Test

von  Hans Pieper
12.10.2013
Goodbye Deponia
Getestet auf Windows, Sprache Deutsch
91%

Sie hat bislang viel vorgelegt und wurde vielfach sehr gelobt – jetzt wird die Adventure-Reihe mit Goodbye Deponia abgeschlossen. Ein letztes Mal schlüpft der Spieler in die Rolle des selbstverliebten Rufus, dessen sehnlichster Wunsch es ist, seinen Heimatplaneten Deponia zu verlassen und in Elysium ein neues, sauberes Leben zu beginnen.

Dunklere Töne

Von der Geschichte selbst wollen wir hier gar nicht viel verraten, denn auf diese sollte man sich am Besten unvorbereitet einlassen. Natürlich ist eine einigermaßen gute Kenntnis der Vorgänger Pflicht, auch wenn es ab und zu kleine Wiederholungen gibt.

Auf den ersten Blick ist beim dritten Teil der Serie alles beim Alten: Innerhalb der ersten Spielminuten richtet Rufus ein enormes Chaos mit nicht zu verachtendem Sachschaden an. Dabei bietet das Spiel auch wieder viel Situationskomik, witzige Dialoge und detailreiche Hintergründe. Das sehr actionlastige Intro überzeugt schon nach kurzer Zeit. Außerdem gelingt es dem Spiel noch mehr als in den anderen beiden Teilen, das hohe Erzähltempo sehr lange aufrecht zu erhalten. Das liegt zum Großteil auch daran, dass die Schauplätze über längere Zeit des Spiels in der Größe eher reduziert sind. Doch mit der Zeit schleicht sich leise auch eine dunklere Geschichte an, die ernstere Töne anschlägt. Denn Deponia birgt deutlich mehr Geheimnisse als bisher angenommen. Und zu den letzten Minuten des Spiels hin gelingt der Spagat, auch eine nachdenkliche, eher triste Atmosphäre mitzutransportieren. Und das gelingt faszinierender Weise, ohne dass der serientypische Humor verloren geht. Auch wenn es wieder viele chaotische Elemente und einige Wendungen gibt: Wie das Ende aussieht, ist doch eher unerwartet. Doch genau das ist es auch, was zu einem vollkommen zufriedenstellenden und würdigen Abschluss der Trilogie führt. Die Geschichte hinter Goodbye Deponia und somit auch automatisch hinter der gesamten Trilogie ist, in einem Wort, gelungen.

Da sieht man auch gerne über mehrere Logiklücken, vor allem gegen Ende des Spiels, hinweg. Und auch dass der Abschluss der Geschichte recht schnell eingeläutet wird, stört nicht weiter, denn insgesamt bleibt die Erzählung rund.

Viel Einfluss auf die Geschehnisse hat der Spieler übrigens nicht: Meist entscheidet er sich entgegen besserem Wissen nicht besonders klug – weil es nicht anders geht oder Rufus ohnehin unabhängig von Entscheidungen des Spielers agiert.

In die gewohnt witzige Geschichte<br /><br />mischen sich im Spielverlauf dunklere Untertöne

Gewohnt gute Audioqualitäten

Monty Arnold läuft als Rufus noch einmal zur Hochform auf und auch die anderen Sprecher der Hauptcharaktere überzeugen wieder vollkommen. Und selbst wenn man unter den anderen Rollen hauptsächlich die üblichen Verdächtigen wiederfindet, die Daedalic nach den Aufnahmen anscheinend gar nicht mehr aus dem Tonstudio hinauslässt, ist auch hier die Leistung meist sehr gut oder gut. Gronkhs Rückkehr zeigt allerdings leider wie auch in The Night of The Rabbit, dass er eigentlich kein Sprecher ist. Sehr schön in Szene gesetzt ist hingegen der Auftritt von Smudo, der mit zwei Songs im Spiel auftaucht und ebenfalls eine Sprechrolle übernimmt. Und ja, auch Poki singt wieder zwischen den Sequenzen. Und ja, immer noch ist der „Hussa“-Gag sehr lustig, gerade durch neue Varianten.

Der Soundtrack wurde gekonnt aus bekannten, variierten und neuen Stücken zusammengesetzt, die in diesem Teil die Atmosphäre besonders gut unterstützen. Gerade bei sehr temporeichen Passagen oder Fortentwicklungen der Geschichte kommt dies zum Tragen. Das Zwischenfazit zum Audiobereich lautet insgesamt, wie Rufus es sagen würde: „Sauber“!

Rufus hat natürlich immer alles im Griff – <br /><br />und in diesem Teil sogar einen Fan im Spiel selbst

Weniger abstrus: Das Rätseldesign

Es mag daran liegen, dass man sich inzwischen an die krude Welt von Deponia gewöhnt hat, aber die Rätsel erscheinen in diesem Teil deutlich strukturierter und fairer. Sie bewegen sich immer noch auf einem für Adventure-Fans erfreulich hohen, knackigen Niveau, verzichten aber zum Großteil auf abstruse Konstruktionen, die viele Spieler zum wilden Herumprobieren oder In-die-Lösung-Linsen verleitet. Wie bereits erwähnt muss man sich auch nur noch einmal im Laufe des Spiels mit einem riesigen Areal mit zahlreichen parallel laufenden Aufgaben herumschlagen – dafür dann aber auch einen großen Teil der Spielzeit und mit gleich drei Rufussen. Dies führt zu neuen Spielmechanismen, wenn zum Beispiel Gegenstände in „Day of the Tentacle“-Manier zwischen den Rufussen getauscht werden müssen. Außerdem gibt es zahlreiche neue, stets überspringbare Minispiele, die erfrischend abwechslungsreich und sehr gut in die Umgebung integriert sind. Ansonsten findet sich alles, was das Adventure-Herz begehrt: Dialogrätsel, Inventar- und Kombinationsrätsel und jede Menge witzige Kommentare zur Umgebung und ihrer Funktion. Auch ist der Aufbau einiger Aufgaben sehr humorvoll gestaltet. Etwa, wenn der Spieler vor dem Problem steht, einen Ersatzbuchstaben bestellen zu müssen, für das Antragsformular jedoch exakt diesen Buchstaben benötigt. Trotz des weniger chaotischen Ansatzes braucht der Spieler aber trotzdem vor allem zwei Dinge: Ein gutes Erinnerungsvermögen und Erfahrung im Rätselknacken. Also genauso, wie es Langzeit-Fans des Genres haben wollen.

Kreative und gut durchdachte Minispiele sorgen für Abwechslung

Auch in Deponia 3 ruckelt es

Auch wenn vieles sehr geschmeidig abläuft und auch an Animationen definitiv nicht gespart wurde: Ab und zu scheint beim Laufen oder einzelnen Sequenzen doch wieder das alte „Daedalic-Ruckeln“ durch. Manche Bewegungen wirken ein wenig unrund oder wollen sich im schlimmsten Fall (wie bei der Laufanimation von Donna) nicht so richtig in die Umgebung einfügen. Das macht insgesamt nicht viel aus, ist aber doch ein wenig schade. Denn im krassen Gegenteil dazu stehen wundervolle Panoramen und detailreiche Umgebungen, die den Spieler tief in die Welt Deponias eintauchen lassen, ebenso wie gekonnte Zwischensequenzen, die ebenfalls sehr rund laufen. Und faul war man bei Daedalic auf gar keinen Fall: Es findet kaum eine Wiederverwertung alter Schauplätze statt (abgesehen von der Tutorial-Sequenz, die ein echtes Muss und natürlich auch wieder eine enorme Bereicherung ist und diesmal sogar in die eigentliche Geschichte eingebunden wird).

Viele Zwischensequenzen und Animationen sorgen <br /><br />für ein hohes Erzähltempo und eine tolle Atmosphäre

Fazit

Goodbye Deponia trat mit einer großen Last an: Die hohen Erwartungen nach dem ersten und dem noch besseren zweiten Teil. Doch anstatt krampfhaft zu versuchen, die ersten beiden Spiele zu übertrumpfen, wählt der dritte Teil einen anderen Weg: Den würdigen Abschluss der Reihe mit neuen Elementen. Herausgekommen ist ein unglaublich witziges, aber auch nachdenklich machendes Spiel, dem man ansieht, dass Daedalic Feedback ernst nimmt. Und natürlich, dass alle dort es lieben, Adventure-Spiele zu machen. So wird aus dem Titel nicht nur der gelungene Abschluss einer witzig-abgedrehten Trilogie – er ist auch ein echtes Plädoyer für das Adventure-Genre: Durchdachte Unterhaltung mit einer tollen Geschichte, Erzählstruktur und anregenden Rätseln. Hut ab!

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Würdiger Abschluss einer brillanten Adventure-Reihe, der seine beiden Vorgänger noch einmal übertrumpft und die Konkurrenz alt aussehen lässt.Axel Kothe
Sagen wir es, wie es ist. Rufus ist ein Arschloch. Kein sympathischer Trottel Marke Guybrush, sondern ein sexistischer Unsympath, der in Fettnäpfchen nicht tritt, sondern bestenfalls hineinpinkelt. Und der Humor von Deponia trampelt grobschlächtig im Grenzgebiet von gutem Geschmack und Political Correctness herum. Auf welcher Seite: Egal! Nicht zuletzt das sind dann aber auch die Gründe, warum ich Deponia so liebe. Das Spiel – und ich betrachte Deponia 1-3 als ein einziges, riesiges, wahnsinniges Spiel – ist die Umsetzung einer Autorenvision. Kein von allen Seiten mürbegequatschter Kompromiss, wie man ihn fast immer zu spielen bekommt, kein von allen möglichen Richtlinien, guten Ratschlägen und Rücksichtnahmen weichgeregeltes Spiel für die ganze Familie, sondern die beeindruckende Umsetzung von genau der Vision, die uns Daedalic vor vier Jahren auf der gamescom vorgestellt hatte, und die uns so überambitioniert erschien, dass sich keiner von uns vorstellen konnte, irgendwann das Gesamtwerk Deponia im Laufwerk zu haben. Für mich persönlich ist Deponia der König des klassischen Comic-Adventures. Das Design der Spielwelt, die scharfzüngige Schreibe, die fast durchgängig exzellenten Rätsel: Es gibt endgültig keinen Grund mehr, nostalgisch in die 90er zu blicken. Was LucasArts konnte, kann Daedalic schon lange – Poki, ich will ein Kind von dir.Jan DasJan Schneider
Nun heißt es also Abschied nehmen. Goodbye, Deponia. Ich habe alle drei Teile sehr genossen. Dabei war ich zu Beginn des Testspiels beim dritten Teil sogar etwas besorgt: Wie beendet man eine solche Vorlage ordentlich? Die Antwort liegt nun vor uns: So.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Tolle Hintergrundgeschichte
  • Extrem Witzig mit dunklen Tönen
  • Viele Einzelanimationen
  • Super Sprecher
  • Sehr guter Soundtrack
  • Teilweise ruckelige Animationen
  • Kleinere Logiklücken gegen Ende