Kyle Hyde war früher Polizist. Sein Kollege und bester Freund Bradley arbeitete verdeckt bei einer kriminellen Organisation. Als Bradley scheinbar übergelaufen war, schoss Kyle auf ihn. Doch die Leiche wurde nie gefunden. Kyle ist sich sicher: Bradley ist noch am Leben. Seitdem sucht er nach ihm.
Mittlerweile hat er den Dienst quittiert und arbeitet als Vertreter für Haushaltswaren, erledigt aber insgeheim auch andere Aufträge für die Kunden seines Bosses Ed.
Am 28. Dezember 1979 landet Kyle bei einem dieser Aufträge im mysteriösen Hotel Dusk: Hier soll das Zimmer mit der Nummer 215 angeblich Wünsche erfüllen. Und noch merkwürdiger ist die Tatsache, dass vor 6 Monaten bereits jemand unter seinem Namen hier übernachtet haben soll.
Dies sind nur die ersten in einer Reihe von Geheimnissen und Verwirrungen, mit denen Kyle konfrontiert wird. Er setzt alles daran, den Geheimnissen des Hotels auf den Grund zu gehen. Dabei scheinen auch die anderen Hotelgäste eine Rolle zu spielen, von denen jeder sein eigenes Geheimnis mit sich herumträgt. Kann Kyle im Hotel Dusk einen Hinweis auf Bradleys Verbleib finden?
Kyle hat nur eine Nacht, um die Geheimnisse des Hotels und seiner Bewohner zu lüften. Das Spiel ist unterteilt in 10 Kapitel von jeweils einer Stunde, die wiederum in Zeitabschnitte von 10-20 Minuten aufgeteilt sind. Die Zeit läuft dabei aber nicht in Echtzeit, sondern schreitet erst voran, wenn alle benötigten Handlungen vorgenommen wurden. Bestimmte Aktionen sind erst zu bestimmten Uhrzeiten möglich, z.B. kann man die Hotelbar erst betreten wenn sie offiziell geöffnet ist. Diese Einschränkungen sorgen zwar für eine starke Linearität des Spiels, ermöglichen aber gleichzeitig eine spannende Erzählstruktur mit vielen Wendungen und Überraschungen. Leider werden zusätzlich viele Hilfestellungen gegeben, z.B. „Ich bin hungrig, ich gehe mal im Restaurant vorbei.“. Dadurch fühlt man sich manchmal, als würde man nur die Anweisungen der Spielfigur ausführen.
Während des Spiels steht Kyle in regelmäßigem telefonischem Kontakt mit seinem Boss Ed und dessen Sekretärin Rachel. Die beiden recherchieren für ihn zu den Ereignissen im Hotel und melden sich immer, wenn sie neue Infos haben. Auch im Hotel findet man einen Komplizen. Der ehemalige Taschendieb Louis DeNonno, den Kyle aus seiner Polizei-Vergangenheit kennt, ist mittlerweile ehrlich geworden. Er arbeitet im Hotel Dusk als Zimmerjunge und steht Kyle mit Rat und Tat zur Seite.
Ähnlich wie in Another Code muss auch Kyle am Ende jedes Kapitels seine Gedanken ordnen. Dabei fasst er das Kapitel in wenigen Sätzen zusammen, wobei man über Multiple-Choice-Fragen seine Informationen ergänzen muss. Dies ist ziemlich einfach und man hat beliebig viele Versuche.
Um Hotel Dusk zu spielen, muss man den Nintendo DS seitwärts wie ein Buch halten. Auf dem linken Screen befindet sich dabei eine 3D-Darstellung der Umgebung in Ego-Perspektive, während der Touchscreen einen Grundriss der Umgebung als Aufsicht darstellt. Der Spieler bewegt sich wahlweise per Stylus oder Steuerkreuz durch die Gänge des Hotels, wobei die eigene Spielfigur auf dem Touchscreen als roter Kreis mit einem Pfeil für die Blickrichtung erscheint. Fremde Personen werden als blaue Kreise dargestellt und erscheinen auf dem linken Screen als Bild.
Am unteren Rand des Touchscreens befindet sich ein kontextsensitives Menü, dass beim Erkunden aus 4 Steuerungssymbolen besteht: Öffnen, Reden, Untersuchen und Menü.
Wird eine Handlung möglich, so leuchtet das entsprechende Symbol auf. Betätigt man eines davon, so wird zu einer Nahansicht des Ortes oder der Person gewechselt, mit der man interagieren will. Bei Türen bieten sich dann die Optionen klopfen oder öffnen.
Die Nahansicht von betrachteten Orten erscheint in 3D auf dem Touchscreen. Über einen Schieber oder das Steuerkreuz kann der Sichtwinkel verändert werden, wodurch sich Details wie zum Beispiel Aufkleber an der Seite von Möbeln entdecken lassen.
Das Menü des Spiels ist wie ein Notizbuch gestaltet. Darin enthalten ist ein Grundriss des Hotels, dessen Räume im Spielverlauf automatisch beschriftet werden. Weiterhin findet man dort eine Liste mit Infos zu den bisher getroffenen Personen und Beschreibungen der Inventargegenstände. Auch eine Handlungszusammenfassung der bisherigen Kapitel kann man hier lesen, wobei leider der Fortschritt des aktuellen Kapitels nicht angezeigt wird. Speichern und laden ist außerhalb von Dialogen und Cutscenes jederzeit möglich. Dafür stehen 3 Spielstände bereit, die jeweils mit Ortsangabe und Uhrzeit angezeigt werden. Auch die bisher benötigte Spielzeit wird bei jedem Speicherstand angezeigt. Darüber hinaus bietet das Notizbuch noch die Möglichkeit, mit dem Stylus Notizen oder Skizzen auf 3 Seiten festzuhalten. Diese Funktion wird aber nicht zwingend benötigt, da relevante Notizen sowieso automatisch festgehalten werden. Während des Spielverlaufs nutzen auch andere Personen Kyles Notizbuch, um ihm mit Skizzen oder Notizen zu helfen.
Ein bisschen wirkt es, als wäre das Ziel der Entwickler gewesen, den Touchscreen so häufig wie möglich einzubinden. Im Detail ist das aber oft überflüssig, so muss man z.B. beim Erhalt von Gegenständen diese erst mit dem Stylus aus der Hand des Gegenüber nehmen.
Einen Großteil des Spiels verbringt man damit, Gespräche mit den anderen Hotelgästen zu führen, was ohne Sprachausgabe zu einer Menge Lesearbeit führt. Dabei wird Kyle jeweils auf dem linken und sein Gesprächspartner auf dem rechten Bildschirm angezeigt. Um die Dialogzeilen weiterzuschalten tippt man entweder auf den Bildschirm oder aufs Steuerkreuz. Nervig dabei ist, dass der Text nur langsam Wort für Wort auf dem Bildschirm auftaucht und sich nicht beschleunigen lässt. Eine Qual für Schnellleser.
Die Dialoge sind ziemlich linear und laufen in zwei Teilen ab. Der erste Teil verläuft weitgehend automatisch und wird nur durch das gelegentliche Auftauchen eines Symbols unterbrochen. Klickt man darauf, hat man die Möglichkeit, den vorhergegangenen Satz zu kommentieren bzw. eine Detailfrage zu stellen. Leider wird hier nur die Auswahl zwischen zwei Arten von Bemerkungen gegeben, von denen eine meist schroff oder beleidigend und somit fast immer offensichtlich falsch ist. Entscheidet man sich für den falschen Kommentar, läuft eine rote Welle über den Gesprächspartner die dessen Verlegenheit symbolisiert. Wählt man dagegen den richtigen Kommentar erfährt man weitere interessante Informationen, die in Form eines kleinen Fragezeichenblocks an den oberen Rand des linken Bildschirms wandern.
Ist der automatisch ablaufende Teil des Dialogs vorbei, beginnt ein Frageteil. Dabei werden die gesammelten Fragen auf dem Tochscreen angezeigt und können in beliebiger Reihenfolge gestellt werden. Werden sie beantwortet, verschwinden sie oder werfen neue Fragen auf. In der Frage-Ansicht ist es auch möglich, den bisherigen Dialog als Text zu lesen oder das Inventar zu öffnen, um dem Gesprächspartner Gegenstände zu zeigen oder zu geben.
Hat man während des Dialogs versäumt eine Zwischenfrage zu stellen, ist dies meist kein Problem. Während Kyle über die Gänge läuft, fallen ihm diese wieder ein und man kann sie beim nächsten Dialog mit der Person stellen. Einige Dialogteile werden auch solange wiederholt, bis man die richtige Frage gestellt hat.
Ist man zu neugierig oder unfreundlich, kann es passieren, dass Dialoge frühzeitig beendet werden. Im schlimmsten Fall wird man dann aus dem Hotel geworfen, sieht einen Game-Over-Bildschirm und hat die Möglichkeit, am Anfang des Kapitels wieder zu beginnen. Auch wenn Kyle zuviel weiß, kann er Probleme bekommen. Stellt er dem Hotelbesitzer beispielsweise Fragen zu Themen die er nur durch Schnüffelei in dessen Büro wissen kann, führt das ebenfalls zum Rausschmiss.
Hotel Dusk bietet einen sehr schönen, neuartigen Grafikstil. Das Intro und die Cutscenes nutzen beide Bildschirme und bestehen aus leicht animierten Standbildern, teils schwarzweiß, teils im Aquarell-Look mit ausblutenden Rändern. Das Innere des Hotels wird, wie bereits erwähnt, in Echtzeit-3D angezeigt. Die Figuren sind schwarzweiß und wirken wie ausgeschnittene Bleistiftskizzen mit schraffierten Schattierungen. Der Zeichenstil ist sehr detailliert, realistischer als z.B. Phoenix Wright und erinnert nur minimal an japanische Animes. Während der zahlreichen Gespräche werden viele verschiedene Zeichnungen mit unterschiedlicher Mimik, Gestik und Stimmung verwendet, was eine interessante Alternative zu vollständiger Animation ist.
Die Musik ist abwechslungsreich und niemals nervig. Sie passt sich der jeweiligen Stimmung oder Situation an und wechselt oft mehrmals während eines Dialogs. Vom Stil her erinnert sie an Detektiv- oder Film-Noir-Klassiker, kann aber auch ihre Anime-Verwandtschaft nicht verleugnen. In der Bar des Hotels gibt es eine Musicbox, an der man sich alle bisher im Spiel aufgetauchten Musikstücke anhören kann.
Da der Großteil des Spiels aus Dialogen besteht, kommen die Rätsel leider etwas zu kurz. Meist muss man Gegenstände finden, die dann verwendet oder an andere Personen gegeben werden. Oft sagt Kyle dem Spieler sogar vor, was als nächstes zu tun ist, z.B. „Ich muss die Kundenliste in meinen Koffer legen“ oder „Ich schätze es ist Zeit, dass ich Rachel anrufe“.
Nicht alle Räume sind am Anfang des Spiels erreichbar, erst im Spielverlauf bekommt man Zugang zum ganzen Hotel.
Fast jedes Möbelstück und jeder Gegenstand im Hotel lassen sich anklicken, vom Stuhl bis zur Lampe – zu fast allem hat Kyle einen eigenen Kommentar. Das ist zwar zu Anfang noch interessant, wird aber im weiteren Spielverlauf nervig, besonders wenn man in der Speisekammer fast jede einzelne Dose oder Kiste betrachten kann oder in bereits bekannten Räumen nach Veränderungen suchen muss. Inventargegenstände lassen sich leider nicht untereinander kombinieren.
Ein großer Nachteil des Spiels ist, dass es am „Runaway-Syndrom“ leidet. Einige Gegenstände, die im Spielverlauf verwendet werden müssen, lassen sich erst aufnehmen wenn Kyle der Verwendungszweck bewusst ist. An mancher Stelle ärgert man sich, weil Rätsel nur auf eine Weise lösbar sind, obwohl alternative Lösungen denkbar wären. So braucht man zum Beispiel für eine Aufgabe einen Draht, kann dazu aber nicht die Büroklammer vom Rande der Hotelbroschüre verwenden. Einige der Rätsel wirken arg konstruiert und scheinen nur als Füllmaterial zu dienen. So kann man eine Treppe nicht hinaufgehen, weil ein kleines Mädchen darauf ein Puzzlespiel aufgebaut hat. Unlogischerweise kommt die Göre ausgerechnet bei den letzten 3 Teilen des Puzzles nicht mehr weiter und macht den Weg erst frei, wenn man ihr hilft. An anderer Stelle verstreicht die Zeit erst, wenn man Streichholzrätsel löst. Der Höhepunkt der Absurdität ist allerdings ein Bowlingmatch, das Louis mitten in der Nacht auf dem Hotelflur veranstaltet.
Zusätzlich gibt es noch ein kleines optionales Sidequest, bei dem man Aufkleber mit Nummern finden muss, die im gesamten Hotel versteckt sind. Diese Nummern helfen dann beim Erlangen eines Bonusgegenstands.
Leider wurden auch die Eigenheiten des Nintendo DS nicht optimal ausgeschöpft. Das Spiel enthält zwar dutzende von Situationen, in denen der Touchscreen verwendet wird, diese sind aber oft viel zu einfach und meist nach wenigen Sekunden vorbei. So muss man beispielsweise ein Kofferschloss mit einem Draht öffnen, auf einem Zettel Punkte verbinden, Münz- und Streichholzrätsel lösen und sogar einen Weihnachtsbaum schmücken. Oft muss man nur eine winzige Bewegung ausführen, z.B. die Tasten eines Kassettenrekorders bedienen. Es gibt allerdings einige wenige Rätselhighlights, bei denen man etwas mehr um die Ecke denken muss. Das Mikrofon und die Klappfunktion des DS kommen nur wenige Male zum Einsatz.
Im Menü lässt sich auch das optional erhältliche Rumblemodul für den Nintendo DS aktivieren.
Das Spiel hat eine interessante und spannende Story, die mit vielen Wendungen und Enthüllungen zu überraschen weiß. Dadurch lässt sich auch die Linearität des Spiels verschmerzen. Lobenswert ist auch die Länge des Spiels, die mit ca. 15 Stunden weit über den bisherigen DS-Adventures liegt. Hauptmanko sind die leichten Rätsel, die teilweise nur rudimentär in die Geschichte integriert sind. Diese sind jedoch niemals unfair, das Spiel ist somit auch für Adventure-Einsteiger eignet.
Die Charaktere und Situationen sind insgesamt realistischer und weniger klischeebehaftet als in Spielen wie Another Code oder Phoenix Wright. Wer hauptsächlich Comic-Adventures spielt und Wert auf viel Humor liegt, kommt hier nicht auf seine Kosten. Liebhaber von spannenden Krimi-Adventures werden mit Hotel Dusk dagegen ihre Freude haben.
Zugegeben, der Held des Spiels ist nicht besonders liebenswert und als Spieler war ich dauerhaft gezwungen, gegen dessen Naturell zu handeln. Die Rätsel waren nicht ganz so knackig und innovativ wie in Another Code und manchmal einfach nur dämlich. Hier hätte ich mir mehr Qualität statt Quantität gewünscht. Lieber ein paar kompliziertere Schalter- oder Maschinenrätsel statt dutzender stupider Minispiele. Die Story und Charaktere in Hotel Dusk haben dies teilweise wieder aufgewogen. Zusammen mit den ausführlichen Dialogen entsteht eine dichte und spannende Atmosphäre. Wer Phoenix Wright und Another Code mochte, kann hier bedenkenlos zugreifen.
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