Test

von  Hans Pieper
18.08.2015
Anna´s Quest
Getestet auf Windows, Sprache
  • Deutsch
  • Englisch

Es war einmal… ein australischer Entwickler namens Dane Krams, der eine märchenhafte Geschichte à la Gebrüder Grimm erdachte. In einem fernen Land fand er einen Verbündeten mit dem klangvollen Namen Daedalic. Gemeinsam brachten sie Anna's Quest auf die Bildschirme der Welt.

Märchenhafte Welt

Die kleine Anna liebt ihren Großvater über alles. Da ist es nicht weiter verwunderlich, dass sie in großer Sorge ist, als dieser krank wird. Verzweifelt macht sie sich auf den Weg durch den dunklen Wald, um ein Heilmittel zu besorgen. Doch dabei gerät sie in die Fänge einer bösen Hexe und wird in einen Turm eingesperrt. Dort muss sie ein Experiment über sich ergehen lassen, denn die böse Alte will Annas Telekinese-Fähigkeiten für sich nutzen. Zwar gelingt der kleinen Anna recht zügig die Flucht, doch auf ihrer weiteren Reise kommt sie einem dunklen Geheimnis auf die Spur, das über dem Königreich schwebt. Dieser zweite Geschichtsstrang hängt zwar an einigen Stellen mit Annas Ziel zusammen, ein Heilmittel zu finden, eine echte Verknüpfung gelingt Krams jedoch leider nicht. Und so kommt es auch, dass es ungefähr die Hälfte des Spiels dauert, bis die Geschichte richtig in Fahrt kommt. Das fordert ein wenig Ausdauer und Durchhaltevermögen. Zudem schenkt der Titel vor allem gegen Ende Nebensächlichkeiten etwas zu viel Aufmerksamkeit, statt sich auf ein durch und durch mitreißendes Finale zu konzentrieren. Dennoch wirkt das Ende rund und gut durchdacht. Wie sich hier einige der Fäden vom Anfang wieder vereinen, ist durchaus schön anzusehen.

Sehr schön gelungen ist unterdessen die Einbindung von zahlreichen Märchenfiguren aus den von den Gebrüdern Grimm gesammelten Erzählungen. So trifft der Spieler unter anderem auf die Bremer Stadtmusikanten, die wegen einer fehlgeschlagenen Hausbesetzung derzeit keine Bleibe haben.

Im Spiel gibt es zahlreiche<br /><br />Anspielungen auf deutsche Märchen

Man spricht Englisch

Eine deutsche Synchronisation wurde Anna's Quest nicht spendiert: Hier bleibt es beim Lesen von Untertiteln. Das ist besonders dann irritierend, wenn Charaktere im Deutschen einen heftigen Dialekt verpasst bekommen haben, der eigentlich erst durch die korrekte Aussprache richtig wirken würde. Die Leistung der Synchronsprecher, die Dane Krams selbst ausgewählt hat, ist stark durchwachsen. Während einige Rollen wie zum Beispiel ein Fuchs sehr gut besetzt sind, wird das Zuhören vor allem bei Anna mit ihrer hohen Fistelstimme über längere Zeit hinweg nervig. Ihr gefühlt alle zwei Minuten auftauchendes, hohes, langgezogenes „Ääääääähm“ macht das nicht besser. Ebenfalls kein ganz großer Wurf ist die Hintergrundmusik, die sich des Öfteren leider unangenehm repetitiv in den Vordergrund schiebt. Auf der Soundseite wäre bei Anna's Quest noch Luft nach oben gewesen.

Anna hat besondere Fähigkeiten

Welt aus wenigen Strichen

Die Grafik in Anna's Quest ist recht einfach gehalten. Insgesamt wirken Umgebung und Charaktere etwas flach und haben nur wenige Details. Vor allem im Vergleich mit anderen aktuellen Titeln fehlt vielen Orten auch das Gefühl einer lebendigen Umgebung. Dennoch merkt man dem Titel an, dass er mit viel Hingabe gezeichnet wurde. Die Emotionen der Figuren im Spiel kommen dadurch allerdings nicht besonders gut zur Geltung: Meist dominiert ein Gesichtsausdruck das Bild. Sehr schön wirken dagegen die wenigen, kurzen Zwischensequenzen, in denen der Stil deutlich besser zum Tragen kommt.

Die Grafik ist recht einfach gehalten

Komfortable Steuerung

Wie von Daedalic gewohnt, hat Anna's Quest angenehme Komfortfunktionen wie etwa das Öffnen des Inventars mit dem Mausrad und nach der Benutzung aktiv bleibende Gegenstände. Ansonsten erwartet den Spieler die normale Point-and-Click-Oberfläche, der jedoch die Telekinese-Fähigkeit hinzugefügt wurde. Mit ihr lassen sich nicht allzu schwere Gegenstände bewegen oder verbiegen.

Würden Sie dieser Hexe Ihre Tochter anvertrauen?

Durchwachsene Rätselqualität

Von leichten Aufgaben zu harten Kopfnüssen ist bei Anna's Quest alles dabei. Für einen hohen Schwierigkeitsgrad sorgen jedoch ab und zu leider Rätsel, welche die Logik arg dehnen. Ob es nun die Konstruktion eines weichen Kissens oder das fast schon hanebüchene Einsperren einer Hexe ist (die dies, Anna vollkommen ignorierend, gerne mit sich machen lässt) – ab und zu knirscht es ein wenig in der Aufgabenstellung. Das gilt auch für die Telekinese-Funktion: Was denn nun eigentlich zu schwer ist und was nicht, bleibt letztlich unklar. Ein schönes Element sind hingegen Schauplätze mit mehreren Aufgabensträngen, die sich in beliebiger Reihenfolge abarbeiten lassen. Und auch die Telekinese-Funktion sorgt für Abwechslung. Insgesamt dürften sich vor allem Genre-Kenner mit den Rätseln wohlfühlen, wenn sie sich ab und zu auf Herumprobieren zurückfallen lassen.

Wer hier taucht, braucht einen unendlich langen Atem...

Das Kinderspiel-Dilemma

Wie schon „The Night of the Rabbit“ tappt Anna's Quest in die Zielgruppenfalle. Während der Titel vor allem für jüngere Kinder deutlich zu gruselig (zum Beispiel durch Skelette), grob (zum Beispiel durch zermahlene Kinderknochen) und schwer (zum Beispiel komplexe Rätselketten) ausfällt, wirkt er vor allem anfangs etwas zu kindlich. Zahlreiche Anspielungen auf Märchen und Sagen fangen dies zum Teil jedoch wieder auf.

Definitiv nichts für kleine Kinder

Fazit

Anna's Quest liefert ein sehr gemischtes Bild ab. Während Musik, Sprecher und Grafik nur zum Teil überzeugen können, bietet ein Großteil der Rätsel vor allem für erfahrene Adventure-Spieler schönes Futter für die grauen Zellen. Die Geschichte hat ihre Stärken und Schwächen und schwankt dabei unentschlossen zwischen kindlich und gruselig. Für Kleine ist der Titel auf keinen Fall etwas, auch wenn die Screenshots zunächst danach aussehen. Was bleibt, ist ein interessantes, märchenhaftes Adventure, das nach einem etwas langsamen Anlauf durchaus bis zum Ende motiviert.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Ich habe mich vor allem am Anfang etwas schwer getan, richtig in die Spielwelt einzutauchen. Zu kindlich, zu piepsig, zu langsam erzählt kam mir der erste Abschnitt vor. Als dann jedoch zahlreiche Märchenfiguren auftauchten, die Aufgaben breiter gefächert wurden und die Geschichte in Fahrt kam, habe ich mit Annas Quest einige sehr nette Stunden verbracht. Sicherlich keine absolute Empfehlung für alle, aber Rätsel- und Märchenfans sollten definitiv einen Blick auf Annas Quest werfen.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Anspruchsvolle Rätselketten
  • Abwechslung durch Telekinese-Fähigkeit
  • Viele schöne Anspielungen auf Märchen
  • Logiklücken bei Rätseln
  • Sprecher nicht durchweg gut
  • Etwas detailarme Grafik