Test

von  Gianni
28.02.2009
Die Kunst des Mordens 2
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch

City Interactive bleibt seiner Agentin Nicole Bonnet treu: Rund 13 Monate nach Die Kunst des Mordens - Geheimakte FBI schickt der polnische Entwickler die adrette FBI-Ermittlerin erneut auf gefährliche Verbrecherjagd. Dabei sind keinerlei Kenntnisse aus dem Vorgänger nötig, denn bei Der Marionettenspieler handelt es sich um einen eigenständigen Fall ohne merklichen Bezug zum Serien-Erstling.

Kranker Killer Reloaded

Schon eine ganze Weile hält der Serienmörder, der seine Opfer jedes Mal auf dieselbe perverse Weise porträtiert, gleich einer Marionette unter Zuhilfenahme von Haken und Seilen an den Gliedmaßen aufgehängt, das FBI auf Trab. Neben den „kunstvoll“ zugerichteten Leichen hinterlässt er zudem jeweils eine kleine, adrett gekleidete Holzpuppe. Seine aktuelle Spur führt nach Europa, in die französische Hauptstadt Paris. Von da an liegt es an Nicole Bonnet und somit am Spieler, die Pläne des Marionettenspielers zu durchkreuzen. Dies entpuppt sich schnell als Katz-und-Maus-Spiel, der Killer scheint Nicole immer einen Schritt voraus zu sein. Da die französische Polizei sie alles andere als unterstützt und gar bittet Paris zu verlassen, beschließt sie auf eigene Faust zu ermitteln, was die Sache nicht gerade einfacher macht.

Apropos einfach: was den Schwierigkeitsgrad angeht, ist Die Kunst des Mordens 2 unter den mittelschweren Genre-Vertretern einzuordnen. Im Großen und Ganzen erwartet den Spieler eine ausgewogene Mischung aus leichten und fordernden Spielabschnitten. Egal ob ein Polizist abgelenkt werden muss, um heimlich seinen Dienstwagen zu sabotieren oder die Reparatur eines Motorrades ansteht, um von einem Tatort zu flüchten, an Rätseln, für deren Lösung man auch mal ein wenig Hirnschmalz investieren muss, mangelt es nicht. Daran verzweifeln, dürften allerdings nur die wenigsten. Items zu übersehen gehört durch den obligatorischen Snoop-Key sowieso der Vergangenheit an. Eintönig wird Nicoles Kriminalfall auch nicht in Hinsicht auf die zahlreichen Schauplätze, die sie im Verlauf des Spiels untersucht. Die Ermittlungen führen sie neben dem nächtlichen Paris, wo sie sogar die Umkleide des berühmten Moulin Rouge unsicher macht, unter anderem auch in ein verschlafenes Örtchen des spanischen Grenzlandes und in das weit entfernte Kuba.

Auch die bereits angesprochenen Rätsel versprechen Abwechslung. So ist neben klassischer Spurensuche am Tatort, wo nach jedem Mord Indizien gesucht, Fingerabdrücke entnommen und Fotos gemacht werden, auch allerlei klassische Rätselkost mit an Bord. Im Inventar untersucht ihr daher aufgenommene Items und kombiniert diese bei Bedarf, um sie an anderer Stelle einzusetzen. Öfters könnt ihr Hotspots näher untersuchen, dann wechselt die Kamera in eine detailliertere Nahansicht. Selbstredend geht Nicole auch dieses Mal nicht ohne Notizbuch und Smartphone aus dem Haus, mittels letzterem hält sie ihren Chef im FBI-Hauptquartier auf dem Laufenden. Manche Rätsel setzen euch zusätzlich mit einem heruntertickenden Timer unter Zeitdruck. Die betreffenden Kopfnüsse sind jedoch gut nachvollziehbar, zum Beispiel muss an einem porösen Reifen die undichte Stelle gefunden werden, bevor die zuvor aufgefüllte Luft entfleucht.

Die Kunst der Rhetorik

Unglücklicherweise bleibt die Logik dann doch das eine oder andere Mal auf der Strecke. Das äußert sich nur selten in den Rätseln, häufig jedoch in den oberflächlichen Dialogen, die sich durchs ganze Spiel ziehen und immer wieder die ansonsten ausgezeichnete Atmosphäre negativ beeinträchtigen. Nachfolgend ein Beispiel auf das beides zutrifft. In einem spanischen Pyrenäendorf gilt es an einer Stelle Fotos zu entwickeln, um eine Person von eurer Story zu überzeugen. Dummerweise seid ihr knapp bei Kasse und könnt den Ladenbesitzer nicht für seine Dienstleistung bezahlen. Dieser verlangt stolze 68 Euro für den Ausdruck einer Handvoll Digitalfotos, die ihr zuvor geschossen habt. Verzweifelte Situationen erfordern verzweifelte Mittel: Nicole fischt aus einem Brunnen genügend Kleingeld, um ihr Glück am Spielautomaten des Ladenbesitzers zu versuchen. Tatsächlich gewinnt ihr nach ein paar Versuchen die benötigte Kohle und übergebt sie dem Wucherer, woraufhin dieser sich sinngemäß darüber beschwert, wo ihr so lange gesteckt habt – dabei stand Nicole keine zwei Meter von ihm entfernt am Einarmigen Banditen. Zugegeben, das ist nur eine Kleinigkeit, die sich im Spielverlauf aber häufen und einen permanenten Beigeschmack hinterlassen.

Licht und Schatten

Generell habt ihr bei der Dialogführung keinerlei Spielraum, man muss einfach alle Optionen nacheinander anklicken und die teils kargen Gespräche über sich ergehen lassen, in denen nicht selten Einzeiler an Einzeiler gereiht wird und sich die Charaktere zu prophetischen Schlussfolgerungen hinreißen lassen. Warum man nicht etwas mehr Engagement ins Storytelling investiert, ist uns ein Rätsel, schließlich beweist man bei City Interactive ja auch ein gutes Händchen bei den Zwischensequenzen, die geschickt eingestreut werden und wichtigen Ereignissen eine extra Portion Dramatik verleihen. Insgesamt hinterlässt die Optik einen überdurchschnittlichen Gesamteindruck, wozu die bereits angesprochenen Cutscenes ihren Teil beitragen, vor allem aber die detaillierten Renderhintergründe, die insbesondere durch ihr üppiges Interieur und hervorragende Licht- und Schatteneffekte gefallen. Zwar hätten sie ein paar mehr Animationen vertragen können, nichtsdestotrotz entsteht angesichts der überwiegend dunklen Schauplätze und mystisch angehauchten Story eine wunderbar düstere Atmosphäre. Nicole selbst bewegt sich geschmeidig durch die Szenerie und auch ihre NPC-Kollegen stehen ihr da in nichts nach. Besitzer großer Breitbilddiagonalen schauen in die Röhre, Der Marionettenspieler unterstützt nur 1024x768 als einzige Auflösung, wodurch die Grafikpracht doch etwas gemildert wird, je nach Skalierungsfähigkeit eures Monitors aber trotzdem noch ansehnlich bleibt.

Kaum etwas getan hat sich im Vergleich zu Geheimakte FBI bei den Kommentaren zu Items und deren Anwendung. Nach wie vor gibt Nicole einen der wenigen Standardsprüche nach dem Zufallsprinzip zum Besten. Zu unfreiwilliger Komik verhelfen Übersetzungsfehler, etwa wenn Agentin Bonnet sinnlose Aktionen mit einem trockenen „Das nennt man Versuch und Irrtum“ kommentiert oder zum wiederholten Male auf einen „Infoständer“ trifft – offensichtlich vergessene Platzhalter, an denen im fertigen Spiel eigentlich die korrekte Gegenstandsbezeichnung hätte stehen sollen.

Im Gegensatz zu den eben genannten Unzulänglichkeiten steht die Qualität der Sprecher, gerade die Stimme Nicole Bonnets besitzt genügend Potenzial. Schade, dass es nur minimal ausgeschöpft wird. Desweiteren hebt sich auf akustischer Seite die immer passende Hintergrundmusik hervor, die von ruhigen Klavierklängen dominiert wird, passend zum Geschehen am Bildschirm aber auch ins Bedrohliche abdriftet.

Fazit

Die Kunst des Mordens 2 übernimmt die positiven Aspekte des Vorgängers und macht darüberhinaus auch einige Kleinigkeiten besser. So stehen auf der Haben-Seite eine tadellose Point-and-Click-Steuerung, die spannende Story gestützt von der düsteren Stimmung und sauberen Optik, abwechslungsreiche Rätsel respektive Schauplätze sowie die melancholische Soundkulisse. Grund zum Meckern gibt es dennoch genug. Kann man über die Tatsache, dass ein paar Rätsel arg konstruiert wirken noch hinwegsehen, schmälern die häufig tumben Gespräche das sonst bravourös eingefangene Krimi-Flair immens. Und sind wir mal ehrlich: Was wären Columbo, Scully, Mulder und Konsorten ohne intelligente, geistreiche Schlussfolgerungen und Dialoge? Richtig, höchstens halb so spannend.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Getreu dem Motto „Aller Guten Dinge sind drei“ erhoffe ich mir für den nächsten Ausflug Nicole Bonnets endlich die richtige Würze in den Dialogen, hier besteht nämlich dringend Verbesserungsbedarf. Sonst macht Die Kunst des Mordens 2 kaum etwas gravierend falsch, richtig gut wirds, von der technischen Seite einmal abgesehen, trotzdem nicht. Noch eine Anmerkung zum Schluss: Liebe Entwickler, 1024x768 als einzige Auflösung ist doch etwas mager, gerade im Zeitalter günstiger Breitbild TFTs.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • schöne Soundkulisse
  • atmosphärisch dicht
  • spannende Geschichte
  • flache Dialoge mit...
  • ...Logiklöchern
  • manche Rätsel zu konstruiert