Wunderschöne Umgebung, seltsame Symbole und nirgendwo Hilfe in Sicht? Richtig: wir befinden uns mitten in der Welt von Aura 2 – Die heiligen Ringe!
Zur Erinnerung: Die Bewahrer, eine Gruppe von weisen Männern, schufen vor langer Zeit die heiligen Ringe und die dazugehörigen Tetraedons, um mit ihrer Hilfe in fremde Welten reisen zu können. Leider führte sie eines der dadurch erschaffenen Portale geradewegs ins finstere Schattenreich, dessen Herrscher nun seinerseits versuchte, durch das Portal in die friedliche Welt der Bewahrer zu gelangen. Um das zu verhindern, wurde Umang, der Held von Aura 1, ausgeschickt, alle Ringe und Tetraedons zu vereinen und so die Invasion der Schattenkrieger zu verhindern.
Soweit die Geschichte von Aura 1, die auch teilweise im Intro des zweiten Teils erzählt wird – Leute, die den ersten Teil (noch) nicht gespielt haben, können sich also beruhigt in Umangs zweites Abenteuer stürzen. Um niemandem das Spiel zu verderben, sei hier nur verraten, dass sich Umang auch im zweiten Teil seines Abenteuers auf der Flucht vor den bösen Schergen befindet. Ob er das heil überstehen und auch noch seinen Auftrag erfüllen kann, liegt ganz bei euch!
Wie schon bei Aura bewegt man sich auch beim zweiten Teil in First-Person-Perspektive durch vorgerenderte Standbilder, in denen man sich mit der Maus um 360° umschauen kann. Falls man mit dem Cursor einen interessanten Gegenstand streift, fängt dieser an zu leuchten und macht so darauf aufmerksam.
Die Grafik ist wie schon beim Vorgänger sehr schön und abwechslungsreich – von einer düsteren Festung bis zu einem wunderschönen Art-Deco-anmutenden Fahrzeug, von karger Wüste bis zu grünem Wald bekommt der Spieler hier alles geboten. Kurioserweise ist die Grafik während der zahlreichen Videosequenzen seltsam körnig und von schlechterer Qualität als während des übrigen Spielverlaufs. Was sich allerdings ebenfalls nicht geändert hat, sind die fehlenden Animationen, die das Ganze lebloser erscheinen lassen als es sein müsste. Das ist schade und fällt auch deshalb besonders negativ auf, weil das schon beim Vorgänger bemängelt wurde - offenbar haben sich die Entwickler die Kritik in dieser Sache nicht besonders zu Herzen genommen.
Auch bei den Personen, denen man im Spiel immer wieder begegnet, gäbe es noch einiges zu verbessern: abgesehen davon, dass sie alle stocksteif dastehen, ist ihre Mimik auch nicht besonders ausgeprägt – selbst in gefährlichen Situationen scheinen dadurch unser Held Umang und Co. immer cool zu bleiben.
Ähnlich ist es mit der Sprachausgabe: positiv anzumerken ist, dass sowohl Schrift als auch Ton vollständig ins Deutsche übersetzt wurden. An der durchschnittlichen Lokalisation wäre eigentlich nichts auszusetzen, wäre da nicht der störende Faktor, dass die Mundbewegungen der Personen leider nur in ungefähr der Hälfte der Fälle auch tatsächlich zu dem gesprochenen Text passen. So sieht man oft noch Personen stumm den Mund auf- und zumachen, während ihr Text schon längst abgelaufen ist. Das stört besonders, da man in diesem Fall nicht durch einen Tastendruck oder Mausklick gleich zum nächsten Satz gehen kann, sondern geduldig warten muss, bis das Spiel das von alleine tut.
Die musikalische Untermalung passt gut zum Spiel und passt sich den verschiedenen Situationen an. Der Atmosphäre des Spiels ist das sehr zuträglich, wirklich im Gedächtnis bleibt der Soundtrack aber nicht.
Die Rätsel sind durchwegs knackig und richten sich eher an Spieler, die bereits Erfahrung mit Logikrätseln haben. Wie von dieser Art Rätseln gewohnt, liegt die Hauptschwierigkeit zumeist darin, das System hinter den ganzen Symbolen, Mechanismen oder Anordnungen zu knacken – wenn man einmal weiß, was eigentlich von einem verlangt wird, geht der Rest dann flink von der Hand. So ist es auch bei Aura 2, wobei neben den besagten Logikrätseln auch noch situationsbezogene Inventarrätsel und einige Schleichpassagen vorhanden sind.
Zu Beginn des Spieles hat man es eine ganze Weile mit einem riesigen Rätsel auf einer Art Fahrzeug zu tun, nachdem man aber einmal von diesem runter ist, werden die Aufgaben auch ein bisschen leichter und vor allem situationsbezogener.
Ein absolutes No-go, das bei Aura 1 nicht vorhanden war, haben die Entwickler leider in den zweiten Teil aufgenommen: der Held Umang kann in bestimmten Situationen sterben – manchmal erhält der Spieler eine Vorwarnung, dass die Situation jetzt gefährlich werden kann, oft hat man aber überhaupt keine Ahnung, dass ein „Fehler“ tödlich ausgehen kann. Besonders ärgerlich ist dabei, dass man nicht einfach an der letzten sicheren Stelle wieder anfangen darf, sondern gezwungen ist, einen früheren Spielstand zu laden! Vollkommen unverständlich ist dabei, warum die Entwickler nur 8 Speicherplätze bereitgestellt haben. Sind diese voll, muss man alte Spielstände überschreiben.
Leider gibt es immer wieder längere Laufwege zu bewältigen – die dabei auftauchenden Türsequenzen kann man zwar abbrechen, trotzdem wäre eine Art „Teleport“-Funktion, wie sie schon anno dazumal bei Myst verwendet wurde, schön gewesen.
Die simple und funktionale Maussteuerung passt gut zum Spiel, allerdings ist der Mauszeiger, den die Entwickler für Aktionen verwendet haben, nicht besonders auffällig und so kann es schon mal vorkommen, dass man in der Eile eine zu öffnende Schublade oder ein Item übersieht.
Mit der linken Maustaste untersucht man Gegenstände genauer, mit der rechten kann man das Inventar öffnen, in dem sich auch Umangs Notizbuch befindet. Dort werden wichtige Hinweise, die man während des Spiels entdeckt, eingetragen – eine gute Sache, denn obwohl man immer noch einen Notizblock neben der Tastatur haben sollte, hilft einem diese Funktion doch sehr, die teilweise recht großen Datenmengen zu bewältigen.
Aura 2 – Die heiligen Ringe ist ein solides Puzzle-Spiel, dem man die Verwandtschaft zu Myst schon von weitem ansieht. Im Gegensatz zu diesem hat es leider eine sehr viel schwächere Hintergrundgeschichte, die zu keinem Zeitpunkt zur Hauptmotivation, das Spiel zu beenden, wird. Die wunderschöne Grafik ist eine Augenweide (wenn auch ein wenig leblos) und der Soundtrack trägt ebenfalls zur Atmosphäre bei.
Wer seine kleinen grauen Zellen mal wieder richtig in Schwung bringen will und auch vor härteren Rätselnüssen nicht zurückschreckt, aber auf eine packende Story nicht allzu viel Wert legt, ist mit Aura 2 bestens bedient. Leute, die mit Logik-Rätseln nicht viel anfangen können und sich eine tolle Story erwarten, werden von diesem Spiel wohl eher enttäuscht sein.
Mir persönlich hat Aura 2 viel Spaß gemacht! In meinen Computersessel gekuschelt durch die wunderschönen Welten von Aura 2 zu streifen, grenzt fast schon an Erholung. Auch wenn ich bei bestimmten Rätseln zwischenzeitlich vor lauter Frust fast schon an die Decke gegangen bin – der Stolz, sie dann letztendlich doch gelöst zu haben, wiegt das allemal auf.
Schade fand ich nur, dass Aura 2 so tut, als wäre die Story ein unentbehrlicher Teil des Spiels – mir war sie zu keiner Zeit wichtig, und auch die Charaktere sind mir leider relativ gleichgültig geblieben. Trotzdem würde ich das Spiel weiterempfehlen: wenn einem klar ist, worauf man sich dabei einlässt.
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