Test

von  Gianni
07.02.2008
Die Kunst des Mordens
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch

Eine hübsche FBI-Agentin, rätselhafte Ritualmorde und skrupellose Killer. Das sind altbekannte Zutaten storybasierter PC-Abenteuer und an und für sich nichts Schlechtes, solange es die Entwickler verstehen den Spieler mittels konsequentem Spannungsbogen, interessanter Charaktere, Storywendungen und abwechslungsreicher Schauplätze an den Bildschirm zu fesseln. Der polnische Hersteller City Interactive nutzt mit Die Kunst des Mordens: Geheimakte FBI die bewährte Formel, erreicht jedoch nicht die hohe Qualität der offensichtlichen Vorbilder Still Life und Geheimakte Tunguska.

Ein guter Tag zum Sterben

Nicole Bonnet ist die Neue im New Yorker FBI-Department und erfährt durch den Tod ihres Kollegen gleich zu Beginn die volle Härte des Jobs. Auch ihr neuer Auftrag scheint von besonderer Brisanz. So soll sie zusammen mit ihrem neuen (Phantom-)Partner Nick eine nicht abreißende Reihe von Ritualmorden aufklären, bei denen der Täter nur eine antike Münze hinterlässt. Ihre Spur führt sie dabei vom dunklen New York bis tief in den südamerikanischen Dschungel. Dabei muss man den Entwicklern zugestehen, dass die Locations allesamt recht abwechslungsreich gewählt wurden und keine Langeweile aufkommen lassen. Während ihrer Ermittlungen besucht Nicole unter anderem das Museum für präkolumbische Kunst, eine Universitätsbibliothek und runtergekommene Wohnsiedlungen. Nicole schreckt vor den düsteren Ecken New Yorks genauso wenig zurück wie vor den Gefahren des Amazonas.

Adventure-typisch sucht man die einzelnen Bildschirme per Point-and-Click-Steuerung nach Hinweisen und Gegenständen ab, die teilweise jedoch nur aufgenommen werden können, wenn Nicole sie benötigt. Vorher stellt sie sich stur und wimmelt den Spieler mit einem naiven „ich weiß nicht was ich damit tun soll“ ab, auch wenn die Situation noch so offensichtlich ist. Etwas mehr Dynamik, dafür weniger Linearität, hätte dem Spiel in so mancher Situation gut getan. Leider muss man den Entwicklern an dieser Stelle Inkonsequenz unterstellen. Anders lässt es sich nicht begründen, dass Nicole manchmal doch Gegenstände mitgehen lässt, deren Sinn nicht immer leicht zu erschließen ist. Im Museum beispielsweise steckt sie einen schweren Feuerlöscher ein mit der fragwürdigen Begründung, es gebe eventuell etwas zu löschen. Zur Information: Es gibt weder ein Feuer noch raucht es irgendwo, der Feuerlöscher muss für etwas ganz anderes eingesetzt werden. Der Schwierigkeitsgrad der meisten Rätsel ist jedoch relativ niedrig, kommt man nicht weiter, hilft oft ausprobieren. Wird ein Gegenstand nicht mehr benötigt, verschwindet er aus dem Inventar.

Ich hätte da noch (k)eine Frage

Ein wahrhaft mysteriöses Verhalten legt Nicoles Partner Nick an den Tag. Er ist nie im Büro, wenn Nicole dort ist und versorgt sie grundsätzlich nur per SMS oder Papierschnipsel mit Informationen. Ja, Nick scheint ein Agent der alten Schule zu sein oder die Entwickler wollten sich einfach etwas Arbeit sparen, was in diesem Fall jedoch Unverständnis hervorruft. Den Partner hätte man als belebendes Element integrieren können, indem man ihn in der einen oder anderen Szene als spielbaren Charakter einbaut. Dann wäre das Spiel vielleicht auch etwas länger geraten. So begegnet man den Credits bereits nach circa acht bis zehn Stunden. Auch auf den intensiven Informationsaustausch mit allen möglichen Leuten, wie man es von spannenden Detektiv-Spielen gewohnt ist (Baphomets Fluch), muss verzichtet werden. Jegliche Nummern, die Miss Bonnet in ihrem PDA abspeichert, sind dauerhaft besetzt und nur dann frei, wenn man eine bestimmte Person anrufen muss, um die Story weiterzutreiben.

Nichts Neues beim FBI

Geheimakte FBI macht nicht viel anders als gewöhnliche Genre-Kollegen. Gespräche startet man per Mausklick, mit selbigem überspringen eilige Naturen auch einzelne Dialogzeilen. Dabei nötigt das Programm den Spieler, indem es ihn immer wieder auf den Gesprächspartner klicken lässt. Ein Schweigen der Anwesenden bedeutet nämlich nicht, dass ihnen die ohnehin schon knappen Themen ausgegangen sind. Dies erfährt man nur nirgends und so klickt man so lange, bis man schroff zurückgewiesen wird, etwa vom FBI-Chef Chaser: „Nicht jetzt Nicole (…)“.

Items krallt sich die junge Dame ebenfalls per Klick, mit der rechten Maustaste werden diese untersucht. Der folgende Kommentar ist oft völlig belanglos und bei einigen der teils unnötig umständlichen Rätsel nicht von großer Hilfe. Auch beim Versuch, die überschaubare Anzahl an Items in Nicoles Inventar zu kombinieren, bestechen die Kommentare der FBI-Agentin nicht gerade durch ihren informativen Gehalt und sind rein zufällig gewählt. So rät die junge Ermittlerin beim durchaus logischen Unterfangen einen Akku mit einem akkulosen Handy zu verbinden: „Nur ohne dumme Ideen“ - alles klar? Ein anderes Mal hieß es gleich, dass daraus nichts werde. Tatsächlich war das Vorhaben erst von Erfolg gekrönt, nachdem das Handy und der Akku auf einem Tisch abgelegt wurden, dann konnte man die Utensilien verbinden. Eine komfortable Hotspot-Anzeige fehlt dem Spiel genauso wenig, wie der in Mode gekommene PDA, welcher dem Spieler als Telefon, Fotoapparat und Tagebuch dient. Mittels Doppelklick bringt man Nicole Bonnet dazu, sich im Jogger-Tempo fortzubewegen. Insgesamt ist die Steuerung gelungen und man dirigiert Nicole souverän durch die Szenarien.

Grafik und Sound

Grafisch präsentiert sich Geheimakte FBI auf durchweg akzeptablem Niveau. Hier bedienten sich die Entwickler der frei zugänglichen Wintermute Engine und beweisen, dass sich diese sehr wohl für die Entwicklung kommerzieller Adventures eignet. Lob verdienen sich die Programmierer für die fein ausgearbeiteten Räumlichkeiten. Diese sind vollgepackt mit Details, ansprechenden Texturen und sehenswerten Lichteffekten. Einer kritischen Bemerkung bedarf es dennoch: Es mangelt an Animationen. So wirkt die an sich grafisch schöne Spielwelt etwas leblos, nicht zuletzt, weil man, Nicole einbezogen, nie mehr als zwei Charaktere pro Bildschirm zu Gesicht bekommt.

Immerhin besteht im Hinblick auf die Akustik kein Grund zum Nörgeln. Soundeffekte und Hintergrundmelodien, die angesichts der Thematik eher ruhig sind, passen ins Geschehen und unterstützen dieses angemessen. Die Synchronsprecher haben gute Arbeit geleistet und die Charaktere überzeugend vertont. Deswegen ist es besonders schade, dass die Dialoge so selten und deren Inhalte meistens belanglos daherkommen.

Fazit

Für ein Genre-Erstlingswerk ist City Interactives Die Kunst des Mordens: Geheimakte FBI gar nicht mal so schlecht gelungen, wie es sich an manchen Stellen dieses Tests anhören mag. Übertrieben lineare und teils umständliche Rätsel sowie die etwas verunglückte Dialogführung führen zum Punktabzug. Man muss den Entwicklern jedoch zu Gute halten, dass sie die Krimi-Atmosphäre recht gut eingefangen haben, nicht zuletzt wegen der ansprechenden Optik. Einsteiger werden vom Schwierigkeitsgrad nicht überfordert und so ans Genre herangeführt. Fortgeschrittene und Profis sind besseres gewohnt: Die Klasse eines Still Life oder Geheimakte Tunguska erreicht das FBI-Adventure nicht.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Meine Hoffnungen auf ein qualitativ hochwertiges Krimi-Abenteuer im Stil der oben genannten Genre-Größen wurden enttäuscht. Die Kunst des Mordens bringt gute Anlagen mit, kann diese jedoch nicht ausreichend entfalten. Mir fehlen spannende Dialoge und Zeugenverhöre, wie es sich für das FBI gehört. Deren quasi-Abwesenheit senkt den Spaßfaktor beträchtlich. So bleibt ein nettes Adventure, das man nach dem Durchspielen auch gleich wieder vergisst.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Krimi-Atmosphäre
  • Schauplätze
  • Synchronisation
  • Zu linear
  • Umständliche Rätsel
  • Teils flache Dialoge
  • Blasse Charaktere