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Test

von  Hans Frank
22.12.2009
Das Geheimnis des Berghotels
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch

"Gut Ding will Weile haben". Diese Redensart mag auf viele Dinge und Begebenheiten zutreffen, wenn es jedoch um den Zeitraum zwischen Entwicklung und Veröffentlichung eines Computerspiels geht, wird der Wahrheitsgehalt dieser Aussage schon fraglicher. Trotzdem ist mit "Das Geheimnis des Berghotels" jetzt ein Adventure erschienen, das seine Premiere schon Ende 2007 als Dead Mountaineer's Hotel in Russland gefeiert hat. Fast ein Jahr später wurde der Titel dann in Frankreich veröffentlicht, durch die Pleite von Lighthouse Interactive verzögerte sich die Marktreife hierzulande aber bis jetzt. Im Jahre 2007 konnten wir das Spiel im Rahmen der damaligen Games Convention in einer Präsentation betrachten und waren durchaus angetan. Ob das "heiße Eisen, das optisch und atmosphärisch überzeugen konnte" inzwischen unterkühlt ist oder ob das Gruseladventure noch immer Spaß macht, haben wir für euch in unserem Test zusammengefasst.

Idyllisches Ambiente

Malerisch gelegen zwischen verschneiten Bergen und einer ebenso weißen Winterlandschaft befindet sich das Berghotel von Alex Snewar im Flaschenhalstal. An diesem abgelegenen Örtchen will Inspektor Glebski seinen Winterurlaub verbringen und sich von den Strapazen des kriminologischen Alltags erholen. Doch schon vor der Eingangstür wird Glebski von Alex abgefangen, welcher es sich nicht nehmen lässt, die Geschichte eines verunglückten Bergsteigers aufzutischen, der angeblich im Hotel sein Unwesen treibt. Sogleich muss der Inspektor dann auch das zwischenzeitlich zum Museumsraum umfunktionierte Zimmer des Bergsteigers besichtigen, und das noch bevor Glebski sein eigenes Hotelzimmer aufsuchen darf. Dort findet er dann Kuriositäten wie eine noch brennende Zigarette oder nasse Stiefel vor, obwohl der Bergsteiger ja schon lange verschwunden ist. Schließlich will Alex den Kult, den er um den geheimnisvollen Gast aufgebaut hat, bewerben. Anschließend wird Glebski in sein Zimmer gebracht und sogleich in diesem eingeschlossen. Ein Versehen oder doch pures Kalkül?

Horrorhotel?

Ein einsames Hotel, in dem ein eigentlich toter Bergsteiger sein Unwesen treibt? Hört sich nach Horror an? Dieser erwartet den Spieler auch, jedoch leider eher in Bezug auf eine völlig wirre Story, lächerliche Charaktere und die meist unsinnige Integration manchmal sogar gelungener Rätsel. Schon der Anfang des Spiels ist missglückt. Nachdem sich Glebski eingesperrt in seinem Hotelzimmer wiederfindet, drückt er nicht etwa den Klingelknopf. Vielmehr begibt er sich über den Balkon zum Fenster des gegenüberliegenden Zimmers, dessen Bewohner gerade anwesend ist. Um mit diesem dann zu kommunizieren, ist ein mehr als fragwürdiges Minigame zu meistern, dessen Ziel darin besteht, den Charakter zu blenden und ihn so auf sich selbst aufmerksam zu machen. Der Sinn dahinter bleibt dem Spieler verborgen.

Typisches Minispiel

Es folgen einige Spielstunden, in denen man zwar viel mit den anderen Hotelbewohnern spricht, das schöne und sehr weitläufige Hotel erkundet und einige Rätsel löst, aber eigentlich nie so genau weiß, warum man das eigentlich tut. Es gibt zwar immer wieder kleinere definierte Aufgaben, aber auch diese haben oft keinen Hintergrund. In diesen Spielstunden werden von den anderen Hotelbewohnern und Bediensteten viele kleinere Handlungsstränge eingeführt. Die meisten davon verlaufen aber im Sande oder werden einfach gar nicht mehr angesprochen.

Die anderen Hotelbewohner haben alle unterschiedliche Persönlichkeiten, die auch ganz gut ausgearbeitet sind. Da gibt es unter anderem den grantigen Aristrokraten Du Barnstokr, das wohlhabende Ehepaar Moses und die doofe Hausbedienstete Kaissa. Ein eigentlicher Kriminalfall ereignet sich erst einige Minuten vor Ende des Spiels. Glebski kommt allerdings nicht mehr dazu, diesen aufzudecken, denn das Adventure endet wenig später mit einem mehr als fragwürdigen Abspann, das – vorsichtig formuliert – alle Erwartungen an die Geschichte enttäuscht und eigentlich gar nichts mit der bisherigen Handlung zu tun hat. Der gesamte Spielverlauf ist also von der großen Frage nach dem eigentlichen Hintergrund der Handlung geprägt. Was versucht Inspektor Glebski aufzudecken? Warum behandelt er alle anderen Charaktere wie Verdächtige? Was bewegt ihn dazu, Beweismittel zu sammeln?

Hotelambiente

Wie der Titel fast aus einem deutschen Heimatfilm der sechziger Jahre stammen könnte, so liegt auch das Berghotel sehr friedlich und idyllisch in einer verschneiten Winterlandschaft. Dieses Szenario ist grafisch sehr ansprechend umgesetzt. Die Handlung des Spiels läuft zwar fast ausschließlich im Inneren der Hotelwände ab, ein paar Bildschirme können aber auch außerhalb des Hotels im Schnee begangen werden. Die zahlreichen Räume des Hotels sind liebevoll und detailreich gestaltet und laden zu ausgedehnten Erkundungsgängen ein. Dabei ist das Gebäude sehr abwechslungsreich und bietet dem erholungsbedürftigen Urlauber Orte wie einen Weinkeller, eine Aussichtsplattform, ein Spielzimmer, eine Bibliothek oder eine große Lobby mit Kamin. Insgesamt sind inklusive des Kellers schon ab Spielbeginn vier Ebenen begehbar, was am Anfang etwas unübersichtlich ist. Man gewinnt jedoch relativ schnell die Orientierung zurück. Die meisten Zimmer bestehen aus zwei bis drei verschiedenen Ansichten und haben zudem eine Tag- und Nachtansicht. Man sieht dem Hotel an, dass es schon ein wenig abgewohnt ist, aber es versprüht Charme und macht den Eindruck, als hätte sich Betreiber Alex liebevoll um das Gebäude und dessen Einrichtung gekümmert. Auch in die Hintergrundanimationen wurde viel Arbeit gesteckt, wie zahlreiche kleine aber ansprechende Details beweisen. Da bewegt sich zum Beispiel eine Gardine im Luftzug, wenn man eine Tür öffnet oder der Atem der Darsteller in der kalten Luft ist sichtbar.

Negativ fallen die Charaktermodelle und deren Animationen ins Bild, die auch zum ursprünglichen Erscheinungsdatum nicht mehr zeitgemäß waren. Die Charaktere sind kantig modelliert und das Agieren derselbigen nimmt gerade in Dialogen groteske Formen an. Das ist ein wenig schade, da so die angenehme Atmosphäre der Hintergrundbilder in Mitleidenschaft gezogen wird. Außerdem haben sich ein paar Grafikfehler eingeschlichen. Des Weiteren gibt es Ladezeiten bei jedem Bildschirmwechsel, die mal länger, mal kürzer ausfallen. Bei Dialogen wechselt das Spiel recht gelungen in eine Nahansicht. Die Gesprächspartner werden dann mit kleinen Bildern am oberen und unteren Bildschirmrand visualisiert, neben denen die gesprochenen Texte ablaufen.

Seltsames Minenspiel

Die Hintergrundmusik besteht aus verschiedenen Musikstücken, die angenehm und dezent abgespielt werden und zur Stimmung passen. Im Soundtrack enthalten ist auch ein Electro-Rock-Stück, das ein wenig hervorsticht. Thematisch passt dieses eigentlich nur in einige wenige Räume, aber alle Titel des Soundtracks werden wohl unabhängig vom Aufenthaltsort in zufälliger Reihenfolge abgespielt, was manchmal komisch wirkt. Auch die Soundkulisse ist solide. Zahlreiche Geräusche begleiten Inspektor Glebski bei seinen Erkundungen und auch auf kleine Details, wie der unterschiedliche Hall von Schritten auf unterschiedlichen Untergründen, wurde geachtet.

Die Übersetzung des Adventures überzeugt, allerdings passen nicht alle Synchronsprecher zu den dargestellten Charakteren. Gerade Glebskis Stimme, die man natürlich am häufigsten zu hören bekommt, passt nicht zum dargestellten Charakter. Die relativ tiefe Stimme bringt man eher mit einem etwas älteren, verwegenen Herren in Verbindung als mit dem jungen Glebski. Generell leisten die Synchronsprecher aber gute Arbeit. Positiv fällt auf, dass auch alle Ingame-Grafiken ins Deutsche übersetzt wurden.

Kriminalarbeit

Wie schon erwähnt, muss Inspektor Glebski einige Rätsel lösen. Auch wenn oft nicht so ganz klar ist, warum irgendetwas getan werden muss, sind die spärlich verteilten Aufgaben an sich doch zumindest unterhaltsam. Da muss zum Beispiel eine eingefrorene Garagentür wieder geöffnet oder ein Klingelsystem repariert werden. Bei anderen Aufgabenstellungen fasst man sich aber an den Kopf. In einer Situation darf sich Glebski zum Beispiel so lange nicht an den Mittagstisch setzen, bis die anderen Gäste mit seiner Essenswahl zufrieden sind. Warum sollte der Inspektor sein Mittagsmahl nicht selbst bestimmen dürfen?

Viel Zeit verbringt man damit, durch das Hotel zu streifen und neue Handlungsmöglichkeiten oder Gesprächspartner zu finden. Meistens ist nämlich nicht so ganz klar, was als nächstes zu tun ist. Verschärft wird dies durch den Umstand, dass einige Abschnitte des Spiels in Echtzeit ablaufen, man also manchmal tatsächlich ohne Handlungsmöglichkeit auf gescriptete Ereignisse warten muss. Eigentlich ein sehr interessanter Ansatz, in der Umsetzung aber eher mangelhaft. So entstehen lange Laufwege, die mit der Zeit anstrengen. Zu erwähnen ist außerdem, dass man an einem bestimmten Punkt der Geschichte verschiedene Spielwege beschreiten kann, die sich auf die insgesamt drei möglichen Enden auswirken. Die vorhandenen Rätsel müssen im Übrigen nicht alle linear absolviert werden, ein paralleles Abarbeiten bestimmter Aufgaben ist meist möglich.

Außerdem haben ein paar Minispiele ihren Weg ins Berghotel gefunden. Die meisten dieser Einlagen sind aber für das Fortkommen im Spielgeschehen nicht elementar, nur wenige Geschicklichkeitsaufgaben müssen erfolgreich absolviert werden. Nebenbei kann der Spieler aber auch noch eine Runde Dart, Billiard oder Black Jack spielen.

Steuerung

Gesteuert wird Inspektor Glebski, wenn man von einem Minispiel absieht, mit der Maus. Die Point-and-Click-Steuerung ist nicht intuitiv und fordert ein wenig Eingewöhnungszeit. Wird der Mauszeiger über einen der spärlich gesäten Hotspots bewegt, verändert er sich zu langsam in ein Interaktions-Symbol. Das führt dazu, dass man Interaktionsmöglichkeiten übersieht, weil man den Mauszeiger nicht lange genug über dem Gegenstand platziert hatte. Verbunden mit dem Fehlen eines Hotspot-Keys ist dieses Verhalten ein wenig unschön. Verschärft wird dieser Umstand noch dadurch, dass Hotspots offensichtlich mit Absicht sehr klein und im Bild, zum Beispiel an den Seiten oder hinter Protagonisten, versteckt wurden.

Da Inspektor Glebski nicht rennen kann, sind die häufigen Laufwege zum Beispiel vom Keller in das Dachgeschoss anstrengend. Manche, aber leider nicht alle Ausgänge können per Doppelklick angesprungen werden. Bei anderen, zum Beispiel den Treppenaufgängen, muss man den Inspektor immer wieder beim Durchqueren beobachten.

Das Inventar öffnet sich mit einem Rechtsklick, zu kombinierende Gegenstände können dann einfach übereinander oder auf die Spielwelt gezogen werden. Im Spiel kann man zahlreiche Dinge aufnehmen, die man nie wieder benötigt. Das Inventar enthält auch Notizen über den Spielverlauf, welche sich praktischerweise markieren lassen. So kann man einfach feststellen, welche man schon gelesen hat und welche nicht. Der Spielstand kann an jeder Stelle des Spiels und so oft man möchte gesichert werden. Dialoge werden per Multiple-Choice gesteuert und können leider nur mit der Leertaste abgebrochen werden. Ein möglicher Abbruch per Maustaste wäre angenehmer gewesen.

Fazit

Das Geheimnis des Berghotels steht auf einer soliden technischen Basis. Vor allem die Hintergrundgrafiken sind sehr ansprechend, und auch andere Aspekte wie Sound und Musik überzeugen in vielen Bereichen. Ganz anders sieht das leider bei inhaltlichen Themen wie der Handlung oder den Rätseln aus. Der Geschichte mangelt es an allen Ecken und Enden an Inhalt, sie ist geprägt von Logiklöchern. Die Rätsel sind eher schlecht als recht mit der Handlung verwoben und zahlreiche Handlungsstränge werden nicht zusammen oder zu einem Ende geführt. Es ist zwar ein Merkmal der Strugazki-Brüder – die als bedeutende Autoren der sowjetischen Phantastik gelten und die Romanvorlage für das Spiel lieferten - in ihren Büchern manche Dinge im Unklaren zu lassen, im Falle des Berghotels wirkt es aber eher so, als sei ein absolut unfertiges Spiel veröffentlicht worden. Dafür sprechen auch zahlreiche Screenshots von Schauplätzen, die Akella im Vorfeld veröffentlicht hat, die aber nie im Spiel auftauchen.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Das Geheimnis des Berghotels ist für mich, warum man hier ein absolut unfertiges Spiel veröffentlicht hat. Das ist wirklich schade, da das Adventure viel Potential gehabt hätte. Es macht zunächst wirklich Spaß, das weitläufige Hotel zu erkunden. Dieser wird aber schon in den ersten Spielminuten von absurden Rätseln und seltsamen Handlungsabläufen getrübt. Dieser Eindruck verschärft sich mit der Zeit und endet in einem unwürdigen Finale, nach dem man bereut, überhaupt Zeit in das Spiel investiert zu haben und das nichts von der vorherigen Handlung durchschaubarer macht. Auch der Ablauf in Echtzeit oder die verschiedenen Lösungswege hätten tolle Features sein können, wären sie nicht mehr schlecht als recht umgesetzt. Mit der Zeit hat man einfach keine Lust mehr, alle Räume des Hotels immer und immer wieder nach Handlungsmöglichkeiten oder sonstigen Veränderungen abzusuchen oder Botengänge zu erledigen. Ich habe ein wenig den Eindruck, als seien bei der Entwicklung die Prioritäten ein wenig zu sehr auf die glänzende Präsentation der Hintergründe als auf die eigentliche Spielmechanik gesetzt worden.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • schöne Hintergründe
  • angenehmes Ambiente
  • wirre Story
  • schlecht eingebundene Rätsel
  • schlechte Charakteranimationen