Das Eulemberg-Experiment ist eines der Spiele, die einen langen und beschwerlichen Weg hinter sich haben, bis sie endlich auf dem deutschen Markt erscheinen. Die Originalausgabe des Spiels heißt Martin Mystère und ist schon in der Mitte des Jahres 2005 in verschiedenen Ländern erschienen. Nach zwei Änderungen des Titels und ebenso vielen Wechseln des Publishers können in diesen Tagen auch deutsche Spieler ihr Exemplar von Das Eulemberg-Experiment in ihren Händen halten.
Martin Mystère ist ein in Italien äußerst bekannter Protagonist einer gleichnamigen Comicreihe. Gleichermaßen Archäologe, Anthropologe und Abenteurer verbringt er die ersten Jahre seines Lebens in Italien. Nach dem Tod seiner Eltern beginnt er, die mysteriösesten Kapitel in der Geschichte der Menschheit zu erforschen. Begleitet wird er dabei von Java, einem Neandertaler, den Martin in einer Höhle in der Mongolei entdeckt hat. Spieler der deutschen Version werden sich jetzt fragen, warum das an dieser Stelle erwähnt wird. Schließlich taucht in ihrer Ausgabe weder ein Martin Mystère noch ein Java auf. Auch diese Namen sind der Änderung des Titels zum Opfer gefallen. Aus Martin Mystère wurde zuerst Adam Quatermain (wohl in Anlehnung an den Indiana-Jones-Abklatsch Allan Quatermain) und letztendlich Adam Quinn. Dieser wird nicht mehr von Java sondern von Iashi begleitet. Die Änderungen des Titels sind auf rechtliche Schwierigkeiten sowohl in Bezug auf Martin Mystère als auch auf Allan Quatermain zurückzuführen. Trotzdem bleibt die Vorlage klar zu erkennen.
Adam Quinn hält sich in seinem Haus in New York auf, das voller Artefakte und Souvenirs aus vergangenen Abenteuern ist, als das Telefon klingelt. Professor Eulemberg ist unter nicht ganz normalen Umständen verstorben und Adam Quinn wird um Mithilfe bei der Aufklärung gebeten. Doch bevor Adam sich auf den Weg machen kann, muss zuerst ein Mechaniker kontaktiert und die Kleidung gewechselt werden. Doch das ist nicht so einfach: Laura - Adams Frau - hat den Zettel, auf dem die Nummer des Mechanikers notiert war, zerrissen und Iashi rückt den Schlüssel für den Kleiderschrank nicht freiwillig heraus.
Trotz der Tatsache, dass Professor Eulemberg sehr reich war, stellt sich bald heraus, dass es mit dem Mord mehr auf sich hat als reine Geldgier. Und so beginnt ein Abenteuer, das den Spieler bis in den mexikanischen Dschungel führt und bis zum Ende die Spannung aufrechterhält.
Die Grafik besteht aus einer Mischung aus vorgerenderten und handgezeichneten Grafiken, kombiniert mit Echtzeit-3D-Charakteren. Die Hintergründe (Auflösung 1024 x 768) sind detailreich und sehr ansprechend gestaltet. Animationen sind zwar eher spärlich, dies fällt wegen der vielen Details aber nur am Rande auf. Die 3D-Figuren sind eher wenig detailliert, hakelig animiert und fügen sich schlecht in die Hintergründe ein. Das liegt mitunter auch an der fehlerhaften Kollisionskontrolle. Charaktere laufen durch Tische und Regale, ohne sich daran zu stören (bleiben aber auch gerne einmal hängen, obwohl keine Barriere zu erkennen ist). So wird dem Charme, den die schönen Hintergründe aufbauen, ein Dämpfer verliehen.
Die Zwischensequenzen sind zwar durchdacht inszeniert, doch von eher niedriger Qualität. So wird der Spielfluss meist unschön unterbrochen (unter Anderem bei einem Wechsel des Aufenthaltsortes).
Die Musikuntermalung ist eingängig und meist dezent im Hintergrund. Einige wenige Musikstücke laufen über mehrere Szenarien am Stück hinweg, so dass sich der Spieler an diesen schnell satt gehört hat. Dies ist im Spiel aber eher die Ausnahme. Ansonsten sind viele unterschiedliche Themen zu verschiedenen Schauplätzen vorhanden, die immer sehr gut zur jeweiligen Stimmung passen.
Auch die Soundeffekte sind gut platziert und wirken realistisch. Lediglich die Synchronisation ist nicht ganz gelungen. Zwar sind die Sprecher gut gewählt und passen überwiegend zu den Charakteren, wirken aber leider nicht immer so, als wüssten sie, wovon sie sprechen. Außerdem ist nur wirklich gesprochene Sprache auch synchronisiert. Was Adam denkt und zu bestimmten Handlungen zu sagen hat, kann der Spieler nur aus der Textzeile am unteren Bildschirmrand entnehmen, wird aber nicht per Sound ausgegeben. Diese ist fixiert, so dass längere Sätze unterbrochen werden. Und das leider nicht nur auf dem Bildschirm, sondern auch bei der Sprachausgabe. So stockt das gesprochene Wort jedes Mal, wenn eine neue Textzeile eingeblendet werden muss. Die Aufnahmen klingen so, als wären die Sätze auch unterbrochen aufgenommen worden. Bei der Übersetzung sind einige kleine Fehler in der Beschriftung von Gegenständen passiert, die aber eher amüsieren als stören.
Die Steuerung erfolgt komplett über die Maus und ist sehr schnell erlernt, hat aber ein paar Fehler. Mit einem Rechtsklick wechselt man zwischen drei Symbolen (Untersuchen, Interagieren, Sprechen). Mit einem Linksklick wählt man dann die entsprechende Aktion aus. Sobald man den Mauszeiger vom Hotspot entfernt, wechselt das Spiel automatisch wieder zum Untersuchen-Symbol. Das Inventar befindet sich am unteren Bildschirmrand. Längere Wege lassen sich mit einem Doppelklick abkürzen. Leider funktioniert die Wegfindung manchmal nicht richtig, so dass man Adam manuell an Gegenständen vorbei oder durch Türen hindurchnavigieren muss.
Die Interaktionsmöglichkeiten im Eulemberg-Experiment sind riesig, manchmal schon zu riesig. Jeder noch so kleine Gegenstand kann angeklickt und untersucht werden. Eigentlich ja genau das, was sich viele alteingesessene Adventurefreunde wünschen. Trotzdem wirkt sich die Tatsache, dass sich unter 25 Hotspots dann nur zwei oder drei brauchbare befinden eher frustrierend aus. Auch die Beschreibungen Martins zu vielen Gegenständen fallen eher allgemein aus. So beginnt man schnell, Gegenstände, die wenig wichtig erscheinen, gar nicht mehr zu beachten (und übersieht so natürlich auch so manchen doch wichtigen).
Das Problem mit zu vielen Hotspots hält sich jedoch in Grenzen, da die Rätsel logisch und nicht all zu schwierig aufgebaut sind und schnell klar wird, welche Gegenstände benötigt werden. Die am häufigsten vertretene Gattung sind Inventarrätsel. Die Besonderheit hier ist, dass der Spieler manche Gegenstände erst mitnehmen kann, wenn Adam sie als wichtig erachtet. So muss er zum Beispiel erst erkennen, dass ein bestimmter Gegenstand verdreckt ist, um das Putzmittel in der Küche seines Hauses mitnehmen zu "dürfen". Auch wenn diese wohl eher ein Feature ist, um das Inventar nicht überlaufen zu lassen, stört es beim Lösen der Rätsel eher.
Die Reihenfolge, in der man Aufgaben lösen muss, ist im Übrigen nicht streng vorgegeben. Natürlich folgt der Spielverlauf der Geschichte, trotzdem hat der Spieler häufig die Möglichkeit, an verschiedenen Stellen weiterzurätseln. Ein besonderes Feature ist die Möglichkeit, auch andere Charaktere neben Adam zu steuern, wodurch sich neue spielerische Möglichkeiten ergeben.
Das Eulemberg-Experiment ist ein durchwachsenes Spiel. Auf der einen Seite bietet es eine interessante Story, durchdachte Rätsel und schöne (wenn auch etwas verwaschene) Grafiken. Auf der anderen Seite lässt die Synchronisation in technischer Hinsicht (Unterbrechen bei Wechsel der Textzeile) und die leicht nervige Steuerung doch zu wünschen übrig. Insgesamt überwiegen aber die guten Seiten und das Spiel bringt jede Menge Spaß (übrigens auch ohne Kenntnis der Comics).
Auch wenn ich die Vorlage nicht kenne, dürfte Das Eulemberg-Experiment eine würdige Umsetzung der italienischen Comicreihe darstellen. In die Qualitätssicherung wurde jedoch offensichtlich nicht viel investiert. Verschiedene Zeilen im Text sind falsch übersetzt und Hotspots falsch benannt. Außerdem sind viele kleine Details fehlerhaft. So hält zum Beispiel Adam sein Mobiltelefon beim Benutzen verkehrt herum, was zwar lustig aussieht, eigentlich aber nicht passieren sollte.
Wer sich an genannten Schnitzern nicht stört, erhält mit diesem Spiel ein sehr unterhaltsames Adventure, das sich vor Konkurrenten neueren Datums nicht zu verstecken braucht. Ich freue mich schon auf das kommende Adventure aus dem Hause Artematica, Belief & Betrayal, das - wenn die Entwickler aus ihren Fehlern und der Kritik aus der Fachpresse gelernt haben - ein hochqualitatives Produkt werden könnte.
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