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Test

von  Hans Frank
04.11.2009
Die Rückkehr zur geheimnisvollen Insel 2
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch

Fünf Jahre nach dem Release des ersten Teils führen die Kheops Studios den Spieler nach ein paar Abstechern unter anderem nach Frankreich, Ägypten und einem anderen verlassenen Eiland zurück zu jener geheimnisvollen Insel, von der er Protagonistin, Mina schon im Jahre 2004 retten sollte. Damals war Mina während einer Segelregatta auf Grund eines Unwetters dort gestrandet. Die Produktivität von Kheops ist wohl fast einzigartig, veröffentlichen die Franzosen doch teilweise mehrere Spiele pro Jahr, die sich inhaltlich aber stark unterscheiden und meist gut zu unterhalten wissen. Doch kann das auch mit einer Spielefortsetzung zur Fortsetzung eines Fortsetzungsromans aus der Feder von Jules Verne klappen, der als Klassiker gilt?

Missglückte Rettung

Eigentlich dachte Hauptdarstellerin Mina es sei alles in Ordnung, als sie endlich an Bord des Helikopters war, der die lange ersehnte Rettung von der Insel darstellte. Doch falsch gedacht. Kurz nach dem Verlassen der Insel stürzt das Fluggerät, getroffen von einem Feuerball, ab und sinkt zu allem Überfluss auch noch auf den Meeresboden. Glück im Unglück: Die Flugkabine scheint wasserdicht zu sein, und auch wenn Mina bewusstlos und der Pilot tot ist, ist da immer noch Minas kleiner Freund Jep, seines Zeichen Affe, und schon im Vorgänger vertrauter Bekannter unser Protagonistin.

Besagter Affe zaudert nicht lange, bringt sich und Mina an das rettende Ufer und versorgt seine Mentorin erst einmal medizinisch. Dabei erkundet der Spieler schon ein wenig die Umgebung und löst die ersten Rätsel. Nachdem Mina wieder fit ist, schafft sie es, einen abgestüzten Roboter zu reparieren und erfährt, dass die Insel kurz vor ihrem Untergang steht. Wird Mina es schaffen, den bevorstehenden Vulkanausbruch zu verhindern und auch die anderen seltsamen Gegebenheiten, wie eine seltsame Krankheit, die sich über die Insel auszubreiten scheint, aufzudecken?

Eine große Neuerung hätten wir damit schon erwähnt. Es ist möglich, zwei unterschiedliche Charaktere zu spielen, wobei Affe Jep natürlich eher eine Nebenrolle einnimmt. Einige Rätsel lassen sich aber ohne seine Hilfe nicht lösen und es ist je nach Situation möglich, zwischen Jep und Nina zu wechseln. Die Unterhaltungen mit Jep beschränken sich zwar auf einfache Gefühlsregungen wie Zufriedenheit, Ärger oder Besorgnis, dafür hat der kleine Affe ein paar andere entscheidende Vorteile. Nur ihm ist es zum Beispiel möglich, mit den anderen Tieren der Insel zu kommunizieren. Seine Körpergröße und Agilität erlauben es ihm außerdem, Orte zu erreichen, zu denen Mina keinen Zugang hat. Und auch sein feiner Geruchssinn bringt im Spiel manchmal den entscheidenden Vorteil. Außerdem hat man durch die Spielbarkeit des kleinen behaarten Freundes auch einmal die Möglichkeit, Mina in Aktion zu erleben, was ansonsten auf Grund der Egoperspektive eher selten vorkommt. Interessantes Detail am Rande: Auch die Kamera- beziehungsweise Augenhöhe unterscheidet sich beim Wechsel der beiden Charaktere. Bei Jep ist das Augenpaar naturgemäß näher am Boden angesiedelt, weshalb ihm auch einige Details in dieser Region auffallen, die Mina verborgen bleiben. Schade ist, dass die gerade nicht aktive Figur einfach dort zurückbleibt, wo zwischen den beiden Charaktern gewechselt wurde. Dies führt dazu, dass man zum erneuten Wechsel den entsprechenden Schauplatz wieder aufsuchen muss, weil man die Figur dazu anklicken muss und nicht etwa Funktionsbuttons dafür zur Verfügung stehen.

So kämpfen sich Mina und Jep durch ein großes Abenteuer und versuchen, die Insel und letztendlich auch sich selbst vor der Zerstörung zu bewahren. Dabei gibt es immer wieder unvorhersehbare Wendungen in der Erzählung, so dass die Spannung und die Motivation zum Weiterspielen bis zum Abspann erhalten bleiben. An manchen Stellen wird die Geschichte aber auch ein wenig abwegig und wirkt arg konstruiert. Das fällt spätestens dann auf, wenn sich in das Grundgerüst der Geschichte rund um Captain Nemo und seine Nautilus moderne Science-Fiction-Elemente mischen, die einfach deplatziert wirken.

Es ist im Übrigen kein Problem, wenn man den ersten Teil der Rückkehr zur geheimnisvollen Insel nicht gespielt hat. Falls doch versteht man dann wahrscheinlich ein paar Gegebenheiten besser, alles zum Gesamtverständnis Wichtige wird aber auch noch einmal erzählt. Optional kann man sich auch eine kurze Zusammenfassung des ersten Teils ansehen.

Lost

Auch wenn Mina sich schon auf der Insel auskennt, so begegnen ihr doch immer neue Probleme. Viele Rätsel lassen sich durch geschickte Kombination einzelner Gegenstände im Inventar lösen, das Platz für dutzende Dinge bietet. Einen relativ großen Anteil an Knobeleien nehmen auch Schalter- und Logikrätsel ein, wo es dann zum Beispiel darum geht, einen elektrischen Schaltkreis durch gezielte Manipulation den eigenen Wünschen entsprechend anzupassen. Hat man diese Art von Aufgabe einmal durchschaut, ist sie recht schnell zu lösen, aber doch unterhaltsam.

Des Weiteren haben ein paar kleine Minispiele ihren Weg auf die Insel gefunden, die zwar nicht zu schwierig, insgesamt aber zu häufig vertreten sind. So muss man mit Jep zum Beispiel durch geschicktes Klicken mit der Maus Ameisen aufsammeln, oder Früchte mit Steinen öffnen – ebenfalls durch zeitgenaues Klicken. Wem diese Abschnitte zu schwierig sind, der hat immer auch die Möglichkeit, in einen leichten Modus zu schalten, in dem die Anforderungen an die eigene Feinmotorik dann deutlich sinken – und zugleich auch der Punktestand im Spiel. Wie schon im ersten Teil haben nämlich auch ein Punktezähler sowie Balken, die die aktuelle Gesundheit der beiden Protagonisten anzeigen, wieder im Inventar Platz gefunden. Aber auch die Nutzung dieser ist geschickt in das Spielgeschehen verwoben. So muss Jep zum Beispiel am Anfang des Spiels einen Verband und Nahrungsmittel finden, um Mina wieder zu mobilisieren. Im Spielverlauf kommt es dann noch öfter vor, dass bestimmte Hindernisse nicht überwunden werden können, bis nicht ein gewisses Maß an Gesundheit vorhanden ist. Erstaunlich ist hier, dass die beiden Protagonisten trotz ihrer schlechten Situation bei der Nahrungsaufnahme wählerisch bleiben. So weigern sich sowohl Mina als auch Jep, das gleiche Essen mehrmals hintereinander zu konsumieren.

Insgesamt macht die Lösung der Rätsel im Spiel sehr viel Spaß und nimmt die meiste Zeit in Anspruch. Ob bei der Reparatur eines seltsamen Roboters, beim Vertreiben eines Jaguars oder beim Instandsetzen einer alten Abwehrvorrichtung – man ist immer gut beschäftigt und gespannt auf den nächsten Schritt. An bestimmten, gefährlichen Stellen im Spiel kann man auch sterben. Ist der Tod eingetreten, kann man die Situation einfach noch einmal spielen, bis man sie bestanden hat. Schön ist auch, dass das Spielgeschehen nicht komplett linear abläuft. Es existiert zwar ein roter Faden, verschiedene Rätsel können aber in selbst bestimmter Reihenfolge und auch auf unterschiedliche Art und Weise gelöst werden.

Wer im Besitz eines iPhones ist, kann im Übrigen bestimmte Rätsel auch auf dieses Smartphone laden, diese dann unterwegs lösen und wieder mit dem Spiel synchronisieren. Außerdem gibt es mit dem optional zu installierenden Kheops Studio Network die Möglichkeit, während des Spiels mit anderen Abenteurern zu chatten und sich so zum Beispiel über die Lösung einzelner Rätsel auszutauschen.

Tropeninsel

Wie bei Kheops-Adventures schon gewohnt spielt man auch diesmal aus der Egoperspektive, in der man sich per Maus frei durch vorgerenderte Hintergründe bewegen kann. Die Grafiken sind sehr detailliert, realistisch und eingängig gestaltet, das Spiel hätte allerdings ein paar Animationen mehr vertragen können. Außerdem liegen die Hintergründe nur in einer nicht mehr ganz zeitgemäßen Auflösung von 1024x768 Bildpunkten vor. Die vorhandenen Bewegungen der Hintergrundgrafik, zum Beispiel bewegte Blätter oder Wasser, sind aber sehr gelungen und gut integriert. Die Texturen sind sehr scharf und so lädt so mancher Rundum-Panoramablick auch einmal zum Verweilen auf der tropischen Insel ein. Auch die wenigen Charaktere sind schön gestaltet, deren Bewegungen mangelt es allerdings oftmals ein wenig an Realismus. Spielern des ersten Teils wird schnell auffallen, dass viele Lokalitäten des Vorgängers in einer verbesserten Version wiederverwendet wurden. Wie sollte es aber auch anders sein, die Geschichte spielt ja an denselben Orten. Aber auch neue Areale der Insel gibt es zu erkunden.

Ebenfalls Kheops-typisch gehalten sind die Zwischensequenzen. Hier gibt es nicht etwa bewegte Bilder, sondern lediglich Comicstrips, die die Geschichte weitererzählen. Diese sind grafisch zwar schön gestaltet, man hat aber trotzdem das Gefühl, es fehle noch etwas.

Karibische Klänge … oder nicht?

Was dem Adventure an Animation fehlt, das macht es mit der Soundkulisse wieder gut. Da zwitschern Vögel, in der Ferne rauscht das Meer und irgendwo hört man die Rufe eines Affen. Den Leoparden, der es auf einen abgesehen hat, hört man, bevor man ihn sieht. Diese atmosphärischen Klänge verleihen dem Spielgeschehen viel Tiefe und Authentizität. Weniger Spaß macht die kaum vorhandene und nur sporadisch eingespielte instrumentale Musikuntermalung, die zwar nicht stört, aber auch nichts Wesentliches zum Spielerlebnis beiträgt.

Die Synchronisation ist ebenfalls ordentlich, allerdings liegt hier sowieso kein wirklich dialoglastiges Spiel vor. Meistens lauscht man den Monologen Minas, und auch die Unterhaltungen mit Äffchen Jep erlauben nicht viel Tiefgang. Minas Sprecherin macht aber einen guten Job, Features wie Lippensynchronität sucht man jedoch vergebens.

Captain Nemo

Das Adventure wird komplett per Maus gesteuert. Die Ansicht ist meist dreh- und schwenkbar, bei Hotspots verändert sich der Mauszeiger. Man interagiert dann per Linksklick. Per Rechtsklick gelangt man in das Inventar, das den ganzen Bildschirm ausfüllt. Es bietet Zugriff auf knapp 130 Plätze, die sich unter sieben Reitern einreihen, die zum Sortieren der Gegenstände einladen. Möchte man einen Gegenstand mit einem Hotspot der Umgebung kombinieren, wählt man diesen aus und verlässt das Inventar. In einem kleinen Fenster am oberen Bildschirmrand wird der gewählte Gegenstand dann angezeigt. Ein wichtiges Feature des Spiels ist das Kombinieren von Dingen im Inventar, um andere nützliche Gegenstände herzustellen, die dann wiederum für die Lösung eines Rätsel verwendet werden können. Kombinieren und auch wieder zerlegen kann allerdings nur Mina, so dass man dafür Sorge tragen muss, diese Arbeit erledigt zu haben, bevor man mit dem Affen aufbricht. Einmal zusammengebaute Gegenstände können auch wieder zerlegt werden, wenn Einzelteile für die Erstellung anderer Hilfsmittel notwendig werden. Die Steuerung ist sehr intuitiv, die eingesetzten Symbole und Buttons selbsterklärend.

Gespräche werden über kleine Bildchen geführt, die lediglich die Grundhaltung dem Gesprächspartner gegenüber anzeigen. Eine Leiste zeigt dann dessen Zuneigung dem Spieler gegenüber an. So kommt es auch einmal vor, dass ein Gesprächspartner, der auch tierischer Natur sein kann, erst einmal beschwichtigt und umgarnt werden muss – auch mit materiellen Geschenken - bevor er eine Hilfe darstellt.

Hilfreich ist außerdem das Symbol, das beim Steuern von Jep am unteren Bildschirmrand auftaucht, wenn Gefahr lauert oder Gegenstände in der Nähe sind, die man noch nicht entdeckt hat. Relativ undurchschaubar dagegen ist das Punktesystem, weil nie so ganz klar ist, für welche Aktionen Credits gutgeschrieben werden und für welche nicht. Das ist etwas schade, da sonst auch die ganzen kleinen Aufgaben, die man erledigen kann aber nicht muss und die durchaus auch Spaß machen, noch ein bisschen mehr Gewicht bekommen hätten. Praktisch ist die Schnellreisefunktion, die lange Laufwege über die weit verzweigte Insel erspart und im späteren Spielverlauf verfügbar ist.

Über das Inventar ist außerdem eine Aufgabenliste abrufbar, in der auch schon gelöste Problemstellungen durchgestrichen dargestellt sind. Des Weiteren lassen sich dort auch alle geführten Dialoge noch einmal nachlesen und erhaltene Dokumente betrachten. Gespeichert werden kann fast immer und so oft man möchte.

Fazit

Die Rückkehr zur geheimnisvollen Insel 2 ist ein gelungener Nachfolger, der mit einer überraschenden Wendung das eigentlich abgeschlossene Ende des ersten Teils umgeht und zu einem spannenden zweiten Abenteuer auf der von Jules Vernes inspirierten Tropeninsel einlädt. Neuerungen im Gameplay, hier vor allem die direkte Steuerbarkeit des treuen äffischen Begleiters Jep, in Kombination mit der gewohnt gut funktionierenden Umgebung sorgen für viel Spielspaß, die teils knackigen Rätsel und die etwas zu häufig eingesetzten Minispieleinlagen beschäftigen auch erfahrene Adventurespieler einige Stunden. Ein wenig Kritik kann man an der teils zu abgehobenen, teils etwas konstruiert wirkenden Story und an kleineren technischen Schwächen wie den niedrig aufgelösten Hintergründen und fehlenden Animationen üben. Die Negativpunkte halten sich aber im Rahmen und werden durch die guten Seiten des Spiels überlagert.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Auch wenn die Entwickler viele Spiele nach dem immer wieder gleichen Schema veröffentlichen, so sind die inhaltlichen Parallelen zwischen den Adventures erstaunlicherweise noch immer sehr gering. Zuerst war ich ein wenig skeptisch, ob die Fortsetzung eines eigentlich abgeschlossenen Spiels – und dann auch noch im gleichen Setting – wirklich eine gute Idee sei. Nach dem Spielen bin ich davon überzeugt. Die Geschichte unterhält trotz einiger Mängel gut, das Lösen der unterschiedlichen Rätsel macht viel Spaß. Besonders gefallen hat mir hier auch die Möglichkeit, optionale Aufgaben zu lösen, die nicht direkt mit dem Spielgeschehen verwoben sind. Die Spielbarkeit von Jep dem Affen bietet außerdem Abwechslung und vermeidet nebenbei noch die etwas seltsamen Situationen des Vorgängers, in denen Jep über-intelligent erschien. Auch das Ende des Spiels hält dann noch eine Überraschung bereit. Je nach Verhalten im letzten Teil des Adventures gibt es zwei unterschiedliche Enden. Und sollte man mit dem selbst erspielten Ausgang der Geschichte nicht zufrieden sein, kann man per Auswahlbildschirm einfach noch einmal die Schlüsselsituation wiederholen und das entsprechende andere Ende genießen. Erwähnenswert sind außerdem noch die kreativen Rätsel, die mir sicherlich noch einige Zeit in Erinnerung bleiben werden. Die Grafik sieht zwar trotz der geringen Auflösung gut aus, ich hätte mir aber wenigstens zum Finale eine richtige Videosequenz anstatt der – jetzt immerhin kolorierten – Comicstrips gewünscht. Wem der erste Teil gefallen hat, oder wer generell Egoadventures mag und sich nicht an den Minispieleinlagen stört, kann hier relativ bedenkenlos zuschlagen. Alle Unsicheren können einen Blick in die Demo werfen.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Nicht komplett linear
  • Zwei spielbare Charaktere
  • Interessante Kombinationsmöglichkeiten
  • Intuitive Steuerung
  • Grafik-Auflösung könnte höher sein
  • zu wenig Animationen
  • Musikuntermaltung kaum vorhanden
  • Geschichte wirkt teils konstruiert