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Test

von  Sebastian 'basti007' Grünwald
06.08.2005
Martin Mystère
Getestet auf Windows, Sprache Englisch

Dieses Spiel ist im deutschsprachigem Raum unter dem Namen Das Eulemberg Experiment erschienen. Dieser Test bezieht sich in dieser Ausführung auf die englische Fassung.

Nach dem etwas verunglückten Morbus Gravis-Spiel 'Druuna' versucht sich das italienische Entwicklerstudio Artematica erneut an der Umsetzung einer bekannten Comicreihe. Kann Artematicas zweiter Anlauf mit dem Spiel Martin Mystère überzeugen?

Inhalt

Martin Mystère ist in Italien fast ebenso bekannt wie Mickey Mouse. Neben Dylan Dog ist der schicke Professor dort der bekannste Jäger übernatürlicher Phänomene. Dieses Adventure beginnt mit einem Telefonanruf: Prof. Eulemberg ist unter mysteriösen Umständen verstorben und Martin Mystère wird um Aufklärung des Falls gebeten. Doch schon bald wird klar, dass die Motive des Mordes tieferliegend sind als reine Gier. Ein spannendes Abenteuer beginnt, welches Martin bis nach Mexiko führt. Kenner der italienischen Comicszene können schon erahnen, dass der Fortlauf der Geschichte alles andere als vorhersehbar ist und die Barriere zwischen Protagonisten und Spieler schon auch mal gerne gebrochen wird (mehr wird an dieser Stelle nicht verraten). Gleichzeitig wird auch eine erfreulich freche Story geliefert, die vor Allem für Kenner der Reihe zahlreiche ironische Späßchen auf Szene und Autoren bietet. Gleiches gilt für die vielen Anspielungen auf Indiana Jones: So heißt trägt Stiftung der Stadt den Nachnamen 'Donovan' und Prof. Eulembergs Assistentin Erika sieht Indys alter Flamme Sophia Hapgood nicht nur äußerst ähnlich, sondern trägt sogar noch das gleiche Amulett. Trotz alledem passen die Elemente irgendwie haargenau zusammen. Die Arbeit von Autor Alfredo Castelli tut dem Adventuregenre also insbesondere in der Storyline richtig gut!

Grafik

Die Grafik von Martin Mystère kann sich durchaus sehen lassen. Die Hintergründe sind alle 1024x768 Pixel hochauflösend und äußerst detailreich. Dabei findet Artematica eine perfekte Symbiose aus gerenderten Landschaften und gezeichneten Artworks: Wem die Rendergrafiken aus Black Mirror oder Syberia bislang immer zu steril, die Grafiken aus Runaway aber zu comiclastig waren, der sollte mit Martin Mystère glücklich werden. Allerdings büst Martin Mystère dadurch einiges an Tiefenwirkung ein, was aber bei der Herkunft aus der Comicszene durchaus gewollt sein dürfte.

Hin und wieder gibt es kleinere Filmeinspieler, deren Qualität leider Durchschnittsware ist. An die Qualität der Filmsequenzen von beispielsweise Still Life reicht Martin Mystère in keinster Weise heran. Dafür ist die Animation und Detailgrad der (manchmal etwas schlecht eingepassten) Charaktere deutlich flüssiger als noch bei Black Mirror.

Sound

Die schlechte Nachricht zuerst: Zumindest in der englischen Version sind zahlreiche Textteile nicht synchronisiert. Denkt Martin in einigen Szenen nur, z.B. beim Betrachten von Gegenständen, wird lediglich der Text eingeblendet, aber nicht gesprochen. Zudem gibt es zur Einblendungen von Text nur eine einzige, fixe Zeilenlinie, so dass längere Sätze grundsätzlich umgebrochen werden.

Das macht sich übrigens auch bei den -dann natürlich auch synchronisierten- Dialogen bemerkbar, da diese teilweise mitten im Satz enden und erst fortgeführt werden, wenn die nächste Dialogzeile eingeblendet wird. Dieses Problem tritt jedoch nicht allzu häufig auf und störte zumindest mich nicht wirklich. Zusätzlich zu den Dialogen werden auch Beschreibungen des Inventars gesprochen.

Die Musik ist grundsätzlich sehr eingängig und fast immer passend zur Szene. Da sich Musikstücke häufig über einen langen Zeitraum und mehrere besuchte Locations nicht ändern, kann jedoch nach geraumer Zeit ein Abnutzungseffekt einsetzen. Wer sich jedoch über den spärlichen Einsatz von Musik in den letzten Adventures, wie z.B. Nibiru, beschwerte, der bekommt hier ein volles Spektrum an vielen Tracks präsentiert, und einige davon klingen mit den stimmig eingesetzten Streichern wie eine direkte Hommage an Indiana Jones and the Fate of Atlantis - mit Sicherheit nicht ganz ungewollt.

Gameplay

Das Spiel ist im Gegensatz zum Quasi-Vorgänger Druuna reines Point'n Click. Die Steuerung ist sehr einfach und sofort eingängig. Mit der rechten Maustaste wählt man eines von drei Icons aus (Anschauen, Benutzen, Reden), mit der linken wendet man es auf dem Bildschirm an. Das Inventar befindet sich am unteren Bildschirmrand und kann ein- oder ausgeblendet werden. Zusätzliche Icons zeigen die Ausgangsmöglichkeiten aus den Räumen an. Mit einem Doppelklick darauf lassen sich längere Wege so auch abkürzen. Das Spiel kann in dieser Hinsicht jedem Adventurefreund empfohlen werden, der Spiele gerne mit der Maus spielt.

Wer sich bislang bei den Adventures von Microids darüber beschwerte, dass mit der Umwelt zu wenig Interaktion betrieben werden konnte, der findet jetzt bei Martin Mystère ein wahre Arsenal an Möglichkeiten. Neben den ausführlichen Dialogen kann praktisch jeder Gegenstand auf dem Bildschirm angeklickt und betrachtet werden. Auf Dauer wirkt soviel Handlungsmöglichkeit jedoch vielleicht frustrierend, denn unter 20 anklickbaren Gegenständen gibt es dann meist nur einen, den es wert ist, näher zu betrachten. Da die Texterklärungen häufig nicht wirklich aufschlußreich sind, und Martin Mystère die Aufforderung zur Mitnahme eines Gegenstandes meist nur mit einem 'Nein'. oder 'Lieber nicht.' quittiert, ergibt sich so häufig ein wildes Abklappern des Bildschirms nach brauchbaren Gegenständen. Im Gegensatz zu Runaway sind alle Gegenstände aber einfach und umgehend zu finden und zu benutzen - man muss halt nur wissen, welchen.

Mit etwas klarem Verstand läßt sich dieses Problem jedoch auch in Grenzen halten. Denn die Rätsel sind nicht all zu schwer und meist wird einem schon rechtzeitig klar, welcher Gegenstand gerade von Interesse sein könnte. Überhaupt ist die Rätselschwierigkeit bei Martin Mystère sehr ausgewogen. Das Spiel ist mit Sicherheit nicht zu schwer, so dass sich auch Anfänger schnell zurecht finden dürften, zumal es mit Ausnahme der Gegenstandssuche kaum wirklich harte Nüsse gibt, wie es bei den meisten anderen Genrevertretern der letzten Zeit der Fall war.

Spielspaß

Eine kleine Sackgasse hat das Spielvergnügen getrübt, für die es aber mittlerweile einen Patch beim Hersteller gibt. Dafür gibt es Punktabzug. Das Spiel selbst bietet meiner Meinung nach dafür in einigen Kategorien deutlich mehr als der direkte Konkurrent Nibiru: Zwar ist die reine Spielzeit nicht um sovieles länger (vor allen Dingen nicht, wenn man die vielen optionalen Handlungen ausklammert), jedoch wird die Geschichte nicht durch sinnentleertes Hin- und Herschicken des Charakters und künstlich aufgeblasene Rätsel verlängert. Zudem wirkt die ganze Story mit Spannungsaufbau, Locations und einem großen Finale hier viel runder und abgeschlossener und auch in Sachen Lineratität ist Martin Mystère bei weitem nicht so streng wie Martin Holan.

Kommentar des Verfassers

Kommentare

detail

Freunde von klassischen Abenteuerspielen wie Indiana Jones oder Baphomets Fluch, aber auch von Gabriel Knight sollten Martin Mystère im Auge behalten. Artematica hat hier definitiv dazu gelernt und bietet in diesem Jahr dem derzeitigen Archäologie-Adventure Nibiru deutlich Paroli. Besonders was den Gesamtheiteindruck der Geschichte und die Handlungsmöglichkeiten angeht liegt der Professor aus New York eindeutig vorne. Hätte man an der Lokalisation noch etwas gearbeitet, ein bischen mehr Locations integriert und einige ganz kleine Frustrationsbarrieren entfernt, wäre Martin Mystère ein klarer Anwärter für einen Goldaward gewesen. Wer sich mit dem Grafikstil, der großen Interaktionsfülle beim Untersuchen von Orten und den Synchronisationsproblemen (die sich bei der deutschen Version erst noch zeigen müssen) anfreunden kann, der erhält ein Adventure der klassischsten Art präsentiert, bei dem Indiana Jones Fanatiker bedenkenlos zugreifen können.

Redaktions-Wertung

Grafik
Musik
Steuerung
Atmosphäre
Rätsel

Gesamt

Pro
Contra
  • Steuerung
  • Atmosphäre
  • Gameplay
  • detailverliebte Grafik
  • viel Handlungsfreiheit
  • gute (englische) Synchronstimmen
  • lange Ladezeiten
  • viel Hotspot-Geklicke
  • wenig Hintergrundanimation
  • wenig Locations
  • nur teilweise synchronisiert