Test

von  zeebee
01.09.2000
The Longest Journey
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch
89%

Dieses Spiel alleine ist fast ein Wunder für sich. Es ist 2D und lässt sich mit der Maus steuern. Viele neuen Adventures mit dieser Technik gibt es nicht, sie lassen sich an einer Hand abzählen und doch ist The Longest Journey einzigartig und konnte als einziges Adventure der letzten Zeit gute Verkaufszahlen und einen Aufenthalt in den Top 20 der Verkaufszahlen erreichen.

Die Story

Das Spiel selbst beginnt mit einem herrlichen Sonnenaufgang in einem unbekannten Land mit einer Panoramalandschaft, wie sie vorher noch nie zuvor gesehen wurde. Unsere Heldin, April Ryan, steht mitten in dieser Landschaft und denkt, sie befindet sich mal wieder in einem Albtraum. Doch in diesem Traum begegnet sie einem Drachen, oder besser gesagt „Dreak Kin“. Von ihr, der „Mutter“, erfährt April, dass alles wieder von vorne beginnt und natürlich weiß April nicht, was damit gemeint ist. Als sie wieder schweißgebadet aufwacht, stempelt sie ihr Erlebnis als Traum ab und versucht, ihr gewohntes Leben weiterzuleben. Doch in ihrer unmittelbaren Umgebung häufen sich mysteriöse Erscheinungen von fremdartigen Tieren und Umgebungen, die auf der Erde nicht existieren, und ein geheimnisvoller Cortez beginnt, für April immer mehr zum Weggefährten zu werden. Ehe sich April versieht, befindet sie sich in Arcadia, bekämpft die Neuerer und versucht, bei alledem das „Gleichgewicht“ zu wahren.

Die gesamte Geschichte von The Longest Journey ist am Anfang sehr verwirrend und komplex. Doch nicht nur der Spieler wird von den gigantischen Ausmaßen der Story überrumpelt, auch April selbst fühlt sich die ganze Zeit unwohl und die Macher haben das gekonnt in Szene gesetzt. Jedes Mal, wenn man glaubt, man hat etwas der Geschichte restlos verstanden, kommen neue Wendungen und man ist so schlau wie vorher. Jedoch ist die Geschichte stets logisch und widerspricht sich nicht selbst, und bei dem Ausmaß der Geschichte ist dies wahrlich positiv zu erwähnen.

Grafik und Musik

Die Grafik besteht aus vorgerenderten Hintergrundbildern und 3D-Polygon-Personen. Die Hintergründe reichen von schaurig und dunkel (in unserer zukünftigen Welt „Stark“) bis zu malerisch und fantasievoll (Arcadia) und sind sehr abwechslungsreich. Das Spiel läuft wahlweise in 16 oder 32 Bit Farbtiefe mit 640x480 Pixeln Auflösung. Beide Varianten sehen sehr schön aus, die 32-Bit-Version hat einige, kaum erkennbare, feinere Übergänge und Farben. Eine 3D-Karte ist nicht vonnöten, wird aber unterstützt. In unregelmäßigen Abständen werden vorgerenderte Zwischensequenzen abgespielt, welche leicht mit denen von Grim Fandango oder Monkey Island 3 mithalten können und die Geschichte spannend vorantreiben. Einzig die Personen wirken an einigen Stellen nicht richtig mit dem Hintergrund verbunden, was aber nur bei genauerem Hinsehen auffällt.

Die Musik, der Sound und die Sprachausgabe sind schon fast zu gut, um wahr zu sein. Während des gesamten Spiels gibt es eine hervorragende Musikuntermalung, die sich der jeweiligen Situation anpasst. Im malerischen Wald gibt es fröhliche, helle Musik, während in spannenden Szenen alleine die Musik eine Gänsehaut hervorrufen kann. Für Abwechslung ist also gesorgt. Es gibt auch eine CD mit den besten Liedern im Handel zu kaufen.

Auch die Sprachausgabe ist von erster Güte. Besonders die Sprecherin von April versteht ihr Werk sehr gut. Die Angst, Unwissenheit, Panik und Sarkasmus der Hauptperson wirken immer glaubwürdig und sind nie monoton. In Szenen, in denen sich April selbst Mut zuspricht, um nicht zu verzweifeln, wirkt die Sprachausgabe so glaubhaft… Aber das muss man schon selbst erleben. In Sachen Sprachausgabe belegt The Longest Journey die ersten Plätze zusammen mit Größen wie Grim Fandango.

Steuerung und Rätsel

Am ehesten kann die Steuerung mit Baphomets Fluch verglichen werden. Sie ist sehr einfach geraten und jeder sollte sich damit zurechtfinden, auch wenn er oder sie noch nie davor einen Computer gesehen hat. April reagiert auf Mausklick und per Doppelklick rennt sie sogar. Positiv ist die Taste X: Mit dieser werden alle Ausgänge direkt auf dem Bildschirm ausgegeben und das nervige Suchen von weiteren Ausgängen gehört der Vergangenheit an. Wenn man zwei Gegenstände benutzen will, gibt es ein visuelles Zeichen, ob diese Sachen miteinander kombinierbar sind oder nicht. Wenn man also Geldstück und Händler verbindet, wird es schon vor dem Mausklick klar, dass etwas passieren wird. Sinnlose Kombinationen werden so gleich vermieden.

Wie es sich für gute Adventures gehört, braucht man auch nicht sinnlose Fußmärsche über sich ergehen zu lassen, sondern kann auf Übersichtskarten zurückgreifen. Mal wird dies durch die U-Bahn erreicht, mal Monkey-Island-typisch durch Inselkarten. Nur in seltenen Fällen muss man mehrere Bildschirme ohne Karte absolvieren.

Die Rätsel bestehen aus klassischem Adventure-Stoff. Es gibt also eine Menge zu erledigen, bevor eine Hauptaufgabe in Angriff genommen werden kann. So muss man Nebenjobs annehmen und bestimmte Aufgaben erledigen, nur um eine simple Information zu erhalten. Jedoch sind die Rätsel durchweg logisch und mit Nachdenken zu bewältigen. Die Rätseldichte ist für ein Adventure heutiger Zeit sehr hoch, anders als z.B. in Baphomets Fluch. Das Spiel umfasst insgesamt 4 CDs, die einiges an Rätselkost beinhalten und Abenteurer wochenlang vor dem Bildschirm fesseln werden. Ab und zu gibt es aber auch ziemlich nervige, meist mechanische, Rätsel. So muss man eine Pumpe reparieren oder „Eingeborenen-Telefone“ neu ausrichten und benutzen. Die Logik ist hier schwer zu erkennen, aber nach einigen Anfangsschwierigkeiten lässt sich auch dies ohne Komplettlösung bewerkstelligen.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

The Longest Journey punktet klar auf allen klassischen Bedingungen des Adventure-Genres: gute und originelle Story, langer Spielspaß, glaubwürdige Charaktere und klassische Lucasartskost. Manchmal stört bei diesem Spiel eine gewisse Langatmigkeit wenn man das 4. von 10 Büchern lesen muss um weiter zu kommen oder teils endlose scheinende Dialoge einfach kein Ende nehmen wollen. Dies sind aber nur sehr kleine Wermutstropfen und treten auch sehr selten auf. Für alle Fans von klassischen Adventures ist dieses Spiel ein Muss in der Sammlung.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • sehr großer Umfang
  • symphatische Figuren
  • malerische Grafiken
  • Lokalisation
  • einfache Bedienung
  • gut durchdachte Story mit vielen Wendungen
  • mechanische Rätsel die nur durch stupides Probieren gelöst werden können