Test

von  zeebee
11.01.2007
Tony Tough 2
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch

Vorgeschichte

Tony stammt aus dem verschlafenen, um nicht zu sagen gottverlassenen Dorf Washington. Es beginnt alles ganz normal: Tony verschläft und muss schnell den Schulbus erreichen. Doch er verpasst den Bus und es fängt dazu noch an zu regnen. Durchnässt kommt er in der Schule an und der Spieler übernimmt die Geschicke von Tony. Hier bekommt der Spieler eine persönliche Einweisung in das Spiel durch Tony – sehr zur Verwunderung von Tonys bestem Freund Seymour. Doch in diesem kleinen Dorf gehen merkwürdige Dinge vor sich: der Bürgermeister verschwindet und auch Cornelia, die Haushälterin der Familie Tough, wird entführt. Dies beflügelt unseren 13-jährigen Tony endgültig: er will ein Meisterdetektiv werden und die Vorfälle aufklären.

Frecher denn je

Tonys Markenzeichen ist eindeutig der Humor. Während Tony in seinem ersten (bzw. zweiten) Abenteuer noch mit mehr oder weniger sinnigen Geistesergüssen als liebenswerter Klugscheißer durchgekommen ist, so erscheint Tony in seiner frühen Jugend viel sarkastischer und gemeiner. Zwar hat Tony immer noch viele Lacher und beeindruckt den Spieler mit Detailwissen zu den aberwitzigsten Gegenständen, aber auf wirkliche Pointen muss das Zwerchfell leider verzichten.

Leichtigkeitsgrad

Nach guter Tradition müsst ihr klassische Inventar- und Dialogrätsel lösen. Auch verstaut Tony in seinen Taschen alles was entfernt sinnvoll erscheint, er nimmt also auch Dinge mit, von denen er nicht weiß, ob er sie braucht oder nicht. Wirklich überfüllt wird das Inventar aber nicht. Die eigentlichen Rätsel sind jedoch nicht schwer geraten. In der entsprechenden Situation hat man schnell rausbekommen, was mit was zu kombinieren ist. Zwar gibt es auch in diesem Spiel „Tony’sche Ausnahmen“ (also wunderliche Rätsel), wie z.B. der orale Kontakt zu Amphibien, aber diese bleiben glücklicherweise Randerscheinungen. Der Schwierigkeitsgrad von Tony 1 wird dabei nicht erreicht. Die Entscheidung, ob Freude oder Trauer darüber herrschen soll, bleibt dem Käufer vorbehalten. Für meinen Geschmack ist das Spiel aber zu einfach und dadurch letztendlich auch zu kurz.

Die wirkliche Schwierigkeit im Spiel liegt hingegen woanders: oft ist nicht vollständig klar, was eigentlich die Aufgabe von Tony ist. Dem Spieler wird z.B. nicht schlüssig klar gemacht, was man machen soll, wenn man aus dem Krankenhaus entkommen ist. Erst wenn man bei Seymour einen unnötig zeitraubenden Dialog über dessen Tante geführt hat geht es weiter. Zeitraubend bedeutet hier, dass man während des Dialogs an das andere Ende der Stadt geschickt wird und sich wieder zu Seymour klicken muss. Und diesen Spaß dürft ihr sogar wiederholen, wenn ihr wieder angekommen seid. Erst beim dritten Versuch verläuft der Dialog wie gewünscht und die Geschichte wird weitergetrieben.

Knacks, knacks

dtp hat sich bei den Sprechern wieder viel Mühe gegeben: Größen wie Herbert Feuerstein und die Sprecherin des „Kleinen Arschlochs“ leihen den Charakteren ihre Stimme. Doch erreicht das Spiel leider nicht die Güte aktueller Spiele aus dem Hause dtp. So gibt es bei einigen Charakteren, wie dem Briefträger, nach fast jeder Tondatei auffällige Knacksgeräusche. Tony selbst leidet von Zeit zu Zeit auch darunter. Leider sind die Knacksgeräusche auf mehreren Systemen vorhanden, euer Computer ist dieses Mal nicht schuld. Vereinzelt fehlen sogar ganze Sätze im Spiel, stattdessen wird der Text eingeblendet. Sehr unschön, solche Aussetzer trüben das Bild doch erheblich.

Die sparsam eingesetzte Musik hingegen passt gut zum Ambiente der 50er Jahre, jedoch muss man sich an den Stil erst gewöhnen. An den Toneffekten gibt es hingegen nichts zu Meckern.

Rundumschlag

Tony ist ein Vertreter der klassischen Point-and-Click-Spiele. Per Mausklick schickt ihr Tony an eine beliebige Stelle. Die häufigen Kamerawechsel können bei der Navigation allerdings schon manchmal verwirren. Warum eine Übersichtskarte fehlt bleibt wohl ein Geheimnis der Spielemacher, die langen Laufwege erzeugen nämlich schnell Langeweile. Per Doppelklick rennt Tony zwar, aber ein direktes Verlassen des Bildschirmes hätte die fehlende Übersichtskarte leichter verschmerzen lassen.

Grafisch tritt Tony auch nicht in Konkurrenz zu aktuellen Spielen. So kann man dem Spiel zwar seinen eigenen Stil, besonders die Häuser wirken wie aus den 50er Jahren, durchaus zusprechen, aber im Jahr 2006 sollte einfach etwas mehr drin sein. Auch die Animationen sehen häufig sehr ungelenk aus, wenn denn für die jeweilige Aktion überhaupt eine Animation vorhanden ist.

Mit Fortschreiten des Spielverlaufs wird die Geschichte in Rückblenden erzählt. Oft wird dabei ein und dieselbe Szene aus verschiedenen Blickwinkeln präsentiert. Der Vergleich mit der Serie Lost drängt sich dabei auf. Anfangs ist das zwar noch sehr verwirrend, vor allem weil die Szenen sehr unerwartet auftauchen. Im Verlauf der Geschichte legt sich die Verwirrung natürlich durch den gestiegenen Erfahrungsschatz des Spielers.

Auch einige Bugs trüben den Eindruck. So gibt es, neben den fehlenden Spracheinlagen, einige unfreiwillige Sackgassen im Spiel die das Beenden unmöglich machen. Wenn da falsch gespeichert wurde kann ein Neustart fällig sein. Oder ein Besuch in unserem Forum um einen Spielstand zu erbetteln. Ein Patch ist auch zwei Monate nach Veröffentlichung leider nicht in Sicht.

Was übrig bleibt

Dieser Test mag bis hier hin fast wie eine einzige Schelte klingen, doch so schlecht ist das Spiel keineswegs. Die Geschichte von Tony wird skurril erzählt, es gibt einige herrlich überzogen dargestellte Charaktere wie Tonys Lehrer und es können abgedrehte Rätsel gelöst werden. Wenn man sich durch das schleppende erste Viertel des Spieles geklickt hat nimmt die Spielfreude auch spürbar zu.

Für wen ist das Spiel nun geeignet? Fans erhalten einen lustigen Nachfolger mit überraschend vielen Schwächen, die aber verschmerzt werden können wenn man ein Auge zudrückt. Wer Tonys erstes Spiel nicht mochte, soll sich aber auch vom Nachfolger fernhalten. Alle die mit Tony noch keinen Kontakt hatten sollten lieber erst zu Tony Tough 1 greifen um zu sehen, ob der Humor den eigenen Geschmack trifft. Im Vergleich zu aktueller Konkurrenz muss Tony leider den Kürzeren ziehen, die Anzahl der Kritikpunkte ist dafür einfach zu groß.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Die Ansätze sind wirklich gut, doch die Ausführung lässt leider zu wünschen übrig. Warum beginnt die Geschichte so schleppend? Warum klicke ich mich Umständlich durch irritierende Kameraperspektiven, ohne genau zu wissen, was meine Aufgabe ist? Tony hatte das Potenzial, wieder ein richtiger Kracher zu werden, doch leider wirkt das Spiel noch unfertig (nach zwei Jahren Verspätung!) und so wird viel Boden verloren. Übrig bleibt leider nur ein unterdurchschnittliches Spiel – schade!

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Tony ist zurück!
  • tolle Hintergrundsgrafiken
  • passende Sprecher
  • zu viele Bugs
  • Sackgassen
  • langatmiger Anfang