Test

von  Hans Frank
19.03.2008
So Blonde
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch

Blondinen-Adventure? Sunny Blonde? Wer da spontan an seichte Unterhaltung à la Lula 3D denkt, dem kann kein Vorwurf gemacht werden. Mutig also, ein solches Spiel auf den Markt zu bringen. Doch ein zweiter Blick lohnt. Was da an Screenshots gezeigt wird, ist vielversprechend. Und auch die Story rund um eine einsame Insel, Piraten und einen seltsamen Fluch hört sich gar nicht mal so schlecht an. Wenn dann auch noch Steve Ince (verantwortlich unter anderem für Baphomets Fluch) seine Finger im Spiel hat, muss das Adventure doch einen Blick wert sein.

Schon die Preview-Versionen machten einen guten Eindruck. Doch haben Entwickler und Publisher die Zeit seit unserer letzten Vorschau genutzt und die letzten Kritikpunkte ausgemerzt? Wir sind gespannt.

Ein (Alp-)traum

Tiefblaues Wasser, ein laues Lüftchen, strahlender Sonnenschein, ein Luxusliner. Nichts ungewöhnliches für Sunny Blonde. Die Blondine im Teenageralter ist mal wieder mit ihren reichen Eltern im Urlaub bzw. auf Hochzeitsreise. Doch da sie viel lieber zu Hause bei ihrer Freundin Kimberley geblieben wäre als sich auf einem Kreuzfahrtschiff zu langweilen, sucht sie Abwechslung bei der männlichen Besatzung des Schiffes. Nach einem Streit mit einem dieser Herrschaften, fällt sie durch unglückliche Umstände über Bord (zufällig auf ein Rettungsboot) und wird wenig später an eine traumhafte Karibikinsel gespült.

Für Sunny ein Alptraum. Wie soll sie es nur ohne Handyempfang und Beautyset aushalten? Zweiteres ist glücklicherweise schnell gefunden und so kann die Erforschung der Insel losgehen. Die nächste Hotelanlage, so denkt Sunny, kann in einer solch schönen Umgebung schließlich nicht lange auf sich warten lassen. Doch weit gefehlt: Statt auf leicht bekleidete Urlauber trifft sie ein paar Meter weiter auf grimmige und vor allem unhygienische Piraten, die sie sogleich in die Brig ihres Segelschiffes Winsome Maid werfen. Was unsere Protagonisten zunächst noch für eine Art Themenpark hält, entpuppt sich schnell als absoluter Alptraum. Sunny befindet sich auf einer echten Pirateninsel, die zu allem Überfluss noch von einem unbarmherzigen Piraten beherrscht und von einem bösen Fluch bedroht wird. Gelingt Sunny die Flucht in ihr altes Leben?

Monkey Island 5?

Nicht wirklich. Die Parallelen zum Piratenklassiker im Adventuregenre schlechthin sind zwar da und als Hommage wahrscheinlich auch beabsichtigt, aber das Setting unterscheidet sich doch ganz deutlich von Mêlée Island und deren Nachbarinseln. Sunny, die zunächst wie ein dummes Blondchen wirkt, entwickelt sich schnell zu einer recht sympathischen und liebenswerten Person, die sich zwar tollpatschig, aber mit einer beeindruckenden Portion Ehrgeiz den auftretenden Problemen stellt. Und das sind nicht wenige. Steht zunächst die Rückkehr zu ihren Eltern und der Sitz der Frisur im Fokus der Siebzehnjährigen, rücken bald wichtigere Dinge der Insel ins Rampenlicht. Da will eine Hochzeit organisiert werden, obwohl der Bräutigam im lokalen Arbeitslager festgehalten wird. Außerdem steht noch die Rettung eines kleinen Jungens aus einer Mine an, in der der einäugige Pirat One-Eye die Inselbewohner schuften lässt. Mit der Zeit wird aber klar, dass Sunny am besten gleich One-Eye stürzen und die Insel von einem bösen Fluch befreien sollte, wenn sie überleben möchte. Eine schwierige Aufgabe für jemanden, der sich zu diesem Zeitpunkt hauptsächlich mit sich selber und dem Ausgeben von Geld anderer Leute beschäftigt hat. Trotzdem ist Sunny die einzige, die die Insel vor der Zerstörung retten kann und ihre eher praktische Veranlagung hilft ihr dabei. Im Spielverlauf zeigt sie dann auch oft ihr großes Herz und ihr gutes Händchen im Umgang mit ihren Mitmenschen.

In bester Adventure-Manier löst man, um dieses Ziel zu erreichen, klassische Rätsel in einer wunderschönen Umgebung und dringt immer weiter in die dunklen Geheimnisse der Insel ein. Schnell wird klar, dass Sunny nicht nur räumlich, sondern auch zeitlich in eine andere Dimension gesetzt wurde. Das Bewältigen der Probleme macht viel Spaß und der Humor im Spiel will durchaus gefallen. Auch die vielen Seitenhiebe auf andere Adventures, Filme, Bücher und mehr sind sehr lustig. Von LeChuck über Lost bis hin zur Titanic bleibt niemand verschont. Und obwohl auch viele alltägliche Probleme zu lösen sind, geht der rote Faden während der gesamten Spielzeit nicht verloren.

Leider wirkt die Geschichte an manchen Stellen etwas flach und unglaubwürdig. An solchen Stellen verhalten sich zum Beispiel Charaktere ungewöhnlich, nur um die Lage künstlich zu verkomplizieren. Dass ein Steve Ince, der immerhin auch an Perlen wie Baphomets Fluch gearbeitet hat, die Story maßgeblich mitgestaltet haben soll, sticht nicht sonderlich hervor. Wer also auf eine epische Geschichte mit Tiefgang à la Revolution Software hofft, wird defintiv enttäuscht werden. Dafür punktet So Blonde aber mit anderen Eigenschaften wie dem überwiegend gelungenen Rätseldesign und den wunderschönen Grafiken. Auch die Dialoge sind sehr gut und unterhaltsam. Zu welchen rhetorischen Meisterleistungen und Schlagfertigkeiten Sunny in der Lage ist - etwa wenn sie kühl auf dümmliche Kommentare der männlichen Dorfbewohner kontert - hätte ihr wohl beim ersten Anblick niemand zugetraut.

Trauminsel

Darauf dürften viele Adventurefans gewartet haben. Endlich einmal wieder gibt es handgezeichnete Spielgrafik in Bestform. Möchte man die Hintergrundgrafiken im Spiel beschreiben, fehlen fast die Worte, so atemberaubend schön ist das Ambiente. Die Insel verfügt über viele verschiedene Orte, die sich teilweise stark voneinander unterscheiden. Erreicht Sunny am Anfang des Spiels einen sonnigen Sandstrand, entdeckt sie später auch Orte wie eine dunkle Mine, eine Vulkan-Opferstätte oder ein altes Voodoo-Dorf. Eines haben die Ortschaften aber gemein: Man kann sich kaum satt sehen von der Schönheit derselbigen. Schon im Eröffnungsscreen wird klar: Da hat jemand gute Arbeit geleistet. Der Sandstrand wirkt traumhaft in Szene gesetzt und überall gibt es kleine Animationen wie Schmetterlinge, plätscherndes Wasser oder aufgewirbelten Sand. Die restliche Insel steht dem in nichts nach. Die Orte sind abwechslungsreich, interessant und übertreffen sich an Detailverliebtheit. Und überall warten kleine Besonderheiten darauf, entdeckt zu werden. Gerätschaften, die gar nicht wirklich auf die Insel passen oder Bilder bekannter Personen. An fast jeder Ecke kreucht und fleucht es, dreht sich ein Windrad oder lodert ein Feuer. Einige dieser Hintergrundanimationen sind Echtzeit-3D berechnet (beispielsweise wabernde Vorhänge oder große Wasserflächen), was den Hintergründen einen gewissen Eindruck von Tiefe verleiht. Und als wäre das nicht genug, wechselt in der Mitte des Spiels auch noch die Tageszeit auf Nacht und präsentiert die meisten Hintergründe in einer zweiten, nicht minder schönen, von Lampions, Glühwürmchen oder Lavaströmen ausgeleuchteten Version. Fantastisch! Betrachtet man nur die Hintergründe, kann selbst ein Runaway nicht mithalten.

Weniger fantastisch sind allerdings die Charaktere an sich. Die durch eine 3D-Engine eingebundenen Objekte glänzen nicht gerade durch Detailreichtum oder tolle Animationen. Sie sind in Ordnung, mehr aber auch nicht. Im Gegensatz zur restlichen Grafik wirken sie ein wenig aufgesetzt. Hier wären ebenfalls handgezeichnete und weich animierte Sprites ein deutliches Plus gewesen. An manchen Stellen kommt es außerdem zu Clippingfehlern. Perfekt wäre hier die Verwendung der Zeichnungen der Charaktere aus den Artworks zur Geltung gekommen, die z.B. auf den Ladebildschirmen eingeblendet werden.

Ein weiterer kleiner Wermutstropfen sind Animationen, auf die man aktiv eingreifen kann, also zum Beispiel des Öffnen einer Tür. Sie sind oft gar nicht vorhanden. Bewegt sich ein Charakter im Spiel durch eine Tür, verschwindet diese entweder gänzlich (mit einem passenden Sound belegt) oder der Bildschirm wird kurz schwarz, blendet dann wieder ein und der Charakter steht plötzlich vor der Tür. Dieses Verhalten fällt besonders am Anfang des Spiels auf und wird mit der Zeit weniger.

Das tut dem Gesamtbild aber nur wenig Abbruch. Grafikfetischisten, die gerne handgezeichnete Grafiken sehen und vom vorgerenderten 3D-Einheitsbrei die Nase voll haben, kommen voll auf ihre Kosten. Geschmackssache sind die Zwischensequenzen. Hier gibt es fast ausschließlich gezeichnete Comicstrips, die an bestimmten Schlüsselstellen die Geschichte weitererzählen. Diese sind nicht im Stil des restlichen Spiels gestaltet, sondern eher an Animes angelehnt. Das mag eine Stilentscheidung gewesen sein, wirkt aber eher so, als hätte man schnell noch ein paar Konzeptzeichnungen eingescannt weil keine Mittel für ""richtige"" Zwischensequenzen mehr übrig waren.

Endlosplatte

Ganz anders sieht es bei der Musikuntermalung aus. Das ganze Spiel über leiert das immer gleiche Musikstück in keinerlei Variation vor sich hin. Was am Anfang wirklich zur Stimmung passt, nervt mit der Zeit nur noch. Noch nicht einmal spannende Szenen wie eine Explosion oder eine Entführung sind musikalisch in Szene gesetzt. Dabei geht viel Atmosphäre verloren.

Auch die Soundkulisse sticht nicht durch übermäßige Qualität hervor. Zwar sind die meisten Aktionen mit Sounds hinterlegt und auch auf korrekte Laufgeräusche wurde geachtet; was aber überwiegend fehlt, sind passende Umgebungsgeräusche zum Beispiel im Dschungel oder an einem Flusslauf.

Übersetzung und Vertonung

Die Übersetzung aus dem Englischen ist überwiegend gut gelungen und auch der Humor ist erhalten geblieben bzw. eingedeutscht worden. Die Charaktere wurden in den meisten Fällen mit passenden Synchronsprechern besetzt, die ihre Arbeit sehr gut machen. Die Stimmen wirken motiviert, setzen Betonungen richtig und passen immer zum jeweiligen Kontext im Spiel. Das trifft vor allem auch auf Sunny zu, der man die leicht eingebildete und naive Blondine sofort abnimmt. Die Auswahl der Sprecher ist hochkarätig: Sunny wird von Gabrielle Pietermann gesprochen, die vielen wohl aus den Harry-Potter-Filmen (Hermine Granger) bekannt ist. Mit von der Partie sind außerdem Christine Pappert (u.a. Carrie aus King of Queens) als Sprecherin für Captain Morgane, Thomas Karallus (u.a. Doug Heffernanaus King of Queens) als Sprecher für Barkeeper Vasco oder Tim Knauer (Lindenstraße) als Sprecher des Schiffmalers Pablo.

Schwierige Aufgaben

Wie alles andere ist auch das Rätseldesign in So Blonde sehr klassisch. Der Spieler muss in den meisten Fällen logische Kombinations- und Inventarrätsel lösen, die im Schwierigkeitsgrad von ""Anfänger"" bis zu ""Adventurenerd"" variieren. Hier und da gibt es auch ein Schalterrätsel der einfacheren Art zu bestehen. Abwechslung bieten die zahlreichen Minispiele, die im Stil alter Spielhallen-Klassiker wie Space Invaders in die Geschichte verwoben wurden und kurzweilige Abwechslung bieten. Und wer keine Lust hat, diese zu spielen, kann sie einfach automatisch gewinnen. Dafür erntet man zwar Buhrufe, weitere Negativfolgen sind jedoch nicht zu befürchten.

Positiv fällt auf, dass Rätsel nicht streng linear gelöst werden müssen, sondern dass kleinere Handlungsstränge parallel laufen. Der rote Faden im Hintergrund ist zwar spürbar, die Möglichkeit, Rätsel in der Reihenfolge zu lösen, die einem logisch erscheint gefällt aber. Wegen der vielen Hotspots ist es nicht möglich, einfach alles mit allem auszuprobieren - Köpfchen ist deswegen gefragt. Erschwerend kommt hinzu, dass immer relativ viele Orte betretbar sind und man nicht immer genau weiß, wo Aufgaben zu erledigen sind. An manchen Stellen gibt Sunny jedoch Tipps, was ihr als nächster Handlungsschritt logisch erschiene.

Für Ungeduldige wurde der mittlerweile fast schon obligatorische Snoopkey eingebaut, der auf Tastendruck alle möglichen Hotspots anzeigt. Dieser kann im Optionsmenü auch deaktiviert werden, damit Spieler sich vor sich selbs schützen können. Hieraus ergeben sich aber zwei Probleme. Erstens sind manche Beschriftungen nicht korrekt platziert, das heißt, dass der tatsächliche Hotspot an einer anderen Position zu finden ist als angezeigt. Zweitens kommt es mehrmals im Spiel vor, dass man Gegenstände nicht direkt sieht, sondern diese nur durch den Snoopkey oder stupides Absuchen des Bildschirms findet, zum Beispiel wenn der Gegenstand hinter einem Holzbrett liegt, hinter dem auch Sunny steht.

Steuerung

Bei der Steuerung setzt So Blonde auf alte Tugenden. So gibt es nicht nur die Möglichkeit, mit Gegenständen zu interagieren, sondern eine Wahlmöglichkeit zwischen Betrachten, Benutzen/Nehmen und Sprechen. Das Inventar ist am unteren Bildschirmrand angesiedelt und füllt sich im Spielverlauf mit zahlreichen Objekten. Kombiniert wird, indem Gegenstände aufeinander oder auf Hotspots gezogen werden. Hier gibt es leider einen kleinen Bug: Will man einen Gegenstand mit einem Hotspot benutzen, beschreibt Sunny diesen Hotspot erst einmal, unabhängig davon, ob man sich den Hotspot vorher schon mit dem Betrachten-Symbol angesehen hat. Man hört die Beschreibung also immer doppelt. Um dann tatsächlich zu kombinieren, muss man noch einmal klicken.

Hotspots sind sehr zahlreich vorhanden. Die meisten dienen nur dazu, die Umgebung zu beschreiben und sind so gut wie immer mit sinnvollen Texten hinterlegt. Dies lässt das Spiel sehr interaktiv und die Umgebung lebendig wirken. Mit einem Doppelklick fängt Sunny an zu rennen bzw. springt sofort zum Ausgang. Was wir schon in unserer Vorschau vor knapp drei Monaten befürchtet hatten, wurde leider zur Wahrheit: Die im Spielverlauf freispielbare Karte der Insel wurde nicht interaktiv gestaltet. Dabei kommt es aber häufig vor, dass Sunny quer über die gesamte Insel und wieder zurück wandern muss, um bestimmte Aufgaben zu erledigen. Erschwert wird dieser Umstand dadurch, dass einerseits die Ausgänge nicht immer sofort im Bildschirm zu sehen sind (sondern erst gescrollt werden muss) und andererseits die Ladezeit zwischen jedem einzelnen Bildschirm sehr hoch sind. Je mehr Charaktere auf dem nächsten Bildschirm zu sehen sind, desto länger dauert der Wechsel zwischen den Schauplätzen. Ein am anderen Ende der Insel vergessener Gegenstand wird so im späteren Spielverlauf zur Tortur, in der das Spielgeschehen unnötig gebremst wird.

Dialoge laufen im Multiple-Choice-Verfahren ab, wobei die Reihenfolge der gewählten Optionen egal ist. Die meisten Gespräche lassen sich auch wiederholen, als hätten sie nie stattgefunden. Leider gibt es während Gesprächen auch keine Nahaufnahmen oder ähnliches, die das Spiel cineastischer hätten Wirken lassen.

Fazit

So Blonde bereitet Spaß, Kopfzerbrechen und macht dabei vieles richtig - aber nicht alles. In Sachen gezeichnete 2D-Hintergründe im Comicstil und deren Animation dürfte So Blonde zur Referenz aufsteigen. Die Sound- und Musikkulisse ist dafür, die schöne Sprachausgabe ausgenommen, nicht wirklich gelungen. Die Hintergrundsounds sind in Ordnung, die permanent gleiche Musikuntermalung nervt aber. Die Rätsel gehören zu den anspruchsvollsten der letzten Zeit und machen zusätzlich Spaß, da sie nicht komplett linear ablaufen. Die Steuerung an sich ist gelungen und insbesondere die vielen anklickbaren Objekte lassen den Spieler tief in die Inselwelt eintauchen. Nur die nicht vorhandende interaktive Karte ist extrem ärgerlich. Die langen Laufwege über die Insel, die im Spielverlauf häufiger werden da der Schwierigkeitsgrad der Rätsel steigt, sind ein einziges Ärgernis. Der Humor ist zwar sicherlich Geschmackssache, dürfte aber nicht zuletzt aufgrund der gut ausgearbeiteten Dialoge die Nerven vieler Adventureliebhaber treffen. Einzig und allein die Geschichte wirkt ein ganz klein wenig zu unrealistisch und aufgesetzt. Aber das ist letztendlich auch egal, bei So Blonde ist definitiv der Weg das Ziel und nicht ein furioses Finale. Wer auf klassische Adventurekost in traditioneller Point-&-Click-Manier steht, kommt an Sunny nicht vorbei.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Wer bei So Blonde mit einem seichten Adventure mit Lula-3D-Anleihen und einem Partygirl wie Paris Hilton in der Hauptrolle gerechnet hatte, liegt vollkommen falsch. Sunny Blonde scheint zwar dieser Welt nicht abgeneigt zu sein, aber sie entwickelt sehr schnell ein beachtliches Pensum an Überlebenswillen und Schlagfertigkeit. Und das ist keinesfalls selbstverständlich, schaut man sich die prekäre Lage an, in der sie sich befindet: Von einem Moment auf den anderen verschlägt es sie von einem Luxusliner auf eine einsame Pirateninsel, in der die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Überraschenderweise fällt es ihr nicht schwer, den Inselbewohnern klarzumachen, wer sie ist und sich ihnen gegenüber durchzusetzen. Und so entwickelt sich mit der Zeit ein sehr spannendes Adventure, in dem es um sehr viel mehr geht als um ein kleines Modepüppchen, das zurück zu Mami möchte. Auch wenn mich die Geschichte nicht ganz überzeugt und das Ende sogar ein bisschen enttäuscht hat, so schafft es So Blonde doch, recht weit nach oben in meiner persönlichen Favoritenliste aufzusteigen. Und Sunny schafft es, sich in mein Herz zu plappern. Auch technisch macht das Spiel vieles richtig, aber auch einiges falsch. Zur Grafik gibt es nicht viel mehr zu sagen, sie ist abgesehen von kleineren Mängeln toll und auch von der Vertonung bin ich nicht enttäuscht worden, obwohl die englische Fassung die Messlatte schon recht hoch gelegt hatte. Warum aber keine vernünftige Kartenfunktion eingebaut wurde, ist mir schleierhaft. Das Durchqueren der immer gleichen Locations nervt mit der Zeit einfach, so schön sie auch sein mögen. Und dass ein Soundtrack, der nur aus einem immer wieder wiederholten Titel besteht (situationsunabhängig), die Atmosphäre dämpft, ist auch kein Geheimnis.

Nichtsdestotrotz ist bei diesem Adventure auch die Längenangabe nicht völlig aus der Luft gegriffen. Die andernorts völlig erfundenen 20 Stunden könnten durchaus Realität werden; zumindest dürften auch sehr geübte Spieler im zweistelligen Stundenbereich liegen. Ein wenig enttäuscht bin ich, dass sich seit der Vorschauversion, die ich im Dezember gespielt habe, mit Ausnahme der Lokalisation nicht mehr viel getan hat. Wären die paar Ungereimtheiten ausgemerzt worden, So Blonde hätte durchaus noch ein paar Prozentpunkte höher liegen und zum Tophit aufsteigen können. Trotz aller Kritikpunkte ist So Blonde aber auf jeden Fall den Kaufpreis wert. Über eine Fortsetzung mit Sunny oder zumindest weitere Titel vom Entwickler Wizarbox würde ich mich freuen.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • handgezeichnete Comicgrafik
  • knackige, nicht komplett lineare Rätsel
  • gelungene Lokalisation
  • hohe Spielzeit
  • große Spielwelt mit vielen Interaktionsmöglichkeiten
  • langweilige Musikuntermalung
  • detailarme Charaktere
  • lange Laufwege/nicht vorhandene Karte
  • lange Ladezeiten