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Test

von  Wolfgke
24.02.2006
Gumshoe Online
Getestet auf Windows, Sprache Englisch

Angesichts dessen, dass nahezu jeder PC heutzutage ans Internet angeschlossen ist, liegt die Idee nicht fern, dass man ein Adventure so programmiert, so dass es komplett im Browser abläuft, was den unzweifelhaften Vorteil bietet, dass man sein Spiel so von jedem Ort auf der Welt mit Internetzugang weiterspielen kann. Einen derartigen Versuch unternimmt „Gumshoe Online“, bei welchem es sich um ein Detektivadventure handelt. Wer jedoch bei Browser-Adventures z.B. an die Online-Rätsel zu Gooka oder Ankh denkt, sollte dieses Vorurteil gleich über Bord werfen. Denn bei Gumshoe Online handelt es sich um ein durchaus vollwertiges Point & Click-Adventure, welches sich aufgrund dieser sofortigen Benutzbarkeit bewusst an den Gelegenheitsspieler richten will, wie der Betreiber betont und belegen kann (Frauen und Über-40-jährige sind sehr stark vertreten).

In einer amerikanischen Großstadt in den Dreißigerjahren des 20. Jahrhunderts kann man hier als Detektiv Fälle lösen. Die einzelnen Fälle sind jeweils voneinander unabhängige Episoden, die man einzeln in beliebiger Reihenfolge kaufen (der Preis beträgt 5,99 $ für jede Episode) und lösen kann. Technisch ist laut Anbieter lediglich eine Internetverbindung und ein halbwegs aktueller Browser (Firefox, Internet Explorer oder Opera) vonnöten.

Tatsächlich (getestet mit Firefox und Internet-Explorer) sieht es so aus, dass jedoch zumindest diese beiden Browser ihre kleinen Marotten zeigten, die aber eindeutig nicht den Programmierern von Gumshoe Online, sondern den Browserentwicklern zuzuschreiben sind. Um nur eine Marotte jedes Browsers zu nennen: im Internet Explorer ist beim Laden keine kleine laufende Uhr in der Ecke zu sehen, sondern nur ein schwarzes Fenster und in der Statuszeile der Ladebalken für die einzelnen Dateien. Firefox dagegen besitzt die hässliche Macke, dass bereits angeklickte Hotspots in den Imagemaps (so werden diese technisch umgesetzt) einen gestrichelten Rand erhalten, was ein wenig hässlich ist, jedoch auch von gewieften Adventurespielern zum Positiven genutzt werden kann; nämlich dass diese so schnell erkennen, was sie bereits angeklickt haben. Technisch umgesetzt ist das Spiel lediglich in HTML+Javascript, was eine durchaus beachtliche Programmierleistung darstellt.

Das Spiel, welches komplett auf Englisch gehalten ist (wobei jedoch meines Erachtens durchschnittliche Sprachkenntnisse ausreichen), ist in zwei Browserfenster aufgeteilt: eines zeigt die Szene Third-Person in isometrischer Perspektive dargestellt. Das andere wird als Notizbuch bezeichnet und als Inventar benutzt. Hier werden außerdem die meisten Hinweise, die man gesammelt hat, kurz zusammengefasst.

Leider ist das eigentliche Spielfenster gerade auf größeren Monitoren recht klein und kann nicht in der Größe geändert werden (wenn man will, dass das Spiel einen größeren Teil des Monitors einnimmt, muss man wohl oder übel die Monitorauflösung senken). Der größte Teil der Grafik (wenn man vom Eingangsbildschirm und einigen Detailbetrachtungen von Inventargegenständen absieht) ist gezeichnet. Zwar ist sie dadurch bedingt etwas gröber. Jedoch ist die Umsetzung sehr stilsicher, weshalb ich hier dennoch wenig objektiv auszusetzen habe (was jedoch nicht heißt, dass andere Geschmäcker hier anders denken). Bei der Kompressionsqualität kann man in den Spieleinstellungen seinen Kompromiss zwischen Ladezeit und Qualität aussuchen, wobei ich sagen muss, dass selbst bei ISDN die Ladezeiten selbst bei hoher Qualität noch erträglich waren.

Auf Dauer eintönige Musik

Die Musik ist leider eine Schwäche des Spiels: sie ist lediglich eine von der Szene unabhängige MIDI-Datei, die zwar passend ist, aber mit der Zeit doch nervt. Zwar kann man zwischen 3 verschiedenen „Musiken“ wählen, doch wenn man genug hat, empfiehlt es sich, die Musik ganz auszuschalten, was auch in weiser Voraussicht möglich ist. Dennoch muss ich der Fairness halber wirklich ganz eindeutig klarstellen: die Musik trägt dennoch durchaus positiv zur Atmosphäre bei. Als sonstiger Sound wird lediglich wenn man wichtige Hinweise ein Klang abgespielt. Sprachausgabe oder ähnliches ist Fehlanzeige.

Jeder Fall beginnt mit irgendeiner Nachricht, die man bekommt. Anschließend muss man Orte besuchen, Indizien finden, Zeugen befragen etc. und am Ende den Fall auflösen. Das Auflösen eines Falls besteht darin, dass man aus 5 verschiedenen Möglichkeiten, was die Auflösung ist, eine auswählen muss und anschließend bei den gesammelten Indizien die 5 wichtigsten nach Wichtigkeit ordnen muss. Anschließend erhält man je nach Korrektheit und gebrauchter Zeit (was es damit auf sich hat, darauf gehe ich weiter unten ein) eine Punktzahl.

Da nach der Auflösung des Falls nichts mehr geändert werden kann (allenfalls noch mal neu versuchen), empfiehlt es sich dringend, bevor man einen Fall auflöst, das Spiel abzuspeichern, um im Falle eines Fehlers es noch mal versuchen zu können ohne alles noch mal machen zu müssen. Es erscheint zwar eine Warnung diesbezüglich auf dem Bildschirm, aber der gute Tipp doch einfach abzuspeichern leider nicht. Dieser Hinweis war nur in den Tiefen des Forums zu Gumshoe Online zu finden. Hier hätten die Entwickler ein Autosave (mit einem eigenen zu diesem Zweck vorgesehenen Spielstand – ähnlich wie bei Gooka) einbauen können.

Die Steuerung

Die Steuerung erfolgt Adventure-typisch dadurch, dass man durch Klick mit der linken Maustaste den Detektiv bewegt und wenn man auf einen Hotspot kommt, erscheint ein Text mit dem Namen des Hotspots und einem Icon daneben. Klickt man drauf, so wird die Interaktion durchgeführt. Eine insgesamt sehr gewohnte Steuerung. Falls etwas anderes Voraussetzung für die Aktion ist (wie zum Beispiel Schlüssel zum Öffnen einer Tür), so wird entweder eine entsprechende Meldung kommen oder falls in diesem Fall der Schlüssel bereits im Inventar ist, so wird sie aufgeschlossen. Puristen werden wohl mäkeln, dass hier sogar statt der bei vielen Adventures typischen 2 Aktionen pro Hotspot (linke/rechte Maustaste) sogar nur noch eine vorhanden ist, aber diese ist wohl sowieso weniger die Zielgruppe von Gumshoe Online. Ebenso ist es möglich im Inventarfenster Gegenstände miteinander zu verbinden. Das einzige, was ich persönlich zum Thema Steuerung ein wenig zu bemäkeln habe, ist die Tatsache, dass das Wechseln zwischen den Fenstern doch ein wenig vom Eintauchen ins Spiel ablenkt. Insbesondere verleitet dies in den Ladezeiten durchaus parallel im Hintergrund in einem anderen Browserfenster andere Aufgaben zu erledigen.

Aufgaben bei Gumshoe Online bestehen zum einen im Ausfragen von Personen. Hier kann man im Multiple-Choice-Verfahren zwischen verschiedenen Themengebieten wählen, über die man die Person „interviewen“ will (grundsätzlich ähnlich wie das System bei Syberia). Jedoch enthält Gumshoe Online außerdem noch einen „Gedulds“-Balken unten am Bildschirm, welcher die Bereitschaft der zu befragenden Person ausdrückt, noch weiter zu antworten. Mit jeder Frage, die man stellt, verringert sich dieser, sodass man manchmal doch erst einmal nachdenken sollte, bevor man einfach drauflos fragt.

Der wahrscheinlich zeitintensivste Teil von Gumshoe Online ist das Durchsuchen von Orten nach Indizien. Selbstverständlich sind diese häufig etwas versteckt. Während am Anfang dieses Pixelhunting durchaus Spaß macht, da es einem wirklich das Gefühl gibt, den Tatort zu durchsuchen, geht es einem im Laufe der Zeit häufig nur noch auf den Geist, insbesondere, wenn man auf der Suche nach einem Gegenstand ist, den man braucht, um weiterzukommen. Auf der anderen Seite: ohne diese Suche wären die Fälle von Gumshoe Online ziemlich einfach und das würde wohl bei vielen Spielern zu Langeweile führen. Außerdem muss ich der Fairness halber anmerken, dass es von den Machern durchaus gewollt ist, dass sich die angehenden Detektive im Forum der Homepage über derartige Dinge austauschen, was dem ganzen ein gewisses „Community-Feeling“ geben soll. Hier mag wohl jeder selbst entscheiden, was man davon halten will. Festzuhalten bleibt jedoch dass gerade durch das Pixelhunting die vom Hersteller angegebene Spielzeit von ca. 7-9 Stunden pro Fall (außer beim Tutorial-Fall) durchaus ernst genommen werden kann.

Das voraussichtlich beliebteste Element dürften die eingestreuten „Puzzles“ sein. Hierbei handelt es sich mehr oder weniger um Maschinenrätsel. Um hier nur 2 Beispiele zu liefern: zum einen die „richtigen“ Puzzles, bei denen man mehrere Teile finden muss und zu einem Bild zusammensetzen muss. Zum anderen das sogenannte „Lock picking“ („Schloss knacken“) Puzzle. Hier kann man jeden der Schlosszylinder bewegen. Ziel ist es diese in eine Ebene zu bekommen. Das Problem ist: wenn man einen Zylinder bewegt, verschieben sich auch andere nach einem herauszufindenden Muster. Um der Probleme Herr zu werden, kann man außerdem einen Zylinder sperren. Dass dieses Rätsel unter Zeitdruck stattfindet, ist eigentlich nur ein psychologischer Trick, da man das Rätsel bei Nichtschaffen wiederholen kann.

Zwar ist bei den grundsätzlichen „Puzzle“-Typen nur ein beschränktes Repertoire vorhanden (siehe die Anleitung zu Gumshoe Online), dennoch haben die Macher immerhin versucht, dass dies erst auf den zweiten Blick ersichtlich ist. Des Weiteren sollten dem erfahrenen Adventurespieler bei den Puzzles sämtliche Typen irgendwie bekannt vorkommen. Dies ändert jedoch nichts daran, dass sie gut eingesetzt und eine willkommene Abwechslung sind.

Kommen wir zum Thema „Zeit“: Die Zeit im Spiel ist nicht die Zeit, die man braucht um zu spielen, sondern so zu interpretieren, dass jeder Ortswechsel im Spiel je nach Ebenen zwischen denen man wechselt (also von Zimmer nach Zimmer oder von einem Ort in der Stadt zu einem anderen) unterschiedlich viel Zeit in Anspruch nimmt. Während man an einem Ort bleibt, vergeht keine Zeit. Im Tutorial-Fall wird erzählt, dass man für den Fall nur eine begrenzte Zeit zur Verfügung hat. Doch dies ist schon seit längerem nicht mehr der Fall. Schade, dass dies nicht entsprechend aktualisiert wurde.

Ein reproduzierbarer Bug ist, dass man Dinge (zumindest im Tutorial-Fall „The Osbourne Mystery“) mehrfach miteinander benutzen kann, was dazu führte, dass eine Aktion die diesen Gegenstand voraussetzte nicht funktionierte (warum auch immer). Vor derartigem Blödsinn machen sollte man sich hüten (man riet mir den Fall noch mal von vorne anzufangen – schließlich ist der Tutorialfall doch nicht lang; ärgerlich ist es trotzdem).

Die Wiederspielbarkeit ist gegenüber vielen anderen aktuellen Adventures dadurch erhöht, dass nach dem Lösen noch die Möglichkeit da ist, dies mit möglichst hoher Punktzahl zu schaffen.

Für die Leute, die ich ein wenig neugierig gemacht habe, möchte ich anmerken, dass man sich nur zu registrieren braucht: der Fall „The Osbourne Mystery“ (der erheblich kürzer ist als die anderen) steht kostenlos zur Verfügung und dient neben der Einführung in das Spiel als guter Test dafür, ob einem Gumshoe Online gefällt oder nicht. So wird vermieden, dass man eine Katze im Sack kauft.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Dass man bei einem ausschließlich in HTML+Javascript programmierten Adventure aus technischen und Ladezeit-Gründen ein paar Abstriche machen muss (besonders bei der Musik) ist verzeihbar. Als weitaus problematischer empfinde ich da den großen Teil, den das Pixelhunting einnimmt. Das dürfte nicht jedermanns Geschmack sein. Dennoch: gerade Leute, die gerne mal einen Fernsehkrimi schauen, aber sonst mit Computerspielen nicht so viel am Hals haben, sollten ruhig einen Blick darauf werfen. Die richtigen Adventure-Fans dürften eine epische Handlung vermissen und außerdem irgendwie das Gefühl haben, dass es gerade bei den „Puzzles“ das meiste schon vorher irgendwie schon gab.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • sofort spielbar (keine Installation)
  • für Browser-Adventure gute Grafik
  • sehr anfängerfreundliche Steuerung
  • zu viel Pixelhunting
  • auf Dauer eintönige Musik
  • „Puzzles“ nur aus beschränktem Repertoire