Nunmehr zum dritten Mal macht sich der britische Meisterdetektiv unter der Regie von Frogwares auf die Suche nach der Aufklärung von Verbrechen und kniffligen Kriminalfällen. Zur Seite steht ihm dabei wie immer Dr. Watson, der eigentlich auch schuld daran ist, dass Mr. Holmes überhaupt die Spur der Erwachten aufnimmt.
Die Spur der Erwachten beginnt ruhig, ja eigentlich recht unspektakulär. Sherlock Holmes ist ziemlich gelangweilt, zu lange schon ist es her, dass er den letzten Kriminalfall lösen konnte und so macht sich langsam aber sicher schlechte Laune breit. Gut, dass ihm sein Freund Watson da den Vorschlag macht, sich im benachbarten Buchladen nach spannender Lektüre umzusehen.
Also macht sich der Spieler in der Figur von Sherlock Holmes auf den Weg und erkundet erst mal die Umgebung der Baker Street 211b. Diese ist komplett dreidimensional gehalten und detailgetreu nachgebildet. Man steuert die Figur von Sherlock Holmes, und zu späteren Zeitpunkten auch die des Dr. Watson. Die Ego-Perspektive ist im Gegensatz zu der Third-Person-Sicht in dem Vorgänger Das Geheimnis des Silbernen Ohrrings erst mal neu, gibt einem aber das Gefühl, tatsächlich an dem jeweiligen Ort zu sein.
Sherlock Holmes „lebte“ im viktorianischen Zeitalter und das haben die Entwickler von Frogwares mal wieder mit viel Liebe zum Detail illustriert. Allerdings gibt es im Vergleich zum Vorgänger einige Neuerungen, so fallen zum Beispiel die quizartigen Fragerunden nach jedem Kapital weg, stattdessen stellt Holmes nun vor dem Beginn eines Ortswechsels eine Frage, die man in der Figur von Dr. Watson richtig beantworten muss. Das funktioniert über das Eingeben des jeweiligen Lösungswortes auf der Tastatur. Stimmt es, geht es weiter, wenn nicht, sollte man noch mal über das vorher Erlebte genauer nachgrübeln.
Neben der Ego-Perspektive gibt es auch Neuerungen in der Steuerung. Bei Die Spur der Erwachten kann der Spieler nämlich zwischen unterschiedlichen Steuer-Modi wählen. So kann man entweder per Tastatur, Maus oder mit einer Kombination aus beiden spielen. Bei unserem Test haben wir letztere Version gewählt, was sich grundsätzlich sehr flüssig spielt, allerdings in dem Punkt hakt, wenn man per Tastatur Herrn Holmes so umschaltet, dass er rennt. Dieser Befehl wird nämlich mit jeder Zwischensequenz, sei es Film oder Dialog wieder negiert. Gerade bei einer Verfolgungsjagd, bei der es ständig Cutscenes zu bewundern gibt, ist das schon recht nervig, weil Sherlock erst mal gemächlich losschlendert und man ihn mit dem dafür vorgesehenen Tastendruck wieder auf Trab bringen muss.
Selbiges erreicht man mit einem Linksklick auf die Maus, man kann sich aber auch die einzelnen Inventargegenstände mit einem Klick auf das Mausrad anzeigen und mit dem Betätigen desselben den Gegenstand auswählen, den man gerade braucht und verwenden möchte. Im Inventar findet man neben den Gegenständen auch Untersektionen für die Dialoge, Schriftstücke und auch eine Karte, die es im späteren Verlauf des Spieles sehr einfach macht, von A nach B zu kommen. Damit umgeht Frogwares sehr geschickt lange Laufwege und macht das Navigieren sehr leicht und komfortabel. Mit einem Druck auf die Escape-Taste kommt man zum Hauptmenü, in dem man auch eine unbegrenzte Anzahl an Speicherplätzen findet. Diese sollte man auch nutzen, denn man kann bei diesem Spiel auch in die ewigen Jagdgründe eingehen, wenn man nicht aufpasst. Der Hersteller verspricht zwar, dass ein Speichern nicht nötig sei, da man automatisch an einem Punkt kurz vorm Dahinscheiden wieder beginnen kann. Hier war das allerdings nicht so und so musste (fast) wieder von vorne begonnen werden, als Sherlock in einem Kellergewölbe auf schweizerischem Boden etwas unachtsam war. Nach einem Neustart des Spieles trat das Problem allerdings bis zum Beginn des Abspanns nicht wieder auf.
Apropos Schweiz. Im Laufe der Ermittlungen landen Holmes und Watson auch dort und zwar in einem Sanatorium für psychisch Kranke. Diese Location wirkt sehr lebensecht, was nicht nur an der 3D-Umgebung liegt, sondern auch am Ton. Dieser zeichnet sich durch eine hohe Qualität aus. Die Auswahl der Sprecher und die Sprachausgabe ist sehr gelungen. Holmes wird wie schon im Vorgänger von Michael Bideller gesprochen; Aart Veder lieh Dr. Watson seine Stimme. Auch der atmosphärische Ton und die Musik sind immer gut auf die jeweilige Szene zugeschnitten und geben einem besonders im Sanatorium das Gefühl an einem ziemlich gruseligen Ort zu sein, den man am liebsten so schnell wie möglich verlassen möchte. Aber das geht (noch) nicht, denn zuerst muss man einige Rätsel lösen.
Wobei wir auch bei einem der interessantesten Punkte wären: Das Rätseldesign. Was zunächst auffällt, die Rätseldichte ist sehr hoch. Zudem sind die Rätsel auf die unterschiedlichste Art und Weise gestaltet, sodass wohl für jeden Geschmack etwas dabei ist, bzw. jeder mal an eine „Kopfnuss“ gerät, die nicht so leicht zu lösen ist. Die Bandbreite erstreckt sich dabei von den üblichen Inventarrätseln über Zahlen- bis hin zu Schlossrätseln. Und nicht zu vergessen: In typischer Sherlock-Holmes-Manier muss man auch das Laboratorium des Meisterhirns mit Zusatz von chemischen Mitteln das ein oder andere Mal bemühen. Teilweise ist auch ein „Um die Ecke denken“ gefragt, letztlich kann man aber mit ein wenig Geduld das Spiel ohne Lösungshilfen spielen.
Um einen Ort im Spiel genauer zu untersuchen, muss man sich der Stelle, die einen interessiert, oder die etwas Interessantes zu entdecken verspricht, einfach nur nähern. Wenn es etwas zu bedienen oder zu bestaunen gibt, verändert sich der Mauszeiger entweder in ein Hand-, ein Augen- oder ein Aktions-Symbol. Diese Orte sind meist sehr offensichtlich. Durch die 3D-Umgebung muss man sich allerdings mehr Stellen genauer ansehen, um auch wirklich alle Hotspots zu entdecken.
An einigen Stellen ist es so, dass man sich Dinge ansehen oder vermeintlich nehmen kann, man aber dann nur den Kommentar hört „Das ist jetzt nicht mehr zu gebrauchen.“ Das ist äußerst störend, da man zum einen jetzt genau weiß, dass man dieses Ding früher oder später eben doch noch braucht, bzw. benutzen kann, zum anderen kann einem diese Linearität in dieser Form etwas auf den Geist gehen. Diese Linearität führt also dazu, dass man nicht mal eben alle Dinge einsacken kann, sobald sie einem unter den Mauszeiger kommen, sondern man muss erst wissen, was man genau erforschen respektive errätseln soll, erst dann kann man sich den Gegenstand einverleiben.
In Sherlock Holmes – Die Spur der Erwachten kann man fast mit jeder Figur, die man im Spielverlauf trifft, reden. Wir haben übrigens die ungepatchte Version getestet, in der es noch nicht möglich war, die Dialoge abzubrechen - ein sehr unschöner Zeitfresser für die, die sonst Texte auch schon mal wegklicken. Zum Glück wurde dieser Fauxpas mit dem nachträglich veröffentlichten Patch (siehe Infokasten) beseitigt. Lediglich die Sätze im Spiel selber konnten abgekürzt werden. Die Dialoge finden übrigens in selbst ablaufenden Zwischensequenzen statt, in denen man sowohl den Dialogpartner, als auch Holmes oder Dr. Watson in unterschiedlichen Kameraperspektiven sieht. Auch das trägt zur Kurzweiligkeit der Dialoge bei und lässt die fein gestalteten Gesichter der Figuren gut zur Geltung kommen.
Die sind den Entwicklern wieder vorzüglich gelungen, die Gesichtszüge drücken Charakter und Emotionen treffsicher aus. Die liebevoll gestalteten Figuren sind das Highlight der Grafik. Die Umgebungen sind zwar mit hochauflösenden Texturen und einigen Grafikeffekten modern ausgeführt, die große Spielumgebung bedingt dann aber doch einige Wiederholungen. Große, monoton texturierte Flächen lassen manche Gegenden etwas steril wirken.
Letztlich führt einen Die Spur der Erwachten fast einmal um den Globus. Dabei zeigen die Entwickler, dass sie sich mit dem Thema Sherlock Holmes bestens auskennen. Vieles, was der Erfinder und geistige Vater Sir Arthur Conan Doyle literarisch verfasste, findet sich in der Geschichte wieder. So trifft man auch auf einen eigentlich längst tot geglaubten Widersacher Holmes, aber an dieser Stelle soll nicht zu viel verraten werden. Hier und da gibt es auch ganz witzige Hinweise auf die Entwickler und deren Spiele. So findet sich ein Bild von einem Froschskelett, das erstaunliche Ähnlichkeit mit dem Logo von Frogwares hat in einem Labor oder in einer dunklen Hafengegend ein Schuppen der Firma Bromsby Enterprises, was den ein oder anderen sicherlich wieder an Das Geheimnis des silbernen Ohrrings denken lässt.
Frogwares haben mit Sherlock Holmes – Die Spur der Erwachten ein Adventure vorgelegt, was sowohl grafisch als auch von der Geschichte her überzeugen kann. Wenn man von Mankos wie der starken Linearität und den daraus resultieren störenden Kommentaren absieht, kann man Holmes' Fans und solchen von guter Rätselkost das Spiel durchaus ans Herz legen.
Mein erstes Rätsel bei Die Spur der Erwachten musste ich streng genommen schon vor dem Beginn des Spieles lösen. Denn das Spiel wollte partout auf meinem Rechner nicht laufen. Mit diversen Patches, mit gefühlten 145.000 Mal installieren und wieder deinstallieren und einem befreundeten Informatiker, der sich meiner Grafikkartentreiber annahm, lief es dann schließlich und endlich doch. Und dafür bin ich sehr dankbar. Also nicht nur dem Informatiker, sondern auch Frogwares, denn sie haben mich für viele Stunden in eine andere Epoche entführt und dabei eine Geschichte so spannend und glaubhaft erzählt, dass all der vorangegangene Ärger schnell verflogen war. Ich wollte das Spiel übrigens sofort noch mal spielen und damit auch den neuen Patch testen, aber das blieb mir leider versagt. Offenbar vertragen sich das Spiel, mein Computer und der neue Patch nicht. Schade, ich hätte mir die schönen Bilder gerne noch mal angeschaut.
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