Frictional Games ist ein schwedisches Entwicklerteam, das man durch Gruselspiele wie Penumbra und Amnesia kennt. Nun schicken sie mit SOMA ein weiteres, aus der Egoperspektive betrachtetes Survival-Horror-Spiel mit Adventure-Elementen in den Ring - erstmals auch für Konsole, nämlich für die Playstation 4. Ob daraus wie bei den anderen beiden Spielen eine (kleine) Reihe wird, ist noch nicht abzusehen. Ob es aber mit ihnen mithalten kann, lest ihr im Folgenden.
Bevor das Spiel ""richtig"" losgeht, ist noch alles ganz normal für Simon Jarrett, dem Protagonisten. Nach einem Autounfall, bei dem seine Freundin umkam und er eine schwere Hirnverletzung erlitt, traf er eine Vereinbarung mit einem Arzt. So will ihm dieser bei der Genesung helfen und bittet ihn, sich auf einen verkabelten Stuhl zu setzen, auf dem ein Scan durchgeführt werden soll. Als man wieder erwacht, befindet man sich aus vorerst unbekannten Gründen in einer Unterwasserstation im Jahre 2103 und nach und nach wird einem gezeigt, womit man es hier zu tun hat. Ein Team aus Wissenschaftlern und Ingenieuren versucht, Menschen in digitaler Form auf einer Art Server, die ARCHE genannt, ins All zu schießen, da die echte Welt nach einer Katastrophe zugrunde geht. Doch wo sind all diese Leute und was ist aus dem Projekt geworden? Durch Audiodateien auf Computern, schriftliche Aufzeichnungen und das “Lesen” gespeicherter Erinnerungen bekommt man die Hintergründe häppchenweise serviert und kann so den Verlauf der Geschehnisse in etwa nachvollziehen. Dabei wird einem klar, dass sich die Geschichte hinter SOMA mit der philosophischen Fragen nach dem Menschsein beschäftigt. Ebenfalls klar wird, dass man wohl doch nicht ganz alleine auf der Station ist. Der Horror, der einem hier begegnet, ist dabei psychologischer Art und arbeitet weniger mit Jumpscares. Blutig ist es zwar hier und da, aber der Fokus liegt definitiv nicht darauf.
Wer die vorigen Titel von Frictional Games schon gespielt hat, wird sich auch hier schnell zurechtfinden. Denn neben der Erzählweise der Hintergrundgeschichte ist auch das Zustandssystem wieder mit an Bord. Kommt man einem Feind zu nahe oder hat direkten Blickkontakt mit ihm, dreht einem der Verstand am Rad und die Sicht wird verzerrt. In Museen gilt bekanntlich “nur gucken, nicht anfassen!”, doch hier ist es eher “nicht gucken, erst recht nicht anfassen!”, wenn einem das Leben lieb ist. Denn es gibt keine Möglichkeit der direkten Bekämpfung der Kreaturen. Man kann sie allerdings ablenken oder gegebenenfalls temporär einsperren, um Zeit zu gewinnen. Im Laufe des Spiels begegnet man unterschiedlichen Gegnertypen, die auch alle unterschiedlich reagieren und andere Fähigkeiten haben. Einfach durch die Gänge zum nächsten Ausgang zu rennen, hilft also nicht immer. Sollte man doch einmal erwischt werden, bekommt man zwar noch eine zweite Chance, ist aber verletzt und humpelt. Wird man in diesem Zustand ein weiteres Mal gepackt, ist es aus und man startet beim letzten Checkpoint. Damit man aber nie allzu lange so umherstolpern muss, gibt es hier und da knollenartige Auswüchse an Wänden und Geräten, die einen wieder heilen. Dazu muss man - wie sollte es auch anders sein - einfach nur seinen Arm hineinstopfen…
Alle Stationen, denen man in den rund zehn Stunden des Spiels einen eher unfreiwilligen Besuch abstattet, befinden sich unter Wasser. Da dort schon vieles von Verfall betroffen ist, muss man oft auch zu Fuß bis zur nächsten Basis durch das Meer laufen. Diese Passagen sollte der Spieler genießen, denn sie werden die friedlichsten im ganzen Spiel sein! So weitläufig die Außenareale sind, so beklemmend wirken dann die Stationen, wenn man sie betritt. Zwar fragt man sich manchmal, wie Pathos-II, die Organisation hinter all dem, das alles gebaut haben soll, aber es zerstört die Atmosphäre keinesfalls. Denn diese ist fast durchgängig wirklich sehr dicht. Das relativ unverbrauchte Setting, das einen spontan an Bioshock denken lässt, trägt sicherlich einen großen Teil dazu bei. Einzig die Checkpoints könnten einen kurz aus dem Geschehen herausholen, da für einen Moment alles zum Stillstand kommt, bis der nächste Inhalt geladen wird. Nicht ganz so kurz, sondern wirklich ziemlich lange, dauert der Ladebildschirm, bevor man richtig in das Spiel startet. Vielleicht gibt einem das Spiel hier aber auch nur die Möglichkeit, sich das Ganze zu überlegen und doch noch umzukehren, um das Herz zu schonen.
Um das bestmögliche Spielerlebnis zu bekommen, sollte man auf jeden Fall mit Kopfhörern spielen. Wer ganz mutig ist, schaltet außerdem auch noch das Licht aus und sitzt alleine vor dem Bildschirm. Wie schon in Amnesia ist auch hier das Sounddesign großartig und zieht den Spieler in seinen Bann. Sei es das Surren der Lüftungsanlagen, das dumpfe Pochen irgendwelcher Pumpen oder eben das Röcheln und Schreien der Monster, die durch die Gänge schlurfen. Und eben diese Sounds kann der Spieler zu seinem Vorteil nutzen, indem er sich an ihnen orientiert. Man kann stets abschätzen, von wo die Gefahr kommt und ihr gekonnt aus dem Weg gehen. Doch auch die Feinde nutzen ihr Gehör, um ihre Beute ausfindig zu machen. Man sollte also darauf achten, nichts versehentlich umzustoßen. Hier und da liegen zum Beispiel Blechdosen auf dem Boden, die ganz schön laut scheppern und somit entweder eine Falle für den unvorsichtigen Spieler oder eine Ablenkung für die Kreaturen darstellen können. Auch die Maschinen und Computer sowie Schalttafeln geben authentische Geräusche von sich. Das ist wirklich rundherum gelungen.
Dass man nicht völlig alleine da unten ist, weiß man nun. Doch es gibt nicht nur fiese Monster, die einem ans Leder wollen. Eine treue Begleitung findet man nämlich in seinem so genannten Omnitool, auf dessen Chip sich ein digitalisierter Mensch befindet. Catherine, so ihr Name, erklärt dem Spieler einiges und erzählt viel über die Geschichte der Anlage und deren Pläne. Während sie für den Spieler zwar der wichtigste Nichtspielercharakter ist, ist sie nicht die einzige “menschliche” Lebensform, der man dort begegnet. Bei jeder Begegnung wird wieder die obige Frage nach dem Menschsein aufgeworfen. Vor allem auch, wie menschlich man selbst ist. Häufig muss man auch gewisse Entscheidungen treffen, die an die Empathie des Spielers appellieren und Antworten auf einen die ARCHE betreffenden Fragebogen geben, bei dem man eventuell auch noch etwas über sich selbst lernen kann. Wer sich voll und ganz darauf einlässt, wird schnell merken, dass Angst (vor den Kreaturen) nicht die einzige Emotion ist, die das Spiel in einem hervorrufen kann.
Ein weiteres, aus Amnesia bekanntes Element ist die Möglichkeit, nahezu alle losen Gegenstände in die Hand zu nehmen und herumzutragen. Unterschieden wird hierbei darin, ob das ein wichtiges Item ist oder nicht. Erstere landen im praktisch nicht vorhandenen Inventar, die anderen hält man solange in der Hand, bis man sie ablegt oder einfach irgendwohin schmeißt. Die weggesteckten Dinge kann man nicht manuell auswählen. Simon nimmt sie erst dann automatisch in die Hand, wenn er sie benutzen kann. Langes Herumrätseln, welcher Gegenstand wo hin passt, ist somit also hinfällig. Da man eh nie mehr als drei Items zur gleichen Zeit mit sich führt, ist das auch sinnvoll. Apropos Rätsel: Diese dürfen in einem Adventure natürlich nicht fehlen. Hier schränkt sich das Spiel durch sein Setting leider selbst etwas ein, was die Vielfalt der Aufgaben angeht. In mehr oder weniger karg eingerichteten Labors, wo vieles kaputt ist, hat man nun mal nicht so viele Möglichkeiten. Trotz dieser Einschränkung haben die Entwickler versucht, dem Spieler Abwechslung zu bieten. So bleibt es nicht nur bei stupiden Hebel-Rätseln und dem Finden von Codes. Einige Rätsel müssen auch unter Stress gelöst werden, denn die Kreaturen legen keine Pausen ein…
Frictional Games hat die Formel seiner vorigen Spiele genommen und erfolgreich auf SOMA angewandt. Abgesehen von den gelegentlichen Ladepausen bei Checkpoints gibt es hier eine durchgehend gute Atmosphäre, die durch ein großartiges Sounddesign erzeugt wird. Mit ca. zehn Stunden Gruselspaß ist das Geld für diesen Titel gut angelegt. Horrorfans sollten definitiv zugreifen, denn in diesem Genre gehört es im Spielejahr 2015 zu den ganz Großen. Wer gerne rätselt, wird wohl etwas unterfordert sein, kann aber dennoch seinen Spaß daraus ziehen. Das Spiel verspricht nicht mehr, als es halten kann und macht das, was es eben macht, ziemlich gut. Mehr davon!
Ich bin begeistert. Vor allem von der Tatsache, wie unterschiedlich Horror sein kann. Ein Until Dawn hat durchaus seine Momente, man entspannt sich aber auch schnell wieder, während ich bei SOMA fast durchgehend gestresst war. Im guten Sinne! Selten schaffte es ein Spiel, so sehr an mir zu zerren. Ständig war ich hin- und hergerissen zwischen “das ist so gut, es soll nie aufhören” und “ich hab Angst! Wann bin ich endlich durch?!”. Und dafür danke ich Frictional Games. Amnesia war allerdings noch heftiger, was das angeht. Da hat aber eine der beiden Seiten schnell gewonnen und ich habe das Spiel nach nur einer Stunde ausgemacht… Auch bei SOMA musste ich oft längere Pausen einlegen, weil mir das teilweise zu intensiv war, wenn ich alleine gespielt habe.
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