Entwickler Daedalic überraschte im November des vergangenen Jahres auf der Rollenspieltagung DreieichCon mit der Ankündigung eines Point-and-Click-Adventures in Aventurien, der Welt von Das Schwarze Auge (DSA). Das 1984 als Pen-and-Paper-Variante gestartete Rollenspiel diente bereits mehrfach als Vorlage für Computerspieleumsetzungen. Ein klassisches Adventure wie Daedalics Das Schwarze Auge: Satinavs Ketten hatte es bisher jedoch nicht gegeben. Fantasy-Szenarien sind dem Entwickler durchaus nicht fremd, mit The Whispered World hat Daedalic immerhin eines der besten Fantasy-Adventures der letzten Jahre abgeliefert. Ob die Hamburger Spieleschmiede sich aber auch auf die Umsetzung einer so komplexen Rollenspiel-Lizenz versteht? Wir konnten uns vor Kurzem einen ersten Eindruck verschaffen.
Du wirst uns das Verderben bringen
Wie es sich für ein Rollenspieluniversum fast schon gehört, ist die Ausgangssituation in Satinavs Ketten recht düster gehalten: Einst prophezeite ein ominöser Hexenmeister der Stadt Andergast verschiedene schicksalhafte Entwicklungen, die allesamt eintrafen. Die abergläubischen Bewohner sahen keine andere Möglichkeit, als den Propheten auf dem Scheiterhaufen zu richten. Noch bevor das Flammenmeer den Seher todbringend umschloss, deutete er auf den jungen Geron und machte eine letzte Weissagung: „Du wirst uns das Verderben bringen.“ Unser eigentliches Abenteuer beginnt dreizehn Jahre später: Aus Geron ist in der Zwischenzeit ein fähiger Fallensteller geworden, doch dem jungen Mann eilt seit jenem Tag vor 13 Jahren der Ruf als Unglücksrabe voraus. Viele Bewohner meiden seine Gesellschaft und mittlerweile glaubt Tollpatsch Geron selbst, vom Pech verfolgt zu sein. Eine rätselhafte Krähenplage, die Andergast heimsucht, soll dem Fallensteller aber schon bald die Chance geben, seinen Ruf zu korrigieren. König Efferdan persönlich bittet Geron um Hilfe bei den Krähen, damit der anstehenden Aussöhnungsbesuch aus dem verfeindeten Königreich Nostria nicht scheitert. - "Ich habe 'ne Grafikkarte von ATI."" />
Eine starke Lizenz mit anspruchsvollen Anhängern
Daedalic ist sich bewusst, dass die Lizenz eine große Herausforderung darstellt. Aventurien, die Spielwelt aus Das Schwarze Auge, hat im Laufe der mehr als 25-jährigen Geschichte eine Komplexität erreicht, die nicht einfach nach Belieben an die eigenen Bedürfnisse angepasst werden kann. Deshalb arbeitet der Entwickler laut eigener Aussage eng mit mehreren DSA-Autoren zusammen, um ein möglichst authentisches Aventurien kreieren zu können. Begriffe wie Magiedilettant, also Personen mit wenig Magie oder ohne magische Ausbildung, dürfen dabei genauso wenig fehlen wie aus der Vorlage bekannte Schenken , Tempel oder Plätze. Bei aller Treue zur Vorlage soll der Spieler aber neben bekannten Schauplätzen wie der Stadt Andergast auch gänzlich unerforschte Gebiete betreten, die wiederum einen größeren Spielraum zur Gestaltung der Geschichte ermöglichen.
Eine stilsicherere Schönheit
Auch optisch versucht Daedalic sich an der Vorlage zu orientieren und plant etwa die Zwischensequenzen in Kupferstich-Optik umzusetzen. Ein leichter Farbfilter für die Bildwärme, aber auch Parallax-Effekte für die Tiefenwirkung kommen jedoch hinzu. Sicherlich nicht die kostenintensivste Möglichkeit, Cutscenes umzusetzen, aber unserem Eindruck durchaus eine mit Stil. Unerlässlich wiederum die Nachbildung der architektonischen und vegetativen Besonderheiten der verschiedenen Regionen, die der Spieler im Laufe des Abenteuers durchstreifen soll. Auch auf Details von Menschenkleidung oder Orkuniformen hat Daedalic eine Auge. Sehr nett: Einige Orks im Spiel sprechen tatsächlich orkisch, das dazugehörige Schriftbild mussten die Hamburger sich selbst ausdenken. Wir sind gespannt, wie das mit Sprachausgabe klingt.
Eine große Besonderheit, die nicht direkt mit DSA zu tun hat, findet sich bei den Charakteren. Anders als die bisherigen Adventures, die Daedalic selbst entwickelt hat, wird das Spiel nicht vollständig in 2D erstellt. Bei manchen Charakteren wird es sich aller Voraussicht nach um 3D-Modelle handeln. Diese werden allerdings nicht wie zum Beispiel in den Spielen von Pendulo Studios (Runaway-Reihe) per Cel-Shading-Technik in einen Comic-Look versetzt, sondern mit handgezeichneten Texturen versehen. Die Bewegungphasen der Figuren werden fürs Spiel aber wieder als 2D-Sprites aufgezeichnet. Eine demonstrierte Laufanimation des 3D-Gerons war zwar noch nicht final, wir sind uns aber bereits jetzt sicher, dass diese Entscheidung eine richtige war.
Klassisches Adventure in Rollenspielwelt
Obwohl die Lizenz für Rollenspiele prädestiniert zu sein scheint, soll Satinavs Ketten natürlich ein waschechtes Point-and-Click-Adventure werden, in dem der Spieler alle Zeit der Welt beim Lösen der Rätsel hat und nirgends sterben kann. Geron wird dabei nicht ganz auf sich allein gestellt sein, denn ihm steht meist seine Begleiterin Nuri zur Seite. Der Spieler wird sie im Laufe des Abenteuers allerdings nicht selbst steuern können. Sie steht lediglich als passiver Sidekick mit Tipps und hin und wieder mit ihren Fähigkeiten zur Verfügung. Im Gegensatz zu den bisherigen Daedalic-Adventures plant der Entwickler erstmals eine Journalfunktion ein. Wie das „Quest Log“ genau aussehen soll, steht noch nicht fest. Geplant sind darüber hinaus zwei Schwierigkeitsgrade, bei denen der Spieler nicht nur mit einer unterschiedlichen Anzahl und Güte von Tipps rechnen kann, sondern auch teilweise ganz andere Rätsel lösen soll. Von den Rätseln selbst konnte wir allerdings noch kaum etwas sehen. Im gezeigten Spielabschnitt befindet sich Geron in den Blutzinnen, einem gebirgigen Landstrich im Norden Aventuriens. Dort trifft er auf ein Orklager, dessen Bewacher er unbedingt loswerden muss. Oberhalb des Lagers beobachtet ein Ork-Schamane die felsige Landschaft und wartet auf ein Zeichen. Ihr könnt Euch vorstellen, wer ihm dieses Zeichen geben muss. Um die Orks zum Weiterziehen zu bewegen, muss Geron einen in den Fels gehauenen Totenschädel dazu bringen, „Blut zu spucken“. Da kommt ein Stein, der rötlich abfärbt, gerade recht. Bevor er dem Schamanen aber das richtige Zeichen geben kann, muss er jedoch weitere ineinandergreifende Aktionen durchführen, die in klassischer Adventure-Manier angegangen werden müssen.
Ausblick
Trotzdem es sich um eine sehr frühe Version von Satinavs Ketten handelt, in der noch zahlreiche Details und Animationen fehlen, sieht das Spiel bereits jetzt, gut ein Jahr vor dem Release, richtig klasse aus. Die Artworks in den Büroräumen von Daedalic ließen uns zusätzlich das Wasser im Mund zusammenlaufen. The Whispered World dürfte es äußerst schwer haben, seinen Platz als hübschestes Daedalic-Adventure zu halten. Davon abgesehen lässt sich das Spiel bisher nur schwer einschätzen. Die Geschichte weckt zumindest Interesse und das Konzept mit mehreren Schwierigkeitsgraden samt unterschiedlichen Rätseln klingt vielversprechend für Abenteurer. Klar ist, dass Daedalic die Lizenz nicht erworben hat, um damit bloß die Adventure-Puristen zu erreichen. Auch deshalb tut Daedalic gut daran, die Lizenz so ernst zu nehmen, wie sie das unserem Eindruck nach tun. Wir freuen uns jedenfalls auf die gamescom, auf der wir hoffentlich noch einiges mehr vom Spiel sehen werden.
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