Test

von  Jan "DasJan" Schneider
17.11.2003
Physicus - Die Rückkehr
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch

Ende Oktober hat Heureka Klett seine aktuelle Lernspiel-Offensive mit gleich vier neuen Adventures gestartet. Wir haben uns „Physicus – Die Rückkehr“ jetzt genauer angesehen, das eher für jüngere Spieler konzipiert ist und damit einen Gegenpol zu dem ebenfalls von uns getesteten Informaticus bildet. Die Erwartungen waren jedenfalls hoch, war doch der erste Teil das Spiel, das Lernadventures endgültig gesellschaftsfähig gemacht hat.

Weltrettung Light

Die Story ist schnell erzählt: Der Spieler bereist einen kleinen Planeten, den er schon im ersten Teil gerettet hat und der jetzt schon wieder evakuiert wurde. Grund ist ein riesiger Meteorit, der in die Atmosphäre eingedrungen und in den Planeten eingeschlagen ist. Lediglich mit einer defekten Videokassette und einem Zeppelin als Transporthilfe bewaffnet muss er ihn jetzt ein zweites Mal retten.

Die Geschichte von Physicus 2 ist enttäuschend flach. Zwar dient sie nur als Rahmen für das eigentliche Ziel, das Vermitteln physikalischer Inhalte, doch findet auf Grund der fehlenden Charaktere (Dialoge gibt es keine) praktisch keine Entwicklung statt. Man bekommt zu Beginn einen Auftrag und wenn dieser nach sehr kurzen 3-5 Stunden Spielzeit erledigt ist, flimmert bereits der Abspann des Adventureteils über den Bildschirm. Zwar kann man sich dann noch mit dem Lernteil beschäftigen, doch wirkt Physicus 2 eher wie ein Addon zum ersten Teil als wie ein eigenständiges Produkt.

Gameplay

Physicus 2 spielt sich wie ein gewöhnliches Adventure, in dem man sich in der Ich-Perspektive durch die Spielwelt bewegt. Das funktioniert ganz gut, nur sind die anklickbaren Regionen gelegentlich etwas ungünstig verteilt. So klickt man immer an dieselbe Stelle, in dem Glauben dadurch vorwärts zu gehen, doch dreht man sich plötzlich um, weil der entsprechende Hotspot plötzlich höher gerutscht ist. Die Schritte sind aber so klein, dass man nie die Übersicht verliert.

Außer dem Inventar, das Symbole der mitgenommenen Gegenstände zeigt (kaum mehr als 4 gleichzeitig) und einem Optionsmenü, die beide in der unteren rechten Ecke geöffnet werden können und mit dunkelgrauer Schrift auf schwarzem Grund etwas unvorteilhaft gestaltet sind, gibt es praktisch kein grafisches Interface. Dialoge gibt es nicht und sonst kann man (abgesehen vom Aufrufen des Lernteils) auch nichts besonderes tun.

Sinn des Spiels ist es, physikalische Inhalte zu vermitteln. Und so basieren fast alle Rätsel darauf, dass man im Lernteil erlangtes Wissen praktisch anwendet. So muss man Spulen und Widerstände in Schaltungen einsetzen und Linsen herstellen. Leider beschränken sich viel zu viele Rätsel einfach darauf, dass man eine bestimmte Zahl in eine Apparatur eingibt, zum Beispiel die Dichte von Sauerstoff oder die Wellenlänge von rotem Laserlicht. Mit praktischer Anwendung hat das nur noch wenig zu tun, wobei doch gerade die Physik in dieser Hinsicht besonders viele Möglichkeiten böte.

Mechanische Rätsel oder Inventarrätsel sind in Physicus 2 kaum zu finden. Der Schwierigkeitsgrad ist trivial bis mittel und adressiert mehr Kinder und Jugendliche. Die Empfehlung "ab 12" geht damit voll in Ordnung.

Still-Leben

Immerhin grafisch enttäuschen die Entwickler nicht. Die Umgebungen sind alle hochwertig gerendert (und teilweise mit Filtern stilisiert) und sehen gut aus, wenn sie auch manchmal etwas eintönig scheinen. Enttäuschend ist aber, dass sich im Spiel kaum etwas bewegt. Abgesehen von den wenigen Zwischensequenzen und umgelegten Schaltern steht praktisch alles still, sogar das Meer. Umherfliegende Vögel, sich im Wind wiegende Pflanzen und animierte Charaktere – all das sucht man vergebens.

Musikalische Hochgenüsse wird man mit Physicus 2 auch nicht erleben. Im Spiel selbst ist kaum Musik zu hören, immerhin aber gut gemachte Umgebungsgeräusche wie Vogelzwitschern. Und auch die Geräusche wissen zu überzeugen und erklingen überall da, wo man es auch erwartet.

Einstein Reloaded

Sehr gut gelungen ist wieder der Lernteil, den man vom Spiel aus jederzeit erreichen kann. Gegliedert in die Bereiche Mechanik, Optik, Akustik, Wärmelehre, Elektrizitätslehre, Atomphysik und Relativitätstheorie und grafisch sehr schön gestaltet vermittelt er Wissen aus vielen Bereichen der Physik. Dabei bleibt das Niveau recht einfach, Formeln werden großteils vermieden – in der Mittelstufe sollten große Teile verstanden werden können und mit den einfacheren Kapiteln sollten auch Unterstufenschüler keine Probleme mehr haben. Die Zusammenhänge werden aber so plastisch und interessant geschildert (viele Seiten sind interaktiv), dass man auch kurz vor dem Abitur noch Spaß mit dem Lernteil haben kann. Alle Texte werden dabei vorgelesen.

Auch im Lernteil wird aber leider wieder der Addon-Charakter des Spiels deutlich: Nur die Kapitel Atomphysik und Relativitätstheorie sind wirklich neu, alle anderen Themenbereiche gab es so oder so ähnlich schon im ersten Physikus.

Fazit

Schade, Physikus hätte einen besseren Nachfolger verdient. Physicus – Die Rückkehr ist nicht wirklich schlecht, verschenkt aber viel Potenzial. Gerade auch weil man weiß, dass Rüske und Pühretmaier es eigentlich besser kann. Ein sehr schöner Lernteil rettet am Ende das Spiel, das eigentlich nur als Addon zum ersten Teil hätte verkauft werden können.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Ich hätte mir von Physicus 2 mehr erhofft. Der Lernteil ist wie immer klasse, aber das Spiel bietet nicht viele Reize. Schade, gerade in der Physik gibt es viele spannende Experimente, die man als Rätsel hätte umsetzen können.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Lernteil
  • Schöne Grafik...
  • ...aber nicht animiert
  • Zu viele Eingaberätsel
  • Zu kurz
  • Im Prinzip nur ein Addon