Schon in seinem Spiel Hamlet beschäftigte sich der Entwickler Mif2000 (Denis Galanin) mit einem ungewöhnlichen Thema. Das Spiel gewann damals zahlreiche Preise. Die Meinung der Spieler war dennoch gespalten, da die Handlung eher oberflächlich blieb und die Geschichte durch das Lösen zahlreicher Rätsel vorangetrieben wurde, deren Logik oft zu hinterfragen war. Mit The Franz Kafka Videogame veröffentlicht Mif2000 ein Adventure, welches von Franz Kafkas Werken inspiriert wurde. Das Spielprinzip soll dabei ähnlich sein. Wieder werden viele Rätsel gelöst, um im Spiel voranzukommen. Ob die Rätsel diesmal logisch lösbar sind und die Geschichte mehr Tiefe bekommen hat, erfahrt ihr in unserem Test.
Der Protagonist K. ist Psychotherapeut. Er hat sich auf die Behandlung von Depressionen und Phobien spezialisiert und erhält urplötzlich ein mysteriöses Stellenangebot. Dies zwingt ihn zu einer weiteren Reise, welche sein Leben völlig verändert. Die Welt fern seiner Heimat entpuppt sich dabei als alles andere als normal.
Das Spiel ist in mehrere Akte unterteilt. Beim Übergang zum nächsten Akt werden einige Texte und Bilder eingeblendet, über welche die Geschichte erzählt wird. Innerhalb der Akte gibt es sogenannte Level zu lösen. Diese bestehen in der Regel aus einem Bildschirm, auf welchem ein Rätsel gelöst werden muss. Kurze Dialoge der zahlreichen Personen verwirren häufig mehr, als dass sie die Geschichte erklären und dienen in der Regel zur Einführung des Rätsels. Auch nach dem Lösen wird der Spieler meist mit kurzen Texten belohnt, bevor das nächste Level beginnt.
Bis zum Schluss der zwei bis drei Stunden Spielzeit bleibt die Geschichte verwirrend. Wer sich noch nie mit Kafka beschäftigt hat, wird nicht verstehen, was der Entwickler eigentlich aussagen wollte. Auch Fans von Kafka dürften teils ratlos zurückbleiben, zumindest aber diverse Anspielungen auf seine Werke entdecken.
Bei dem Spiel handelt es sich nicht um ein klassisches Adventure. So sucht der Spieler vergebens nach einem Inventar und wird stattdessen von einem Rätsel zum nächsten geschickt. Diese sind abwechslungsreich gestaltet und meist nicht leicht zu lösen. Manchmal sind in den Hintergründen wichtige Tipps versteckt oder es wird dem Spieler Allgemeinwissen abverlangt, wie beim Benutzen von römischen Zahlen. Zum Teil reicht es auch, überall auf dem Bildschirm zu klicken und zu ziehen, bis ein Effekt erzielt wird. Wann dies der Fall ist, muss allerdings erst mal herausgefunden werden. Dann kann Frustration aufkommen, denn das Prinzip des Rätsel wurde zwar verstanden, aber noch nicht entdeckt, dass die naheliegende Lösung nicht die richtige ist. Nach jedem gelösten Rätsel wird automatisch gespeichert. Beim Spielstart kann dann frei entschieden werden, in welchem Level der Spieler beginnen möchte.
Wer einmal partout nicht weiterkommt, kann sich nach dem Ablauf einer Sperrfrist Tipps anzeigen lassen. Diese Tipps werden in der Regel in Bildform dargestellt und wirken zum Teil äußert kryptisch. In anderen Fällen verraten sie dafür so viel, dass die Lösung danach auf der Hand liegt. Spielern der deutschen Version werden die Tipps nicht unbedingt weiterhelfen, denn einige Rätsel sind im Deutschen unlösbar. Zumindest können sie von Spielern, die des Englischen nicht mächtig sind, nur durch Ausprobieren gelöst werden. Dabei handelt es sich um Texträtsel, die auf englischen Wörtern basieren. Jene Wörter kommen in den deutschen Texten schlichtweg nicht vor. So ist es zwar schön, dass das Spiel übersetzt wurde, aber für den Spieler manchmal frustrierend. Der Übersetzer hätte diese Rätsel anpassen müssen.
Die deutschen Texte sind, von den nicht lösbaren Rätseln abgesehen, fehlerfrei übersetzt. Eine Sprachausgabe gibt es generell nicht. Da die Geschichte insgesamt dünn bleibt, ist das Lesen der wenigen Texte kein Problem. Dafür ist der Inhalt nur schwer verständlich. Die Personen wechseln häufig und bekommen allesamt keine Tiefe. Bei einigen wird nicht mal ein Name erwähnt.
Musikalisch bleibt das Spiel zurückhaltend. Der Sound plätschert vor sich hin und wirkt beim Lösen der Rätsel nie störend. Trotzdem kann die Musik jederzeit abgestellt werden. Mehr Soundeinstellungen sind allerdings nicht möglich.
Die Grafik ist in einem 2D-Comiclook gehalten, in sich stimmig und durchaus hübsch anzusehen. Der Entwickler hat sich beim Gestalten Mühe gegeben. Überall gibt es Kleinigkeiten zu entdecken. In dem Raum, in welchem ein Mord begangen wurde, steht in Bilderrahmen zum Beispiel das Wort "MURDER". Allerdings kommt das Spiel ohne richtige Zwischensequenzen aus und die Animationen sind hölzern gehalten, passen aber zum Grafikstil.
Fans von Franz Kafka können in dem Spiel zumindest Inhalte aus seinen Werken entdecken. Alle anderen werden am Ende ratlos zurückbleiben, da die Geschichte durchgehend verwirrt und am Ende nicht zufriedenstellend aufgelöst wird. Wer eine gute Geschichte sucht, sollte also generell die Finger von dem Spiel lassen. Alle, die dagegen gerne abwechslungsreiche Logikrätsel lösen und kein Problem damit haben, wenn diese nicht immer logisch sind und auch mal wild auf dem Bildschirm geklickt werden muss, bis die passende Aktion ausgelöst wird, können einen Blick riskieren. Es sollten jedoch Englischkenntnisse vorhanden sein, um alle Rätsel zu lösen. Wer schon mit Hamlet nicht warm wurde, kann The Franz Kafka Videogame getrost ignorieren.
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