Nach dem Erfolg von Telltales The Walking Dead im letzten Jahr warten viele Spieler auf die neue Staffel und man hatte fast den Eindruck, die neue Serie The Wolf Among Us geht - auch in der Berichterstattung zum Beispiel nach der diesjährigen E3 - ein wenig unter. Jetzt ist Telltale zurück und wir haben die erste Episode der Comicbuch-Adapation für euch unter die Lupe genommen.
The Wolf Among Us basiert auf der US-Comicserie Fables von Bill Willingham, die seit 2003 erscheint und schon einige Auszeichnungen erhalten hat. In der Comicwelt leben diverse Charaktere aus Märchen und Fabeln in der Gegenwart in einem Stadteil New Yorks - Fabletown - weil sie aus ihrer Heimat vertrieben wurden.
Das alles klingt ein wenig abgefahren und genau diesen Eindruck vermittelt auch der Anfang der ersten Episode von The Wolf Among Us. Wir - und das heißt in diesem Fall, wir, der große, böse Wolf in Menschengestalt - sitzen wie schon am Anfang von The Walking Dead auf dem Rücksitz eines Autos. Bigby Wolf ist der Sheriff von Fabletown und sorgt für Recht und Ordnung unter den Fables. Um nicht von den Menschen erkannt zu werden, können diese, sofern sie es sich leisten können, einen Zauber namens „Glamour“ anwenden und damit das Äußere eines Menschen erhalten. Wer das nicht kann oder anderswie mit dem Gesetz in Konflikt gerät, wird von Bigby zur so genannten „Farm” nach Upstate New York verfrachtet. Die Menschengestalt können die Fables je nach Bedarf auch spontan ablegen.
Wieder konzentriert sich bei Telltales neuestem Werk alles um das intensive Erzählen einer Geschichte, weshalb wir gar nicht zu viel auf die Handlung eingehen wollen. Nur so viel sei gesagt: Sheriff Bigby Wolf muss einen grausamen Mord aufklären, der sich praktisch direkt vor seiner Haustür ereignet hat. Auf ihn wartet klassische Detektivarbeit (so klassisch diese in genanntem Setting sein kann): So muss er Spuren verfolgen, Zeugen und Verdächtige befragen und einzelne Anhaltspunkte richtig kombinieren. Unterstützt wird er dabei von Schneewittchen, die eigentlich die Assistentin des Bürgermeisters ist, der die Arbeit von Bigby immer wieder kritisiert. Die anderen Fables, darunter zum Beispiel die Schöne und passend dazu das Biest, stehen Bigby dagegen nicht so positiv gegenüber, da dieser für sein hartes Durchgreifen bekannt ist.
Auf den Spieler wartet eine sehr gut inszenierte, spannungs- und wendungsreiche Geschichte, die nicht langweilig wird und am Episodenende das typische Gefühl erzeugt, dass man unbedingt wissen möchte, wie es weitergeht in Fabletown.
Wieder wird das Spiel damit beworben, dem Spieler die Möglichkeit zu überlassen, die Handlung mit seinen eigenen Entscheidungen zu beeinflussen. So kann man zum Beispiel in Dialogen selbst entschieden, ob man eher aggressiv oder vorsichtig vorgeht, ob man lügt oder die Wahrheit sagt und auch die nächsten Handlungsschritte lassen sich manchmal individuell festlegen. So muss Bigby an einer Stelle entscheiden, ob er lieber den Hinweis eines Anrufers verfolgt oder sich zu einem potentiellen Tatort begibt - keine leichte Entscheidung, denn es ist klar, dass man mit der Entscheidung für die eine Möglichkeit eventuell Chancen vergibt, die sich bei der anderen Möglichkeit ergeben hätten. Das Spiel schafft es dabei gut, diese Wahlfreiheit atmosphärisch umzusetzen. Wieder hadert man bei der Wahl der unterschiedlichen Optionen und wägt diese gegeneinander ab. Noch bleibt aber abzuwarten, inwiefern und in welcher Intensität sich die Entscheidungen des Spielers tatsächlich auf den Handlungsverlauf in den nächsten Episoden auswirken werden.
Grafisch ist The Wolf Among Us nahezu perfekt umgesetzt. Die dreidimensionalen Areale, durch die Bigby Wolf sich bewegt, wirken wie große, lebendige und bewegte Orte eines Comics - und damit auch erfrischend neu. Zwar wurde die gleiche Engine wie in The Walking Dead verwendet, doch erkennt man dies weniger an der Grafik als viel mehr an der ähnlichen Steuerung oder dem Entscheidungssystem. Auch die Charaktere und insbesondere deren Mimik und Gestik sind sehr authentisch gestaltet. Die Kamerafahrten, die Zwischensequenzen sehr cineastisch wirken lassen und damit für eine tolle Atmosphäre sorgen, hätte Telltale ruhig auch in normalen Spielszenen etwas dynamischer einsetzen können. Steuert man gerade selbst, bleibt die Kamera meist ziemlich statisch an einem Ort oder bewegt sich nur wenig. Ab und zu bemerkt man aber doch ein paar zweidimensionale Objekte wie Büsche in der Spielwelt. Gesteuert wird wieder mit der Tastenkombination WASD in Verbindung mit der Maus, um mit Hotspots zu interagieren. Die Interaktionspunkte werden markiert, wenn man mit dem Cursor in deren Nähe kommt und oft stehen auch verschiedene Interaktionsmöglichkeiten zur Auswahl. Wer auf klassische Rätsel hofft, wird jedoch enttäuscht. Zwar ist wieder ein Inventar vorhanden und dieses füllt sich im Laufe der Episode auch mit einigen Objekten, verwenden kann man diese im Lauf der Geschichte aber nicht wirklich, obwohl das Potential vorhanden wäre. Warum es dann überhaupt ein Inventar gibt, bleibt Telltales Geheimnis.
Die Gewaltdarstellung ist wieder sehr explizit, wirkt jedoch für die Umsetzung eines Erwachsenencomics nicht übertrieben. Zarte Gemüter könnten trotzdem ein Problem damit haben, anderen Protagonisten per Quick-Time-Event durch wiederholtes Drücken der Q-Taste den Arm abzutrennen oder eine Axt in den Kopf zu rammen. Diese „Actionsequenzen“ sind sehr gut in den Spielverlauf integriert und wirken nur selten ein wenig aufgesetzt. Sie führen dazu, dass man sich als Spieler inmitten des Spielgeschehens versetzt fühlt.
Ein großes Lob haben auch die Synchronsprecher verdient. Die englischsprachige Vertonung des Spiels ist rundum gelungen und trägt einen maßgeblichen Teil zur dichten Atmosphäre über die ganze Episode hinweg bei. Untertitel sind zuschaltbar, allerdings nicht in deutscher Sprache.
Mit The Wolf Among Us ist Telltale ein weiteres Mal ein tolles Spiel gelungen, das in vielerlei Hinsicht bleibende Erinnerungen hinterlässt. Schon nach wenigen Spielminuten wirkt die Spielwelt trotz ihrer surrealen Inhalte glaubhaft und die Detektivstory absolut authentisch. Die grafische Umsetzung sowie die musikalische Untermalung und die Synchronsprecher spielen dabei eine wesentliche Rolle. Gerade die Animation der Gesichter ist so gut, dass man sich manchmal tatsächlich dabei erwischt, dem Gesprochenen zu misstrauen, weil der Gesichtsausdruck eine Lüge suggeriert.
Episodenwertung: 85%
"Mit der ersten Episode von The Wolf Among Us setzt Telltale das schon aus The Walking Dead bekannte Spielprinzip fort und schafft in der Welt der Fable-Comics ein Spiel mit dichter Atmosphäre, tollem Soundtrack und gut ausgewählten Sprechern. Die Charaktere werden glaubwürdig eingeführt und das Spiel schafft es, eine gewisse Spannung zu vermitteln. Außerdem verspricht das bis jetzt Gezeigte, dass wir in den kommenden Episoden noch einiges an Storytelling zu erwarten haben. Ich bin gespannt, wie es weitergeht."
Michael Stein
"Zugegeben, am Anfang war ich etwas skeptisch, ob ein Spiel, das in einer Comicwelt spielt, in der Fabelwesen teilweise in Menschengestalt unter Menschen leben, mich wirklich überzeugen können würde. Spätestens nach einer Viertelstunde Spielzeit waren diese Zweifel verschwunden. The Wolf Among Us ist so gut inszeniert, dass mich die herzergreifende Geschichte, die sich da in gut zwei Stunden Spielzeit auf dem Bildschirm abspielt, voll in ihren Bann gezogen hat. Wie schon bei The Walking Dead kann ich es kaum erwarten, die nächste Episode in die Finger zu bekommen. Da stören mich auch die fehlenden klassischen Adventureelemente, wie die Kombinationsmöglichkeit von Objekten, nicht. Und in der Zwischenzeit kann man die Episode mindestens ein zweites Mal spielen und ein paar andere Entscheidungs-Abzweigungen ausprobieren. Auch wenn klar ist, dass der grobe Verlauf der Story natürlich unabhängig von meinen Entscheidungen schon feststeht, gelingt Telltale es sehr gut, die Illusion zu erzeugen, dass man doch mehr Einfluss hat. Und das genügt mir volkommen."
Vier Monate hat es gedauert, bis Telltale nach dem fulminanten Staffelauftakt von The Wolf Among Us endlich die zweite Episode Smoke & Mirrors veröffentlicht hat. Doch hat die lange Entwicklungszeit auch dazu beigetragen, die Qualität der ersten Folge zu halten?
Nach einer kurzen, eher zufällig wirkenden Zusammenstellung einiger Szenen aus der ersten Episode befinden wir uns als Sheriff Bigby sofort wieder mitten im Geschehen. Dieses lässt sich schwer beschreiben, ohne grundsätzliche Storyentwicklungen zu spoilern. Smoke & Mirrors setzt konsequent die Geschichte rund um grausige Mordfälle in Fabletown fort, bietet aber keine wirklichen Überraschungen. Weiterhin spielt “Glamour”, der Zauber der es den Fables ermöglicht, die Gestalt eines Menschen anzunehmen, eine wichtige Rolle. Sheriff Bigby verfolgt Spuren und verhört Zeugen und Verdächtige.
Leider beschränkt sich dann auch das Gameplay fast ausschließlich auf solche Szenen, in denen der Spieler entscheidet, wie er eine Vernehmung führt. Schlägt man alles kurz und klein oder versucht man es durch gutes Zureden? Meistens führt nur eine Lösung tatsächlich zum Ziel, weshalb Telltale in einer Pressemitteilung im Vorfeld auch vorsichtshalber schon einmal dazu aufgefordert hat, nicht der große “liebe” Wolf zu sein. Dem Spieler nimmt diese Einschränkung leider das letzte Gefühl, tatsächlich Einfluss auf den Verlauf der Geschichte zu haben, auch wenn Telltale diese Szenen durchaus atmosphärisch umgesetzt hat. Man frägt sich, ob der Verdächtige lügt und ob ein paar Faustschläge ins Gesicht oder ein Schlag mit einer Glasflasche auf den Schädel daran etwas ändern könnten.
Während des Spielens bekommt man anders als in der ersten Episode oder in The Walking Dead auch nie den Eindruck, wirklich maßgebliche Entscheidungen zu treffen. Welche Wegpunkte das Spiel als wichtig betrachtet erfährt man erst in der obligatorischen Zusammenfassung der Entscheidungen der anderen Spieler, die nach dem Beenden der Episode eingeblendet wird. Das restliche Gameplay ist kaum der Rede wert. Die Locations sind noch kleiner als zuvor, die abzuarbeitenden Hotsports starr vorgegeben. Das Inventar füllt sich diesmal zwar auf eine Handvoll Gegenstände, wirkliche Interaktion gibt es aber wieder einmal nicht. Als weiteres Gameplayelement werden wieder Quicktime-Events verwendet, die wenig anspruchsvoll oder gar fordernd sind.
Und auch wenn der Grafikstil weiterhin gefällt merkt man der aktuellen Episode deutlich an, dass nicht viel Arbeit in die Ausarbeitung der Areale gesteckt wurde. Ein Teil der Räume aus Episode 1 wurde weiterverwendet, neue Lokationen sind praktisch nicht frei begehbar und kaum ausgestaltet. Trotzdem schafft es das Spiel, auch dank der tollen, englischsprachigen Vertonung, eine besondere Atmosphäre zu schaffen, die in Videospielen ihresgleichen sucht. Explizite Gewaltszenen sind diesmal im Gegensatz zum Staffelauftakt übrigens eher selten zu finden. Englische Untertitel lassen sich optional einblenden. Die neu eingeführten Charaktere bleiben blass, sie erhalten weder Zeit noch Raum sich zu entwickeln, was ebenfalls sehr schade ist.
Episode 2 von The Wolf Among Us erreicht ganz klar nicht die Qualität des Staffelauftakts. Neue Charaktere sind kaum ausgearbeitet, neue Areale ziemlich einfallslos gestaltet. Auch das Gameplay erreicht einen Tiefpunkt, bei dem man schon fragen muss, ob das, was einem da geboten wird, überhaupt noch als Spiel durchgeht. Man klickt sich durch Dialoge und Quick-Time-Events und interagiert in der gesamten Spielzeit mit einer Handvoll Hotspots. Nach ungefähr anderthalb Stunden flimmern schon wieder die Credits über den Bildschirm und man fragt sich ein wenig, ob es das ist was Telltale mit der Weiterentwicklung seines Konzeptes, Spiele an einem Abend durchspielen zu können, erreichen wollte. Positiv bleibt die starke Atmosphäre, die sich diesmal gerade in den Verhören entwickelt wenn der Spieler aktiv entscheiden muss, welcher Weg (guter Wolf, böser Wolf) zur gewünschten Information führt.
Episodenwertung: 73%
"Die zweite Episode führt einige neue Charaktere und wenige neue Schauplätze ein. Warum es fast vier Monate gedauert hat, um ein so sehr aus bereits vorhandenem Material bestehendes Spiel zu liefern, bleibt ein Rätsel. Spielerisch ändert sich ebenfalls nicht viel, es gibt lediglich weniger Quick-Time-Events. Womit The Wolf Among Us jedoch weiterhin punkten kann, sind die gelungene Spielwelt, die außergewöhnlichen Charaktere mit ihrer guten englischen Vertonung sowie die Story, die den Spieler auch nach dem zweiten Teil wieder mit der Vorfreude auf den nächsten Happen zurücklässt. Hoffen wir, dass Telltale sein Versprechen hält und die Wartezeit für die künftigen Episoden wieder in einem erträglichen Rahmen bleibt."
Michael Stein
"Die zweite Episode erreicht leider nicht ganz die hohen Erwartungen, die durch die hohe Wartezeit aufgebaut wurden. Zwar gibt es auch in dieser Episode wieder einige überraschende Wendungen, doch sind beispielsweise die Entscheidungen (noch) nicht wirklich von Bedeutung. Wie in keiner Telltale-Episode zuvor kam es mir diesmal vor, als würde ich mich einfach von Dialog zu Dialog klicken. Die tatsächlichen Spielsequenzen beschränkten sich auf ein Minimum. Trotz all der Kritik freue ich mich dennoch auf die nächste Episode, die sich, im Vergleich zu diesem kurzen Abenteuer, ja nur noch steigern kann."
Caroline Valdenaire
"Telltale, ist das euer Ernst? Da lasst ihr euch gemächliche vier Monate Zeit für die Veröffentlichung der zweiten Episode und dann erreicht diese in keinem Bereich den starken Staffelauftakt? Ich mag das Episodenkonzept auch auf Grund der Tatsache, einzelne Episoden an ein bis zwei Abenden spielen zu können, aber weniger als 90 Minuten Spielzeit ist dann doch zu wenig, wenn ich beim Spielen auch gar nicht mehr gefordert werde. Gefühlt habe ich keine wichtige Entscheidung getroffen, keine interessanten neuen Charaktere oder Orte kennengelernt und auch die Geschichte war soweit absolut vorhersehbar. Ich mag die Spieldynamik und die Atmosphäre in der Fabletown, aber ich hoffe inständig, dass Episode 3 den Abwärtstrend stoppt und wieder richtig gute Unterhaltung bietet."
Achtung: Spätestens mit der Besprechung dieser Episode lassen sich Spoiler nicht mehr ganz vermeiden. All jene, die die Vorgängerepisoden noch nicht gespielt haben, sollten hier nicht weiterlesen oder zum Fazit springen!
Doppelt so schnell wie die vorherige ist Episode 3 von The Wolf Among Us, A Crooked Mile nach zwei Monaten Wartezeit erschienen. Offensichtliche negative Auswirkungen auf die Qualität des Inhalts hat das nicht, die internen Richtlinien, die bei Telltale zur Wahl des Veröffentlichungstermins fallen, sind aber auch nicht bekannt. Weiterhin arbeitet die Spieleschmiede ehemaliger LucasArts-Veteranen parallel an mehreren Projekten, wobei der Fokus vermutlich auf dem auch finanziell wohl sehr erfolgreichen The Walking Dead liegt.
Sheriff Bigby Wolf jagt seinen Hauptverdächtigen in der mysteriösen Mordserie, die die Fabletown erschüttert, jenen fiktivien New Yorker Stadtteil, der den Schauplatz der abgedrehten Comicvorlage darstellt. Ziemlich überraschend sind am Ende der zweiten Episode kompromittierende Fotos an einem Tatort aufgetaucht, die einen bisher unschuldig wirkenden Mit-Fable ins Rampenlicht der Ermittlungen und generell in ein ganz anderes Licht rücken. Klar ist bis dahin nur, dass illegale Glamours dazu missbraucht werden, vornehmlich weiblichen Fables die Gestalt anderer Mitbewohner zu geben - aus welchen Gründen auch immer. Und auch für die Herstellung dieser Glamours ist bald eine Verdächtige gefunden, deren Auffinden der einzige Weg zur Ergreifung des Verdächtigen zu bedeuten scheint. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die halbe kriminelle Unterwelt Fabletowns gegen Bigby Wolf verschworen zu haben scheint und diesem bei jeder Gelegenheit in die Quere kommt. Ein Schwerpunkt der Episode liegt auf den gesellschaftlichen Beziehungen innerhalb der Fabletown und deren Moralvorstellungen und Werte. Bigby und seine Mitstreiter müssen entscheiden, wo die auch sexuelle Perversion einzelner die Grenzen zur Straftat überschreitet.
Was sich ein wenig nach 08/15-Kriminalgeschichte anhört, ist durchaus spannend inszeniert und unterhält die gesamte Spielzeit auf einem hohen Level. Telltale gelingt es wieder viel besser als in Episode 2 eine Geschichte zu erzählen, die nicht in die Belanglosigkeit abgleitet, sondern eine besonders tiefe und emotionale Atmosphäre aufbaut. Ein neu eingeführtes Gameplayelement ist eine nicht in Echtzeit ablaufende Uhr, die bei vielen Szenenwechseln verdeutlicht, wie viel Zeit noch bleibt, das Episodenziel zu erreichen. Heimlich, still und leise grenzt Telltale dafür die Verwendung des Inventars immer weiter ein. Es ist zwar noch vorhanden, bei der einen (!) tatsächlichen Interaktion zwischen einem Gegenstand und einem Hotspot wandert ein Schlüssel aber noch nicht einmal in die Tasche Bigbys sondern wird sofort in das im selben Screen sichtbare Schloss gesteckt. Auch hat man diesmal nicht so sehr das Gefühl, tatsächlich relevante Entscheidungen zu treffen. Zwar hat man an verschiedenen Stellen in der Episode Wahlmöglichkeiten, der Eindruck, man hätte wirklich Einfluss auf den Spielverlauf, fehlt aber bis auf ganz wenige Ausnahmen.
An Interface und Technik hat sich nichts geändert, beide Bereiche sind weiterhin hochwertig umgesetzt und auch die englische Vertonung der Charaktere ist wieder erster Klasse. Die Spielzeit liegt bei ungefähr eineinhalb Stunden. Quick-Time-Events sind vorhanden, aber eher im Hintergrund.
Episode 3 setzt die Geschichte konsequent fort, ist durchgehend spannend und gipfelt in einen Showdown, der die Vorfreude auf Episode 4 schürt. The Wolf Among Us ist weiterhin Unterhaltung auf hohem Niveau für erwachsene Spieler. Telltale schreckt zum Glück nicht davor zurück, sich inhaltlich treu zu bleiben und die eingeführten Personen konsequenz authentisch darzustellen - in allen Lebensbereichen. Besonders der schmale Grat, auf dem Bigby Wolf versucht, allen Einwohnern von Fabletown gerecht zu werden und es nicht immer schafft, die Beherrschung zu behalten, wirkt sich fabelhaft auf die Atmosphäre aus. Episode 3 ist recht schnell, es gibt nur wenige ruhige und traurige Verschnaufpausen.
Episodenwertung: 82%
"Episode 3 macht so ziemlich alles richtig. Telltale dreht weiterhin an der Story-Schraube, die Darstellung der Charaktere bleibt ausgezeichnet und spielerisch geht es dieses mal ein bisschen voran. Wenn Telltale es schafft, die Fables-Welt in dieser Form bis zum Ende weiterzuzeichnen und keine groben Patzer in die Erzählweise einbaut, ist zumindest für mich The Wolf Among Us aktuell die bessere der beiden Telltale-Serien."
Michael Stein
"Die Schwächen aus der Vorgängerepisode hat man nach dem Finale dieser dritten Folge glatt vergessen. Sowohl musikalisch wie auch auf Seiten der Sprecher bekommen wir einmal mehr ein Meisterwerk abgeliefert. Die Handlung ist zu keiner Zeit langweilig, sondern derart rasant, dass einem die Spielzeit dadurch noch kürzer vorkommt, als sie letzten Endes eh schon ist. Der neue Charakter am Schluss ist die nötige Pointe, die diese Episode zu etwas ganz Besonderem macht. Klar - ein Adventure ist auch diese Episode nicht wirklich, doch zumindest ist es ein wahnsinnig spannender interaktiver Film, der Hunger auf mehr macht."
Caroline Valdenaire
"Nachdem mich Episode 2 ein bisschen weniger überzeugt hat als der imposante Start der Staffel, ist Telltale mit der aktuellen Folge wieder Unterhaltung auf höchstem Niveau gelungen, auch wenn die Interaktionsmöglichkeiten gerade aus Adventuresicht weiterhin extrem beschnitten sind. Die Geschichte entwickelt sich rasant weiter und man brennt darauf, den Schuldigen zu finden und dabei gleich noch ein paar andere Geheimnisse aufzudecken. Telltaletypisch ist die Dialogregie und die Dramaturgie klasse. Ich freue mich auf die nächste Episode, die gerne wieder in maximal zwei Monaten erscheinen darf."
Episode 3 endete mit einem Cliffhanger und so startet die Folgeepisode In Sheep’s Clothing nicht weniger spannend. Für Sheriff Bigby wird es immer schwieriger, seine beiden konkurrierenden Charakterzüge unter einen Hut zu bringen. Steht auf der einen Seite die Moral, die nicht zuletzt Snow White von ihm als Hüter des Gesetzes fordert, bricht auch immer wieder die andere Seite - die des bösen Wolfs - aus ihm heraus. Die Hinweise auf die Drahtzieher hinter den Morden in Fabletown verdichten sich und schließlich kommt es in Episode 5 zum Showdown, der auch noch Überraschungen bietet.
Aus erzählerischer Sicht macht Telltale wieder vieles richtig. Der Spieler erarbeitet sich immer weitere Informationsbrocken, die langsam das große Gesamtbild ergeben. Gleichzeitig stellen sich oft aber auch neue Fragen, die das Interesse an der Geschichte wach halten und die Vorfreude auf die nächste Episode steigern. Wieder werden Entscheidungen getroffen, die an die Nieren gehen und auch der Abschluss der Staffel stellt zufrieden.
Leider wird der Schein der durch den Spieler gestaltbaren Geschichte aber auch immer mehr getrübt, weil zunehmend Reaktionen so wirken, als wäre es völlig egal gewesen, wie Bigby reagiert. Das merkt man natürlich insbesondere dann, wenn man eine Episode mit anderen Entscheidungen noch einmal spielt, aber leider auch wenn man zum Beispiel eine Entscheidung einfach mal verstreichen lässt.
Viel schwerer aber wiegt noch das immer schwächer werdende Gameplay. War es in der ersten Hälfte der Staffel wenigstens noch möglich, Areale rudimentär zu erforschen und kleinere Aufgaben zu erledigen, darf man in den letzten beiden Episoden höchstens noch von einer Tür zur anderen laufen und diese vielleicht noch öffnen. Das ist sehr schade, weil man auf diese Art und Weise immer mehr vom Spieler zum reinen Zuschauer degradiert wird. Über die Hintergründe kann man nur spekulieren. Vielleicht rechtfertigt der finanzielle Erfolg oder Misserfolg für Telltale es einfach nicht, mehr Gameplay einzubauen. Vielleicht finden die Macher den eingeschlagenen Weg aber auch tatsächlich gut. Dafür würde sprechen, dass auch im unbestritten erfolgreicheren The Walking Dead ähnliche Tendenzen zu beobachten sind.
Grundsätzlich sind die beiden abschließenden Episoden von The Wolf Among Us gut gemacht. Sogar die hohen Erwartungen an ein Staffelfinale, das möglichst viele Handlungsstränge zusammenführen und dabei trotzdem nicht anstrengend werden sollte, werden erfüllt. Telltale ist eine Adaption der Comicbuchreihe gelungen, die über die gesamte Spielzeit hinweg gut unterhalten hat. Aus spielerischer Sicht ist es trotzdem ein Problem, wenn es kaum noch Interaktionsmöglichkeiten gibt, die Episoden immer kürzer werden und Entscheidungen nicht mehr wirklich authentisch wirken.
Episodenwertung: 70%
Anmerkung: Da diese Staffel abgeschlossen ist, bezieht sich die Gesamtwertung unten auf die gesamte Staffel, nicht nur auf die letzte Episode.
Die letzten beiden Episoden haben mich weiterhin gut unterhalten und die Serie zu einem zufriedenstellenden Abschluss geführt. Rückblickend bedauere ich nur die großen Abstände zwischen den ersten Episoden, durch die das Spiel sich insgesamt so weit gezogen hat, dass ich nur noch wenig über den Beginn weiß. Die gute Nachricht dabei ist jedoch, dass ich das Gefühl habe, diese Staffel von The Wolf Among Us bestimmt irgendwann noch einmal zu spielen.Michael Stein
Ich bereue nicht, Zeit in das Spielen von The Wolf Among Us investiert zu haben. Ich habe eine intensive Geschichte bekommen, einen interessanten Schauplatz, authentische Charaktere und Entscheidungen, die mir nahe gingen. Sogar das Finale überzeugt aus erzählerischer Sicht - eine Leistung, mit der sogar viele Fernsehserien, an denen man sich hier klar orientiert, ein Problem haben. Meine Befürchtung, das Spiel könnte bei diesem Szenario kitschig werden, haben sich nicht bestätigt.
Trotzdem lässt der Spielspaß nach, wenn immer weniger Interaktion mit der Umwelt möglich ist. Viele Entscheidungen oder Dialogoptionen wirken aufgesetzt und auch die eingestreuten Quick-Time-Events werden immer langweiliger. Wenn Telltale erfolgreich bleiben will, müssen sie in meinen Augen klar dieser Entwicklung entgegensteuern. Die Episoden immer kürzer zu machen, wie man aktuell auch beobachten kann, ist dabei aber der falsche Weg. Ich bin gespannt auf die nächsten Episodenspiele von Telltale, insbesondere auf die Adaption von Game of Thrones.
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