Erinnert ihr euch noch?

Lang, lang ist es her, da bevölkerten Tausende und Tausende von Moorhühnern in einem recht einfachen Ballerspiel die heimischen Bildschirme. Seither hat sich das Moorhuhn regelrecht zu einer Marke weiterentwickelt und mittlerweile macht das gute Tier auch vor anderen Genres nicht mehr halt. Im Dezember hat es schließlich die Adventure-Szene erreicht und Phenomedia AG, die Firma hinter dem Huhn, brachte ihr neuestes Spiel Moorhuhn Adventure - Der Schatz des Pharao unter die Leute.

Bei Adventure-Treff galt es zunächst einige Unklarheiten zu beseitigen, handelte es sich hierbei überhaupt um ein vollständiges Adventure? Ein Werbespiel für zwischendurch kam für einen ausführlichen Testbericht natürlich nicht in Frage, aber schon der erste Vorschau-Trailer zeigte das durchaus vorhandene Potenzial des Spiels. Einem Test stand also nichts mehr im Wege.

Wie, ein Moorhuhn Adventure?!

Die Erwartungen waren zugegeben nach wie vor sehr gering und vor allem der Beginn des Spiels scheint den Skeptikern Recht zu geben. Ohne jegliche Einführung in eine Hintergrundgeschichte, ohne echtes Intro wird man bei Moorhuhn zu Hause in Schottland abgeladen. Das monotone Knistern des Kaminfeuer und der Mauszeiger weisen darauf hin, aber irgendwie mag man es nicht so recht glauben... man kann schon selber spielen? Das war's? Keine Geschichte, kein Video, gar nichts? Vor allem: Kein Hinweis, was man jetzt eigentlich genau zu tun hat? So klickt man sich in den ersten Minuten recht lustlos durch alle möglichen Hotspots und macht sich mit der Steuerung vertraut, die eklatant der aus Sam & Max - Hit the Road ähnelt.

Nach einiger Zeit rettet man sich quasi endlich aus dem langweiligen Schauplatz und setzt über das Meer nach Ägypten, wo es gilt, den namensgebenden Schatz des großen Pharaos Tutatüt in einer Wüstenstadt namens Inshalalala zu finden. Die Pyramide ist natürlich seit Menschengedenken nicht mehr geöffnet worden, die Einheimischen munkeln gar über einen Fluch, doch sowas schreckt ein Moorhuhn natürlich nicht ab.

Die Präsentation

Was die Grafik angeht, weiß Moorhuhn Adventure zu gefallen, knuffig wie Die Siedler bewegt sich das Huhn durch noch knuffigere Comic-Hintergründe. Interaktionen mit der Umgebung werden meist durch kurze 3D-Animationen untermalt, die aber qualitativ nicht an vergleichbare Spiele herankommen.

Die Soundeffekte des Spiels orientieren sich sehr an der Hintergrundgeschichte: Sie sind kaum vorhanden. Ob sich das Huhn über Betonboden oder Wüstensand bewegt ist für das Geräusch scheinbar unerheblich, es ist nämlich das Gleiche. Auch ansonsten wird von Lärm eher Abstand genommen, pro Bildschirm gibt es maximal einen Geräuscheffekt. Die Musikuntermalungen sind zwar ganz ansprechend, aber ebenfalls sehr spärlich gesät und auch noch sehr kurz. Auf eine Sprachausgabe wurde gleich komplett verzichtet.

Minispiele a la Original

Wie bei vielen anderen Vertretern des Genres sollen auch bei Moorhuhn Adventure die Minispiele für ein wenig Abwechslung im Rätselalltag sorgen und eher die Reaktionsgeschwindigkeit fordern als die grauen Zellen. Im Verlauf des Abenteuers sind eine Handvoll dieser Minispiele zu bestehen, vom Flugzeug fliegen bis zum Schießbudenspiel. Einige davon erinnern sehr an das ursprüngliche Konzept von Moorhuhn. Sterben kann man dabei aber nie, man wird einfach wieder am Anfang des Minispiels abgesetzt. Auf Wunsch kann auch jederzeit eine kurze Anleitung zum jeweiligen Spiel angezeigt werden.

Die Katze im Sack kaufen

Die Glanzseite von Moorhuhn Adventure ist sicherlich der unterhaltsame Humor, den die Entwickler durchs ganze Spiel gestreut haben. Für fast jedes untersuchbare Objekt hat das Huhn einen passenden witzigen Kommentar parat, den Gesprächspartnern werden pfiffige Wortspiele ums Ohr gehauen und auch die zahlreichen Gegenstände im Spiel sind meist eine direkte Anspielung - so ist ein Bart kein Bart sondern der "Bart des Propheten", eine alte Hose ist eine "Tote Hose", die leider gestorben ist, und ein vergammelter Strohsack ist ein "Heiliger Strohsack".

Indiana Moorhuhn

Ebenfalls überraschend gut hält sich das Spiel in Sachen Rätsel. Vor allem mit fortlaufender Dauer des Spiels (auch ablesbar an der aktuellen Punktzahl, die immer im oberen Bildbereich angezeigt wird) werden die Rätsel zunehmend schwerer und anspruchsvoller. Oft muss über drei, vier Ecken kombiniert werden, um einer Lösung näher zu kommen. Einziger Minuspunkt dabei ist, dass eigentlich fast nie erklärt wird, warum dies oder jenes nun eigentlich überhaupt zu lösen oder Teil der Lösung ist, weder durch Unterhaltungen noch Beobachtungen. Oftmals wird auch den Klassikern des Genres Tribut gezollt. Die beinahe legendäre Verhandlungstaktik aus The Secret of Monkey Island hat hier beispielsweise in Form des Basar-Handelns einen Gastauftritt, und der Hut des Huhns kommt ja auch nicht von ungefähr...

Budgetspieldauer(?)

Wäre Moorhuhn Adventure ein Vollpreis-Spiel, hätte es ähnlich Vandell hier einen großen Abzug hinnehmen müssen, denn das Adventure ist sehr schnell durchgespielt, auch von weniger erfahrerenen Spielern. Da es sich aber von vornherein um ein Budgetspiel handelt (15 Euro), ist dies kein wirklicher Grund für eine Beschwerde, es soll an dieser Stelle lediglich darauf hingewiesen werden. Für etwas Verwirrung dürften die zwei verschiedenen Produktbzeichnungen XXL und XS sorgen. XS beinhaltet lediglich die Demo, die umsonst bezogen werden kann, während XXL die Vollversion des Adventures bezeichnet.

Fazit

Ein Baphomets Fluch 3 oder ein Tony Tough darf man sich von Moorhuhn Adventure - Der Schatz des Pharao natürlich nicht erwarten. Wer bei Moorhuhn aber sogleich an das urpsrüngliche Ballerspiel denkt, muss ebenso umdenken. Das Moorhuhn Adventure ist eine nette Überraschung, und das Preis-Leistungs-Verhältnis ist angebracht. Der super Humor, die überaus fordernden Rätsel und die nette Grafik überzeugen, hier hat sich Phenomedia wirklich Mühe gegeben. Wohl hingegen gar nicht beachtet wurde die Möglichkeit, bei Adventures auch eine Geschichte zu erzählen, solch eine ist nämlich nicht existent. Das schadet der Atmosphäre sehr, genau wie die Stille, die sich über viele Orte ausbreitet, da auf Soundeffekte und Musikuntermalung fast und auf Sprachausgabe komplett verzichtet wurde. Da hätten die Entwickler mehr investieren müssen, Zeit wie wohl auch Geld, dann hätte das Moorhuhn wirklich einen Überraschungserfolg landen können.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

Gemessen an den niedrigen Erwartungen hat mich Moorhuhn Adventure an vielen Stellen mit schöner Grafik, humorvollen Sprüchen und knackigen Rätsel überrascht. Das komplette Fehlen einer Hintergrundgeschichte, fehlende Sprachausgabe und die minimale Spieldauer passen da schon eher ins Bild. Da das Spiel aber kein Vollpreis-Produkt ist, können Adventurefans dennoch einen Blick riskieren, Moorhuhn-Fans sowieso.

feuer

Redaktions-Wertung

Grafik

Musik

Steuerung

Atmosphäre

Rätsel

Gesamt