Mit Penumbra – Black Plague liefert Frictional Games den zweiten Teil der Serie und setzt so Penumbra – Im Halbschatten fort. Ursprünglich als Dreiteiler geplant, soll der vorliegende Titel jedoch die Serie abschließen – einen weiteren Teil wird es nicht geben.
Nun gilt es zu prüfen, ob die Entwickler an den bereits erreichten Erfolg anknüpfen können und Penumbra - Black Plague seinen Vorgänger konsequent weiterführt.
Vorkenntnisse aus dem ersten Teil setzt Penumbra - Black Plague nicht voraus - Teile der Story werden aufgegriffen und fortgeführt, diese werden aber auch noch mal eingeführt und dem Erst-Spieler nahe gebracht.
Nachdem Philip, auf den Spuren seines Vaters wandelnd, die düstere Mine im ewigen Eis fand und betrat, war er gefangen in einem Kampf zwischen Erforschen und Flucht, zwischen einem Geheimnis und seinem Leben.
Wir erinnern uns: Philip stolperte bei seiner Erkundung der Mine über Fragmente und Hinweise auf ein größeres Grauen als die dunkle und tiefe Mine selbst, nicht wissend, welche Ereignisse sich hier abgespielt haben und wo das Ganze hinführt.
Als der Protagonist einen Ausgang zu finden glaubt, bewegt er sich im Gegenteil tiefer in die Mine hinein und erkennt, dass sich weitere Räumlichkeiten anschließen; alles deutet auf einen Forschungskomplex hin. Dies ist jedoch seine letzte Erkenntnis: Philip wird niedergeschlagen, und erlangt das Bewusstsein in einer vermodernden und verriegelten Zelle wieder. Ein kurzer Blick aus dem vergitterten Fenster offenbart einen Laborflur, und just in diesem Augenblick wird Philip akustisch Zeuge, wie ein Nachbarinsasse unter Todesangst von jemandem „abgeholt“ wird. Man hört verzweifelte Schreie, Knochen knirschen, irgendetwas birst. Dann ist Ruhe. Willkommen in Penumbra – Black Plague.
Grafisch hat sich im zweiten Teil des Horror-Abenteuers nichts verändert. Penumbra tritt optisch recht gut auf und weiß die düstere Grundstimmung des Spiels gut in Szene zu setzen. Im Besonderen besticht die 3D-Grafik wieder durch das geschickte Spiel mit Licht und Schatten, wobei letzterer durchweg dominiert. Per Mausklick dirigiert man Philip durch diese frei begehbare 3D-Umgebung.
Die Oberflächen und Texturen sind gut gerendert und ansehnlich, jedoch tritt wieder die mitunter recht klobige Optik bei Steinen und Kisten auf. Dieser Umstand sorgte bereits im ersten Teil für einige unschöne Einsprengsel in der sonst so schönen Grafik. Auch dieses Mal sieht es an manchen Stellen einfach etwas grob aus.
Grundsätzlich überzeugt Black Plague jedoch mit zahlreichen Effekten; seien es Dinge wie Bewegungsunschärfe, Antialiasing oder Auflösungen bis 1920x1080 – soweit sehr ordentlich.
Da sich Philip nunmehr in einer unterirdischen Forschungsstation befindet, bewegt man sich nur noch selten durch minenähnliche Schächte oder Bohrungen, zumeist sind es laborähnliche Gänge und Räume, denen man aber ansieht, dass es sich um eine unterirdische Anlage handelt.
Ließen sich im ersten Teil noch vereinzelte, hoffnungsspendende vergitterte Öffnungen nach draußen finden, so erhöht Black Plague das klaustrophische Gefühl durch den völligen Einschluss der Anlage tief in der Erde. Eine Öffnung, die einen Lichtstrahl von außen hineinlassen könnte, gibt es hier nicht.
Von Anfang an unterstreichen diverse grafische Details die Trostlosigkeit der Situation, die den Protagonisten umgibt: Leere, verwitterte Gänge, tropfendes Wasser, zerstörte Einrichtungsgegenstände und Blutspuren auf dem Boden lassen einfach das Schlimmste vermuten. Die Szenerie wirkt dank dieser Umsetzung sehr authentisch.
Was im ersten Teil innovativ war, wirkt auch im Anschlussteil noch immer ungewohnt und einzigartig: Die implementierte Physik-Engine lässt Philip Türen zuwerfen, Schubladen verkanten und Pumpräder drehen. Natürlich sind Intensität und Richtung von entscheidender Bedeutung; ein einfacher Klick mit der Maus genügt hier nicht.
Eine wesentliche Neuerung in der Interaktion des Gefangenen mit seiner Umgebung ist die völlige Unfähigkeit, sich zu verteidigen. Im ersten Teil war die Situation eines Kampfes mit einem Bewohner dieser düsteren Anlage schon eine schwierige Sache, doch konnte Philip wenigstens einen Hammer schwingen und als Waffe verwenden.
Dieses Feature gibt es nicht mehr. Philip hat keine Möglichkeit mehr, sich mit einem Objekt zu verteidigen. Eine gute Entscheidung: Zum einen war eine Flucht sowieso stets die bessere Option, und zum anderen entfällt nun auch die Verzögerung bei der Schwungbewegung. Diese war seinerzeit eher störend.
Die Speicherfunktion des Spiels wurde unverändert übernommen und bietet in der Verwaltung mehrere Speicherorte. So legt Penumbra - Black Plague zum einen regelmäßig automatische Spielstände (max. 10) an, bietet aber auch weiterhin die Möglichkeit, mittels Auffinden der seltsamen Artefakte im Spiel selbsttätig in einer anderen Verwaltung zu speichern. (max. 5) Um die bekannte Begrenzung der Speicherstände zu erweitern, gibt es zudem wieder die Favoritenliste, die bestimmte Spielstände archiviert und vor einem Überspeichern schützt. Alles in allem ein auch dieses Mal nicht immer praktikables und eher verwirrendes System.
Philip redet einfach nicht. Das tat er nie und er wird auch in Black Plague nichts sagen. Die Sprachausgabe beschränkt sich auf wenige, jedoch exzellent gemachte Tonbandaufnahmen, die man finden und abspielen kann. Ansonsten werden Dinge wie Briefe oder eigene Gedanken wie „Das sollte ich mir merken oder genauer anschauen“ nicht akustisch, sondern lediglich als Text ausgegeben.
Musikalisch verfolgt Black Plague ebenfalls keine hohen Ziele, sondern bezieht sich klar auf die minimalistische Linie, die auch Im Halbschatten schon bot: Ein leises Heulen, eine britzelnde, offene Stromleitung oder mal ein hilfloses Wimmern müssen als Untermalung genügen. Eine spielbegleitende Musik ist nicht zu hören.
Diese akustische Schlichtheit ist dem Spiel insofern nicht abträglich, als dass die düstere, beklemmende und wehrlose Stimmung noch stärker bewusst wird. Ein plötzlich auftretendes Geräusch lässt den Spieler umso mehr hochschrecken.
Trotzdem: Ein wenig mehr Stimme hätte Philip haben dürfen, da Kommentare wie „…oh mein Gott – was ist das?!“ beim Anblick einer sezierten Leiche in Textform weniger wirken.
Den bereits bekannten Nervenkitzel auf hohem Niveau setzt Black Plague punktgenau fort. Sowohl die düstere Optik als auch die bereits bekannten Survival-Horror-Elemente wie knappe Ressourcen oder Dunkelheit und erschwerte Orientierung sorgen für ein schaurig schönes Spielvergnügen.
Da sich Philip zudem vom dem Gedanken, dies alles hier sei doch nur ein Grubenunglück oder ließe sich am Ende ganz rational erklären, verabschieden musste und nun merkt, dass jedes geheimnisvolle Indiz auf ein noch größeres Grauen hindeutet, ist nun klar: Es gibt kein Entkommen – der Weg muss bis zum Ende gegangen werden. Es geht schon lange nicht mehr nur darum, einen Ausgang aus diesem Albtraum zu finden.
Neu und das Gefühl der eigenen Hilflosigkeit verstärkend ist das bereits erwähnte Fehlen der Waffe, die man mehr als Trost denn als wirkliche Verteidigung tragen konnte. Man fühlt sich dem Mysteriösen noch stärker ausgesetzt und verletzbarer.
Ebenso neu sind häufigere Wechsel in eine Art Traum oder Surrealität, der Philip ausgesetzt wird. Ein wenig an die Albtraumsequenzen von Max Payne erinnernd, findet sich der Protagonist im Räumen wieder, in welchen zum Beispiel Arme aus den Wänden wachsen oder die auf Hebelzug mit Blut gefüllt werden müssen. Diese Sequenzen „überfallen“ Philip wie einen Schatten und rauben ihm das Bewusstsein; zumeist wacht man nach Durchlaufen eines solch verstörenden Erlebnisses wieder dort auf, wo man zu Boden ging.
Zusammenfassend erhöht Black Plague den Pulsschlag noch einmal und gibt mit den Träumen eine wirklich groteske Note dazu.
Neben den nervlichen Anforderungen verlangt das Irren durch die Gänge natürlich auch geistige Anstrengungen.
Die Vielfalt der Rätsel im Spiel ist auf angenehm hohen Niveau; Black Plague liefert neben Inventarkombinationen auch zeitkritische Rätsel oder verlangt die Manipulation eines Gegenstandes oder physikalisches Geschick.
So lässt sich eine Münze nur dann als Schraubenzieher-Ersatz verwenden, wenn sie vorher plattgewalzt wird, ein für die Aktivierung eines Wassersprenger-Systems notwendiges Feuer muss erst selbst erzeugt werden und das Deaktivieren der Stromversorgung zwingt uns zur Flucht, da ein mutierter Wächter mit Taschenlampe nun aufgeschreckt nach uns sucht.
Durchweg erscheint dabei nichts Unlogisches: Ein Benzinlumpen entzündet sich nur dann, wenn er mit Funken aus einem kaputten Stromkasten zusammengebracht wird, der zuvor mit mehreren gezielten Stößen aufgeknackt werden muss. Hier ist die eingebaute Physik natürlich gefragt.
Trotzdem stirbt man recht oft. Man kann viel falsch machen oder auch Geräusche falsch deuten, was meistens das eigene Ableben zur Folge hat. Doch dies scheint gewollt: Man wird mit der Zeit übervorsichtig und schreckt auch bei kleinsten Dingen hoch.
Penumbra – Black Plague setzt genau das fort, was bereits bei Penumbra – Im Halbschatten positiv auffiel: Düstere Optik, eine gehörige Portion Gruselatmosphäre und einen klaustrophobischen Überlebenskampf.
Gleichzeitig werden jedoch auch kleinere Mängel mittransportiert, die schon den ersten Teil begleiteten; noch immer ist die Hintergrundmusik spärlich beziehungsweise fehlend, und auch der Protagonist bleibt stumm. Die Speicherfunktion hätte entschlackt und griffiger gestaltet werden können und einen wirklichen Grund für eine Begrenzung der Speicherplätze gibt es nicht.
Dennoch bleiben die Mängel weit hinter den Highlights des Spiels zurück und schmälern dessen Qualität nicht: Der Zweiteiler Penumbra ist atmosphärisch dicht, schockierend düster und definitiv nichts für den eher zartbesaiteten Spieler. Wer die Stimmung eines Resident Evil hoch schätzt, greift hier zu.
Wie, jetzt ist auch noch der Hammer weg? Meine einzige (wenn auch nur wenig Erfolg versprechende) Option, mich zu wehren, ist nicht mehr gegeben. Nun bin ich der Gefahr des Spiels gänzlich wehrlos ausgesetzt…
Penumbra – Black Plague ist dunkel, gemein und zieht alle Register eines guten Psycho-Horrors: Jemand huscht vor der Tür vorbei, das Licht flackert grundsätzlich und geht genau dann ganz aus, wenn ich die Tür öffne. Hin- und hergerissen zwischen dem Gefühl „Was ist hier eigentlich los?“ und „Ich will einfach nur hier heraus!“ weiß ich eins mit Sicherheit: Weiterhin mit viel Licht!
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