Dank der markanten Optik und dem ungewöhnlichen Gameplay-Mix aus Adventure und Puzzlespiel ist die Goblins-Trilogie, die Anfang der 90er erschien, vielen noch heute ein Begriff. Schon damals war es der Franzose Pierre Gilhodes, der der Lizenz künstlerisch seinen Stempel aufdrückte. Eine Lizenz, die ihrem Schöpfer offenbar sehr am Herzen liegt, denn jetzt hat er der Serie beinahe im Alleingang einen vierten Teil hinzugefügt.
In Gobliiins 4 kehrt Gilhodes zu den Wurzeln zurück, denn wie im ersten Teil steuert man drei Figuren, die zwar andere Namen tragen, beim Lösen der Rätsel jedoch dieselben Funktionen haben wie schon 1991. Wichtigster Spielercharakter ist Tchoup, der als einziger ein Inventar besitzt und Objekte mit seiner Umgebung kombinieren kann. Perlius hat magische Kräfte und kann beispielsweise Dinge schweben lassen oder anderweitig übernatürlich beeinflussen. Stucco ist der Grobian im Team: Er schreitet zur Tat, wenn irgendwo rohe Gewalt vonnöten ist.
Unterwegs ist das Team im Auftrag von König Balderon VIII. Dessen Erdferkel Riri ist spurlos verschwunden und es ist an Tchoup, Perlius und Stucco, die Fährte des Fantasiewesens aufzunehmen und quer durch die bunte Goblinwelt zu verfolgen. Wer die Vorgänger kennt, dürfte kaum überrascht sein, dass damit die Geschichte erschöpfend zusammengefasst ist. Hier geht es eben nicht um die Story, sondern um die Rätsel.
Und die kommen in Häppchen. Denn anders als im gewöhnlichen Wald-und-Wiesen-Adventure darf man nicht mehrere Schauplätze bereisen, um mal hier, mal da weiterzukommen. Stattdessen verharrt man in einem einzelnen, prall mit Aufgaben gefüllten Screen, bis dort alles erledigt ist. Erst dann geht es ins nächste „Level“. Für Nostalgiker gibt es dann auch ein Passwort, mit dem man jederzeit eine bestimmte Stelle anspringen kann. Praktisch merkt sich das Spiel aber auch den Fortschritt, sodass man sich die Buchstabenkolonnen nicht unbedingt notieren muss.
Die Rätseldichte ist dem Konzept entsprechend hoch angesetzt. Das funktioniert deswegen gut, weil in der schrägen Fantasywelt von Gobliiins 4 Plausibilität keine Rolle spielt. Wieso bewacht die Spinne den Schlüssel? Und was macht der befestigte Untergrund auf dem Schildkrötenpanzer? Alles egal, Hauptsache, die Rätsel funktionieren.
Die Aufgaben sind durchaus vielfältig konstruiert, hin und wieder kann man ihnen sogar richtige Raffinesse zuschreiben. Leider reicht die Vielfalt der Ideen aber nicht, um die ganze Spielzeit über Neues hervorzubringen. Gewisse Elemente tauchen immer wieder auf, sodass einige Abläufe zur Routine werden. Findet man befestigten Untergrund ist schnell klar, dass hier die ausfahrbare Leiter hingestellt werden muss, die nach dem Einsammeln das ganze Spiel über im Inventar bleibt. Auf Schrägen müssen immer wieder flache Steine gelegt werden und herumliegende Samen werden immer wieder mit lockerer Erde kombiniert.
Komfortfunktionen sucht man vergebens. Hotspots lassen sich genauso wenig hervorheben wie sich Laufwege abkürzen lassen. Beides fällt aber kaum ins Gewicht, da man sowieso sehr lange in den einzelnen Bildschirmen verharrt und dabei auch kleine Objekte irgendwann entdeckt.
Nett: Wer besonders fleißig rätselt und in jedem Bild den optionalen Goldzahn findet, der wird kurz vor Schluss mit einem Bonuslevel belohnt. Auch dann ist der Gesamtumfang allerdings zu klein: Die 16 Bildschirme sind in 5-7 Stunden durchgerätselt.
Wer sich die Screenshots schon angesehen hat, wird gemerkt haben, dass optisch nicht viel zu erwarten ist. Die Szenen sind mit recht einfachen Mitteln zusammengerendert, ohne viel Charme zu entwickeln. Die Goblins selbst und einige Objekte in der Umgebung werden in sprödem Echtzeit-3D dargestellt, das nicht gerade vor Polygonen oder zumindest hübscher Texturen strotzt.
Doch wo Schatten ist, da ist auch Licht. Ein Markenzeichen der Goblins war schon immer ihre reichhaltige Animation. Ständig haben sie Grimassen gezogen, sich bizarr verbogen oder andere knuffige Dinge getan, die das Auge für gelungene Aktionen belohnen. Und hier hat sich Pierre Gilhodes auch im vierten Teil nicht lumpen lassen. So grobschlächtig die Spielfiguren auch wirken, so gelenkig sind sie umgesetzt. Jede einzelne Interaktion wird durch eine eigene Animation dargestellt.
Musikalisch serviert das Spiel simple, aber gefällige Kompositionen, die gerade dann, wenn es mal wieder länger dauert, durch die ständige Wiederholung nervig werden können. Sprachausgabe gibt es keine, denn die Goblins reden in einer Fantasiesprache, die lediglich deutsch untertitelt ist. Ein guter Trick, um die Kosten für Lokalisierungen zu drücken, atmosphärisch aber natürlich suboptimal. Auch zwischen den Leveln wird die Alibistory durch Texttafeln weitergesponnen.
Ein bisschen wirkt Gobliiins 4 so, als hätte Schöpfer Pierre Gilhodes vergeblich versucht, ein größeres Projekt zu finanzieren, um dann aufzugeben und es fast im Alleingang auf die Beine zu stellen. Herausgekommen ist eine Fortsetzung der Klassiker-Trilogie, die zwar kein Reinfall, insgesamt aber doch recht schwach auf der Brust ist. Angesichts des geringen Umfangs und der Tatsache, dass einige kostenlose Hobbyprojekte schon hübscher umgesetzt wurden, fragt man sich, ob hier 30 Euro wirklich gerechtfertigt sind.
Doch wer das Konzept schon in den 90ern mochte und nach Ansicht der Bildschirmfotos noch nicht blutenden Auges seinen Monitor zertrümmert hat, der verbringt auch im vierten Teil wieder ein paar nette Rätselstunden mit dem witzig animierten Zwergen-Triumvirat.
Schade, dass niemand das Projekt für so aussichtsreich hielt, dass er Pierre Gilhodes mehr Ressourcen zur Verfügung gestellt hätte. Denn Potenzial hat das Konzept allemal, besonders für Knobelfans. Die beinahe amateurhafte Präsentation und der geringe Umfang schaden dem Endprodukt aber merklich.
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