Ein mit Müll bedeckter Planet, ein nichtsnutziger Versager und eine geheimnisvolle Frau aus der Oberschicht: In Deponia entführt Entwickler Daedalic den Spieler in eine abgedrehte Welt voller Probleme. Wie sich das Abenteuer spielt, haben wir für euch ausprobiert.
Rufus kann den Müll auf seinem Planeten nicht mehr sehen. Er hat nur noch einen Wunsch: Dem alltäglichen Schrott zu entkommen und ein neues Leben in der Wolkenstadt Elysium zu beginnen. Doch um dort hinzukommen, braucht es einen guten Fluchtplan – und den hat der unbeliebte Taugenichts bislang noch nicht gefunden. Bisher scheiterte jeder seiner Fluchtversuche, und das meistens mit üblen Folgen für die anderen Bewohner seiner Heimatstadt Kuvaq. Schließlich kommt der große Tag, an dem sein neuester Fluchtplan scheinbar aufgeht: Per Raketenantrieb schießt sich Rufus erfolgreich auf den Organon-Kreuzer. Aber das Glück währt nur kurz: Durch einen kleinen Bedienungsfehler stößt er sich und die hübsche Elysianerin Goal zurück auf den Boden des Müllplaneten. Doch Rufus gibt nicht auf. Er wittert seine große Chance. Wenn er die Elysianerin erfolgreich zurückbringt, ist ihm als Dank ein Leben in der Wolkenstadt bestimmt sicher. Dumm nur, dass es vorher noch einiges zu tun gibt und eine ganze Menge Leute hinter der hübschen Frau her sind…
Das Starten eines neuen Spiels führt automatisch zu einem launigen und ziemlich gelungenen Tutorial, das auf Wunsch auch übersprungen werden kann. Rufus und der Spieler bekommen von dem Nebencharakter Wenzel die Steuerung erklärt. Selbst wenn man sich bereits bestens mit der Steuerung von Adventures auskennt, ist diese kurze Episode bereits eine witzige und lohnende Einführung, in der sowohl der Spieler als auch das Spiel ein wenig auf die Schippe genommen werden. Ist das Tutorial abgeschlossen, wird ein äußerst stimmungsvolles und gut gemachtes Introvideo abgespielt. Tolle Lichteffekte und Deponia-Erfinder Jan Müller-Michaelis als singende und klampfende Zeichentrickfigur sorgen für einen perfekten Einstieg in Daedalics neuestes Abenteuer.
Ein gelungenes und stimmungsvolles Intro für Daedalics neuestes Abenteuer"
Deponia überzeugt ab den ersten Minuten mit vielen starken Elementen. Die handgezeichneten Grafiken sind stimmig und hinterlassen einen sehr guten Eindruck, nur ganz selten wirken Animationen nicht ganz ausgereift. Die Umgebung wirkt lebendig und natürlich, selbst wenn sich hin und wieder merkwürdige Dinge darin abspielen. Sehr gelungen ist auch das Rätseldesign. Nach dem fast erfolgreichen Fluchtversuch zum Spielbeginn findet sich der Spieler in Kuvaq wieder, dem Heimatort von Rufus. Nun gilt es, zahlreiche Rätselketten aufzulösen. Wie der Spieler dabei vorgeht, ist fast vollständig ihm überlassen. Die großen Ziele sind schnell klar, doch welche einzelnen Schritte man zur Lösung unternehmen muss, ist schon schwerer herauszufinden. Es gibt viel zu tun, doch die Reihenfolge bestimmt meist der Spieler. Deponia verbindet auf geschickte Art und Weise Minispiele, Logikrätsel und Inventar- und Kombinationsrätsel miteinander. Und die haben es teilweise ganz schön in sich. Bereits in diesem ersten Spielabschnitt mussten mehrere Adventure-Treff-Redakteure ganz schön ihre grauen Zellen anstrengen, um weiterzukommen. Dennoch sind die Rätsel fair und gut gestellt, ohne ausgelutscht zu wirken. Eine nützliche Hilfe: Wer bei einem Minispiel partout nicht weiter kommt, kann dieses bequem mit einem Klick auf ein rotes Kreuz überspringen und weiterspielen. Auch im restlichen Spielverlauf bleiben die Rätsel anspruchsvoll, aber lösbar. Der Spieler muss stets mit vielen Inventargegenständen und größeren Gebieten mit mehreren Schauplätzen umgehen können und dabei den Überblick behalten. Der Schwierigkeitsgrad der Rätsel liegt bei Deponia insgesamt über dem aktuellen Genre-Durchschnitt und ist sehr gelungen. Zusätzlich lohnt es sich, viel auszuprobieren, um die vielen kleinen versteckten Anspielungen und Kommentare mitzubekommen, die die Entwickler eingebaut haben. Besonders beliebt sind die zahlreichen Anspielungen auf Harvey und dutzende Wortspiele. Der Humor in Deponia ist sehr vielseitig: Er reicht von Genre- und Spieleparodien über Anspielungen auf Alltagsprobleme und Klassiker der Science-Fiction-Literatur bis hin zu Situationskomik und trockenen, sarkastischen Kommentaren. In fast jeder Umgebung gab es einen Kommentar, eine Animation oder einen Dialog, der uns zum Lachen gebracht hat. Die surreale Comic-Welt und die teilweise abgedrehten Ereignisse tun ihr Übriges, um das Knobeln in Deponia sehr vergnüglich zu gestalten.
Die Geschichte rund um den Schrottplaneten Deponia und die Himmelsstadt Elysium ist gut ausgedacht und schön umgesetzt. Der Spannungsbogen wird bis zum dicht erzählten Finale aufrecht erhalten. Zahlreiche Cutscenes, die man im Hauptmenü bequem nochmals anschauen kann, treiben die Geschichte zwischen größeren Abschnitten voran. Nach jedem Kapitel trällert Jan Müller-Michaelis eine kurze Zusammenfassung und einen Ausblick auf die kommenden Ereignisse. Doch die Geschichte hinter Deponia hat ein entscheidendes Manko: Sie hat kein vernünftiges Ende. Die Entscheidung, Deponia als Fortsetzungsspiel zu planen, und das ""Ende"" völlig offen zu lassen, hat uns überhaupt nicht gefallen. An einer Fortsetzung von Deponia ist gewiss nichts auszusetzen - im Gegenteil, sie ist nach dem ersten Teil sogar wünschenswert - aber bei einem Vollpreistitel ist eine abgeschlossene Geschichte Pflicht. Nachdem sich im letzten Kapitel die Ereignisse überschlagen, kommt das Ende recht abrupt und lässt den Spieler mit vielen Fragen zurück. Im Abspann heißt es neckisch ""The End...?"", mehr Informationen gibt es nicht. So bleibt von Deponia trotz eines überragenden und witzigen Spielerlebnisses doch ein fader Nachgeschmack zurück.
Mit vielen kleinen Kniffen macht Daedalic das Spielen von Deponia deutlich angenehmer. So gibt es jetzt Kurztasten zum Speichern und Laden, sodass das Menü gar nicht mehr aufgerufen werden muss. Die sehenswerten Cutscenes kann man im Extras-Menü nochmals abspielen. Doch die größte und beste Neuerung ist die Öffnung des Inventars mit dem Mausrad. Eine kurze Fingerbewegung reicht, um das Inventar herunter scrollen zu lassen, oder wieder auszublenden. Das sorgt für großen Spielkomfort. Konservative Spieler können übrigens einstellen, dass sie für ihre Gegenstände nach wie vor klassisch mit der Maus in die Bildschirmecke rutschen müssen. Auch sehr bequem ist die Speichermöglichkeit direkt aus dem Inventar heraus. Ein zuverlässiger Autosave, das Anzeigen von Hotspots mit einem Klick auf das Mausrad und die variable Bildschirmauflösung runden dieses Bild perfekt ab.
Die Entscheidung, den Hauptcharakter Rufus mit Monty Arnold zu besetzen, war goldrichtig. Pointiert, witzig und perfekt zur aktuellen Lage passend, leiht der Schauspieler dem unsympathischen Nichtsnutz seine Stimme. Auch die übrigen Sprecher überzeugen. Einzig negativ macht sich die Mehrfachbesetzung Arnolds bemerkbar, die uns bereits in der Vorschau aufgefallen ist: Nicht nur Rufus, sondern auch mehrere Schergen des Organon und ein böser Doppelgänger von Rufus werden von Monty Arnold gesprochen. Da es Szenen gibt, in denen alle Charaktere auftauchen und sprechen, kann das schnell verwirrend werden. Hier hat Daedalic unnötig und am falschen Ende gespart. Warum Rufus überhaupt einen Doppelgänger mit exakt gleicher Stimmte hat, wird - wie viele andere Fragen auch - nicht geklärt. Die restliche Vertonung mit Geräuschen und Musik ist sehr gut gelungen und trägt seinen Teil zur tollen Atmosphäre des Spiels bei. Allerdings wären noch mehr unterschiedliche Stücke im Soundtrack wünschenswert gewesen. Über die gesamte Spieldauer hinweg dudelt doch recht oft die immer gleiche Musik vor sich hin. Auch ein besserer und sanfterer Übergang zwischen den einzelnen Stücken bei einem Ortswechsel hätten dem Spiel gut getan. Der Spiel-Atmosphäre tun diese kleineren Kritikpunkte jedoch keinen Abbruch.
Mit Deponia hat Daedalic ein weiteres fantastisches Adventure auf den Markt gebracht. Grafik, Musik, Sound, Rätsel und Geschichte überzeugen und sorgen für langanhaltenden Spielspaß. Die humorvolle Erzählung regt oft zum Lachen oder Schmunzeln an und macht nach jedem Kapitel Lust auf mehr. Negativ fielen der kurze Soundtrack und das Fehlen eines eindeutigen, befriedigenden Endes der Geschichte auf.
Auch sieben Jahre nach der ersten Veröffentlichung auf dem PC erscheinen weitere neue Umsetzungen des Daedalic-Adventures. Ganz neu auf dem Markt sind die Versionen für Xbox One und Nintendo Switch – welche wir uns für euch angeschaut haben. Während auf den anderen Konsolen bereits die komplette Reihe erhältlich ist, wurde für die Switch bisher nur der erste Teil der Reihe umgesetzt. Inhaltlich hat sich bei der Konvertierung erwartungsgemäß nichts verändert. Auch optisch und akustisch konnten wir keine Unterschiede zur aktuellen Version auf Steam erkennen. Natürlich sind alle relevanten Sprachfassungen auch in dieser Version enthalten.
Die meisten Veränderungen gab es bei der Steuerung: Rufus wird nun direkt mit dem linken Stick durch die Szenerie bewegt. Kommt man in die Nähe eines Hotspots, so wird dieser mit einem kleinen Kreis markiert. Zwischen den einzelnen Hotspots kann dann noch mit den Schultertasten hin- und hergeschaltet werden. Das komplette Inventar lässt sich per Tastendruck aufklappen, wo dann wie gewohnt Gegenstände miteinander kombiniert werden können. Will man Gegenstände mit der Umgebung benutzen, greift man auf die Inventarleiste am unteren Bildschirmrand zurück. Hier kann man mit den Pfeiltasten links und rechts durch die Inventarliste scrollen und das benötigte Item auswählen. Insgesamt ist die Bedienung mit der Maus zwar immer noch komfortabler, aber auch auf der Konsole ließ sich das Spiel nach kurzer Eingewöhnung sehr flüssig spielen. Apropos flüssig: Die Ladezeiten waren bei der uns zur Verfügung gestellten Downloadfassung des Spiels angenehm kurz.
Zwei Dinge stören uns allerdings an dieser Umsetzung. Erstens hat man darauf verzichtet, eine alternative Steuerungsvariante via Touchscreen einzubauen. Das ist insofern schade, als dass es ja durchaus bereits mit der iPad-Fassung eine solche Steuerung gibt. Zweitens ist der Preis der Switch-Fassung mit knapp 40€ doppelt so hoch, als der Preis bei den Konsolen der Konkurrenz (wo man für den gleichen Preis bereits die Collection mit allen vier Serienteilen bekommt). Davon abgesehen eine kompetente Umsetzung eines außergewöhnlichen Adventures. (Axel Kothe)
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