Ob Brettspiel, Arcade-Titel oder Wimmelbild: Im Casual-Bereich hat sich Big Fish Games einen Namen machen können. Das Gamesportal bietet eine Vielzahl von kleineren Spielchen verschiedenster Genres und schlägt auch mitunter Brücken zum Adventure-Genre.
Mit Drawn: Flucht aus der Dunkelheit liefert Big Fish Games ein Sequel und schließt an die Geschichte an, die mit Drawn: Der Turm begann. Daher führt die Reise erneut in eine magische Welt voller Gemälde, in welcher mit viel Fantasie unterschiedlichste Hindernisse überwunden werden müssen.
Es hätte alles so schön sein können: Nachdem wir im Vorgänger die höchsten Höhen eines verfallenen Turms erklommen und die Königstochter Iris aus den Fängen eines dunklen Herrschers entrissen hatten, schien die Gefahr gebannt.
Doch was ist nun geschehen? Jener Bösewicht bedroht erneut das Königshaus und versucht, der Prinzessin habhaft zu werden. Dabei nutzt er dieses Mal vor allem die Kräfte der Dunkelheit und hüllt das Reich in Schatten und Nebel. Wieder einmal ruht die Hoffnung auf uns - Iris versteckt sich in einem magischen Buch und wartet darauf, dass wir die Schatten vertreiben und magische Feuer auf gleich drei Türmen entzünden. Auf unserem Weg spielen vor allem Bilder und die Magie des Zeichnens eine große Rolle.
Grafisch zeigt sich Drawn: Flucht aus der Dunkelheit von der gleichen Seite wie der Vorgänger. Die vorwiegend dunkel gehaltene 2D-Kulisse besteht aus vorgezeichneten Standbildern, die durch kleinere Animationen lebendig gemacht werden. Das Ganze ist erneut im märchenhaft-verträumten Zeichenstil gehalten.
Die Bewegung durch diese Szenerie erfolgt wie gewohnt aus der Ego-Perspektive mit einer statischen Ansicht. Die Ausgänge aus den jeweiligen Szenen blenden per Mausklick sanft in eine neue Szene über.
Ohne weitere Effekte schafft es die Grafik, durch Detailverliebtheit und Strichführung einen ganz eigenen Stil zu entwickeln. Unterstrichen wird dieser Eindruck durch oftmals dezente, aber wohlplatzierte Animationen: Hier funkelt etwas, dort flackert etwas und wieder woanders bewegt ein sanfter Luftzug Kerzenlicht oder Buchseiten.
Zwischensequenzen werden durch eine Bildabfolge im gleichen Zeichenstil wiedergegeben - an einigen Stellen beschränkt sich die Sequenz auch nur auf Text, der von einem Sprecher gelesen wird.
Auch in Sachen musikalischer Untermalung wird die aus dem Vorgänger bekannte Stilistik übernommen: Ob orchestral-bombastisch, ruhig und dramatisch oder traurig - die Untermalung ist stets stimmig und harmoniert exzellent mit den visuellen Eindrücken.
Bei der Sprachausgabe erwarten den Spieler ebenso keine Überraschungen: Die Zwischensequenzen werden durch den sehr passend gewählten Sprecher begleitet, gelegentlich kommen Iris oder der dunkle Tyrann zu Wort. Ansonsten dominiert im Spiel eher der Text - Briefe oder Schriftzüge müssen durchgelesen werden.
Bei den vom Spiel gestellten Rätselhürden wurden die Stärken des ersten Teils übernommen und weiter ausgebaut. Drawn: Flucht aus der Dunkelheit bietet in den Kategorien Abwechslung und Rätseldesign einiges Bemerkenswertes.
Der Dreh- und Angelpunkt der Aufgaben sind Bilder und Bücher. Die meisten Herausforderungen spielen sich in Zeichnungen ab, die vom Spieler betreten werden und welche über eine ganz eigene und abgeschlossene Szenerie verfügen. Mal wird eine Piratenszene besucht, ein anderes Mal ist es ein verträumter Wald, in welchem stets schlüssige und (für die Szenerie) nachvollziehbare Rätsel gelöst werden müssen.
Diese Aufgaben decken dabei relativ viel ab: Neben Inventarrätseln und Objektmanipulation müssen Dreh- und Verschieberätsel, Geschicklichkeits-Rätsel und sogar Mal- und Ausschneide-Aufgaben gelöst werden. Neu ist hierbei, dass je nach Thema der Szene bestimmte Dinge gesammelt werden müssen. Für die Reparatur eines Flugdrachens müssen verstreute Stofffetzen gefunden werden; ein anderes Mal sind es mehrere Frösche, die wir für spätere Aufgaben brauchen. Etwas erhöht hat sich der Rückbezug auf andere Szenen und die nicht immer sofortige Verwendung von gefundenen Dingen.
Der Schwierigkeitsgrad wird dennoch dadurch vereinfacht, dass die meisten Gegenstände, die man benötigt, recht eindeutig in der Nähe platziert sind. Richtig einfach wird es dadurch aber nicht immer: Einige der Rätsel sind zwar simpel aufgebaut, aber doch recht knackig.
Wie immer gibt es für hakelige Stellen zwei Hilfestellungen, die dem Spieler stufenweise Unterstützung ermöglichen. Wieder begleitet uns ein Konterfei des Erzählers in einem Spiegel am unterem Bildschirmbereich. Dieser Spiegel führt die nächstliegende Aufgabe auf und bietet bei einem Klick einen kleinen Fingerzeig in Frageform. Sollte dieser Impuls nicht genügen, liefert ein weiterer Klick auf den Spiegel einen klaren Hinweis, was zu tun ist. Neu ist hierbei, dass es keine ""Abkühlzeit"" des Spiegels mehr gibt; man muss zwischen dem ersten und dem zweiten Tipp nicht mehr warten. So oder so ist nach ca. 5 Stunden das Ende dieser magischen Reise erreicht.
Ein ebenso bekanntes Element ist der Fortschrittsbalken, der bei allen Rätseln zur Verfügung steht. Während man überlegt, füllt sich dieser Balken und bietet nach cirka drei Minuten die Möglichkeit, das aktuelle Rätsel zu überspringen. Dieses System ist insofern angenehm, als dass es den Spielfluss aufrecht erhält, aber dennoch nicht zum stumpfen Weiterklicken animiert.
Die Bedienung besticht erneut durch Einfachheit getreu dem Motto ""Weniger ist mehr"". Die Point-and-Click-Steuerung ist zielführend und zeigt durch klare Veränderung des Mauszeigers die interaktiven Objekte und Levelausgänge an. Das Inventar ist dezent, auf Wunsch ausblendbar und reiht die Gegenstände mit hübschen kleinen Icons auf.
Die Speicherfunktion hat sich ebenfalls nicht verändert, das heißt auch dieses Mal speichert das Spiel den Fortschritt automatisch im Hintergrund und bietet genau diesen Stand als einzige Lademöglichkeit an. Über die Hinterlegung eines Spielernamens im Startmenü lassen sich aber mehrere Profile erzeugen, damit verschiedene Personen unabhängig voneinander spielen können und über einen eigenen Stand verfügen.
Sehr positiv ist die Sprachvielfalt, die Drawn: Flucht aus der Dunkelheit anbietet. Der Spieler kann hier aus ca. 10 verschiedenen Sprachen auswählen und das Spiel zum Beispiel auf Deutsch, Schwedisch oder Französisch spielen. Diese Änderung bezieht sich auf alle Textelemente im Spiel; lediglich der vertonte Text in den Sequenzen bleibt grundsätzlich englisch.
Drawn: Flucht aus der Dunkelheit leistet atmosphärisch die gleiche Arbeit, wie auch der Vorgänger es schon vermochte: Recht schnell wird man von der verträumten Optik und den stimmigen Klängen eingefangen. Wieder sind es die kleinen Tapetenwechsel in die magischen Bilder, die durch den Zeichenstil und das stets wechselnde Thema einen ganz eigenen Zauber entwickeln. Mal putzig, mal traurig und dann wieder lustig erzählt, lässt man sich schnell auf das jeweilige Szenario ein und versucht, die Denkweise dieser kleinen Welten zu verstehen.
Im Grunde macht Drawn: Flucht aus der Dunkelheit nichts anders als Drawn: Der Turm - doch dies ist nichts Schlechtes. Die Stärken des Vorgängers in Sachen Atmosphäre, Rätseldesign und Spielwelt werden erneut betont. Die Unterschiede zu einem Vollpreistitel, der mehr Zeit und Raum für Charaktertiefe, Storyentwicklung und Präsentation (Videosequenzen, vertonte Dialoge) hat, sind in einem Casual-Rahmen, in welchem dieses Abenteuer sich bewegt, nur schwerlich zu leisten. Das, was im Kontext zum Preis und zur Spielzeit in Drawn: Flucht aus der Dunkelheit drinsteckt, ist jedoch so ansprechend gemacht, dass niemand enttäuscht werden dürfte, der den ersten Teil wegen seines Charmes sowie seiner Zugänglichkeit und Kurzweiligkeit mochte.
Für Einsteiger kann daher erneut eine Empfehlung ausgesprochen werden, die sich aber auch an jene Adventure-Veteranen richtet, die ein kleines, aber feines Abenteuer zwischendurch suchen.
Hach, wieder mal eine Perle, die zwar klein, aber sehr fein ist. Drawn: Flucht aus der Dunkelheit wiederholt das stimmige Strickmuster vom Vorgänger, entwickelt jedoch genug Eigenständigkeit und Charakter. Sicher, mit der A-Prominenz des Genres kann man sich nicht messen, aber das ist auch gar nicht nötig: Dieses Spiel gehört auf jeden Fall zu einem der Besten seiner Klasse.
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