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Vorschau

von  Jan "DasJan" Schneider
29.08.2018
3 Minutes to Midnight

Die Entstehungsgeschichte des spanischen Scarecrow Studio ist eher ungewöhnlich. Scarecrow-Chef Jan Serra hatte eigentlich einen Management-Job in der Autobranche, wollte diesen dann aber zugunsten einer weniger stressigen Karriere an den Nagel hängen. Als großer Fan alter LucasArts-Titel, allen voran Monkey Island, hieß der neue Berufswunsch Spieleentwickler, denn für klassische Adventures schlug nun mal das Herz…

Twilight Zone trifft Monkey Island

Und so führte es Jan und seine Kollegin Pavlina Kacerova auf ihre erste gamescom, wo sie interessierten Medien ihr ambitioniertes Debüt-Projekt 3 Minutes to Midnight präsentierten. Statt in die Welt der Piraten zieht es Spieler darin in das New York der 40er Jahre. Das Setting fand das Entwicklerteam besonders reizvoll, da es im Genre noch relativ unverbraucht ist. Nach der Explosion an einem Damm wacht Protagonistin Betty Anderson ohne Erinnerungen auf und stellt fest, dass auch andere Dorfbewohner unter Amnesie leiden. Außerdem scheint die Elektrizität überall ausgefallen zu sein. Und so schickt Bettys Mutter, die Bürgermeisterin, ihre Tochter zum Damm, um den mysteriösen Ereignissen auf den Grund zu gehen. Hinter dem Ort der Explosion findet Betty zu ihrer Überraschung eine geheime Militärbasis, die dort nichts zu suchen hat, und von hier nimmt alles noch verrücktere Züge an.

In dem auf der gamescom gezeigten Abschnitt wird Betty durch ein verschlafenes Ferienlager im Wald gesteuert, das derzeit nur eine Einwohnerin hat. Die erinnert von ihrer Gestalt an Alice im Wunderland, hält aber eine beachtliche Machete in der Hand, mit der sie Holz hackt, hegt gewalttätige Fantasien und besitzt eine gespaltene Persönlichkeit. Sollte dies repräsentativ für den Rest des Spiels sein, dürften Spieler sich auf zahlreiche schräge Figuren freuen können, die man im Laufe des Spiels trifft.

Klassisch und groß

Spielerisch folgen die Macher eindeutig der Tradition von LucasArts: klassisches rätsellastiges Point & Click mit jeder Menge abgefahrenen Einfällen. Man legt dabei wert darauf, dass die Rätselketten innerhalb der Spielwelt Sinn ergeben und Spieler nicht aufgrund von zu abstrusen Kombinationen steckenbleiben. Oft gibt es sogar bei Aktionen, die zwar logisch sind, aber nicht zum Ziel führen, entsprechende Animationen oder Kommentare, die den Spieler auf die richtige Fährte führen.

Die hochauflösende Comic-Grafik kann sich sehen lassen. Hintergründe werden von David Puerta gezeichnet, der auch beispielsweise Szenen für Yesterday Origins und Baphomets Fluch 5 beigesteuert hat. Die Zeichnungen sind zwar nicht ganz so detailliert wie in diesen Titeln, dafür gibt es eine ganze Menge von ihnen. Für die 54 Locations wurden wegen Varianten wie “tagsüber”, “nachts” und “vor einem Jahr” (teilweise wird die Vorgeschichte aus Sicht von Bettys Mutter erzählt) 104 Hintergründe angefertigt, in denen satte 300 Inventargegenstände zu finden sind.

3 Quarters to 3 Minutes to Midnight

Offenbar sind alle Assets für 3 Minutes to Midnight bereits produziert, doch nun muss alles noch zusammengesetzt werden. Jan Serra rechnet mit der Fertigstellung Mitte 2019, als Zielplattformen sind derzeit Windows, Mac, Linux, Android, iOS, PS4, Xbox One und, na klar, Nintendo Switch eingeplant.

Galerie
Für mich ist 3 Minutes to Midnight eine der großen Überraschungen der gamescom 2018. Den Titel hatte ich vorher nicht auf dem Schirm, macht aber den Eindruck eines umfangreichen, professionell produzierten, schrägen, klassischen 2D-Point-and-Click-Adventures mit einer fetten Portion Humor, das besonders Freunde der LucasArts-Schule erfreuen dürfte.
Sieht gut aus