Test

von  Axel Kothe
12.07.2012
Hoodwink
Getestet auf Windows, Sprache Englisch

Fast unbemerkt erschien im Schatten der großen Adventure-Veröffentlichungen von Satinavs Ketten und Memento Mori 2 im Juni ein weiteres neues Third-Person-Adventure. Hoodwink ist das Debutwerk der E-One Studios, einem Entwicklerteam aus Kuala Lumpur, Malaysia. Im Gegensatz zu den ernsteren Werken der Konkurrenz gehört Hoodwink dem Genre der Comicadventures an. Doch wie schlägt es sich im Vergleich?

Adventure in X Teilen: Episode 1

Die erste Episode von Hoodwink entführt uns in eine futuristische Welt, in der eine Epidemie die Erde verwüstet hat und nun durch den totalitären Megakonzern Unicorp regiert wird. Die Bewohner lassen sich dabei grob in zwei Kategorien einteilen: Die normalen Menschen und die sogenannten Second Chancers, Roboter, denen die Gehirne verstorbener Menschen innewohnen, wodurch diesen eine zweite Chance auf Leben gewährt wird, nur eben im Blechkörper eines Roboters. Michael Bezzle ist einer der menschlichen Bewohner der Stadt und der Held unseres Spiels. Er selbst nennt sich „Beschaffungs-Experte“, andere würden in wohl akkurater als „Dieb“ bezeichnen. Heute ist ein ganz besonderer Tag für Michael, denn er will um die Hand seiner Freundin anhalten. Ob das wohl gut geht?

Cel-Shading überall

Bei der Grafik haben sich die Entwickler der Cel-Shading-Technik bedient. Obwohl alles komplett dreidimensional gestaltet wurde, erhält die Grafik so einen Comic-Buch-Look. Dadurch wirkt das ganze, als ob die Entwickler über die sehr groben 3D-Modelle sowie die wenig detaillierten Texturen hinwegtäuschen wollen – und bei diesem Versuch ist es auch geblieben. Durchwachsen sind auch die Charakteranimationen im Spiel. Während einige Sonderanimationen passend umgesetzt sind, können ausgerechnet die Laufanimationen des Hauptcharakters nicht überzeugen. Positiv hervorzuheben ist der gelungene, jazzige Soundtrack des Spiels, welcher vom Dreamfall-Komponisten Leon Willet beigesteuert wurde. Leider gibt es nicht besonders viele unterschiedliche Stücke. Die Sprecher für die englische Sprachausgabe wurden passend gewählt und professionell besetzt. Verschiedene Akzente sorgen zudem für Abwechslung. Wahlweise stehen deutsche Untertitel zur Verfügung, die Sprachausgabe ist nur im Original vorhanden.

Das Gameplay

Trotz beweglicher, voll dreidimensionaler Kulisse steuert sich Hoodwink wie ein ganz normales Third-Person-Adventure komplett mit der Maus. Der Mauscursor verändert sein Form immer entsprechend der möglichen Aktionen. Dabei kann man nicht zwischen verschiedenen Aktionen wählen, das Spiel gibt vor, ob man ein Objekt ansehen, benutzen, es nehmen oder mit einer Person reden kann. Ein Inventar gibt es auch, dieses hat allerdings nur dekorative Zwecke, denn man kann im Inventar weder Gegenstände miteinander kombinieren, noch kann man Gegenstände aus dem Inventar nehmen und mit der Umgebung benutzen. Wenn man irgendwo einen Gegenstand benötigt, so braucht man nur auf den Empfänger oder den Gegenstand in der Kulisse zu klicken und schon wird einem das passende Item aus dem Inventar dargeboten. Nachdenken ist nicht notwendig, klicken reicht. Allgemein gibt es wenig zum Nachdenken, die Rätsel sind einfache Fetchquests bei denen man schon gleich gesagt bekommt, wo man den benötigten Gegenstand bekommen kann und die wenigen Areale haben jeweils nur sehr wenige Hotspots. Über die nächste logische Aktion stolpert man als Spieler fast automatisch. Wichtig ist nur, dass man alles und jeden anklickt, um den nächsten Trigger auszulösen. Die größte Schwierigkeit dürfte es sein, die Spielfigur an den Hindernissen vorbeizulotsen, die richtige Perspektive für die nächste Aktion oder die Ausgänge zu finden – diese sind nämlich nicht markiert (obwohl es für alles andere einen passenden Cursor gibt). Mit der Logik hat es das Spiel leider auch nicht so. So kann man später im Spiel einfach an zwei Wachen vorbei spazieren, die eigentlich gerade Ausschau nach dem Hauptcharakter halten (was allerdings nichts bringt, weil der dahinter liegende Ausgang vom Spiel deaktiviert ist), und einen defekten Gasherd bringt man wieder zum Laufen, indem man ein Streichholz daran hält.

Und weil sie bei Adventurespielern erwiesenermaßen so beliebt sind, hat man bei E-One gedacht man müsste auch gleich noch ein paar kleine Geschicklichkeits-Minispiele einbauen: Einmal muss man eine Laterne immer wieder an einer Stelle anklicken, damit sie so viel Schwung erhält, dass sie umfällt, und in einem anderen Spiel muss man Blumen einfangen (fragt nicht) indem man auf sie klickt und die Taste gedrückt hält und dabei der Blume eine Sekunde mit der Maus folgt. Und weil das so viel Spaß macht, gibt es das selbe Spiel mit Kakerlaken gleich noch einmal. Neben den Minispielen soll der Humor für etwas Auflockerung sorgen: Sprüche wie ""If life gives you poop... fertilize your crops!"", diverse Slapstick-Einlagen, der deutsche Akzent eines Roboters u.ä. sorgen immer wieder für ein Grinsen im Gesicht des Spielers.

Technik, die begeistert?

Eigentlich sollten bereits die Minispiele ausreichen den Geduldsfaden des Spielers an die Grenze der Belastbarkeit zu bringen, doch das ist noch lange nicht alles. Das fängt bei den langen Laufwegen an, die der Spieler mit vielen, vielen Klicks überbrücken muss und dabei der Spielfigur zusehen darf, wie sie gemütlich den Weg entlang schlendert, geht bei den nicht abbrechbaren Kommentaren weiter (und wehe man klickt mit der Maus, um abzubrechen, dann kommt der Kommentar gleich noch ein zweites Mal) und gipfelt schließlich in unglaublich langen Ladezeiten. Vor allem beim Laden eines Spielstandes muss man geschlagene zwei Minuten warten, bis das Spiel weitergespielt werden kann. Apropos Spielstände: Das Spiel kann nicht manuell gespeichert werden, sondern speichert automatisch an festgelegten Checkpoints. Wer also zwischen zwei Checkpoints aufhören muss, der darf ein Stück des Spiels noch einmal genießen. Besonders ärgerlich in diesem Zusammenhang ist, dass das Spiel auf dem Testrechner extrem mit Bugs zu kämpfen hatte – einmal verschwand der Mauszeiger und man konnte nichts mehr anklicken, zwei weitere Male verabschiedete sich das Spiel mit einem Bluescreen und einem anschließenden Neustart des Rechners – wohlgemerkt mit installiertem Patch.

Fazit:

Auch für ein Debut macht Hoodwink alles andere als eine gute Figur. Einzig die Audioabteilung und der Humor des Spiels können überzeugen Spielerisch wird viel zu wenig geboten, grafisch ist es zwar ungewöhnlich, aber nicht schön, und inhaltlich ist es unvollständig und mit drei bis vier Stunden viel zu kurz. Und wie die Geschichte ausgeht, erfährt man übrigens während der der gesamten Spielzeit auch nicht, da das Spiel mitten in der Geschichte aufhört und diese in Episode 2 fortgesetzt werden soll – wenn Episode 1 genug Geld eingespielt hat. Auf diese Tatsache wurde komischerweise nirgends hingewiesen ... Dazu die vielen technischen Mängel und wir kommen zum Schluss: Hoodwink war ein Schuss in den Ofen.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Nach The Second Guest ist Hoodwink das zweite Spiel dieses Jahr, bei dem ich wahrscheinlich nie die Auflösung der Geschichte erleben darf – nach dem, was mir in dieser Episode geboten wurde, kann ich mir nicht vorstellen, dass da noch ein weiterer Teil erscheinen wird. Und selbst wenn: Hätte ich nicht diesen Test schreiben müssen, wäre das Spiel spätestens nach einer halben Stunde vom Rechner geflogen. Technisch unterirdisch, lange Laufwege, in meinen Augen hässliche Grafik, völlig belangloses Gameplay und die nervigsten Minispiele seit Jahren. Mein Rat: Auch wenn die Musik toll ist und der Humor durchaus hin und wieder zündet – Finger weg!

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Musik von Leon Willet
  • Gute englische Sprachausgabe
  • Humor
  • Hässliche, undetaillierte Grafik
  • Praktisch nicht vorhandene Rätsel
  • Nervige Minispiele
  • Lange Laufwege
  • Ladezeiten
  • Technische Mängel