Die erste Episode von Skygoblins Adventure The Journey Down war Ende 2012 ein kleiner Indie-Hit. Die grafisch wie klanglich aufgebohrte Neufassung eines älteren Freewaretitels gefiel mit einer interessanten Spielwelt, gelungenen Grafiken und schmissiger Musik mit Reggae-Touch sowie einer passablen Story, war mit vier Stunden Spielzeit und einigen technischen Mängeln aber auch kein Überflieger. Etwas später als geplant liegt nun Episode 2 des auf drei Folgen angelegten Spiels vor. Bitte anschnallen und die Sitzlehnen hoch, wir starten in den Test.
Den Cliffhanger der ersten Episode bildete der Absturz des Flugzeugs des Protagonisten über dem mysteriösen Nebel, der weite Teile der Inselwelt des Spiels umgibt. Zu Beginn von Episode 2 stellt sich wenig überraschend heraus, dass alle Beteiligten den Absturz überlebt haben – Bwana, sein Mechaniker Kito und die neue Bekannte Lina sind wohlauf, denn ihr abgestürztes Flugzeug wurde von einem Fischkutter aus dem Meer gefischt. Der Fischkutter treibt allerdings orientierungslos im Nebel, ohne Positionsbestimmung ist eine Weiterfahrt durch die Untiefen der Inselwelt nicht möglich und der Kapitän ist dank Alkoholproblem keine große Hilfe. Zeit für den Spieler, den knuffigen Rasta Bwana die Initiative ergreifen zu lassen und das Schiff in den Hafen von Port Artue zu steuern. Damit fangen die Probleme aber erst an, denn dort werden Bwana und Kito von den lokalen Behörden verhaftet und eingesperrt, was sie dem Ziel, Bwanas Vater Kaonandodo aufzutreiben, nicht gerade näher bringt.
Es entwickelt sich eine für die kurze Spielzeit erstaunlich vielschichtige Story, die mehrere Wendungen nimmt und den Spieler tatsächlich bindet. Da man sich mit dem Spielcharakter Bwana meistens ganz gut identifizieren kann und der Plot spannend geschrieben ist, bleibt man dran und möchte wissen, wie's weitergeht. Gut gemacht. Mit Ausnahme von Bwana sind die Charaktere allerdings nicht übermäßig tief angelegt. Dass sie Klischees und Stereotype bedienen, kommt dem Spielerlebnis im Allgemeinen zugute, wobei man bei der notorischen Fröhlichkeit von Sidekick Kito mitunter schon ins Grübeln kommt, ob der Gute nicht ein leichtes Drogenproblem hat. Humor wird in The Journey Down generell groß geschrieben, was sich in Dialogen und Situationskomik manifestiert und selten übermäßig platt daherkommt – eine große Stärke von Skygoblin.
In puncto Gameplay gibt es keinerlei Unterschiede zur ersten Episode, den Spieler erwartet klassisches Point & Click. Es wird nur eine Maustaste benötigt, es gibt ein ausreichend großes Inventar und Dialogzeilen werden mit der Maus angewählt. Die Steuerung geht intuitiv von der Hand und hindert den Spielfluss in keinster Weise. Hotspotanzeige und andere Annehmlichkeiten sucht man auch weiterhin vergebens. Episode 2 ist größer, sogar um einiges. Sie ist auch dialoglastiger, was nicht unbedingt ein Nachteil ist. Man erfährt eine Menge über die Spielwelt, und selbige ist spannend. Die Rätselkost ist vergleichbar mit Teil 1 – sie ist vorhanden, den Göttern sei Dank auch reichlich, aber meist nicht besonders fordernd. Wie im ersten Teil integrieren sich die Puzzles gut in die Story und wirken im Regelfall nicht aufgesetzt. Mit der Logik hapert es manchmal ein bisschen, aber durch konsequentes Abklappern der nicht übermäßig zahlreichen Schauplätze kommt man stets weiter, und es gibt immer irgendwas zu tun.
In grafischer Hinsicht gibt es keine Überraschungen. Keine negativen jedenfalls – die Zwischensequenzen (in Spielgrafik) wirken ein wenig polierter als in Teil 1, und die Beleuchtung wurde auch ein wenig verbessert. Als Vergleich mag Deponia herhalten, das in geschlossenen Räumen detaillierter daherkommt, während The Journey Down in den Außenarealen punktet. Insgesamt sind die Umgebungsgrafiken nicht gerade hochauflösend, aber stimmig. Die Figurenanimationen sind hingegen nicht sehr gelungen und passen sich auch nicht gut in die Umgebung ein, und Lippensynchronität gibt es auch weiterhin nicht. Im Vergleich zu Episode 1 ist der aktuelle Teil ein wenig düsterer gehalten – draußen bei Sonnenlicht sollte man ihn nicht gerade spielen.
Der Reggae-Soundtrack war ein großer Pluspunkt in Episode 1. In dieser Hinsicht wird man leider enttäuscht – zwar gibt es auch weiterhin reichlich Musik, aber sie ist weniger schmissig, manchmal sogar eher düdelig. Statt Reggae gibt es eine Mischung aus Swing, Jazz und Easy Listening – nicht übel, passt auch gut zum 1930er-Jahre-Ambiente von Port Artue, aber viele hatten sich bestimmt auf ein wenig Karibik-Flair gefreut. Die Soundeffekte wirken billig. Die Sprecher von Bwana, Kito und Lina sind dieselben wie in Episode 1, alle Sprecher leisten ordentliche Arbeit, die Qualität der Sprachaufnahmen ist aber von Charakter zu Charakter unterschiedlich in puncto Lautstärke und Klang – eine unverständliche Schwäche, irgendeine Art von Betatesting muss das Spiel doch durchlaufen haben. Sprache und Untertitel sind wieder auf Englisch.
Wer spieletechnisch eher im Mainstream beheimatet ist und in puncto Adventures höchstens mal den einen oder anderen Blockbuster spielt, wird in The Journey Down auch mit Erscheinen von Teil 2 ein klobig daherkommendes Old-School-Adventure wie von Anno Dazumal sehen, dem man sein geringes Budget an allen Ecken und Enden anmerkt, das aber unbestreitbar über reichlich Humor und über eine tiefgehende, spannende Spielwelt verfügt. Wer hingegen besagte Old-School-Adventures und darüber hinaus unverbrauchte Settings mag, wird Teil 1 der Journey-Down-Trilogie geschätzt haben und wird auch mit Teil 2 nichts falsch machen. Anfangs mag der abrupte Wechsel des Schauplatzes ungewohnt wirken, aber die gut konstruierte Story, das stylische 1930er-Jahre-Flair und die rundum gelungene Spielwelt nehmen einen schnell gefangen. Kein Meilenstein des Genres, aber im Segment Indie-Adventure sicherlich eines der Highlights.
Ich LIEBE dieses Spiel. Also, die Spieleserie – Episode 2 ist zwar ohne Kenntnis des ersten Teils spielbar, aber erst in Kombination mit Teil 1 erschließen sich die abgedrehte Spielwelt und der mitreißende Handlungsstrang so richtig. Als alter Sack in puncto Adventure-Erfahrung fällt mir eine Parallele zu Monkey Island 1 & 2 auf – die Handlung ist nicht für ein möglichst großes Publikum glattgebürstet, die Logik bleibt mitunter zu Gunsten abgedrehter Ideen auf der Strecke, so als hätten kein Controller und kein Produktionsmanager das Skript zurechtgestutzt, sondern als hätte ein kleines Team seiner Kreativität freien Lauf gelassen und bei reichlich Bier das Skript ihrer Träume geschrieben. Also: Mittelmäßige Grafik hin, zahlreiche kleinere Schwächen her, ich erwarte nach dem abschließenden Teil 3 noch mindestens Teil 4, 5 und 6, alles andere wäre Verschwendung kreativen Potenzials.
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