Vorschau

von  Benjamin "Grappa11" Braun
26.11.2010
Black Mirror 3
Future Games' Gruselabenteuer The Black Mirror avancierte seinerzeit zu einem der kommerziell erfolgreichsten PC-Adventures im deutschsprachigen Raum. Unabhängig davon, ob dieser Umstand nun Ausdruck einer besonders hohen Qualität ist oder nicht, beliebt ist das 'Adventure des Jahres 2004' allemal. Im Februar 2011 steht nun die zweite Fortsetzung an, die ein für alle mal dem Fluch des Gordon-Clans ein Ende bereiten soll und ausschließlich auf der britischen Insel spielt. Wir haben eine Vorabversion des Abenteuers spielen können und geben Euch letztmals vor dem Release einen Ausblick auf Black Mirror 3.

616]

To be continued

Die Geschichte knüpft mehr oder weniger nahtlos wenige Stunden nach den Ereignissen am Ende des zweiten Teils an. Darren Michaels rennt wie von Sinnen mit einer Fackel bewaffnet durch den finsteren Wald in Richtung Black Mirror Castle. Schon aus der Ferne lässt sich erahnen, was sich im Herrensitz der Gordons zugetragen hat, denn dichte Rauchschwaden steigen über dem schwarzen Gemäuer auf. Kaum ist Darren am Schloss angelangt, das lichterloh in Flammen steht, lässt Inspektor Spooner auch schon die Handschellen klicken und nimmt den verwirrten Amerikaner in Gewahrsam. Er verhaftet ihn aber nicht bloß wegen Brandstiftung, sondern auch wegen Mordes an Miss Valley, deren verkohlte Leiche Spooner kurz zuvor am Leuchtturm aufgefunden hat.
Die zahlreichen Zwischensequenzen sorgen für Spannung.Nach mehreren Wochen Untersuchungshaft finden wir uns bei Dr. Winterbottom wieder, eine Psychologin, der Darren von seinen seltsamen Träumen und Visionen berichtet. Die Ärztin, die Darrens Schuldfähigkeit untersuchen soll, spricht ihn ganz bewusst mit 'Adrian' an, denn genauso wie Darren von seiner Unschuld überzeugt ist, so sicher ist er, ein Nachfahre der Adelsfamilie und Sohn des berüchtigten Samuel Gordon zu sein.
So sehr Inspektor Spooner auch daran interessiert wäre, Darren zu überführen, ihm liegen keine stichhaltigen Beweise vor. Jemand bezahlt die auf 5000 Pfund festgesetzte Kaution und Darren ist zumindest vorerst wieder auf freiem Fuss. Nun gilt es, seine Unschuld zu beweisen und irgendetwas gegen diese verstörenden Mordfantasien zu unternehmen...

Ausgeflucht

Vom inhaltlichen Ansatz her macht Black Mirror 3 es im Prinzip gar nicht so viel anders wie Black Mirror 2. Autorin Anne von Vaszary lässt das Abenteuer zwar gleich in England beginnen und knüpft mehr oder weniger direkt ans Ende von Teil 2 an, streut aber mit der Verhaftung Darrens und dessen Bemühungen, seine Unschuld zu beweisen, einen recht eigenständigen Handlungsstrang ein. Die ersten drei Kapitel spielen sich überwiegend wie ein aufregendes Detektivabenteuer in gruseliger Kulisse, in dem der Fluch eine noch eher untergeordnete Rolle spielt. Schon dabei besuchen wir zahlreiche der bereits aus dem ersten Teil bekannten Schauplätze, wie das Dörfchen Willow Creek, das Haus von Dr. Hermann oder auch die Kirche von Warmhill, worüber sich besonders die Fans der Reihe freuen dürften. Aber auch einige bislang unbekannte Schauplätze kommen hinzu.
Ist Darren wirklich unschuldig?<br>Einzig Dr. Winterbottom schenkt dem jungen Amerikaner Glauben.Der Einstieg selbst ist bislang zwar nicht unbedingt ansprechend inszeniert, da er eine kurz geschnittene Zusammenfassung der Ereignisse bis zu Darrens Verhaftung skizziert, entwickelt sich aber äußerst positiv, motiviert den Spieler sehr, Darren zu helfen, und ist durchaus spannend.
Sobald die Suche nach dem Ursprung des Fluches grob ab der Mitte des Spiels aber stärker in den Fokus rückt, verliert es sich in teils unglaubwürdigen Ereignissen und pflegt mehrere profilarme neue Charaktere ein. Den meisten bekannten Figuren aus den ersten beiden Teilen - welche genau, verraten wir natürlich nicht - entledigt sich die Autorin gleich zu Beginn. Wohl auch deshalb will es, bis hin zum bislang etwas schwach inszenierten Finale, nicht so recht gelingen, weder dem ersten, noch dem zweiten Teil in Gänze gerecht zu werden. Besonders für die letzten Spielabschnitte sollte man sich vielleicht noch mal ein paar Gedanken machen. Denn zumindest Teile davon ziehen sich ein bisschen zu sehr und das Finale selbst könnte durchaus etwas spektakulärer sein. Für sich genommen macht das Spiel aber sehr vieles goldrichtig.
Erfreulich übrigens, dass Darren offenbar nicht mehr ein so großer Kotzbrocken ist, wie er sich in Black Mirror 2 präsentierte. Hin und wieder gibt er zwar sarkastische Kommentare von sich und flucht wie ein Rohrspatz, er pöbelt seine Mitmenschen aber nicht mehr bei jeder sich bietenden Gelegenheit aufs Übelste an, ohne dass diese angemessen auf sein Verhalten reagieren.

Spielerisch solide

Die Rätsel, die Darren im Laufe des Abenteuers lösen muss, hinterlassen einen guten Eindruck und ziehen bis zum fünften der sechs Kapitel relativ gleichmäßig im Schwierigkeitsgrad an. Im letzten Kapitel wird es dann plötzlich deutlich schwieriger, die Aufgaben wirken dort zudem ein wenig überkonstruiert und ziehen das von vielen wohl sehnsüchtig erwartete Finale etwas zu offensichtlich in die Länge. In diesem Spielabschnitt ist zudem kooperatives Gameplay angesagt, das ebenfalls seinen Teil zur Erhöhung des Schwierigkeitsgrades beiträgt.
Anfangs sind es meist eher simple Inventar- und Kombinationsrätsel, aber nicht nur im Rahmen der immer wieder anzutreffenden Minispiele werden auch andere Rätseltypen eingebunden. Die Minigames lassen sich, wie schon im Vorgänger, bei Bedarf nach ein paar Fehlversuchen per Knopfdruck überspringen. Wer also keine Lust haben sollte, mehrere Drähte in einem Kopierer neu anzuordnen, damit dieser wieder funktioniert, oder andere, oft puzzelartige Aufgaben zu erledigen, der kann diese relativ schnell und schmerzlos loswerden.
Auch den jüngsten Brand  hat der Herrensitz<br>der Gordons noch einmal überstanden.Bei manchen der Rätsel wäre hin und wieder ein zusätzlicher Hinweis vielleicht nicht verkehrt, denn ab und zu ist noch nicht so ganz klar, was Darren tun muss. Zumeist wird einem das Leben durch die zeitweise Begrenzung des Schauplatzes, oder meist eher durch zielgenaue Tipps, aber erheblich erleichtert. Ganz so freizügig mit Hinweisen wie in Black Mirror 2 scheint uns Darren aber erfreulicherweise nicht zu sein. Da, wo Hinweise etwas fehlen, kann es sich aktuell noch etwas mit der Anzahl an Inventarobjekten beißen. Denn Darrens Fundus ist über weite Strecken des Spiels recht prall gefüllt. Zeitweise finden sich dort über 20 Objekte zugleich wieder. Da könnten noch Möglichkeiten geschaffen werden, ab und zu ein paar Objekte loszuwerden.
Hotspots, mit denen man diese Objekte theoretisch kombinieren könnte - in der Praxis untersagt das Spiel dies meist-, gibt es wie schon im Vorgänger massenhaft, einzelne Szenen sind damit regelrecht zugepflastert. Unwichtige Objekte werden nach dem Betrachten meist dauerhaft von der Interaktion ausgeschlossen, weshalb der Spieler lediglich beim ersten Betreten von der Hotspotdichte erschlagen wird. Immerhin sind die Kommentare meist ganz aufschlussreich und ufern unserem Eindruck nach nicht aus.
Ein spielinternes Belohnungssystem hat es übrigens wieder ins Spiel geschafft. Ähnlich wie in Black Mirror 2 können mittels Fotos bestimmter Objekte mit einer Sofortbildkamera Artworks und ähnliches freigeschaltet werden.
Während Darren versucht, seine Unschuld zu<br>beweisen und den Fluch der Gordons zu ergründen,<br>durchstreift er atmosphärisch in Szene gesetzte<br>Schauplätze in und um Black-Mirror-Castle.

Gruselstimmung in Bild und Ton

Der Bereich, in dem Black Mirror 3 den Erwartungen ohne jegliche Probleme gerecht werden dürfte, ist die Optik. Die Engine ist dieselbe wie im Vorgänger, mit der Entwickler Cranberry Production schon damals eine sehr ansprechende Kulisse geschaffen hat. Erneut haben diese sich um möglichst viele Spezialanimationen bemüht, die größtenteils per Motion Capturing eingefangen wurden. Einzelne davon könnten vielleicht noch etwas Feinschliff vertragen, aber hierfür dürfte bis zum Februar noch genügend Zeit bleiben. Relativ häufig sind vorgerenderte Videosequenzen anzutreffen, die manch einer in Black Mirror 2 etwas vermisste. Diese sind meist rasant und spannend inszeniert und sorgen damit häufiger für besonders intensive Momente.
Sehr schön ist, dass offenbar nur recht wenig Material aus dem Vorgänger recycelt wurde. Die detailliert ausgearbeiteten Locations wie beispielsweise Willow Creek präsentieren sich teilweise aus ganz anderen Blickwinkeln und haben sich teils deutlich verändert; der Jahrmarkt ist fort, wir dürfen ein Café und die Polizeistation betreten. Wie es sich für ein 'Black Mirror' gehört, gibt es von den meisten Schauplätzen wieder verschiedene Versionen zu unterschiedlichen Tageszeiten. Wünschenswert wäre, wenn die Entwickler noch ein bisschen häufiger Gebrauch von den atmosphärischen Wettereffekten machten.
Einige der Schauplätze aus dem ersten Teil, die wir in der ersten Fortsetzung leider nicht betreten durften, wird der Spieler in Black Mirror 3 wiedersehen. So begibt sich Darren unter anderem in die Kirche von Warmhill, in Dr. Hermanns Haus, in den Weinkeller des Schlosses und natürlich auch in die Katakomben unter dem Anwesen.
In Black Mirror 3 findet man alle Merkmale<br>der Adventure-Reihe. Dazu zählen auch die eher<br>ungewöhnlichen Perspektiven mancher Szenen.

Ausblick

Black Mirror 3 wird ein gutes Adventure, das vor allem technisch überzeugen kann. Mit der einen oder anderen kleineren Anpassung dürfte es auch spielerisch ein rundum gelungenes Abenteuer werden; ein etwas aufgeräumteres Inventar würde bereits viel bewirken. Die Dialoge und Kommentare hinterlassen einen guten Eindruck, in diesem Bereich wird es aber vor allem auf die Qualität der Sprachausgabe ankommen, die in unserer Vorschauversion noch nicht enthalten war. Akustisch sind bisher lediglich die überwiegend hochwertigen Soundeffekte sowie die aktuell noch separierte und hin und wieder etwas überdramatische Musik zu hören, die allerdings bereits jetzt eine ansprechende Horror-Kulisse verspricht.
Ein größeres Fragezeichen belassen wir allerdings im Bereich der Story. Nach dem etwas kurz angebundenen Einstieg steigert sich das Abenteuer deutlich, die letzten Spieleinheiten lassen allerdings gewisse Zweifel daran aufkommen, ob das Spiel den Erwartungen der Black-Mirror-Fans in Gänze gerecht werden kann. Aber es bleibt noch Zeit, an der einen oder anderen Schraube zu drehen.
Und bitte, liebe Entwickler, wir möchten in der finalen Version nicht gezwungen werden, Teile einer noch nicht allzu lange vor sich hinrottenden Leiche abzutrennen, um diese als Stöckchen zu benutzen. So groß ist Darrens Not in dieser Situation nun wirklich nicht.

Videobericht zu Black Mirror 3 Offizielle Website Black Mirror 3 vorbestellen Black Mirror Collection (Teil 1-3) vorbestellen
Sieht gut aus