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von  Von Bickenschweiler
13.04.2013
Fester Mudd: Curse of the Gold - Episode 1
Getestet auf Windows, Sprache Englisch

Fester Mudd ist ein Präriehund. Seine Haut, vom Wüstenwind wie Leder gegerbt, und seine schiefen Gesichtszüge zeugen vom harten Leben im Wilden Westen. Oder von schlechten Genen. Zusammen mit seiner Lebensgefährtin Martha lebt er in einer kleinen, schäbigen Bretterbude, als ein Brief seines Bruders Bud eintrifft: Bud ist unter die Goldgräber gegangen. Das ist die Chance. Fester folgt dem Ruf des Goldes und dem seines Bruders, der im Saloon des verschlafenen Nests Loamsmouth auf ihn wartet.

Das Comedy-Adventure Fester Mudd: Curse of the Gold - Episode 1 ist der Auftakt zu einer dreiteiligen Serie. Hauptverantwortlich zeichnet sich Paavo Härkönen von Replay Games, die auch am Kickstarter-finanzierten Leisure Suit Larry: Reloaded arbeiten. Unterstützung bekommt er von Josh Mandel, der Sierra-Aficionados u.a. durch das ähnlich klingende Freddy Pharkas: Frontier Pharmacist bekannt sein dürfte. Diese erste Episode bildet einen sanften Einstieg in die Spielwelt, ohne viel von der Geschichte preiszugeben.

Fester studiert den Brief seines Bruders

Ein Ritt in die Vergangenheit

Fester Mudd ist eine einzige Homage. An goldene SCUMM-Tage und an Western. Das bringt Licht und Schatten mit sich.

In Spielen ist der Wilde Westen nach wie vor unbestelltes Feld. Fester Mudd bietet es unzählige Klischees, die es aufs Korn nehmen kann. Die Kleinstadt Loamsmouth und Umgebung macht in Episode 1 den Anfang. Zwischen Saloon, Sheriff-Büro und Galgen treffen wir auf eine überschaubare Einwohnerschaft. Die hat fast durch die Bank weg einen Schuss in der Mütze. Ein schwerhöriger Straßendealer, der vom Wert der Freundschaft schwärmt; ein grimmiger Clown, der Ballons und Waffen verkauft - die Absurdität der Charaktere nimmt gefangen wie ein Lasso. Überhaupt ist Humor die stärkste Waffe von Fester Mudd. Es ist zwar keinen Moment lang feinsinnig, aber durchaus vielseitig. Derbe Zoten wechseln sich mit Wortspielchen und Anspielungen ab. Selbst die unvermeidlichen Furzwitze kommen selten billig rüber. Vor einem dampfenden See zu stehen, aus dem Fische springen und ihre Gase verströmen, hat etwas anziehend Infantiles.

Mit Fester selbst gibt es einen symphatisch trotteligen Helden, der keinem typischen Rollenbild des Wilden Westens entspricht. Manchmal erweckt er den Eindruck, als würde er gar nicht zur Umgebung gehören und sich nur mitschleifen lassen. Das ist positiv gemeint, denn so kann man sich wunderbar mit der Figur identifizieren.

Alte Theme Park-Weisheit: Nach den<br /><br />Ballons wollen Kinder ihre Waffen

Erst denken, dann schießen

Die Rätsel sind in der ersten Hälfte wie ein Trommelrevolver: Immer eines nach dem anderen. Danach lockert sich die Struktur auf.

Dabei wird durchweg clevere, wenn auch wenig anspruchsvolle Kost geboten. Insbesondere der Humor trägt dazu bei, dass kein Rätsel dem anderen gleicht. Ein besonders gelungenes Beispiel: Ihr müsst einen Trinkwettbewerb gegen den lokalen Champion gewinnen, seid aber selbst nicht sonderlich trinkfest. In einem kleinen Zeitfenster, während dem euer Kontrahent nicht hinschaut, habt ihr die Möglichkeit etwas in eure Tassen zu tun und so den Ausgang zu euren Gunsten zu beeinflussen.

Die Art der Rätsel ist nicht innovativ. Es geht immer darum, den richtigen Gegenstand am richtigen Ort auszupacken. Die kreativen Lösungen bewahren sie jedoch davor, altbacken daherzukommen.

Ein klarer Kritikpunkt ist das SCUMM-Interface. Das hat aus gutem Grund längst ausgedient. Mit Fester Mudds Umgebung zu interagieren, ist so langwierig wie die Reise der Hauptfigur. Die vielen Optionen nutzen nichts, wenn Fester sich ihnen verweigert. Ich habe mir selten so oft ""nein"" von einem Spiel sagen lassen müssen. Das frustriert und raubt schnell die Lust am Experimentieren. Letztlich gibt es für jedes Objekt nur ein oder zwei ausführbare Aktionen, womit die einzige Stärke von SCUMM flöten geht.

Abgesehen davon ist die Steuerung einwandfrei. Selbst kleine Objekte heben sich deutlich vom Hintergrund ab und ihre Trefferzonen sind großzügig genug.

Der Wilde Westen gibt seine ganz eigenen<br /><br />Rätsel her ... ähem

Augen und Ohren offen halten

Grafisch entspricht Fester Mudd seinem Namensgeber: Hässlich, aber mit Charme. Der Retrostil orientiert sich an grobkörnigen Spielen wie Benath a Steel Sky. Hintergründe und Charaktere sind nicht fein säuberlich von Hand gepixelt, sondern gemalt und an die Auflösung angepasst. Das lässt die Perfektion eines Resonance vermissen, dafür sehen die Orte lebendiger aus. Die Charaktere sind allerdings zu unscharf. Ihnen lassen sich keine Emotionen entnehmen, wenn sie nicht gerade extrem überzeichnet sind. An wenigen Stellen werden Portraitbilder genutzt, die Festers Reaktion herausarbeiten. Davon darf es in den folgenden Episoden gerne mehr geben.

Ein weiterer Kritikpunkt ist der Mangel an Hintergründen. Das Spiel verschwendet wirklich keinen Quadratzentimeter, um seine Rätsel unterzubringen. Diese Kompaktheit ist einerseits spielerische Stärke von Fester Mudd, andererseits hat sich das Auge schnell sattgesehen. Ein Grafik-Adventure, das nach gut der Hälfte kaum noch mit Details überraschen kann, enttäuscht in der Hinsicht.

Der Soundtrack ist stilecht, plätschert aber vor sich hin. Die wenigen und kurzen Musikstücke bestehen hauptsächlich aus einer Gitarre und einem Klavier. Dadurch bleiben sie angenehm im Hintergrund. Musik ist zudem Star einer lustigen Szene.

Schwerer wiegt das Fehlen von Sprachausgabe, auch wenn die für SCUMM-Spiele unüblich war. Ein paar gute Sprecher hätten wirklich dazu beigetragen, die schrulligen Charaktere noch besser zu betonen, als Text alleine es könnte.

Körnig wie der Sand in den Cowboystiefeln

Kürzer als sein Schatten

Fester Mudd ist ein kurzer Ritt. Nach knapp drei Stunden seht ihr den Abspann. Für den Preis von 9,99$ ist das etwas dürftig. Zudem ist das Spiel nur in englischer Sprache erhältlich, doch mit gutem Schulenglisch dürfte diese Hürde zu überspringen sein.

Bislang lässt sich Fester Mudd nur über die Entwicklerseite beziehen. Außerdem gibt es einen Eintrag auf Steam Greenlight. Ob und wann der Cowboy auf Valves Plattform aufsatteln wird, entscheiden die Reaktionen darauf.

Fazit

Als Auftakt einer Trilogie ist Episode 1 definitiv gelungen. Doch hätte etwas mehr passieren dürfen. Die Handlung wird kaum vorangetrieben und Rätsel eher genutzt, um Charaktere und den Humor näherzubringen, und die Spielzeit zu strecken. Das ist angesichts des kurzen Vergnügens noch schmerzlicher. Erst am Ende nimmt die Geschichte Fahrt auf und rettet damit das Interesse am Nachfolger. Auch steht das SCUMM-Interface dem Spielspaß eher im Weg, als dass es nostalgische Gefühle weckt.

Das mag alles sehr negativ klingen und trotzdem: Fester Mudd ist ein symphatisches Spiel für alle Freunde des Grafik-Adventures der späten 80er und frühen 90er. Humor ist sein oberstes Verkaufsargument und damit trifft es voll ins Schwarze. Man darf gespannt auf Episode 2 sein, die noch dieses Jahr erscheinen soll.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Ja, die erste Episode von Fester Mudd ist (zu) kurz. Ja, sie ist (zu) einfach. Wenn ich aber in dieser kurzen Spielzeit so hervorragend unterhalten werde, wie in Fester Mudd, dann bin ich gerne bereit über diese Mängel hinweg zu sehen. Kaum ein Spiel hat es in der letzten Zeit geschafft, mich so sehr zu amüsieren wie diese Episode. Auch sonst ist das Spiel sehr liebevoll umgesetzt: Eine tolle, passende Musik, viele gelungene Sonderanimationen, schöne Pixelgrafik, nette Rätselketten (Beispiel Goldzahn) und viele witzige Anspielungen auf Adventureklassiker und die Popkultur. Das einzige, was dem Spiel wirklich fehlt, ist eine entsprechend gute Sprachausgabe. Dennoch: Fans von humorvollen Comicadventures, Pixelgrafik und Western sollten zugreifen.Axel Kothe

Ich bin eigentlich kein großer Fan von lustigen Spielen. Für Lucas Arts und Sierra hege ich keine besonders nostalgischen Gefühle. Damit geht wahrscheinlich eine Menge des Reizes flöten, den Fester Mudd ausmacht. Umso überraschter war ich, wie kurzweilig ich das Spiel empfand. Die Länge kam meiner Unbedarftheit sehr entgegen und der Humor hat mich fast durchgehend erwischt. Ich lechze jetzt nicht danach, alles nachzuholen, was ich verpasst habe, aber auf die folgenden Episoden von Fester Mudd freue ich mich auf alle Fälle.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Stimmiges Western-Flair
  • Toller, abwechslungsreicher Humor
  • Gute, klassische Rätsel
  • Retro-Charme...
  • ...der manchmal einfach nur alt aussieht
  • Krampfiges SCUMM-Interface
  • Fehlende Sprachausgabe
  • Zu kurz
  • Nur auf Englisch