Law&Order - Mord im Central Park ist eine TV-Adaption der in den USA bekannten gleichnamigen Fernsehserie und ist eins der ersten Spiele, die das Dreamcatcher-Europe-Brand "The Adventure Company" herausbringt.
Nach eigenen Angaben will The Adventure Company den europäischen Markt mit hochwertigen Adventures bevölkern. Law and Order ist dazu, zumindest in der deutschen Übersetzung, kein guter Anfang.
Law&Order dreht sich um den Polizeidetective Lennie Briscoe, die Staatsanwälting Serena Southerlyn und letztlich den Spieler, der als Partner der jeweiligen Hauptfigur auftritt.
Eines Morgens findet ein Parkarbeiter des New Yorker Central Parks eine erdrosselte Leiche am Wegesrand und alarmiert die Polizei. Jennifer Russ, so der Name der Leiche, war Investmentmanagerin der New Yorker Börse und in einen katastrophalen Deal verwickelt, bei dem mehrere Leute ein paar Tausender verloren. War es einer dieser Partner, der die Tote nun auf dem Gewissen hat oder waren es eher private Motive, die zu der Tat geführt haben?
Das Spiel reiht sich in die alte Schiene der whodunnit-Adventures ein. Ein gegebener Fall wird mit Indizien, Zeugenbefragungen, Laborergebnissen und Untersuchungen ausgeschmückt. Dazu kommt im zweiten Teil des Spiels noch die Durchführung der Gerichtsverhandlung, in der es gilt, durch geschickte Argumentation den wahren Täter dingfest zu machen.
Etwas ähnliches (abgesehen von der Gerichtsverhandlung, bei der Law&Order neue Wege geht) haben wir auch vor kurzem bei der Adaption der US-Serie "CSI" gesehen.
Der Spieler dient dabei zunächst der Hauptfigur Briscoe als Partner und hat die Aufgabe, die gefundenen Indizien zu den einzelnen Abteilungen "Labor" und "Untersuchungen" zu bringen oder die Abteilung "Überwachung" mit dem Verfolgen von Verdächtigen zu beauftragen und dann auf die Ergebnisse zu warten. Hat er genügend Beweise gegen einen Verdächtigen gesammelt, kann er zunächst einen Durchsuchungsbefehl anfordern oder letztlich die Verhaftung beantragen. Ist diese vollzogen, ändert sich die Perspektive und der Fall wird im Gerichtssaal weiterverhandelt.
Nun steht der Spieler der Staatsanwältin Southerlyn zur Seite und beide ermitteln im Rahmen der Gerichtsverhandlung weiter, befragen alte und neue Zeugen, legen Beweise vor und Einsprüche ein.
Das ganze Spiel ist in einer 360 Grad Rundumsicht zu spielen, Gegenstände können durch einen Klick herangezoomt und dann mitgenommen werden. Das Inventory ist begrenzt, somit muss man schon während der Indiziensuche die wichtigen Beweise herausfiltern. Zudem kommt eine ständig tickende Uhr mit ins Spiel, die das Spiel ein wenig antreibt.
Hier kommen wir schon zum ersten Minuspunkt des Spiels. Alle Grafiken sind vorgerendert und, wie gesagt, in einem 360 Grad Panorama zu sehen. Dabei sehen die Hintergründe aus, als ob der Developer die große Standardkiste mit 3D-Studio-Objekten aufgemacht hätte, um sich ein paar Räume zusammenzuklicken. Die Wohnräume der Verdächtigen, die Räume der Polizei und der Tatort sind steril, unscharf, pixelig und langweilig. Objekte (zum Beispiel in einem Bücherschrank) wiederholen sich sichtbar und im ganzen Spiel sind mir nur drei Räume aufgefallen, in denen sich wirklich etwas bewegt hat.
Obwohl die Mimiken und Lippenbewegungen der Hauptcharaktere noch recht ansehnlich sind, wirken die Gesichter aller Beteiligten wie die aufgeklebten Masken mancher Aliens aus "Men in Black": Die Texturen auf den 3d-Gesichtern, die wahrscheinlich die Nähe zu den TV-Schauspielern erreichen sollten, wirken verzerrt und unnatürlich. Die Bewegungen der Personen sind steif und mechanisch und sehr oft verschwindet ein herunterhängender Ärmel im Bein einer Figur.
Wohingegen der Sound noch recht atmosphärisch wirkt (Gesprächsgewirr und Anrufe im Polizeirevier, Vögelgezwitscher im Park), wohl aber ein wenig dünn gesiedelt ist, kann man die Musik nur zur Gattung der Fahrstuhlmusik zählen, sie ist aber zum Glück nicht zu aufdringlich und wiederholt sich auch nicht in allzu kurzen Abständen. Die äußerst schlechte Bewertung Musik und Sound ergibt sich allerdings aus dem folgenden Punkt:
Beim Lesen der Testberichte meiner englischen Kollegen wurde mir klar, dass bei der Lokalisation der deutschen Version (mal wieder) erheblich Geld eingespart wurde. So wie ich es heraushören konnte, gibt es im gesamten Spiel vier Sprecher: drei männliche, einen weiblichen. Dabei versuchen die Sprecher, ihre Stimme immer wieder zu verstellen um sie den jeweiligen Charakteren anzupassen, was aber vor allem den männlichen Sprechern (einer mit österreichischem Akzent) nicht gelingt. Die Sprache wirkt wie abgelesen und als ob die Sprecher überhaupt nicht verstanden hätten, was sie vorlesen: Wörter werden falsch betont und die Stimmmelodie passt überhaupt nicht zu den Sätzen. Das liegt wohl daran, dass die Lokalisation des Spiels auch in den USA erstellt wurde. Der trockene Humor, für den die TV-Serie so bekannt ist, wirkt flach und verliert den Witz durch die Übersetzung.
Zudem passen manche Beschreibungen und Spieltexte nicht mehr. Ganz deutlich wird dies am Anfang des Spiels: Hier muss man als Detektiv-Frischling zunächst seine positiven Eigenschaften festlegen, welche das Spiel nachher beeinflussen. So kann man als Eigenschaft beispielsweise festlegen, dass man einen guten Blick für Indizien hat. Das Ergebnis daraus ist, dass der Mauszeiger zur Lupe wird, wenn man über einen Gegenstand fährt. Wenn man diese Eigenschaft nicht markiert (und man kann nur zwei Eigenschaften maximal markieren), erhält man diese Lupe nicht. Also ist im Endeffekt genau das Gegenteil gemeint. Das Gleiche ist auch bei der Eigenschaft "Effizienz" zu beobachten, welche die Entwickler durch einen Patch eingebaut haben. Wählt man diesen Punkt aus (kann man also schnell und durchdacht arbeiten), zählt die Zeit langsamer herunter, als wenn man ihn nicht auswählt. Diese Tatsache verwirrt den Spieler und lässt kein rechtes Vertrauen zum Spiel aufkommen.
Außerdem ist das Spiel während der Tests dreimal hängengeblieben und man musste das Spiel neustarten. Ärgerlich dabei war, dass das Spiel in einer Auflösung von 640x480 Pixeln arbeitet und man nach einem Absturz die Auflösung manuell zurücksetzen musste. Also gilt wie immer: Save early, save often.
Neben den typischen Frage/Antwortspielchen mit den Verdächtigen, müssen Indizien gefunden und intelligent ins Labor oder zur Untersuchung gebracht werden. Dabei gestaltet sich vor allem das Finden der Indizien etwas schwierig, da hier die schwache Grafik beeinflusst und manche Indizien buchstäblich im Dreck verschwinden. Ferner werden die Orte geradezu übervölkert von Indizien und es ist meistens schwer, auseinanderzuhalten, welche nun von Bedeutung für den Fall sind und welche nicht. Manche Puzzles werden auch durch die schlechte Lokalisation schwerer, weil der Spieler die Andeutungen in den Dialogen nicht erkennt.
Wenn man mal von den relativ guten Ansätzen der tickenden Zeit und der Gerichtsverhandlung absieht, ist von der deutschen Version, vor allem aufgrund der katastrophalen Lokalisation, abzuraten. Fans der Serie, die unter Umständen bereit sind, über die mäßige Grafik hinwegzusehen, sollten vielleicht eher die englische Version in Erwägung ziehen.
Man kann nur hoffen, dass die nächsten Adventures, die the Adventure Company herausbringt, von weit besser Qualität sind, als Law&Order, sonst sieht es, zumindestens für den deutschen Markt, schlecht aus.
The Adventure Company wirbt in ihrem Presseschreiben, dass sie sich vor allem dem Genre Abenteuer widmet und für anspruchsvolle Qualität steht. Davon konnte man - zumindestens bei der Lokalisation des Spiels, die ich fast schon für eine Frechheit hielt, nicht sprechen. Ich muss ehrlich zugeben, dass ich, sobald ich alle Fakten und Eindrücke für diesen Test gesammelt hatte und nach dem dritten Absturz das Spiel letztlich von meiner Festplatte verbannt habe.
Adventure-Treff-Verein
IBAN: DE38 8306 5408 0004 7212 25
BIC: GENODEF1SLR