„Jeden Tag ein neues Spiel“ lautet einer der Werbeslogans von BigFishGames. Der Gamesportalbetreiber, Publisher und Entwickler aus Seattle ist bereits seit 2002 im Geschäft und hat sich nicht zuletzt mit der erfolgreichen Vermarktung seiner eigenen Spiele einen Namen gemacht. Nicht ganz zu unrecht eilt dem Anbieter der Ruf als Casual-Plattform voraus, denn im Angebot der Amerikaner finden sich unzählige der von Adventure-Puristen kritisch beäugten Wimmelbildspiele. Diese auch gerne als „Casual-Adventure“ bezeichneten Abenteuer schießen wie Unkraut aus dem Boden - wohl auch deshalb wittert manch einer hier Masse statt Klasse. Ob das bloß ein böses Vorurteil ist oder Adventure-Spieler dem Thema Wimmelbildspiele zukünftig etwas offener begegnen sollten, haben wir exemplarisch anhand von 13th Skull überprüft.
Marcus Lawson und seine Frau Sara sind erst vor wenigen Wochen in ein altes Herrenhaus am Rande eines Sumpfes in Louisiana eingezogen. Marcus' Tochter Magnolia hat sich am Abend bereits bettfertig gemacht und lässt es sich nicht nehmen, dem jungen Familienvater noch eine Gute-Nacht-Geschichte abzutrotzen. Ihre Wahl fällt auf die Geschichte von Freibeuter Phineas Crown. Die Legende des Piraten erzählt von einem verschollenen Schatz, der noch heute vom Geist des Kapitäns beschützt werden soll. Kaum hat Marcus seiner verängstigten Tochter versichert, dass es keine Geister gibt, nimmt eine Reihe mysteriöser Ereignisse ihren Lauf. Als die Gefahr gebannt scheint, ist Marcus verschwunden.
In Folge der rätselhaften Vorkommnisse heuert Sara Lawson einen Detektiv an, um Licht ins Dunkel zu bringen. Den Part des Ermittlers übernimmt der Spieler, der zunächst nur kleine Teile des Anwesens betreten kann. Den Schauplatz erkunden wir aus der Ego-Perspektive, indem wir uns von einer Szene zur nächsten klicken. Unsere erste Aufgabe besteht darin, mit der Ehefrau des Vermissten zu sprechen, die (wie alle anderen Charaktere auch) von einer echten Schauspielerin verkörpert wird. Mit einem Taschentuch in der Hand steht sie vor uns und berichtet unter Tränen vom Verschwinden ihres Mannes - und einer Schatzkarte. Sobald wir die Fragmente der von Familienhund Pippi zerrissenen Karte eingesammelt haben, können wir unsere Ermittlungen fortsetzen und erweitern zudem unseren Aktionsradius. Während wir uns zunächst nur im Haus der Lawsons umschauen dürfen, führen uns die Hinweise später auch in ein kleines Dorf, auf einen alten Friedhof oder in ein diesiges Sumpfgebiet.
Zu Beginn des Abenteuers reicht es noch aus, für Misses Lawson oder ihre abergläubische Hausdame verschiedene Objekte in der Umgebung einzusammeln, um in der Handlung voranzukommen. Einige Objekte finden wir direkt in der Umgebung, manche verstecken sich in Nahansichten bestimmter Objekte, wie etwa einer Kiste oder einem Grill. Andere finden wir nur, wenn wir typische Wimmelbilder absolvieren – also das Heraussuchen konkret benannter Gegenstände aus einem von unterschiedlichen Objekten übersäten Bild.
Solche Aufgaben begegnen uns über das gesamte Abenteuer hinweg, später gesellen sich aber zunehmend echte Rätsel dazu. Bei vielen davon handelt es sich um Puzzleaufgaben im Minigame-Format, die keine weiteren Vorkenntnisse voraussetzen. Dabei gilt es beispielsweise, einige bemalte Klötzchen zurechtzurücken, um ein Bild wiederherzustellen. Es gibt allerdings auch einige Aufgaben, für die wir zunächst Lösungshinweise finden müssen. Wie wir in einem weiteren Verschiebepuzzle mehrere Münzen korrekt anordnen müssen, erfahren wir zum Beispiel nur, indem wir an einer ganz anderen Stelle eines der selten anzutreffenden Kombinationsrätsel lösen. In diesem Fall muss das Muster auf einer Wand durchgepaust werden. Diese Information wird dann im reich illustrierten Tagebuch abgelegt, auf das wir jederzeit zugreifen können. Aber nicht alle Hinweise werden dort vollständig abgelegt. Wer das Tor zum Friedhof öffnen will, muss insgesamt vier Schlüssel auf die richtigen Schlösser verteilen und außerdem korrekt ausrichten. Welcher Schlüssel wohin gehört, lässt sich an einer Stelle im Haus der Lawsons genau ablesen. Wer kein so gutes Kurzzeitgedächtnis hat, kommt allerdings nicht umhin, sich eine kleine Zeichnung anzufertigen.
13th Skull bietet neben dem äußerst hilfreichen Tagebuch eine umfangreiche Tippfunktion. Diese wird nach der Aktivierung für wenige Sekunden gesperrt, kann aber beliebig oft im Spiel verwendet werden. Mit ihr können zum Beispiel Hinweise freigeschaltet werden, wo der Spieler nach einem bestimmten Objekt suchen muss – auch innerhalb der Wimmelbilder. Während der Minispiele ist die Spielhilfe in drei Stufen aufgebaut, wobei die Hinweise nicht immer besser werden. Wer selbst bei Stufe drei noch kein Land sieht, darf das Rätsel aber notfalls überspringen. Das ist theoretisch auch sofort möglich, jedoch nur dann, wenn der Spieler bereits alle verfügbaren Hinweise entdeckt hat.
Schade bei all dem Komfort ist, dass es keine freie Speicherfunktion gibt. Es können zwar mehrere Spielerprofile angelegt werden, da das Spiel aber lediglich ein Savegame anlegt und es immer wieder automatisch überschreibt, ist eine Rückkehr in frühere Spielabschnitte nicht möglich.
Mystery Case Files: 13th Skull, wie der vollständige Titel lautet, hinterlässt insgesamt einen guten Eindruck - für ein 'Casual Adventure'. Die Geisterstory ist zwar nicht gerade besonders spannend oder originell, die Präsentation gerade aufgrund der Charaktere, die von echten Schauspielern verkörpert werden, aber charmant gelungen. FMV-Adventures sind dafür bekannt, aus ihrem oft etwas trashigen Naturell Kredit zu schlagen und genau das ist es, was BigFishGames in ähnlicher Weise gelingt. Beim rülpsenden Redneck in seinem schmierigen Unterhemd, der uns mit einer Schrotflinte von seinem Haus fernhält, konnten wir uns kein Schmunzeln verkneifen. Und bei der schlecht sitzenden Perücke der Hausdame oder dem üblen Südstaatenslang ihres Mannes hatten die Entwickler wahrscheinlich ein ähnlich dämliches Grinsen im Gesicht wie wir.
Optisch und akustisch wirkt das Spiel nicht wie eine Billigproduktion, auch wenn bei der Vielfalt an Soundeffekten und Musik, aber auch bei der Qualität der Videos sicherlich mehr drin gewesen wäre. Die sehr gut verständlichen Dialoge sind übrigens nur im englischen Originalton enthalten. Sämtliche Dialoge und Bildschirmtexte wurden aber übersetzt und weisen nur ab und zu kleinere Ungenauigkeiten auf.
Spielerisch hinterlässt 13th Skull einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits gibt es einige wirklich gelungene Rätsel, die wesentlich anspruchsvoller sind, als man es von einem Wimmelbildspiel erwarten würde. Auf der anderen Seite ist die ständige Objektsuche auf Wimmelbildern und innerhalb der Spielszenen auf Dauer wenig erquicklich – es ist einfach immer dasselbe. Wer dieses Spielprinzip aber liebt, der findet in 13th Skull eine gelungene Mischung aus Suchkrimi und echtem Adventure, das für gerade mal 10 Euro gut sechs Stunden unterhält.
Spätestens seit Drawn zucke ich beim Begriff Casual Adventure nicht mehr ganz so heftig zusammen. Ich hätte aber nicht gedacht, dass sich ein ähnlicher Effekt nach einem als Wimmelbild-Adventure vermarkteten Spiel einstellen würde. Unterhaltsam fand ich das Spiel nicht zuletzt aufgrund der Schauspieler, die immer wieder – wenn auch selten ganz freiwillig – für einen Lacher gut waren. Die Story selbst ist weder besonders gut, noch besonders schlecht. Ich hatte aber immer wieder den Eindruck, dass die Entwickler sich nicht so recht entscheiden konnten, ob sie jetzt ein Spiel für 8-jährige oder doch eher eins für ein etwas älteres Publikum machen wollten.
Ob das Zucken beim Begriff Wimmelbild-Spiel nun ein Ende hat? Ich für meinen Teil zucke auch zukünftig, denn mir geht die stupide Objektsucherei weiterhin auf die Nerven. Am Anfang von 13th Skull fand ich das noch okay, aber mit zunehmender Spieldauer hätte ich mir die Möglichkeit, Aufgaben zu überspringen, für die Wimmelbilder gewünscht und nicht für die Rätsel.
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