zu analysieren und seine Vorgesetzten mit Memos zu nerven, in denen es darum geht, wie die Arbeit von Tethers für wichtige FBI-Fälle von Nutzen sein könnte. Zu Beginn wird der Spieler Zeuge davon, wie unser Rätsel-Analytiker an seinem Schreibtisch einschläft und in einem Traum oder einer Vision von einer beängstigenden Gestalt heimgesucht wird, die sich auf seinen Schreibtisch zubewegt und etwas in ein Kreuzworträtsel einträgt, mit dem Tethers gerade beschäftigt gewesen ist. Erschrocken wacht Tethers auf und zerreißt in einer Mischung aus Angst und Verwirrung das Kreuzworträtsel.

Diese Aktion leitet dann auch umgehend das erste Rätsel ein, in dem es darum geht, das Kreuzworträtsel wieder zusammenzusetzen. In diesem Punkt weist das Spiel sicherlich starke Ähnlichkeiten zu der Professor-Layton-Serie auf, in der diverse Rätsel ebenfalls in eine übergeordnete narrative Ebene verwoben sind. Nachdem wir das Kreuzworträtsel dann gerettet haben, werden wir mit einem Wort konfrontiert, das es vorher nicht enthalten hat: Scoggins. Und nur wenige Momente später klingelt dann auch schon das Telefon und wir erhalten unerwartete Nachrichten vom FBI. Zum ersten Mal seit Jahren soll Tethers seinen Schreibtisch verlassen, um vor Ort an einem Fall zu arbeiten, für den der Schreibtischhengst angeblich perfekt qualifiziert sein soll. In der Fabrik, die für das Weiße Haus Radiergummis herstellt, ist die Produktion auf mysteriöse Art zum Stillstand gekommen und nun liegt es an uns, den Vorgängen auf den Grund zu gehen. Der Name des Ortes, an dem die Firma zu finden ist? Scoggins, Minnesota.
Als Tethers in Scoggins ankommt, findet er sich schon bald mit der abweisenden und distanzierten Stadtbevölkerung konfrontiert. Tatsächlich scheint es so, als würde selbst der Sheriff die Hauptfigur bewusst auf falsche Fährten lenken. Und bereits die erste Person, auf die wir in Scoggins treffen, führt Tethers in Form eines Rätsels in die Irre. Ziel ist es in diesem Fall, das Schneemobil von Tethers durch das Manipulieren diverser Baumstämme von Punkt A zu Punkt B zu manövrieren, wobei Tethers am Ende seiner „Irrfahrt“ exakt an dem Punkt ankommt, an dem er gestartet ist. Was auch immer in der Stadt vorgeht, es scheint offensichtlich, dass die Vorgänge Teil eines wesentlich größeren Mysteriums sind, als es zunächst der Fall zu sein scheint. Auch wenn ich selbst einige durchaus amüsante Szenen zu Gesicht bekommen habe, verrieten mir die Telltale-Mitarbeiter, dass sich der Ton des Spiels in eine eher dunklere Richtung entwickeln soll und ordneten das Ganze dann auch gleich irgendwo zwischen Twin Peaks und Fargo ein.

Im Bezug auf das Gameplay wurde Puzzle Agent so konstruiert, dass es einer möglichst großen Gruppe von Spielern zugänglich sein soll. So gibt es für unerfahrene Spieler auch direkt ein eingebautes Hinweis-System, durch welches wir Tipps erhalten können, in dem wir Hinweise gegen Kaugummis eintauschen, die sich innerhalb der diversen Lokalitäten der Stadt finden lassen. Die Rätsel, die explizit dafür notwendig sind, die Story voranzutreiben, sollen generell auf einem Schwierigkeitsgrad liegen, der es jeder Art von Spieler ermöglicht, sie zu lösen. Gleichzeitig wird es aber auch optionale Rätsel geben, die dem Publikum deutlich mehr an Hirnschmalz abverlangen sollen. Auch wenn ich selbst nicht viel mehr als die ersten Rätsel des Spiels gesehen habe, scheint die Interaktion des Spielers mit der Umwelt auf sehr simple Art zu funktionieren, in dem wir auf diverse Stellen auf dem Bildschirm klicken, um uns mit Leuten zu unterhalten, an einen anderen Ort zu wechseln oder neue Rätsel zu entdecken. Tethers selbst ist dabei jederzeit auf dem Bildschirm zu sehen, solange wir uns nicht gerade mit der Lösung eines Rätsels beschäftigen.

Das Spiel bringt eine sehr interessante Ästhetik mit sich, die jeder sofort erkennen wird, der zuvor mit Annable in Berührung gekommen ist. So sehen etwa die Cutscenes aus, als würden sie direkt aus seinen Grickle-Cartoons stammen. Generell scheint der sehr simpel gehaltene Zeichenstil auf der Nutzung eines breiten Bleistifts zu beruhen, während die Hintergründe einen großen Anreiz aus ihren effektiven Farbgebungen beziehen. Der Sprecher von Nelson Tethers ist im Übrigen schlicht und ergreifend als perfekt zu bezeichnen und auch was ich von den übrigen sprachlichen Leistungen mitbekommen habe, deutet darauf hin, dass Telltale erneut das traditionell hohe Sprecher-Niveau halten kann.

Gerne hätte ich mehr vom Spiel gesehen, doch zumindest müssen wir uns nicht mehr lange gedulden, bis Puzzle Agent im Laufe des Monats für den PC erscheint. Weitere Fassungen sollen darüber hinaus für Mac, iPad, iPhone und Wiiware erscheinen. Bevor ich mich wieder auf den Weg machte, stellte ich Telltale noch die Frage, ob bereits weitere Veröffentlichungen innerhalb des Pilot-Programms geplant seien. Man sagte mir, das weitere Pilot-Spiele wahrscheinlich wären, im Moment aber nichts anzukündigen sei. Grossman erläuterte abschließend, dass solch ein Programm bei Telltale bereits seit Jahren im Gespräch war, der Stein letztlich aber erst durch Annable ins Rollen gebracht wurde, als er sein Konzept für Puzzle Agent vorstellte. Und in der Tat deuten die Vorzeichen auf einen vielversprechenden Start des neuen Telltale-Modells hin. Puzzle Agent mag sich visuell und spielerisch deutlich von allem unterscheiden, was wir von Telltale bislang gesehen haben, aber wenn ich das, was ich auf der E3 sehen konnte, als Maßstab nehme, dürfte es sich bei Puzzle Agent um eine würdige Ergänzung des Telltale-Portfolios handeln.

Übersetzung: Ingmar Böke

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Sieht gut aus