Test

von  Hans Pieper
11.06.2013
Myst
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch

Hinweise: Dieser Test nimmt viel von der Hintergrundgeschichte des Spiels vorweg. Wer das Spiel noch nicht gespielt hat, sollte erst ab der Überschrift ""Aufbruch in neue Welten"" mit dem Lesen anfangen.

Atrus hat eine ganz besondere Begabung: Er kann Bücher schreiben, die ein Portal in eine andere Welt öffnen. Berührt man die Bildfläche auf der dritten Seite dieser Verbindungsbücher, wird man einfach in die Welt eingesogen, unter Umständen für immer. Denn auch für die Rückkehr ist ein Buch notwendig. Genau dies wurde Atrus zum Verhängnis, als ihn seine eigenen Söhne in der Welt der D’ni einsperrten. Doch Hilfe naht: Durch Zufall erhält der Spieler ein Verbindungsbuch auf die Insel Myst. Dort erfährt dieser viel über die Kunst des Schreibens und kann Atrus retten – wenn er am Ende die richtige Entscheidung trifft.

Die Insel Myst – für viele ein vertrauter Ort

Ein extrem erfolgreicher Klassiker

Myst erschien 1993 als eines der ersten Spiele auf CD-ROM und entwickelte sich schnell zu einem echten Verkaufsschlager: Über acht Millionen Exemplare wurden verkauft. Die enorme Atmosphäre, die das Spiel durch die vorgerenderten Schauplätze, die Geräusche und die minimalistische Musik erzeugte, wurde durch kurze Videosequenzen in den Fenstern der Verbindungsbücher verstärkt. Bis heute rangiert der Titel unter den fünf meistverkauften Spielen aller Zeit.

Bei den Verkaufszahlen startete das Spiel<br /><br />zu einem unerwarteten Höhenflug

Eine ziemlich festsitzende Familie

Atrus, der die Kunst des Welten-Schreibens beherrscht, wollte seinen Söhnen die Möglichkeiten und Verpflichtungen dieser Tätigkeit näher bringen. Doch das lief gewaltig schief: Hinter seinem Rücken herrschten seine Söhne Sirrus und Achenar als Despoten über einige Zeitalter und richteten viel Leid an. Schließlich setzten sie ihren Vater Atrus in der Stadt D'ni fest, indem sie eine Seite aus dem Verbindungsbuch stahlen. Denn nur wenn ein Verbindungsbuch vollständig ist, kann man mit ihm in eine andere Welt reisen. Dummerweise wurden auch die beiden Söhne kurz darauf in jeweils einem Zeitalter eingesperrt: Atrus hatte zwei Bücher als Fallen aufgestellt. Nun sitzt der gesamte männliche Teil der Familie fest. Weil Atrus Frau Katharina von ihrem Schwiegervater entführt wurde und mit diesem in einem weiteren Zeitalter gefangen ist, ergibt sich eine Pattsituation, die nur vom Spieler aufgelöst werden kann. Doch vielleicht stellt sich alles auch ganz anders dar und der Vater lügt? Wem von den drei Personen, die man auf Myst ansprechen kann, soll man vertrauen?

Gefangen in einem Buch tauschen die Brüder<br /><br />Sirrus und Achenar Seiten gegen Informationen

Aufbruch in neue Welten

Kernstück des Spiels ist das Bereisen neuer Welten, in denen es neue Rätsel zu lösen sowie blaue und rote Seiten zu finden gilt. Dabei ist stets eine genaue Beobachtungsgabe, logisches Denken und ein Verständnis der Zusammenhänge des Zeitalters notwendig. Je mehr farbige Seiten man den Gefängnisbüchern der beiden Brüder hinzufügt, desto mehr erfährt man über die Geschichte.

Mit Verbindungsbüchern reist der Spieler in neue Welten

Genreprägende Logikrätsel

In Myst gibt es kein Inventar, die Rätsel entstehen allein aus der Untersuchung und Manipulation der Umgebung. Neben ein wenig Entdeckersinn ist vor allem die Kombinationsgabe bei Logikrätseln gefragt. Es gilt, technische Apparaturen zu verstehen und korrekt zu konfigurieren, sowie größere Zusammenhänge in der Welt zu erkennen. Auf insgesamt fünf Zeitaltern inklusive der Insel Myst warten zahlreiche Rätsel darauf, vom Spieler geknackt zu werden. Der Schwierigkeitsgrad ist dabei sehr hoch. Zettel und Stift sind Pflicht und bei einigen Rätseln ist langes Nachdenken notwendig. Aus heutiger Hinsicht bieten manche Aufgaben sicherlich zu wenig Hinweise, in der damaligen Zeit faszinierten die Kopfnüsse jedoch, da es ohne die große Verbreitung und Zugänglichkeit des Internets keine schnellen Antworten gab und man sich tagelang in ein Rätsel verbeißen konnte, bis einen nachts im Halbschlaf die Lösung traf wie ein Blitz. Dass es auch noch schwerer geht, zeigte der Nachfolger Riven, der die Geschichte der entführten Katharina erzählt.

Schwer, aber gut durchdacht: Die Rätsel

Gut abgehangen

Die vorgerenderten Schauplätze sind gut gealtert, auch heute noch sind sie recht schön anzusehen. Durch fehlende Animationen wirken die meisten Schauplätze zwar etwas steril, sind aber durch Details sehr schön ausgestaltet und werden durch Soundeffekte lebendiger gemacht. Obwohl die Videos sehr klein in der Darstellung sind, sieht man ihnen ihr Alter deutlich an. Und besonders das Vollbild-Finale in D’ni ist heute extrem pixelig anzuschauen. Dennoch gibt Myst auch nach 20 Jahren noch ein ansehnliches Bild ab.

Die Grafik geht auch heute noch in Ordnung

Fazit

Myst ist ein extrem forderndes Adventure aus der Ich-Perspektive, das mit schön ausgestalteten Schauplätzen und einer tollen Atmosphäre lockt. Aus heutiger Sicht sind die Hinweise für die Rätsel teilweise etwas mager und für Neueinsteiger wird wohl schnell der Blick Richtung Lösung abgleiten. Nichtsdestotrotz bleibt es ein zeitloser Klassiker, der das Genre vollkommen zurecht geprägt und noch einige würdige Nachfolger hervorgebracht hat.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Mit Myst war mein Einstieg in die Welt des Adventures im zarten Alter von sechs Jahren gesichert, wenn auch hauptsächlich als Zuschauer. Während meine Eltern sich in den Rätseln tagelang regelrecht verbissen, staunte ich über die Schauplätze, die Hintergrundgeschichte und die technischen Zusammenhänge der Welten. Natürlich zieht sich dieser Zauber auch bis in die Gegenwart, auch wenn ich dem Titel heute etwas kritischer gegenüber stehe. Myst vereint ebenso geniale und beeindruckende Elemente wie anstrengende und nicht ganz optimal gelöste Momente. Doch es ist und bleibt ein echter Klassiker, der viele spätere Spiele beeinflusst hat und in keiner Adventure-Sammlung fehlen darf.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Gut integrierte Schauspieler
  • Knackige Rätsel
  • Liebevoll gestaltete Welten
  • Streckenweise wenig Hinweise und schwere Rätsel
  • Sammeln von Seiten wird mit der Zeit anstrengend