Test

von  Michael Stein
13.03.2016
Heaven's Hope
Getestet auf Windows, Sprache
  • Deutsch
  • Englisch

Bereits 2010 durften wir einen Blick in eine frühe Version des klassischen Point-and-Click-Adventures Heaven's Hope des deutschen Entwicklers Mosaik Mask Studio werfen. Doch sollte es weitere sechs Jahre dauern, bis der Titel das Licht der Welt erblickt. Wir haben uns das fertige Spiel angesehen und beschreiben in unserem Test, wie es uns gefallen hat.

Hochmut kommt vor dem Fall

Auch als Engel sollte man sich nicht provozieren lassen. Das muss Talorel am eigenen Leib erfahren, als er bei einem gewagten Flugmanöver die Himmelsbarriere durchbricht und eine Bruchlandung auf der Erde hinlegt. Dabei demoliert er sich nicht nur seine Flügel, sondern verliert auch seinen Heiligenschein. Das ist unpraktisch, denn ohne seinen Heiligenschein fehlen ihm seine himmlischen Kräfte und ohne Flügel kommt er nicht wieder in den Himmel. Dort muss er aber hin, damit seine Flügel nachwachsen. Als wäre das alles nicht schlimm genug, ist das Verlassen der Himmelsbarriere auch noch streng verboten und es könnte passieren, dass er wegen dieses Vergehens nicht zur Engelsprüfung zugelassen oder sogar aus dem Himmel geworfen wird. Und es kommt noch dicker: Seine Engelskollegen Azael und Salome wären davon auch betroffen. Zumindest steht er mit den beiden noch in Kontakt, sodass sie ihm wertvolle Tipps geben können, denn Talorel selbst ist vorerst mit der Situation völlig überfordert. Zu allem Überfluss landet Talorel in einem alternativen England des 18. Jahrhunderts, in dem die Inquisition noch aktiv ist, sodass er seine Identität verbergen muss, um nicht auf dem Scheiterhaufen zu landen.

Die Schneiderei und der<br /><br />Antiquitätenladen in Heaven's Hope

Behutsame Einführung

Heaven's Hope führt den Spieler anfangs langsam an das Spiel heran. Zuerst ist nur ein Hotspot anklickbar, dann ein weiterer und dann öffnet sich langsam die Spielwelt. Dadurch ist das Quasi-Tutorial perfekt in das Spielgeschehen integriert und fühlt sich sehr natürlich an. Schon bald trifft Talorel auf den ersten Nebencharakter, zuvor begegnet der Spieler aber einem ersten Minispiel, das etwas Geschicklichkeit im Umgang mit der Maus erfordert. Doch keine Angst, ein Großteil der Rätselkost besteht aus klassischen Rätselketten mit Inventarkombinationsrätseln, Dialogen und Interaktion mit der Umgebung. Gerade beim Rätseldesign fällt schnell auf, dass sich die Entwickler stark an den Klassikern des Genres orientiert haben. Einige der Aufgaben sind nicht nur lustig, sondern auch clever ausgedacht. Bei den Rätseln kommen selten Frustmomente auf. Leider enthält das Spiel auch ein paar unschöne Designschnitzer, wenn zum Beispiel Aktionen nicht durchgeführt werden können oder Hotspots nicht aktiv sind, wenn vorher nicht die richtigen Dialoge mit Nebencharakteren abgearbeitet wurden. Insgesamt steigt der Schwierigkeitsgrad über das Spiel in einem guten Tempo kontinuierlich an, sodass das Spiel auch nach Stunden noch richtig Spaß macht.

Lebendige Welt

Nicht nur die Persönlichkeit von Talorel ist gut ausgearbeitet, sondern jeder einzelnen Figur im Spiel wurden mit viel Liebe und Humor ganz eigene Charakterzüge auf den Leib geschrieben. Es macht immer wieder Spaß, neue Figuren kennenzulernen. Dazu erhält Talorel zwei tierische Begleiter, die er bei sich führt und die gut in die Rätsel eingebunden sind. Auch die Dialoge im Spiel sind gut geschrieben und nachvollziehbar. Dazu kommt eine außerordentlich tolle Sprachausgabe, die gut zur Atmosphäre beiträgt. Selbst seine beiden Engelskollegen Azael und Salome haben ihre eigene Persönlichkeit. Während Salome eher hilfsbereit agiert und sehr darauf bedacht ist, dass Talorel in der Welt der Menschen zurechtkommt, verhält sich Azael oft zynisch und sarkastisch. Seine Kommentare tragen ebenfalls gut zum Humor des Spiels bei. Die beiden Engel können im Übrigen während des Spiels um Hilfestellung gebeten werden. Leider sind die Hinweise aber oft sehr vage und gehen nur oberflächlich auf die Lösung der aktuellen Aufgabenstellung ein. Auch das Journal, in dem die Aufgaben protokolliert werden, ist interaktiv und bietet gewisse Hinweise zum Lösungsansatz. Jedoch sind die Hilfestellungen dort auch nicht konkreter.

Dieser freundliche Herr<br /><br />hat ein Schlafproblem

Optik und Akustik

Die gezeichneten Hintergründe sehen ausgezeichnet aus und auch die 3D-Figuren im Spiel machen einen guten Eindruck. Dieser wird vor allem durch viele kleine Einzelanimationen unterstützt, sowohl bei Talorel als auch bei Kleinigkeiten in der Umgebung. Lediglich wenn die Kamera in Nahansichten zoomt, verpixelt die Umgebung leicht. Insgesamt macht das Spiel optisch aber einen sehr guten Eindruck. Die Musikuntermalung hält sich dezent im Hintergrund, was auch gut so ist, da sie nicht besonders abwechslungsreich ist. Da ist es praktisch, dass Musik, Sprache und Soundeffekte getrennt voneinander geregelt werden können. Die Soundeffekte sitzen genau richtig. Besonders hervorzuheben ist aber die gelungene Sprachausgabe, für die talentierte Sprecher gefunden wurden, die ihren Charakteren wunderbar Leben einhauchen. Noch ein bisschen besser als die deutsche Sprachausgabe ist die ebenfalls mitgelieferte englische Vertonung, da diese auch noch mit passenden Dialekten aufwarten kann. Sowohl die Sprachausgabe als auch die Untertitel können unabhängig voneinander gewählt werden. Die Untertitel sind allerdings nicht vollständig abschaltbar.

Klick mich: die Steuerung

Bei der Steuerung machen Mosaic Mask Studio keine Experimente. Wie man es von einem klassischen Point-and-Click-Adventure gewohnt ist, können fast alle Aktionen mit der linken Maustaste durchgeführt werden. Fährt man mit der Maus über einen Hotspot, werden die jeweils passenden Icons eingeblendet, um etwa Gegenstände mitzunehmen, anzusehen oder andere, spezielle Aktionen durchzuführen. Die rechte Maustaste dient dazu, Dialogzeilen zu überspringen. Laufwege können mit einem Doppelklick abgekürzt werden. Außerdem steht eine Karte zur Verfügung, über die man sich direkt zu bereits erforschten Orten teleportieren kann. Abgerundet wird das Interface von einem klassischen Inventar, in dem Gegenstände miteinander kombiniert oder zur Interaktion mit der Umgebung ausgewählt werden können. Kenner klassischer Adventures sollten damit keinerlei Probleme haben. Speicherstände gibt es übrigens mehr als genug und gespeichert werden darf fast an jeder Stelle des Spiels.

Traumjob Laternenanzünder

Fazit

Heaven's Hope ist ein Fest für Freunde klassischer Third-Person-Adventures. Das Spiel zeigt an vielen Stellen, dass sich die Entwickler viele Gedanken gemacht haben, genau diese Art von Spiel mit möglichst vielen Komfortfunktionen zu gestalten. Die liebevoll ausgearbeiteten Charaktere, die gut geschriebenen Dialoge und vor allem die tolle Sprachausgabe verleihen dem Spiel eine ausgezeichnete Atmosphäre. Kleine Designschnitzer, wie etwa Hänger durch nicht ausgelöste Trigger oder eine über weite Strecken auffällige Linerarität trüben das Gesamtbild nur minimal. Vor allem schafft es das Spiel, einen guten Abschluss aufs Parkett zu legen und die Spielzeit von etwa 12 Stunden ist ebenfalls sehr erfreulich. Eine Fortsetzung wäre auch vom Plot her nicht ausgeschlossen.

Kommentare des Verfassers

Kommentare

detail

Heavens Hope ist ein bemerkenswertes Erstlingswerk, dem hoffentlich noch weitere solcher Adventures folgen werden. Der tollpatschige Talorel war endlich mal wieder ein sympathischer Protagonist, sodass es mir richtig Freude bereitete, ihm und seinen beiden kleinen, spaßigen Begleitern zu helfen. Besonders gefielen mir die liebevolle Gestaltung der Figuren und Hintergründe sowie die in beiden Sprachen sehr gelungene Synchronisation, welche den einzelnen Charakteren nochmal besonderen Tiefgang gab. Auch der Humor war ganz nach meinem Geschmack, ebenso wie die abwechslungsreiche, nicht allzu schwere Rätselkost. Der Abschied fiel mir daher nicht leicht, aber vielleicht gibt es ja ein Wiedersehen – das wäre schön.

detail

Heavens Hope ist ein tolles Spiel geworden. Vor allem, weil es trotz der langen Entwicklungszeit sehr homogen wirkt. Ich hatte viel Spaß mit Talorel, seinen Helfern und den Bewohnern von Heavens Hope. Wenn die Entwickler im nächsten Spiel die kleinen Schnitzer im Gamedesign ausbügeln können und sich ihre Liebe zum Detail behalten, dürfte der nächste Titel ein echtes Highlight werden.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Schöne Grafik
  • Tolle Geschichte
  • Sehr gute Sprachausgabe
  • Guter Humor
  • Interessante Rätsel
  • Hilfestellung oft nicht hilfreich
  • Teils bremsendes Trigger-Verhalten
  • Oft zu linear