Früher war alles besser. Zum Beispiel die Science-Fiction-Filme in den 1960ern. Das scheint zumindest der Grundgedanke hinter Albedo - Eyes from Outer Space zu sein. Das Spiel mischt eine Art Egoshooter mit einem klassischen Adventure. Wie das ausgeht, lest ihr hier.
Es ist kein guter Tag für John T. Longly, dem Nachtwächter der Forschungsstation JUPITER: Unvermittelt landet er im Keller der Anlage, wo zahlreiche Monster nach seinem Leben trachten. ""Herz""-Stück der Monster sind stets riesige Augen. Und angriffslustig sind die Viecher zu allem Überfluss auch noch. Gut, dass fast alle Inventargegenstände auch als Waffe benutzt werden können, um auf die Kreaturen einzudreschen. Das ist jedoch längst nicht immer die beste Lösung. So können auch Objekte als Ablenkung geworfen oder Getränkeautomaten als tödliche Falle benutzt werden. Fakt ist: Es wird viel gekämpft und kombiniert in Albedo.
Storytechnisch bringt der Titel alles mit, was man erwarten würde: Aliens aus weit entfernten Galaxien, die die Menschen umbringen wollen, futuristischer Technikkram und Zeitreisen. Die insgesamt gut gestaltete Hintergrundgeschichte verabschiedet den Spieler am Schluss mit einem Augenzwinkern.
Gleichzeitig größte Innovation und größter Schwachpunkt ist die Steuerung bei Albedo. Das Geschehen wird aus der Egoperspektive dargestellt, wie man es von Shootern kennt. Gelaufen wird per WASD-Kombination, zum Umsehen dient die Maus. Geschlagen wird mit linken Maustaste. Das Inventar wird unterdessen per Mausrad aufgerufen. Will der Spieler einen Gegenstand in die Hand nehmen, muss er ihn nach unten ziehen oder die rechte Maustaste drücken. Danach stehen - je nach Gegenstand - unterschiedliche Möglichkeiten per Mausrad zur Auswahl. Neben kämpfen, werfen und zurück ins Inventar legen gibt es dabei auch die Option ""kombinieren"", die eine Interaktion mit der Umwelt ermöglicht. Entsprechende Gegenstände leuchten dann auf, wenn die Maus über ihnen landet. So komplex die Steuerung klingt, ist sie anfangs auch. Es dauert eine ganze Weile, bis man sich an sie gewöhnt hat und beispielsweise nicht mehr unbeabsichtigt Dinge durch die Gegend schleudert. Eine Hilfefunktion ist ebenfalls eingebaut: Mit der Tabulator-Taste leuchten Hotspots auf und der Protagonist hilft mit lauten Überlegungen weiter.
Während die meisten physikalischen Zusammenhänge korrekt dargestellt werden, gibt es doch immer wieder Ausreißer. Da fliegen Gegenstände zu weit, verhaken sich oder trudeln durch die Luft. Ärgerlich war das in unserem Test an mehreren Stellen: Ein versehentlich geworfenes Rohr blieb an der Decke auf anderen Rohren unerreichbar hängen. Des Weiteren gestaltete sich eine Klettereinlage komplizierter als gedacht. Und eine abgetrennte Hand eines Kollegen verschwand schlicht spurlos. Hinzu kommt, dass die frei begehbare Umgebung zum Teil ein wenig verwirrend aufgebaut ist. Wer auf bestimmte Schauplätze reduzierte Adventure-Titel gewohnt ist, wird ein wenig mit der Übersicht zu kämpfen haben. Andererseits führt diese Umsetzung dazu, dass man nahezu jede bescheuerte Idee auch ausprobieren kann. Das führt teilweise zu witzigen Ergebnissen. Definitv unrealistisch ist die Tatsache, dass der Hauptcharakter jegliches Objekt, egal wie schwer, aufheben und mit Leichtigkeit werfen kann. Inwieweit der Spieler daher die Story und die Umgebung ernst nehmen möchte, bleibt ihm überlassen. Durch die zum Teil abgedrehten Wesen, Kombinationen und Orte wird man aber eher geneigt sein, das Spiel als nicht ganz ernst gemeinte Hommage an die SciFi-Filme der 60er zu verstehen. Das ist auch mit ein Grund, warum selbst Überreste eines Körpers und eine lose Hand nicht allzu schockierend wirken.
Grafisch ist der Titel schwer zu beschreiben. Am auffälligsten sind die überdreht-nachbearbeiteten Farben und die sehr dunkle Grundstimmung. Die Grafik ist zwar definitiv nicht hochrealistisch, aber ausreichend, um eine gewisse Immersion zu erzeugen. Die feindlichen Monster bewegen sich recht überzeugend und haben auch interessante Angriffs-Animationen. Auch in der restlichen Umgebung bewegen sich Dinge: Funken sprühen, Wasser plätschert und Tentakeln greifen ins Leere. Wie der Titel schon vermuten lässt, dreht sich letztlich alles um das Thema Augen, die in vielen Formen auftauchen. Der Soundtrack hält sich dezent im Hintergrund, die Geräusche sind zum Großteil passend gesetzt. Lobend sind vor allem die Monsterschreie zu erwähnen, bei denen es dem Spieler mit Kopfhörern durchaus kalt den Rücken herunterlaufen kann. Die (nur auf Englisch verfügbare) Sprachausgabe geht in Ordnung. Der Hauptsprecher klingt jedoch zum Teil weit entfernt und trifft, wie die anderen Sprecher, nicht immer die perfekte Stimmung. Die deutschen Untertitel sind insgesamt gut übersetzt, verpassen es aber hin und wieder, Wortspiele aus dem Englischen gut zu übertragen.
Die Rätsel bei Albedo reichen von klassischen Kombinationsrätseln über die Manipulation von Gegenständen bis hin zu Aufgaben auf Zeit. Das kann sich zum Teil recht nervig auswirken. Beispielsweise muss an einer Stelle unter Wasser ein Geflecht aus Rohren in einem Minispiel entwirrt werden. Dafür hat der Spieler aufgrund der begrenzten Atemluft jedoch nur beschränkt Zeit. An einer weiteren Stelle gleitet das Spiel vollständig in einen Shooter ab, während Augenwesen auf den Spieler zustürmen. Leider ergeben längst nicht alle Rätsel und vor allem deren Ablauf Sinn. Ein Beispiel: Im ersten Raum soll ein Monster mit einer Ratte vor einen Getränkeautomaten gelockt werden, der dann per Seil auf das Monster geworfen wird. Die Probleme dabei: Zunächst einmal spricht der Protagonist schon von einer Ratte, auch wenn der Spieler sie noch nicht zu Gesicht bekommen hat. Dann will dieses Vieh partout nicht in die Falle tappen. Erst, wenn ein Seil am Automaten hängt, klappt das plötzlich. Das sorgt für unnötige Hänger. Auch sonst hilft hin und wieder ein Blick in die Lösung, denn von alleine auf alle abgedrehten Kombinationen und Aktionen des Spiels zu kommen, ist schon eine besondere Herausforderung. Da hilft auch ein lupenartiges Gerät nicht, mit dem man in die Zukunft schauen kann und sich so Lösungsideen holen soll.
Albedo bringt ein paar gute Ideen mit, nur an der Umsetzung hapert es häufiger. Verwirrende Steuerung, gewöhnungsbedürftige Grafik, nicht ganz nachvollziehbare Rätsel - der Spieler muss sich mit einigen Dingen anfreunden, wenn er das Ende der Geschichte sehen will. Wer gerne mal ein experimentelles Adventure mit viel Action ausprobieren will und/oder Fan der SciFi-Filme aus den 60ern ist, kann auf jeden Fall mal einen Blick riskieren. Übung in schnellen Actionsequenzen sollte man aber auf jeden Fall mitbringen. Und auch ein gelegentlicher Blick in die Lösung, die in der Boxversion von Headup-Games unter anderem neben einem Plakat und dem Soundtrack netterweise als PDF-Datei mitgeliefert ist, kann nicht schaden. Kurz gesagt: Der Titel ist nicht wirklich schlecht, aber er hat mit Problemen zu kämpfen.
Waaaah, was für ein Chaos!, war mein erster Gedanke, als ich das Spiel gestartet habe. Stück für Stück habe ich mich dann an die Steuerung und die Umgebung gewöhnt und trotz einiger Unzulänglichkeiten hin und wieder gestaunt, wie gut sich klassisches Rätseldesign mit dieser Spielform verträgt. Albedo hat einige sehr schöne Ideen und fängt auch den Charakter der 60er-SciFi-Filme gut ein. Leider reicht das nicht aus, denn die Präsentation, die Rätsel und die Steuerung können nicht vollständig überzeugen. Ein bisschen weniger Chaos und vielleicht sogar ein kleinerer Umfang hätten dem Spiel sicher gut getan.
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