Am 26.03.2010 erschien mit So Blonde - Zurück auf die Insel ein exklusiver Titel für die Nintendo Wii und den DS. Das von Steve Ince geschriebene Spiel ist jedoch keine bloße Konvertierung des Original PC-Spiels, sondern bietet neben einer alternative Handlung mit einigen neuen Charakteren neue Rätsel und Minigames. Ob auch Konsolenspieler knackige Knobelaufgaben und eine wendungsreiche Geschichte erwarten können, erfahrt ihr im folgenden Test.
So Blonde - Zurück auf die Insel beginnt ähnlich wie das Original damit, dass die verwöhnte Highschool-Schülerin Sunny Blonde auf einer Kreuzfahrt über Bord fällt und an eine nicht kartografierte Insel gespült wird, wo die Zeit stillzustehen scheint und sonderbare Gestalten wie Voodoo-Priester und Piraten leben. Dort trifft sie auf Captain One-Eye und dessen rechte Hand Diablo, welche die Macht über die Insel erlangen wollen. Diese versprechen, ihr bei der Flucht von der Vergessenen Insel zu helfen, wenn sie einige Botengänge erledigt. Dabei macht sie Bekanntschaft mit Nathaniel, dem Geist eines Bankangestellten, der in der Vergangenheit mit One-Eye, als er noch unter einem anderen Namen bekannt war, zusammengearbeitet hat. Sunny besitzt auf einmal sogar die Fähigkeit, durch Nathaniel in die damalige Zeit zu schauen. Dadurch erlebt sie One-Eyes moralischen Verfall, der ihn später zum Unterdrücker der Insel werden lässt. Aber nicht nur die Befreiung der Vergessenen Insel von One-Eye steht auf dem Spiel, auch der Machtkampf zweier Inselgeister, Ataban und Atabey, wirft dunkle Schatten auf die Zukunft der Inselbewohner.
Der Spieler steuert abwechselnd Sunny in der Gegenwart und Nathaniel in der Vergangenheit. Dabei ist Nathaniels spielbarer Teil keine bloße Dreingabe, sondern fügt sich fließend in das Spielgeschehen ein, da Sunny durch seine Augen sehen und Informationen aus der Vergangenheit für die Gegenwart weiterverwenden kann. So erfährt sie einiges über die Hintergründe der Figuren und deren Beziehungen zueinander. Wie wurde One-Eye zu dem, was er heute ist? Wie wurde Diablo seine rechte Hand? Aber auch über andere Figuren, die sie später trifft, findet Sunny mehr heraus: Wie entwickelte sich die Liebesbeziehung zwischen der selbstbewussten Kapitänin Morgane, der One-Eye den Hof macht, und dem etwas schüchternen Gouverneur Juan, der den Inselbewohnern seine Amtserfahrung unter Beweis stellen will?
Die Vergangenheitsebene gewinnt zusätzlich an Komplexität, da sie verschiedene Zeitetappen zeigt. Das bedeutet, man sieht zuerst Morgane als kleines Mädchen unter der Obhut ihres Vaters, dem Piraten Alessandro, und später als junge Frau. Ebenso erlebt man, wie Juan zum Gouverneur wird und um die Liebe von Morgane eifert. Zwar sind diese Zeitwechsel etwas sprunghaft und nicht direkt offensichtlich, weil sich Nathaniel seltsamerweise als Einziger weder von seinem äußeren Erscheinungsbild noch seiner Stimme verändert. Doch sie verleihen dem humorvollen Comic-Adventure etwas mehr Tiefe.
Während die meisten Figuren an Substanz gewinnen, verlieren die Hauptcharaktere jedoch an Reiz. Wo Sunny noch mit Anspielungen auf die Popkultur mit einigen witzigen Sprüchen punkten kann, bleibt Nathaniel mit seiner Naivität und Korrektheit als Bankangestellter recht farblos.
Das ist schade, da er als neuer spielbarer Charakter genügend Potenzial gehabt hätte, sich in die illustre Reihe an skurrilen Figuren der Inselwelt einzufügen. Denn so dürften sich diejenigen Spieler, die die PC-Version kennen, zwar auf ein Wiedersehen mit Sunny und ihren Freunden, wie einer Amateur-Bodybuilderin und drei fast identischen Drillingen, freuen. Allerdings dürften ihnen auch einige Dialoge und Witze bekannt vorkommen. Wer die Originalfassung gespielt hat, wird daher viele bekannte und wenige neue Gesichter treffen.
Leider bleibt Sunnys gedankliche Verbindung mit Nathaniel bis kurz zum Schluss ungeklärt, sodass sich der Spieler früh fragt, was beide Charaktere eigentlich miteinander zu tun haben. Insgesamt fällt auf, dass die wichtigsten Figuren für die Hauptgeschichte im Spiel etwas zu kurz kommen.
Max zum Beispiel, eine Art Frettchen, das Sunny zu Beginn hilfreich zur Seite steht, bekommt zwar zwei spielbare Abschnitte, verschwindet aber genauso schnell wieder wie der böse Inselgeist Ataban, der für eine alternative Handlungsebene neu dazugekommen ist.
Bei der Charakterzeichnung haben sich die Entwickler sichtlich Mühe gegeben, was leider bei der Hauptgeschichte selbst nicht der Fall ist. Diese bleibt etwas spannungsarm im Hintergrund, sodass der Spieler bis auf Sunnys Versuch, von der Insel zu fliehen, zuerst keine klare Vorstellung hat, worauf die Erzählung hinauswill. Erst ab dem fünften von zwölf Kapiteln kommt die Story mit dem bösen Inselgeist Ataban etwas in Fahrt, nur um daraufhin wieder durch andere kleine zwischenmenschliche Episoden unterbrochen zu werden. Beispielsweise muss Sunny dem Gouverneur Juan helfen, eine Gedichtlesung zu organisieren, indem sie Plakate aufhängt, Zutaten für einen Fruchtcocktail sucht und in einem Minigame Drinks an die Gäste ausschenkt.
Die Hauptgeschichte über den Fluch, der die Insel in der Zeit stillstehen lässt, oder der Kampf der zwei rivalisierenden Inselgeister gerät oft in den Hintergrund, sodass der ernsthafte Teil nicht immer überzeugen kann. Kennern des Originals werden zudem einige Handlungsteile bekannt vorkommen, sodass die Wendungen der Geschichte wenig überraschen.
Den größten Teil der bestenfalls 10 Stunden Spielzeit verbringt der Spieler mehr mit Reden und Laufen als mit richtigen Rätseln. Oft beschränken sich die Aufgaben auf das Beschaffen von Gegenständen und Informationen für andere Charaktere. Beides verlangt einiges an Geduld wegen unnötig langer Laufwege, denn häufig kommt es vor, dass zwischen mehreren Charakteren oder Orten hin- und hergewechselt werden muss.
Beispielsweise soll Nathaniel für den Priester Sebastian mehr über den Inselgeist Atabey in Erfahrung bringen. Dazu redet er mit der Händlerin Sancha, die den Voodoo-Häuptling Guama empfiehlt. Der wiederum will nichts preisgeben, bis er etwas von Sancha gekauft hat. Also läuft der Bankangestellte wieder zur Händlerin zurück, um ihr Bescheid zu sagen, Guama wolle mit ihr ein Geschäft machen. Ein weiteres Mal über mehrere Bildschirme zurück bekommt er nun endlich von Guama ein Medaillon, das aber zerbricht. In einem Mosaik-Minispiel müssen schließlich die Teile zusammengesetzt und dem Priester zurückgegeben werden.
Leider ist dieses Beispiel kein Einzelfall, denn häufig ersetzen die Botengänge und Minigames richtige Kombinationsrätsel. Von diesen gibt es zwar einige, aber selten müssen mehr als zwei Gegenstände im Inventar miteinander verknüpft werden. Die Lösungen sind meistens wegen vieler Hinweise der Charaktere schnell offensichtlich und selten muss um die Ecke gedacht werden, denn der Handlungsspielraum innerhalb der kurzen Kapitel ist ebenso klein wie das Inventar selbst. Ein paar der Puzzles laden zusätzlich zu unterschiedlichen Herangehensweisen ein, was den Wiederspielwert erhöht.
Neu sind die zwei Zeitebenen, die aber nur teilweise ins Rätseldesign integriert sind. Denn dieses beschränkt sich bis auf eine Ausnahme darauf, dass Sunny gelerntes Wissen über Charaktere aus der Vergangenheit auf die Gegenwart anwendet. Nach einer Weile nutzt sich dieses Prinzip aber genauso ab wie Nathaniels ständige Überraschung darüber, Sunnys Stimme in seinem Kopf zu hören. Denn direkt beeinflussen kann die Protagonistin die Vergangenheit nicht. Ebenso sind Nathaniel als Geist in der Gegenwart die Hände gebunden. So gehören die zwei Erzählebenen inhaltlich zusammen, spielerisch genutzt werden sie außer in den Dialogen und ein oder zwei Szenen jedoch nicht.
Richtig knackige Rätsel fehlen. Erst im vorletzten Kapitel werden die Aufgaben plötzlich komplexer und die Linearität wird etwas aufgehoben. Neben neuen Rätseln wurden aber auch einige alte vom PC-Vorgänger in etwas abgewandelter Form übernommen, wie das Blondinen-Brünette-Witze-Duell von Sunny und Morgane, bei dem man die richtige Pointe auswählen muss, oder das Mixen eines Fruchtcocktails, das an die Zubereitung eines Cappuccinos aus dem Original erinnert.
Insgesamt ist der Schwierigkeitsgrad sehr niedrig und an Einsteiger angepasst, was vor allem daran liegt, dass viele der begehbaren Schauplätze erst nach und nach freigeschaltet werden und es wenige Kombinationsmöglichkeiten der Gegenstände im Inventar gibt. Darüber hinaus verläuft das Spiel so linear, dass man selten ein Objekt einstecken kann, bevor es gebraucht wird. Das nimmt aber keine Ausmaße wie in den Runaway-Spielen an, wo man Hotspots mehrmals untersuchen muss, um etwas Neues zu finden. Es hat vielmehr damit zu tun, dass der Zeitpunkt in der Handlung noch nicht gekommen ist, wo der Gegenstand relevant wäre. Das ist zwar logisch, führt aber zu unnötigen Laufwegen und wiederholten Aktionen.
Deutlich wird die Einsteigerfreundlichkeit auch, wenn Sunny öfters nach mehreren Schauplatzwechseln laut darüber nachdenkt, was sie als Nächstes tun soll.
Etwas schwieriger als die dürftige Rätselkost sind einige der Minigames, die oft Reaktionsschnelligkeit erfordern, was aufgrund der übersensiblen Wii-Steuerung nicht immer funktioniert. Originell sind die Herausforderungen zwar nicht besonders, dafür sind sie meistens gut in die Handlung eingebunden. So muss Sunny erst etwas Geld verdienen, um bestimmte Dinge zu kaufen. Dabei bleibt es dem Spieler überlassen, ob sie Angeln geht und den Fischfang an einige Charaktere verkauft, oder ob sie an einem Hühnerrennen teilnimmt, bei dem es darum geht, einen Hindernisparcours mit einem zuvor gefangenen Huhn zu bewältigen. Wer mit der Steuerung nicht klarkommt und wenig Muße für die Reaktionsspiele aufbringen will, kann diese auch überspringen. Negative Konsequenzen hat dies für die Handlung aber nicht.
Neben den Reaktionsspielen finden sich auch wenige zerebrale Aufgaben wie ein Memoryspiel, in dem Farben in der richtigen Reihenfolge nach einem Muster angeklickt werden müssen. An anderen Stellen muss ein Bild zusammengesetzt oder ein kleines Coderätsel gelöst werden.
Grafisch sieht Zurück zur Insel auch auf dem großen Fernseher sehr gut aus, zumindest was die liebevoll von Hand gezeichneten Hintergründe betrifft. Die 3D-Figuren setzen sich von diesen leider etwas ab, bieten zwar einige nette Gestiken bei Gesprächen und Slapstick-Animationen, richtig begeistern können sie aber nicht.
Die Sprachausgabe ist sehr gut gelungen, da dieselben professionellen Sprecher wie im PC-Spiel gewählt wurden, die zu ihren Rollen passen und ihr Handwerk bei der Betonung verstehen. Einzig an einigen Stellen (sowohl bei der englischen als auch der deutschen Version) fehlt die Vertonung, sodass nur Text zu lesen ist. Zwar sorgen die unterschiedlichen Gesichtszeichnungen im Comic-Stil neben den Dialogzeilen für etwas Dynamik bei den Gesprächen, allerdings muss der Spieler immer wieder auf die A-Taste drücken, um von einem Satz bzw. Dialogabschnitt zum nächsten zu gelangen. Das stockt sowohl den Redefluss der Charaktere als auch das Spiel selbst.
Musikalisch gibt es zwar einige nette Karibikklänge zu hören. Diese wiederholen sich allerdings mit der Zeit, sodass die Musik im Hintergrund vor sich hinplätschert, ohne dass sie in actionreicheren Szenen zur Atmosphäre beiträgt. Die Soundeffekte wie das Brausen des Meeres oder die Dschungeltierlaute vermitteln wiederum gut das Gefühl, auf einer Trauminsel zu sein.
Einbußen bei der Soundqualität müssen auch Konsolenspieler nicht erwarten, denn sowohl Sprachausgabe, Soundeffekte und Musik liegen in einer sehr guten Qualität auf der kleinen Wii-Disc vor. Bei entsprechender Surround-Ausstattung hört man sogar, wo die Charaktere stehen und sich unterhalten sowie aus welcher Richtung einige Soundeffekte kommen.
Die Point-and-Click-Steuerung ist gut umgesetzt. Mit der Wiimote wird ähnlich der Computermaus der Cursor über den Bildschirm bewegt, mit der A-Taste interagiert und Gegenstände oder Personen mit der B-Taste angeschaut. Zusätzlich kann die Spielfigur auch mit dem Nunchuk direkt gesteuert werden, notwendig ist dies aber nicht. Für Einsteiger sehr zuvorkommend, für Adventure-Veteranen jedoch eher störend, ist die Vibrations-Funktion der Wii-Remote, die zum Einsatz kommt, sobald man mit einem Gegenstand über ein dazu passendes Objekt fährt, was die etwas nervigen ""Das funktioniert so nicht""-Kommentare verhindert. Weiterhin gibt es wie gewohnt eine Hotspotanzeige, die mit der Plus-Taste an- und ausgeschaltet werden kann. Die untere Richtungstaste lässt schließlich ein Menü aufklappen, in dem das Inventar, ein Aufgabenlogbuch und eine Reisekarte angezeigt werden.
Einer der größten Kritikpunkte des Vorgängers waren unnötig lange Laufwege und Ladezeiten. Wer nun denkt, mithilfe der Karte wären diese Probleme aus der Welt geschafft, irrt sich. Denn es gibt nur drei Gebiete, die angewählt werden können. Da die Insel groß ist und viele Örtlichkeiten besitzt, ist diese Schnellreise-Funktion nur teilweise hilfreich. Die Ladezeiten zwischen den Schauplatz-Wechseln haben sich zwar verkürzt, trotzdem verbringt man unnötig viel Zeit, um von einem zum anderen Ort zu kommen.
Die bewegungssensitive Steuerung auf Nintendos Konsole findet sich nur vereinzelt in den Minigames wieder. So muss beim Angeln die Wiimote ruckartig hochgezogen werden, wenn ein Fisch am Haken ist. Sonst kommt es häufig vor, dass die Handhabung manchmal ungenau reagiert, was gerade bei vielen Minigames offensichtlich wird, bei denen eine Pfeiltasten-Steuerung präzisere Eingaben ermöglicht hätte als die übersensible Wiimote.
So Blonde – Zurück auf die Insel ist wie der PC-Titel ein unterhaltsames Spiel, das für Kenner einige interessante Hintergrundinformationen zu bekannten Charakteren liefert. Technisch gibt es wenig Grund zur Beanstandung: Grafik und Sound sind bis auf die Charakteranimationen und die sich wiederholende Musik sehr gut gelungen. Wenig einfallsreich sind dagegen die Rätsel, die öfters durch kurzweilige Minigames ersetzt werden und aufgrund der Steuerung nicht immer für Laune sorgen. So schön die Konsolenversion auch geworden ist, ein komplett neues Spielerlebnis wird denjenigen, die das Original kennen, nicht geboten. Die kurze Spielzeit ist zudem sehr enttäuschend, da man die meiste Zeit mit Reden, Laufen und Minigames verbringt, anstatt richtige Rätsel zu lösen.
Selten konnte ich über die Witze im Konsolen-Ableger lachen. Aber dies war beim Originalspiel auch nicht anders, da der Humor selbst für einen Blondinenwitz etwas zu brav ist. Trotzdem fand ich über weite Teile die Art der Erzählung und Charaktere gelungen, da es gerade in humorvollen Comic-Adventures nicht häufig vorkommt, mehrere Zeitebenen miteinander zu verknüpfen. Das täuscht jedoch nicht darüber hinweg, dass die Geschichte wegen des zähen Erzähltempos über weite Strecken spannungsarm ist und die Rätsel wenig fordern.
Die Frage stellt sich, für wen das Spiel gemacht wurde. Für reine Konsolenspieler, die das Original nicht kennen, dürften Handlung und Charaktere etwas lückenhaft erscheinen. Denn häufig kam es mir so vor, als ob man den Figuren der Ur-Version mit zusätzlichen Hintergrundinformationen mehr Leben einhauchen und übriggebliebene Handlungsstränge ausführlicher präsentieren wollte. Das Recyceln einiger Rätsel und Schauplätze verstärkte noch den Eindruck, eher einen Director’s Cut oder eine Alternativ-Version des Originals zu spielen als ein komplett neues Spiel.
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