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Test

von  Axel Kothe
27.11.2012
Jack Keane und das Auge des Schicksals
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch

Der Entwickler Deck 13 hat schon viele Adventures auf den Markt gebracht. Doch kein Spiel der Frankfurter Spieleschmiede konnte Spieler und Presse so überzeugen wie Jack Keane aus dem Jahre 2007. Fünf Jahre und drei insolvente Publishing-Partner später präsentiert Deck 13 zusammen mit Astragon nun endlich den heiß ersehnten Nachfolger Jack Keane und das Auge des Schicksals.

Schatzjäger

Das neue Abenteuer beginnt im fernen Shanghai, wo Jack als Insasse eines Gefängnisses seine Zeit mit dem Schnitzen von Holzgiraffen verbringt. Eigentlich ist er auf der Suche nach einem legendären Medaillon, das den Weg zu einem unvorstellbar wertvollen Schatz weisen soll. Und nun scheint sein Zellengenosse, ein abgehalfterter Schamane, endlich genug Vertrauen in Jack gefunden zu haben, um das Versteck des Artefakts zu verraten. Das soll möglichst mühelos für unseren Helden geschehen: Per telepathischer Eingabe. Blöderweise stirbt der Schamane während des Vorganges, sodass Jacks Unterbewusstsein Schaden nimmt. Ebenfalls nicht ganz von Vorteil ist, dass Jack es versäumt hat, sich einen Plan für seinen Ausbruch aus dem Gefängnis zu überlegen. Und dann steht auch noch ein Kampf mit dem üblen Schädelbrecher in der Arena des Gefängnisses an. Nun kann nur noch Amanda helfen, die sich aber mit Halunken auf dem Weg zum Shanghaier Gefängnis herumschlagen muss.

Tempo, Tempo!

Bereits zu Beginn legt Jack Keane und das Auge des Schicksals eine beachtliche Spiel-Geschwindigkeit vor. Zahlreiche Zwischen- und Actionsequenzen ohne Zeitdruck folgen dicht aufeinander. Und auch die ""Springen""-Funktion, mit der Jack kleinere Hindernisse auf seinem Weg überwinden kann, wird schnell eingeführt. Trotz des enormen Tempos sind die Aufgaben recht klassisch aufgebaut: Inventar- und Dialogrätsel müssen gelöst werden, um Jack und Amanda und die Fragmente des Medaillons wieder zusammen zu bringen. Wie Lost Horizon bietet das Spiel einige sehr dynamische Sequenzen, in denen eine gewisse Dringlichkeit zur Lösung vermittelt werden soll, ohne dass tatsächlich ein Zeitdruck besteht. Leider ist der Einstieg längst nicht so lustig wie er es noch zu Beginn des ersten Teils der Reihe war.

Freund und Feind im Schlepptau

Nach dem Ausbruch aus dem Gefängnis gilt es, die restlichen Teile des Medaillons zu finden. Doch zunächst muss Jack herausfinden wo sie sich befinden. Dafür muss er in sein eigenes Unterbewusstsein reisen und in dieser sehr merkwürdigen Umgebung die Aufgaben des Schamanen erfüllen, bevor sich ihm der Hinweis zum Versteck des nächsten Medaillon-Fragments eröffnet. Im Wechsel gilt es dann, Aufgaben in der ""realen"" Welt zu lösen. Leider gestaltet sich das alles andere als einfach, denn der fiese Professor Umbati und seine Handlager suchen ebenfalls nach dem Schatz.

Viele Begleiter

Jack ist bei seiner Suche aber nicht auf sich allein gestellt. Neben der eingangs schon erwähnten Amanda trifft er in Hamburg auf die hübsche Fotografin Eve, welche ihn fortan begleitet und Amanda dabei herrlich eifersüchtig macht. Noch angespannter wird das Verhältnis, wenn es darum geht, welcher der beiden Damen das Vertrauen des Protagonisten erhält. Dies ist die Entscheidung des Spielers und löst letztlich auch verschiedene Enden aus und hat einen Einfluss auf die zu lösenden Aufgaben. Ebenfalls in Hamburg trifft Jack auf den jungen Erfinder Carl, der ihm immer wieder mit seinem technischen Geschick zur Seite stehen wird.

Klassische Elemente, experimentelle Steuerung

Stellenweise übernimmt der Spieler auch die Rolle der Begleiter Jacks oder man kann sogar zwischen mehreren Figuren hin- und herwechseln, um die Rätsel zu lösen. Jack Keane und das Auge des Schicksals bietet über weite Teile klassische Adventure-Rätsel-Kost, die gerade zum Schluss hin auch mal recht abstrus wird und wenige Lösungshinweise bietet. Weniger klassisch sind andere Elemente des Spiels. So gibt es über den ganzen Verlauf der Geschichte hinweg Zweikampfeinlagen bei denen per Icon die richtige Verteidigung beziehungsweise ein Angriff ausgewählt werden muss. Der einzige Hinweis auf die richtige Verteidigung ist dabei die Angriffsanimation des Gegners, hier ist also genause Hinschauen angesagt. Die Bewegungen muss man natürlich zuvor erst erlernen, was in klassischer Adventure-Manier geschieht: Lehrer suchen, ihm einen Gefallen tun, neue Angriffe und Verteidigungen lernen. Erinnerungen an den Schwertkampf von Monkey Island werden wach, allerdings ohne dass Jack Keane an den Witz des Vorbildes heranreichen kann. Die zweite, richtig große Änderung im Vergleich zum Vorgänger ist die Steuerung. Statt wie in allen anderen Deck-13-Adventures per normalem Point'n'Click steuert man Jack hier entweder mit den WASD-Tasten durch die Szenerie, oder man verwendet die Click'n'Drag-Steuerung welche auch bei Telltale seit Tales of Monkey Island zur Verfügung steht. Außerdem kann Jack nun per rechter Maustaste springen, was an mehreren Stellen notwendig wird. Einen inoffiziellen Patch, der auch klassisches Point'n'Click ermöglichen soll, erbitten. Dieser wird allerdings nicht von den Entwicklern unterstützt.

Die Logik schläft eine Runde

Ähnlich wie Jacks Unterbewusstsein geht es bei der Logik des Spiels und leider auch der Rätsel oft sehr chaotisch zu. Häufig fehlen Hinweise, was denn genau zu tun ist und bei neuen Kampffähigkeiten wird grundsätzlich nur der Angriff gezeigt, die dazu passende Verteidigung kommt aus dem Nichts. So frei Autoren und Entwickler bei einem humorvollen Comic-Adventure auch sind, bestimmte Rahmen sollten eingehalten werden, um dem Spieler eine faire Chance zu geben und daran hakt es leider häufiger im Spielverlauf, besonders jedoch gegen Ende.

Bekannte Optik, bekannte Stimmen

Technisch bleibt Jack Keane der Deck-13-Linie treu, wieder ist das Spiel komplett in 3D-Comicgrafik gehalten. Für die Optik wird man keine Preise erhalten, dafür sieht sie einfach zu altbacken aus. Jedoch setzt sie die Schauplätze und Charaktere gut und stilsicher genug in Szene. Einem Memento Mori oder Sherlock Holmes wird man so keine Konkurrenz machen, vor Telltale muss man sich aber nicht verstecken. Ausgezeichnet hingegen ist wieder die Sprachausgabe ausgefallen. Erfreulich, weil nicht selbstverständlich, ist die Tatsache, dass die Charaktere dieselben Sprecher wie im Vorgänger bekommen haben und diese ganze Arbeit leisten. Lediglich an manchen Stellen setzt der sonst perfekte David Nathan einige Betonungen falsch. Leider gehen manche Sätze auch in lauten Umgebungsgeräuschen unter, hier muss man im Menü nachbessern. Ebenfalls bedauerlich ist, dass der Spieler auch bei diesem Titel sich ständig wiederholende Standard-Sätze zu Ohren bekommt. Auch manche Dialogbäume werden nochmals komplett abgespult, wenn man den Fehler begeht, den Charakter ein zweites Mal anzusprechen. Praktisch ist die Speicherfunktion: Das Spiel speichert ziemlich häufig automatisch, gleichzeitig kann der Spieler selbst mit einem einzigen Mausklick jederzeit einen Spielstand anlegen. Jeder Speichervorgang belegt dabei einen neuen Speicherslot und überschreibt keine älteren. Der Vorgang selbst ist auch erfreulich schnell. Weniger praktisch ist die Hotspot-Anzeige, denn diese zeigt nur die aufnehmbaren Gegenstände an, nicht aber andere Hotspots oder Ausgänge, was deren Auffinden in der 3D-Umgebung erleichtert hätte. Auch die fixen Kameraperspektiven, die nicht vom Spieler nachjustiert werden können, sind da keine Hilfe.

Fazit

Deck 13 versucht mit seinem Abenteuerspiel offensichtlich etwas frischen Wind in das Genre zu bringen, direkte Steuerung, Springen, Kämpfe, und einige dynamische Szenen zeugen davon. Wirklich gelungen ist es ihnen mit Jack Keane und das Auge des Schicksals nicht. Die Kampfsequenzen sind uninspiriert, das Springen unnötig und ungenau und die direkte Steuerung sehr hakelig und ohne Mehrwert. Schade, denn so ärgert man sich als Spieler über diese Neuerungen mehr, als dass sie etwas bringen. Beim Spielen lässt einen zusätzlich das Gefühl nicht los, dass der erste Teil irgendwie lustiger war. Sieht man über diese Enttäuschung hinweg, erhält man ein immer noch sehr spielenswertes, recht typisches Deck 13-Adventure, mit dem entsprechenden Humor und Design. Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Denn das Spiel macht auch einiges richtig, unter anderem die erwähnte Dynamik sowie das tolle Zusammenspiel der Hauptcharaktere. Die Spielzeit fällt mit etwa 8-10 Stunden kürzer aus als beim ersten Teil, fühlt sich jedoch deutlich dynamischer und belohnender an.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Jack is back! Nicht ganz so lustig, nicht ganz so komfortabel zu steuern und nicht ganz so logisch, dafür aber deutlich dynamischer und actionreicher als im ersten Teil. Trotz der Kritikpunkte, die auch mich genervt haben, konnte ich das Spiel genießen. Alles in Allem ein doch würdiger Nachfolger, der dem vielleicht einfach zu guten ersten Teil aber nicht das Wasser reichen kann. Verpassen sollte man ihn aber dennoch nicht, allein für die fantastischen Traumsequenzen lohnt sich der Titel.
Hans Duschl

Temporeicher in der Inszenierung, viel spannender in der Geschichte, erwachsener in der Figurenzeichnung und auch vom Humor her hat mich der neue Jack besser unterhalten als der doch recht langatmige und kindische Vorgänger. An der Steuerung störte ich mich nach etwas Gewöhnungszeit gar nicht mehr, auch wenn es ein paar weniger Sprungeinlagen hätten sein können, genauso wie einige technische Probleme. Das Rätseldesign fand ich stellenweise sogar ziemlich genial, genauso wie die unterschiedlichen Entscheidungen, die die Beziehung der Charakter beeinflussten. Daher ist für mich der Titel die Überraschung des Jahres und bisher das beste humorvolle Comic-Adventure der letzten Zeit.
Sascha nutafitc Pongratz

Ich liebe Deck 13 für die ersten beiden Ankh-Teile, ein großer Fan von Jack Keane war ich hingegen nie. Entsprechend war meine Erwartungshaltung bezüglich der Fortsetzung, vor allem auch angesichts der Steuerung und Kampfsequenzen eher gedämpft. Während sich meine Befürchtungen hinsichtlich dieser beiden Dinge leider bewahrheitet haben, konnte mich das Spiel an sich überzeugen. Jack Keane 2 ist wie der Vorgänger ein kompetentes Adventure mit nicht immer zündendem Humor, aber auch einigen sehr coolen Anspielungen auf die Popkultur und die Videospielbranche (Donkey Kong!), gelungenen dynamischen Sequenzen, erfrischendem Zusammenspiel der Charaktere, netter Grafik und toller Sprachausgabe.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • schöne, abstruse Welt
  • sehr gute Sprachausgabe
  • comichafte Grafik
  • Zusammenspiel der Charaktere mit Einfluss auf den Spielverlauf
  • viele Anspielungen auf das Genre und die Popkultur
  • guter Spielfluss
  • superschnelle, ""schnappschussartige"" Speicherfunktion
  • hakelige Steuerung (größter Kritikpunkt)
  • einige Rätsel sehr abstrus, reines Ausprobieren, kein Hinweis
  • Humor stellenweise durchwachsen bzw. zu platt
  • komplizierte Erkundung der 3D Welt
  • Schauplätze werden zu leicht übersehen
  • Hotspotanzeige nur wenig hilfreich