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Test

von  Jan "DasJan" Schneider
30.10.2003
Vandell - Knight of the Tortured Souls
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch

Atmosphere, die kleine Firma aus Österreich, die für „Vandell – Knight of the Tortured Souls“ verantwortlich ist, musste schon viel mitmachen: Zuerst ging ihr Publisher Blackstar pleite, dann wollte auch Koch nichts mehr mit ihrem Spiel zu tun haben, es gab Probleme bei der Produktion der Boxen und als schließlich Vandell dann doch noch durch dtp auf den Markt kam, mussten sich die Entwickler schwerste Kritik anhören. Wir wollten herausfinden, ob Vandell wirklich so schlecht ist, wie viele sagen, und testeten das Spiel.

Story

Adam Vandell hatte eine schwere Kindheit. Mit 17 Jahren heiratete er seine über alles geliebte Frau, musste aber kurz darauf mit ansehen, wie sie – von einem kaltblütigen Killer angeschossen – in seinen Armen verblutet. Vom Hass getrieben arbeitete er anschließend für eine Elitetruppe der Regierung und meldete sich danach bei der Polizei. Als Detective bei der Mordkommision macht er einen Serienkiller dingfest, der Kindermörder nach ihrer Haftentlassung hinrichtet. Der Spieler schlüpft in die Rolle von Vandell, als ein Nachahmer dieses Killers die Straßen der Stadt unsicher macht.

Das Spiel verleugnet sein Vorbild Blade Runner nicht, spielt es doch auch in einer düsteren, nicht allzu fernen Zukunft, die von Gewalt und Kriminalität gezeichnet ist. „Düster“ ist in diesem Fall aber wohl noch zu euphemistisch, man muss schon Nerven aus Stahl haben, um bei Vandell nicht in Depressionen zu verfallen. Kaltblütig hingerichtete Kindermörder, an die Wand genagelte Leichen und ein junges Mädchen, das mit Vandell über ihre Selbstmordpläne redet. Musik und Grafik bringen die Stimmung aber gekonnt rüber.

Klassisches Adventure für Alleinstehende

Man sollte Vandell nicht mit anderen Spielern teilen, denn eine Speichern/Laden-Funktion gibt es nicht. Stattdessen merkt sich das Spiel automatisch, was man schon erledigt hat und startet beim nächsten Mal automatisch bei diesem Stand. Dummerweise teleportiert es den Protagonisten dabei zurück in sein Büro. Ansonsten spielt sich Vandell wie ein klassisches Point & Click Adventure. Das Inventar ist am unteren Bildschirmrand zu finden, mit der rechten Maustaste untersucht man Objekte, mit der linken benutzt man sie. Schade nur, dass nirgendwo der Name des Objektes angezeigt wird, über dem sich der Mauszeiger befindet: So sind kleine Objekte, die an große anschließen, nur schwer zu sehen. Dass man den Tankdeckel eines Autos noch separat anklicken kann merkt man erst, wenn man tatsächlich draufklickt. Dieses Manko ist für die ein oder andere Pixeljagd verantwortlich, die eigentlich nicht hätte sein müssen.

Die Rätsel sind bis auf wenige Ausnahmen (Stichwort Einmachglas) sehr gelungen. Wenig funktioniert, wie man es gerne hätte, gerade mit dem oben erwähnten Tankdeckel wird der Knobelfreund viel Spaß haben. Meistens hinreichend logisch und manchmal wirklich trickreich ist es am Ende schade, dass auf Grund der kurzen Spielzeit nicht allzuviele Rätsel in das Spiel gefunden haben.

Dunkel aber oho

Grafisch braucht sich Vandell nicht zu verstecken. Sämtliche Bilder sind settingbedingt sehr dunkel, doch schafft der Entwickler mit seinen detaillierten, aber nicht fotorealistischen Zeichnungen einen eigenen Stil. Auch gut ist, dass überall Animationen zu finden sind: Hier dringt eine Gaswolke aus einem Rohr aus, da flackert eine Neonlampe und im Hintergrund ziehen Raumschiffe ihre Bahnen durch den nächtlichen Himmel. So wirken die Bilder angenehm belebt. Zwischensequenzen werden dagegen nicht bewegt, sondern wie ein Comic auf Papier in Standbildern mit unterlegter Sprachausgabe erzählt - hier wünscht man sich gelegentlich etwas mehr Dynamik. Auch der gerenderte Hauptcharakter passt nur bedingt in die gezeichnete Umgebung und könnte manchmal auch etwas schneller laufen (eine Renn-Funktion fehlt), für sich genommen ist aber auch er hübsch anzusehen.

Auch akustisch weiß das Spiel zu überzeugen. Bei Toneworx synchronisiert spielt Vandell in dieser Disziplin auf höchstem Niveau. Schade, dass man die gelungene Sprachausgabe nur in Dialogen zu hören bekommt – Beschreibungen muss man sich leider wie früher durchlesen. Auch neben der Sprache kann man die Musikuntermalung nur loben. Traurige Jazzklänge und ambiente Stadtgeräusche verbreiten keine Partystimmung, sondern passen sich perfekt in die bedrückende Atmosphäre des Spiels ein.

Im Vandell der Zeit

Es gibt viel zu tun, packen wir’s an. Vandell zeigt eine Menge guter Ansätze: Interessanter Comic-Stil, gute Grafik, ein Genuss für’s Ohr, ordentliche Rätsel, konsistente Spielwelt und eine interessante Story (wenn auch die Auflösung vielleicht nicht jeden zu überzeugen vermag). Schade, dass sich in das solide Spiel so viele Schwächen eingeschlichen haben. Inflexible Speicherfunktion, nur teilweise Sprachausgabe, fehlende Rennfunktion, unnötige Pixelhunts und einige mehr zeigen, dass es für die Atmosphere Studios noch einige Hausaufgaben zu erledigen gibt. Potenzial ist aber unzweifelhaft vorhanden.

Ein Punkt sticht aber aus allen anderen heraus und sorgt letztendlich für die unterdurchschnittliche Wertung: Vandell ist viel zu kurz! Nach 3-4 Stunden flackert der Abspann über den Bildschirm und da ist eine Schmerzgrenze für Vollpreisspiele endgültig weit unterschritten. Bei einem so kurzen Vergnügen kann man von niemandem verlangen, dass er dafür 30 oder 40 Euro auf die Ladentheke blättert. Vandell ist also (trotz einiger Schwächen) nicht schlecht, bietet nur viel zu wenig Spiel.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Das Potenzial, was die Atmosphere Studios zeigen, ist beachtlich. Wenn sie nach und nach ihre Schwächen ausmerzen und den Umfang ihrer Spiele deutlich erhöhen, dann freue ich mich sehr auf ihre nächsten Spiele. Wenn man sich an die Mankos von Vandell gewöhnt hat, kann auch dieser Titel schon Spaß machen.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Düstere Atmosphäre
  • Knackige Rätsel
  • Netter Comic-Stil
  • Sound / Musik
  • Viel zu kurz
  • Viele kleine Ungereimtheiten
  • Sehr kurz
  • Müsste viel länger sein