Der österreichische Entwickler Broken Rules veröffentlicht mit Old Man's Journey einen ungewöhnlichen Adventure-Titel. Wir haben uns das künstlerisch interessante Projekt angesehen und berichten in unserem Test, wie uns das Spiel um die Reise eines alten Mannes gefallen hat.
Ein alter Mann steht am Zaun seines Hauses und schaut in die Ferne. Ein Briefträger auf einem Fahrrad quält sich den Berg zu ihm hinauf. Er übergibt dem alten Mann einen Brief, welcher sich nun auf eine Bank setzt und diesen liest. Kurz darauf steht er auf, geht in sein Haus, packt einen Rucksack und begibt sich auf eine Reise. Wer der Mann ist, was ihn zum Aufbruch veranlasst hat und wohin er geht, erfährt der Spieler im Laufe des Spiels durch die Erinnerungen an Schlüsselmomente aus seinem Leben.
Old Man's Journey ist ein gemächliches Spiel, denn tatsächlich gibt es kaum aufregende Momente. Die Geschichte wird langsam und rückblickend durch die Erinnerungen des alten Mannes erzählt, wenn er sich am Ende jedes der fünfzehn Kapitel auf eine Bank oder an ein Lagerfeuer setzt. Diese Rückblicke bestehen in der Regel nur aus einem einzelnen, schön gezeichneten Bild, das einen Moment aus seinem früheren Leben zeigt. Nach und nach fügt sich dies zu einem Ganzen zusammen und der Spieler bekommt eine Vorstellung davon, wie das Leben des alten Mannes sich an bestimmten Punkten verändert hat. Das schafft Raum für Spekulationen, obwohl das Ende dann nicht wirklich überraschend kommt. Dennoch: Der Weg ist das Ziel und es macht Spaß, ihn auf seiner Reise zu begleiten.
Das Spiel ist zwar im Ansatz ein klassisches 2D-Adventure, verzichtet jedoch sowohl auf Dialoge als auch auf ein Inventar. Es dürfen keine Gegenstände eingesammelt oder kombiniert werden. Vielmehr können einzelne Elemente der Hintergrundgrafik durch Festhalten und Ziehen erhöht oder abgesenkt werden, um an den Schnittpunkten Übergänge zu schaffen, die es dem alten Mann ermöglichen, in weitere Bereiche der Spielwelt zu gelangen. Wird eine Stelle in der Umgebung angeklickt, setzt das Spiel einen Wegweiser und lässt die Spielfigur dorthin laufen. Das funktioniert jedoch nur, wenn der Weg dorthin direkt erreichbar ist. Ansonsten muss die Umgebung erst entsprechend manipuliert werden. Die Spielmechanik ist im Großen und Ganzen ausgereift, auch wenn der zu schaffende Weg nicht immer auf den ersten Blick ersichtlich ist. An manchen Stellen muss erst ein wenig herumprobiert werden, die Lösung ist jedoch meistens schnell gefunden. Ein zusätzliches Element sind Gruppen von Schafen, die den Weg versperren und erst auf eine andere Spielebene getrieben werden müssen, bevor sich der nächste Ausgang erschließt. Hier offenbart sich der einzige leicht nervige Teil im Rätseldesign, denn die Tiere wollen nicht immer so, wie man es gerne hätte. Doch auch dieses Problem stellt den Spieler vor keine unlösbare Aufgabe.
Die Hintergründe in Old Man's Journey sind liebevoll gemalt und sehen sehr schön aus. Viele der Szenen vermitteln ein Gefühl von Weite und unterstreichen die Tatsache, dass man sich auf einer langen Reise befindet. Auch die vielen kleinen Animationen sind gelungen und hauchen dem Spiel zusätzlich Leben ein. Setzt sich der alte Mann zum Beispiel auf eine Bank, stellt er vorher seinen Stock beseite und nimmt seinen Rucksack ab. All das wirkt sehr harmonisch in Verbindung mit der Umgebung und der Figur. Aber auch Fahrzeuge, Schiffe oder Kleinigkeiten wie Türen oder Fensterläden sind liebevoll animiert. Zusätzlich gewinnt das Spiel durch seinen gekonnt komponierten Soundtrack und seine immer passenden Soundeffekte. Dieses ganze Paket macht Old Man's Journey zu einem atmosphärisch einzigarten Spiel.
Mit seinen gut zwei Stunden Spielzeit ist Old Man's Journey nicht besonders lang, erzählt aber eindrucksvoll eine schöne und in sich abgeschlossene Geschichte. Wer ungewöhnliche Titel mag und auf klassische Adventure-Elemente wie Dialoge, Inventargegenstände und komplexe Rätsel verzichten kann, wird hier mit einem wunderbar einzigartigen Titel belohnt.
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